Lyrischer Dialog

Hier ist Raum für gemeinsame unkommentierte Textfolgen
Nifl
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Beitragvon Nifl » 11.08.2006, 17:59

Liebe Schreibfanatiker,

ich möchte hier in diesem vitalen Forum einen "lyrischen Dialog" beginnen. Lyrische Dialoge sind kooperatives Schreiben, Gedichte, die (auf-)einander aufbauen. Das können inhaltliche Bezüge sein, oder es werden Worte des "Vorschreibers" aufgegriffen, oder man übernimmt einfach nur die Stimmung.
Hierdurch entstehen unkommentierte Gedichtfolgen. Die Form bleibt dem Autoren überlassen (zB. ob gereimt oder ungereimt ...)
Würde mich über rege Beteiligung freuen!

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Zuletzt geändert von Nifl am 30.08.2006, 19:10, insgesamt 2-mal geändert.

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nera
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Beitragvon nera » 09.01.2017, 04:09

die schatten zittern.

Klara
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Beitragvon Klara » 09.01.2017, 14:21

Federtauchen

Womöglich ist eine
nicht wenig sinnvoll, die aufs Wasser schaut
das Tageslicht begrüßt und wie die Ente tanzt
(was kleine Wellen gibt)
die niemand sieht
wie eine Schreibende

Womöglich nimmt es sich
nichts und der Blick
das Lauschen steter Suche
bleibt (nur dies sei „festgelegt“)
das Ziel:

Das offne Dreieck, das die Ente hinterlässt
verschwimmt zu einem Muster
(sagt man „Entenschwarm“?)
in der verblüfften Lücke schaut sie
wie der Januar sich klärt
(der Wind hat sich gelegt)
und wie die Federkörper tauchen

Wenn sie die rosa Schlieren malen könnte!
Was sähe sie!
Wenn sich ein Schwan dazu gesellt
dann stört er nicht
geerdet zieht sein Staunen
neue Bahn
Wenn sie nur lesen könnte
was am Grund geschrieben steht
so sinnvoll wie ein Fluss
in dem die Steine wachsen
Zuletzt geändert von Klara am 10.01.2017, 15:19, insgesamt 2-mal geändert.

Niko

Beitragvon Niko » 10.01.2017, 04:22

schatten
flimmernde begegnung am dunkelrand
trockengelegt
heimlich und wärmezart
hinter der niederung der unsäglichkeiten

ich habe verloren
was ich nie gewonnen hatte
und stürze mich hinter den ruf
nicht zugänglich zu sein

endlich:
trauernde buntheit
als zerschellnis angeklagter hintergründe

ich fasse nach
ich verantworte los
und schiebe die dämmerung
hinter mich
hinter jedes zerwürfnis
überschüssiger tage
die nichts kennen
außer bleiberechten und
kleiderordnung

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Zefira
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Beitragvon Zefira » 10.01.2017, 14:02

Ich habe keine Ähnlichkeit
mit dem Schatten, den ich werfe.
Nicht mal entfernte.
Am ehesten noch,
wenn ich mich umdrehe,
von hinten.
Vor der Erleuchtung: Holz hacken, Wasser holen.
Nach der Erleuchtung: Holz hacken, Wasser holen.

(Ikkyu Sojun)

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nera
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Beitragvon nera » 11.01.2017, 02:21

womöglich ist eine eine

ein dreieck
das gewelle dass man nach sich zieht
(zieht man?)
(immer noch die sehnsucht, dass ein einhorn sich gesellt oder ein schwan, geboren aus einem grauen
entlein)
den schatten umarmen und mit den enten den weiher zukacken
gemästet von dem brot der helfersyndromenta
von mir
die ich bioäpfel auf dem balkönchen plaziere
nur um amseln zu sehen
im winter
wenn sie

wenn sie doch bescheiden wären
wenn wir doch
auch unsere schatten
bescheiden müssten
in fressen und fresseen

mein falke
sage ich
falke du
wäre angemessen
aber es tröstet nicht
ich werfe schatten
die im winter zu riesen werden

