Gelegentlich

moshe.c

Beitragvon moshe.c » 12.01.2009, 18:48

Gelegentlich

dachte ich
nur an dich

dein Gesicht
am Grenzübergang
Invalidenstrasse

dein Zöllnerdasein
an der Schnittstelle
der Systeme


Meinen Namen
kanntest du bald
wie die Westprodukte

gewissenhaft
hast du mich
durchsucht, ganz ehrlich

deine Anordnung
befolgt jeden Tag
mehr zweifelnd

mich angelächelt


Ein Mal sah ich dich
dann noch
mit einer Kerze

an der Gethsemanekirche

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Lisa
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Beitragvon Lisa » 12.01.2009, 20:30

Lieber moshe,

ganz ehrlich, ich bin zu unwissend für diesen Text - mit dem, was ich aber intuitiv lese, kommt es mir sehr sehr gelungen vor, mich spricht das so an! Ich würde mir daher wünschen, jemand mit mehr historischem Wissen schriebe einen spannenden Kommentar zu diesem Text, damit ich sehe, ob ich richtig ahne. ...

liebe Grüße,
Lisa
Vermag man eine Geschichte zu erzählen, die noch nicht geschehen ist?
Es verhält sich damit wohl wie mit unserer Angst. Fürchten wir uns doch gerade vor dem mit aller Macht, was gar nicht mehr geschehen kann, eben weil es schon längst geschehen ist.

moshe.c

Beitragvon moshe.c » 12.01.2009, 20:48

In Zeitalter der Informationsgesellschaft und einem Computer vor der Nase, sollte man vielleicht in der Lage sein wenigestens die eigene jüngste Geschichte, und somit auch die Bedeutung der Gethsemakirche 1989, ergoggeln zu können.

Ist das zuviel verlangt? für dieses Projekt?, wenn man denn schon das ganze Desinteresse über Jahrzehnte hatte?

Mir fehlen die Worte.

Erstaunlich welchen Wert Unwissenheit inzwischen erreicht hat.

Moshe

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Lisa
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Beitragvon Lisa » 12.01.2009, 20:54

moshe, ich meinte das nun nicht auf zu ergoogelnde begriffe bezogen, DAS könnte ich jederzeit tun, brauch es hier nicht mal. Ich meinte es schon eine ebene höher...
Vermag man eine Geschichte zu erzählen, die noch nicht geschehen ist?
Es verhält sich damit wohl wie mit unserer Angst. Fürchten wir uns doch gerade vor dem mit aller Macht, was gar nicht mehr geschehen kann, eben weil es schon längst geschehen ist.

Mucki
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Beitragvon Mucki » 12.01.2009, 21:22

Lieber Moshe,

mir gefällt dein Gedicht sehr gut. Vor allem, weil du das Spektrum der bisherigen Perspektiven mit deinen Zeilen erweiterst, in dem du den Zöllner, seine Wandlung beschreibst und dies auf gelungene Weise.

Saludos
Mucki

moshe.c

Beitragvon moshe.c » 12.01.2009, 22:32

Naja, eine höhere Ebene verstehe ich hier nicht, sondern doch mehr die niedere...

Uff.

Moshe

klaasen

Beitragvon klaasen » 13.01.2009, 15:06

hallo moshe
ist doch toll wie menschen sich wandeln, verwandeln. die zeit hat doch ein gutes. ob er die kerze angezündet hat weil er vielleicht ein schlechtes gewissen hat lasse ich einmal dahin gestellt sein.
das bild spricht mich an.

gruss
klaas

muss noch erwähnen, das ich nicht geeignet bin texte zu renzensieren. da brauchst hintergrund wissen. da ich schon mehr als zwanzig jahre deutschland nicht mehr betreten habe ist mir das feingespür für deutsche geschichte irgendwie abhanden gekommen.

DonKju

Beitragvon DonKju » 13.01.2009, 16:41

... die Gratulation zu einem sehr gelungenen Text, wobei ich die Anspielung auf den biblischen Zöllner im sozialistischen Staate, wenn es denn so gedacht war, ganz besonders erwähnenswert finde ...

:hut0039: und Hobbitgruß von Bilbo

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Beitragvon leonie » 13.01.2009, 16:49

Lieber moshe,

gerade schneie ich hier vorbei. Das ist ein sehr gelungener Text, finde ich.
Fast ein kleiner Film.

Meinst Du am Anfang wirklich"dachte ich nur an dich" oder eher "nur gelegentlich dachte ich an dich"

Ich frage das, weil ich mir ersteres schwer vorstellen kann.

Liebe Grüße

leonie

moshe.c

Beitragvon moshe.c » 13.01.2009, 19:03

Hallo!

Nun ich dachte schon sehr intensiv über diesen Zöllner nach...., über die Diskepanz zwischen seiner eigenen Wirklichkeit, deren Propaganda.... und was er da so den ganzen Tag zu sehen bekam hautnah,......unter anderem wohl durch mich.
Es schwang da zwischen uns so eine Art Sympathie, die ausserhalb von Worten liegt, weil jeder seine Rolle hatte...
Ich bin in den 80zigern regelmäßig nach Ostberlin und in die DDR gefahren, weil ich es im Kern als meine Stadt/mein Land empfand.


MlG

Moshe

Nifl
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Beitragvon Nifl » 13.01.2009, 19:56

Hi Moshe,

über das Wort "Schnittstelle" würde ich noch mal googeln. Es stimmt zwar irgendwie, passt aber nicht (für mich).

LG
Nifl
"Das bin ich. Ich bin Polygonum Polymorphum" (Wolfgang Oehme)

scarlett

Beitragvon scarlett » 13.01.2009, 20:11

Lieber moshe,

wie ich schon sagte: so leise, so unspektakulär und so raffiniert - gesetzt.

Natürlich dachte LI nur an den Grenzposten, wenn es mal wieder soweit war ... Das ist mir gut nachvollziehbar.

Und die "Schnittstelle" - da muss ich wiederum sagen, passt für mich sehr gut - da prallten ja wirklich Welten aufeinander und das ganz konkret.

Ein wunderbarer Text! Was bin ich froh, dass du ihn gezeigt hast!

LG,
scarlett

moshe.c

Beitragvon moshe.c » 13.01.2009, 20:14

Hey Nifl! :blink2:

Mit dem Passierscheinabkommen, dem kleinen Grenzverkehr, dem Freikauf, u.a., wurde eine Schnittstelle zwischen in den dogmatischen Haltungen und auf praktischer Ebene geschaffen.

MlG

Moshe

moshe.c

Beitragvon moshe.c » 13.01.2009, 20:17

Liebe Scarlett!

Doppelt hält besser!

Ich werde gern hier mehr zeigen.

MlG

Moshe


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