Zugvögel

Tanja

Beitragvon Tanja » 16.03.2010, 13:47

Aktuelle Version
Der See liegt ruhig in der Abendsonne.
Ein Meer von Kranichen bedeckt das Ufer. Hie und da ein Flügelschlag. Ab und an ein Kranichruf. Gemächlich schreiten sie durch das Nass. Ihre Schnäbel tauchen immer wieder in das Wasser ein, auf der Suche nach Futter. Die Jungvögel scheinen die trügerische Ruhe zu spüren. Hektisch putzen sie ihr Gefieder, während die Altvögel geduldig ausharren.
Ein Trompeten schallt durch die Luft. Mit einem Mal setzen sich tausende von Kranichen in Bewegung. Sie laufen einige Schritte, breiten bei jedem Flügelschlag ihre Schwingen weit aus und strecken ihre langen Hälse nach vorne. Die Flügelschläge dröhnen im Abendhimmel. Die silbergrauen Riesen formieren sich. Steil steigen sie empor. Der See zittert. Große Schatten gleiten über das Land.
Ruhe kehrt ein.

Erste Version
Der See liegt ruhig in der untergehenden Abendsonne. Ein Meer von Kranichen bedeckt den sumpfigen Boden am Rande des Gewässers. Stille und Einvernehmen herrscht. Hier und da ein Flügelschlag. Ab und an ein Kranichruf. Gemächlich stapfen die langbeinigen Tiere durch das Nass. Mit ihren langen Schnäbeln tauchen sie noch einmal ein in das wattartige Wasser, auf der Suche nach Futter für die lange Reise, die bevor steht. Die Jungvögel sind unerfahren und scheinen die trügerische Ruhe zu spüren. Hektisch putzen sie ihr Gefieder, während die Altvögel geduldig ausharren. Die Ruhe vor dem Sturm.
Mit einem Mal wird es lauter. Ein erfahrenes Alphatier schlägt kräftig und erhaben mit den Flügeln und setzt sich vom Boden ab. Wasser und Matsch tropfen herab, während das Tier sich gen Himmel erhebt. Tausende von Kranichen folgen ihm aufgeregt und lautstark. Ein Trompeten gellt durch die Luft. Die Flügelschläge donnern im Abendhimmel und v-förmig formieren sich die gräulichen Riesen wie Flugzeuge bei einer Flugshow. Steil steigen sie empor. Der See zittert. Riesige Schatten bedecken das Land. Nur langsam kommt das Wasser zur Ruhe. Die Kraniche ziehen gen Süden.
Zuletzt geändert von Tanja am 22.03.2010, 18:18, insgesamt 5-mal geändert.

Tanja

Beitragvon Tanja » 17.03.2010, 01:36

Ihr habt recht, donnernde Flügelschläge ist falsch ausgedrückt. Ich will dieses Geräusch wiedergeben, wenn tausende Flügel heftig schlagen um sich vom Boden abzuheben. Schlagende Schwingen trifft es nicht ganz, das ist ja logisch, dass sie schlagen, ich suche nach einem Begriff der dieses Geräusch exakt trifft - ich überlege noch und werde jetzt erstmal die aktuelle Version oben anpinnen, damit ihr den Faden nicht suchen müsst.
Die beiden Adjektive möchte ich im Text belassen. Ich habe es ohne probiert, aber es liest sich für mich nicht mehr so rund und schön, mir fehlt da einfach was.

Vielen Dank für eure Meinungen und Mühe!

Liebe Grüße, Tanja

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leonie
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Beitragvon leonie » 17.03.2010, 10:52

Hallo Tanja,

zum Organisatorischen noch kurz: Es gibt eine Möglichkeit, anzugeben, dass das Kopfposting auf jeder Seite erscheint, kannst Du da nochmal gucken? Dann braucht man nicht zurückzublättern.
Ich persönlich finde es auch hilfreich, wenn Du die aktuelle Fassung nach oben stellst. Es ist ein wenig kompliziert, ich weiß, aber wenn man es raus hat, flutscht es dann auch.... :-) .

Zu den Adjektiven: Wenn Du gerne welche drin haben möchtest, würde ich an Deiner Stelle auf jeden Fall solche wählen, die überraschend sind und etwas Neues aufzeigen. Ich bin mir sicher, dass andere zumindest in einigermaßen anspruchsvoller Literatur verpönt sind.

