


Die fabelhafte Geschichte vom alten Tiger
Es war einmal ein alter Amurtiger, dem waren vom vielen Jagen und Fressen fast alle Zähne ausgefallen.
Auch sein Fell war nun so schütter, dass kaum einer in ihm das mächtige Raubtier zu erblicken vermochte, das er einst gewesen war.
So gut es ihm seine alten Glieder erlaubten, fristete er sein Dasein. Und als ihm ein Glied nach dem anderen den Dienst versagte, schlich er, die Tatzen schleifend, über steiniges Geröll
Die am Amurufer ansässigen Felljäger hatten es längst aufgegeben, ihm nachzuspähen : sein nie erjagtes Fell, das prächtigste weit und breit, war keinen Schuss mehr wert.
Unbehelligt und einsam, abseits der alten Jagdpfade blieb ihm nichts anderes übrig, als an Ort und Stelle nach Fressbarem zu suchen.
Er lernte mühsam, Schritt für Schritt, wie man ohne die Spannkraft eines kräftigen Körpers und ohne mächtige Pranke den sandigen Boden durchpflügte.
Zu alledem plagte ihn die Gicht, jede Regung vollzog sich unter großen Schmerzen. Seine Artgenossen meidend, schlug er sich in die Büsche, lebte von Insekten und allerlei Ungeziefer, das er sich schnappte, bevor es ihm davonlief.
Halb stürzend, halb taumelnd rollte er einen Abhang hinunter zum Ufer. Dort war es feucht und kühl. Obwohl ihn fror, fühlte er sich am schlammigen Bichiufer in Sicherheit. Büsche schützten ihn vor Aasgeiern und das nahe Wasser verschaffte seiner jetzt stets trockenen und entzundenen Kehle Linderung. So lag er schon mehrere Tage, als etwas Ungewöhnliches geschah.
„Mach dich auf die Socken. Am Udilsee warten sie schon auf dich!"Der alte Tiger hatte noch nie etwas vom Udilsee gehört und nie hatte es ein Tier gewagt, ihn auf solch beleidigende Art anzureden.
Aber er machte sich auf. Vielleicht weil ihm sonst nichts einfiel. Vielleicht weil er sich so unendlich langweilte. Vielleicht auch, weil die Stimme ihn ganz leise an etwas erinnerte, woran? Schlafwandlerisch machte er sich auf einen Weg, von dem er nicht einmal wusste, ob es der richtige war.
Die Stimme wich ihm nicht mehr von der Seite. Ihren groben Umgangston behielt sie bei. Unablässig, sanft und spöttisch zugleich, beschimpfte sie ihn weiter : beschrieb ihm, wie faul und heruntergekommen er wirke, wie sein Fell verblasst sei, wie der einst feurige Glanz seine Augen verlassen habe. In diesem letzten Satz, so schien es dem alten Tiger, lag fast ein Ton des Bedauerns, und jetzt glaubte er schon, die Stimme erkannt zu haben.
Ungeduldig krächzte er vor sich hin: „mit wem ich es zu schaffen habe, weiß ich nicht, und ob dies der richtige Weg ist, sagt mir auch keiner, und weiter beleidigen lasse ich mich nicht, lieber lege ich mich hier an den Straßenrand und warte, bis es vorbei ist, denn es wird doch vorbei sein, auch für mich, den alten Tiger, irgendwann!"
Da hörte er ganz deutlich die Antwort. „Du bist auf dem richtigen Weg, altes Raubtier.“, sagte die Stimme, „Aber es ist noch nicht vorbei, noch nicht ganz. Es wartet noch etwas auf dich, drunten am Udilsee.“ Bis dorthin sei es nicht weit. Und ob er sich nicht erinnere, wie schön er gewesen sei, wie stolz und wie geschickt, er, der erste und schnellste von allen. „Jetzt aber,“, die Stimme wurde mit einem Mal traurig: „jetzt aber bist du der Letzte.“ „Der Letzte?" wunderte sich der Tiger. Die Stimme sagte: „Ja, der Letzte von allen, der Langsamste, der Tölpelhafteste."
Daraufhin schritt der Tiger weiter voran, solange bis sich vor ihm ein Tal auftat, ein großes breites Tal, in dessen Tiefe sich ein dunkelblauer, tiefer Bergsee befand, und darin eine schmale, sich bis zur Mitte des Sees erstreckende Landzunge. Farne und Zwergbirken säumten ihre Ufer. Der alte Tiger betrat die Landzunge, reckte er sich so gut er konnte und sah, dass zahlreiche Tiere ihm ihre Aufwartung machten: Elche, Bären, Maral-, Isubra- und Sikahirsche, aber auch wilde Hasen und allerlei Nagetiere. Alle nickten ihm zu. Allesamt Bewohner der Ufer- und Berglande um den Amur.
ihm wurde ganz anders dabei.
Jetzt erkannte er die Stimme. Er hatte sie damals so oft gehört, als er jung war. Es war ein sanfter Lockruf gewesen, in den Abendstunden, hier an diesem See; den er nun wieder erkannte.
Sie war die Leitkuh des Hirschrudels und lockte sie alle, warum, das verstanden die Tiger nicht.
Auch jetzt verstand der alte Tiger nicht, wie ihm geschah. Nur eines wusste er : Nun rief sie ihn wieder. „Wozu, wozu", dachte er.
Er schleppte sich bis zum äußersten Ende der langen, schmalen Landzunge.
Dort blieb der alte Tiger liegen, matt und hilflos, von seinen ehemaligen Opfern umringt, die ihn aus großen Mandelaugen anstarrten, wie ihm schien, bis ans Ende der Tage, bis ans Ende des Tages.
Ich werde einige der Wiederholungen streichen, aber ich wollte den Tiger sehr langsam vom zahnlosen, lahmen Zustand zur Agonie und zum Tod begleiten.
Dass das Ende nicht klar ist, macht mir zu schaffen, da muss ich dann nochmal drüber.
Großen Dank, ich mach mich an die Arbeit, danke für deine.
... schütter, dass kaum einer in ihm das mächtige Raubtier zu erblicken vermochte, das er einst gewesen war. So gut es ihm seine alten Glieder erlaubten, fristete er sein Dasein. Und als ihm ein Glied nach dem ..
sein nie erjagtes Fell, das einst prächtigste weit und breit, war keinen Schuss mehr wert.
bloß nicht auf alles hören, was hier so vorgeschlagen wird!
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