Lyrischer Dialog

Hier ist Raum für gemeinsame unkommentierte Textfolgen
Nifl
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Beitragvon Nifl » 11.08.2006, 17:59

Liebe Schreibfanatiker,

ich möchte hier in diesem vitalen Forum einen "lyrischen Dialog" beginnen. Lyrische Dialoge sind kooperatives Schreiben, Gedichte, die (auf-)einander aufbauen. Das können inhaltliche Bezüge sein, oder es werden Worte des "Vorschreibers" aufgegriffen, oder man übernimmt einfach nur die Stimmung.
Hierdurch entstehen unkommentierte Gedichtfolgen. Die Form bleibt dem Autoren überlassen (zB. ob gereimt oder ungereimt ...)
Würde mich über rege Beteiligung freuen!

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Zuletzt geändert von Nifl am 30.08.2006, 19:10, insgesamt 2-mal geändert.

Xanthippe
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Beitragvon Xanthippe » 03.01.2013, 18:41

bevor wir in den schatten verschwanden
gab es dieses licht
(spuren des unaussprechlichen)
unaufhaltsam trieben wir darauf zu
(ein sog ein wirbel ein atemzug)
dein gesicht vor mir
und hinter mir die zukunft
ohne ein bild aber voll von schatten der erinnerung

das reh im spiegel
und das kind das wir nicht austragen wollten
(wärst du ein känguru
wäre ich fähig dem spiegel sein "ge" zu rauben)
und jetzt sieh uns an
zwei zu einem klumpen verschwommene schatten
im schnee

Mucki
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Beitragvon Mucki » 03.01.2013, 18:51


gänsehaut natur

wie das neugeborene
ganz instinktiv den weg
in den beutel findet
ist ein wunder

die mutter
wartet geduldig

und es bleibt im beutel
so warm und behütet

die mutter
wartet geduldig

bis es von alleine
herausspringt


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Lisa
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Beitragvon Lisa » 03.01.2013, 21:04

kaengu ma duru ~ melonight

hüpf spring marbelatsch entlang
ein gebrochenes marmeladenglasherz

hat einer klopfen hören
mein kaengu ma duru ist trotzalledem hineingekrochen
von drinnen durchs draußen und hinein


in sich durch mich und ich dadurch in mich

das wurden zwei schöne biographien

schön süß und aufrichtig klebrig zum auf scherben schlittschuh hindurchfahren
und glitzerliebhalten.
Vermag man eine Geschichte zu erzählen, die noch nicht geschehen ist?
Es verhält sich damit wohl wie mit unserer Angst. Fürchten wir uns doch gerade vor dem mit aller Macht, was gar nicht mehr geschehen kann, eben weil es schon längst geschehen ist.

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nera
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Beitragvon nera » 05.01.2013, 22:42

springlebendig
ins himbeergelee frohgerutscht
sind wir haben wir uns gewünscht
scherbenrauhnächte überflogen
den spalt zwischen den welten
verklebt mit blei
alle drei könige!
werden wir trällern
"singing in the rain"
wir hinterlassen keine spuren
bei diesem wetter

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Eule
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Beitragvon Eule » 06.01.2013, 14:56

bei diesem wetter
bleigraue Mauer der lichter
auf kleiner flamme

zündung um zündung
tropfen in wachs lagen
uns in den händen

nimm mich mit
ins neue Jahr
Ein Klang zum Sprachspiel.

Mucki
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Beitragvon Mucki » 06.01.2013, 15:44


das letzte jahr
nahm mich rasend mit
und wie
in das neue gehe ich
mit ruhigen schritten
und stille
in der zündung

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nera
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Beitragvon nera » 06.01.2013, 16:49

"ein gutes tanzbares jahr"

wir nehmen das neue jahr
huckepack
es wird uns schon folgen
wenn wir allen und jedem
vorbeiwinken
wir sind inseln bewohnt von leuchtürmen
wir betrinken uns am bleigrauen himmel
mein kater wird in dir ertrinken
wenn du mir von den fliegenden fischen
flüsterst
wir kneten einen atzmann aus wachs
lassen ihn fliegen
"ich" sagst du "ich erkläre alle zweifel zu kanonenfutter und
bombadiere damit böse träume!"
wie sollte ich dir nicht folgen?

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Ylvi
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Beitragvon Ylvi » 06.01.2013, 21:19



mirmilidi knirschen

überm vokalspiel sinnieren
siehst du das i - da fiel
ein zauber darüber und dir
flogen punkte zu (schwarz
und schlüssig) wie furchtfliegen
zitterten um das eine wort
sag wenigstens: himbeergelee
und vertreibe die zweifel (einen augenblicklang)
mit dem norddeutschen klang der kernlosigkeit

Das ist das Schöne an der Sprache, dass ein Wort schöner und wahrer sein kann als das, was es beschreibt. (Meir Shalev)

Nifl
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Beitragvon Nifl » 07.01.2013, 10:01

Zweifelhafte Kernlosigkeit

Geckos gibt es nicht
auch wenn Trauben nach Glitzer schmecken

Mein i ist weich und lebt in einem Freigehege

Der Schatten passt zwischen zwei Steine
"Das bin ich. Ich bin Polygonum Polymorphum" (Wolfgang Oehme)

Mucki
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Beitragvon Mucki » 07.01.2013, 17:14


mein schatten
macht heute urlaub
die sonne
platzt sich
in seine fugen
verpatzt mir fast
den untergang

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nera
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Beitragvon nera » 15.01.2013, 00:55

die könige haben den baum freigegeben
seine zweige schützen nun die feige im garten
mondschattennächte und der große wagen
immer gibts du allem namen
wenn ich friere lachst du
krieche ich in dein lachen
bestelle ein taxi
während du mir den himmel erklärst

Mucki
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Beitragvon Mucki » 16.01.2013, 16:52


den himmel kannst
du mir nicht erklären
mein ständiges frieren
nicht begreifen
doch wenn du mir jeden morgen
eine heiße wärmflasche
unter die bettdecke legst
bevor du zur arbeit fährst
schenkst du mir den himmel

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Ylvi
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Beitragvon Ylvi » 16.01.2013, 19:37



adagio teneramente

hör nur - wie sie von den türmen singen
im sommer suchen wir die schatten (lieben
uns darin) ist das nicht vernünftig
ins wortgewärmte wasser springen
flaschen für die kalten füße füllen
die dirigentin sagt: sie stehe
unentschlossen wie ein berg
und wäge die seiten die zeiten
(sicherheiten) es läge nur
in ihrer hand - das regelwerk
des lehenswesens (hinter ihrem rücken
ein fingerklimpern) der beginn der lieder
als wüsste sie es nicht: rote adern
ziehen sich durch den granit und
unsere spuren finden sich - längst
an allen ihren hängen

Das ist das Schöne an der Sprache, dass ein Wort schöner und wahrer sein kann als das, was es beschreibt. (Meir Shalev)

ecb

Beitragvon ecb » 16.01.2013, 20:30

duo

stecken unter derselben decke
und einer zieht sie dem andern weg
in einem ewigen nächtlichen hin und her
im schlaf

aber einer wäre nicht einmal einer

immer der falsche ton, der falsche einsatz
der die musik macht

hand und herz spielen
einander streiche
und ein jedes weiß und schweigt


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