Niko

Beitragvon Niko » 14.01.2017, 10:33

wenn meine reiher
die Schatten zerhacken
auf der suche nach dem zappligen leben
dann sitzen sie
konzentriert auf lichtwellen
und kreischen beschwören
aber doch warten sie

und ich bin vergeblich
am seetang vertraut
zwischen ufer und ufer so uferlos

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Ylvi
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Beitragvon Ylvi » 14.01.2017, 21:49



unter allen schatten
suche ich deinen

im winter werden sie
zu reisen (erwartungsvolles
vogelschweigen)

Das ist das Schöne an der Sprache, dass ein Wort schöner und wahrer sein kann als das, was es beschreibt. (Meir Shalev)

Nifl
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Beitragvon Nifl » 15.01.2017, 17:45

Gesang der Schatten

Ich habe den Geschmack der Tränen vergessen
sie fließen irgendwo innen
sind Eindringlinge münden nicht
entspringen als seien sie fröhlich
wie ein Zwitschern
"Das bin ich. Ich bin Polygonum Polymorphum" (Wolfgang Oehme)

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Ylvi
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Beitragvon Ylvi » 15.01.2017, 20:10



ich sehe mich schön weinen
daran erkennt man den traum


dein daumen streicht sie
fort - wir sitzen im hölzernen
boot - und wenn wir
das rudern sein lassen – bis
der see sich beruhigt – schauen wir
den salzkristallen zu
wie sie sich auswachsen
zu bizarren formen


Das ist das Schöne an der Sprache, dass ein Wort schöner und wahrer sein kann als das, was es beschreibt. (Meir Shalev)

Niko

Beitragvon Niko » 15.01.2017, 22:07

Und heute schöpfte ich mit Daumenrudern,
die zwischen Zeigeflossen fließend gleiten.
Und die im Wellenbruch die Kämme reiten.
Wie Pferde sich auf Koppelringen pudern.

Im Handumdrehn erstarrten die Gelenke,
die sich im Rücken biegen und sich krümmen.
Von Armen kielgeholt fernab von Finnen,
die tropfend klingen in der Meeressenke.

Ich dreh den Arm. Am Ende schulterlos
zerschweben Schlüsselbeine ohne Bart,
verdrehen rauhe Schmerzen himmelzart.
Und alle Herzen liegen weich auf Moos.

Klara
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Beitragvon Klara » 16.01.2017, 08:57

(Was ist das Gegenteil von Singen?)

Wie sie schmecken, weiß ich genau
aber was sie bedeuten
glaube ich nicht
Ich wünschte, es gebe ein Leben
nach dem Sieg

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Ylvi
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Beitragvon Ylvi » 16.01.2017, 19:28


ich wünschte es gäbe


und schildkrötenzeit
mir fiel ein stein ins herz

siegen ist wie schneiden
das kann kein gesang

heilen

bruder warten nickt

in seinem bart verfängt sich
der schnee und das lächeln

verdammt dieses lächeln

ich schau heraus
es ist noch winter
ich schau hinein

der stein

wärmt
Das ist das Schöne an der Sprache, dass ein Wort schöner und wahrer sein kann als das, was es beschreibt. (Meir Shalev)

Nifl
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Beitragvon Nifl » 16.01.2017, 19:52

Es wird zu spät
Schritte knirschen
weil Kristalle zerbrechen

Wir reichen uns Träume
rudern mit den Armen
um den Sieg
peilen mit Daumen

Die frische Schneedecke
lässt mich vergessen
wie schmutzig ich bin
das ist mein Geheimnis
"Das bin ich. Ich bin Polygonum Polymorphum" (Wolfgang Oehme)

Niko

Beitragvon Niko » 17.01.2017, 00:05

ich nicht
die träume vorstellungen
pläne und gedanken
das alles reicht nicht mehr
um einem hoffen zu winken

unbewegt zieht ein starrer frost
durch meinen schnee
es knirscht
hart ist der gang
so ungefedert und billig
Ist ein tag ohne glauben

noch ein tag

zu fordern und halten
auch zu lassen und winken
ich brauche etwas
und wenn es nur verkrüppelte zeit ist
aber ich brauche etwas
mehr


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