Schöne Grüße

leonie

Tanja

Beitragvon Tanja » 17.03.2010, 12:33

Hallo leonie,

ich habe die aktualisierte Fassung nun oben angepinnt.

Aber mein erster Beitrag wird doch auf jeder neuen Seite oben angepinnt. Jedenfalls sehe ich es so. Ihr nicht? Eine Änderungsmöglichkeit im ersten Posting habe ich auch nicht gefunden. So wie es aussieht, klappt das automatisch. Siehst du den ersten Beitrag von Seite 1 von mir auf Seite 2 nicht?

Liebe Grüße, Tanja

Mucki
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Beitragvon Mucki » 17.03.2010, 12:45

Hallo Tanja,

ich habe das Kopfposting oben wieder reingesetzt, in dem ich auf "ändern" und "absenden" klickte.
Wir haben da zur Zeit ein technisches Problem. Die Kopfpostings werden zur Zeit nicht automatisch auf jeder Seite angezeigt, aber Armin, unser EDV-Admin, arbeitet dran.

Saludos
Gabriella

Tanja

Beitragvon Tanja » 17.03.2010, 13:21

Danke Gabriella,

muss ich denn zukünftig irgendwas in meinem ersten Beitrag anklicken, damit das so geschieht? Und wenn ja, was. Ich habe dort nichts gefunden.

Viele Grüße, Tanja

Mucki
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Beitragvon Mucki » 17.03.2010, 13:37

Hallo Tanja,

du konntest auch nichts finden. Ist im Moment etwas verwirrend, ich weiß, sorry.
Wir sind Ende des Jahres umgezogen, eine neue Forensoftware wurde aufgespielt. Vorher war es so, dass sich das Kopfposting immer automatisch auf jeder ersten Seite aufgebaut hat. Nach Einspielen der neuen Software gab es ein neues Kästchen, bei dem man bei Erstellen eines neues Themas "Anzeigen auf jeder Seite" anklicken musste. Doch es soll ja automatisch laufen. Dieses Kästchen ist unsichtbar zur Zeit, da Armin versucht, die neue Software so zu synchronisieren, dass es wieder automatisch läuft.
Wir müssen uns noch etwas gedulden, da es nicht so einfach ist, dies umzusetzen.

Saludos
Gabriella

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leonie
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Beitragvon leonie » 17.03.2010, 15:16

Vorhin habe ich das Kopfposting nicht gesehen, aber jetzt ist es da! :-) Was Du schreibst, Mucki, wusste ich auch noch nicht. Aber es ist gut zu wessen, dass es jetzt wieder automatisiert geschehen soll, das ist einfach praktischer!

Liebe Grüße

leonie

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Ylvi
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Beitragvon Ylvi » 18.03.2010, 08:07

Hallo Tanja,

mich würde interessieren, wie du den Text angelegt hast. Ich bin mir unsicher, ob es eine reine Naturbetrachtung sein soll, oder die Beschreibung eines Augenblickes aus der Sicht eines LIch, ob es noch eine andere Ebene geben soll. Was macht diesen Augenblick für dich, bzw. den Beobachter, das schauende Ich besonders, was ist das Individuelle des Sehens, worauf möchte der Text den Fokus legen, von was soll mir dieser Kurzprosatext erzählen, was ist Neues in ihm, was unterscheidet ihn von einem Sachtext und wie soll er klingen, also welche Sprache ist ihm eigen? Ich glaube, um zu sehen, wie sich der Text auch bezüglich der Adjektive und der Details entwickeln soll, müsste man das klarer herausarbeiten.
Was ich schön finde ist der Bogen, den die Ruhe hier schlägt.
Hier ein paar Anmerkungen und Fragen im Text.


Der See liegt ruhig in der untergehenden Abendsonne. (Der See liegt in der Sonne?)
Ein Meer (das empfinde ich so direkt auf den See folgend und auf den Rand bezogen als seltsam, da würde ich ein anderes Wort wählen) von Kranichen bedeckt (Vogelperspektive?) den sumpfigen Boden am Rande des Gewässers. (Ist das wichtig, wo genau sie stehen und wie die Bodenbeschaffenheit dort ist?) Es herrscht Stille. Hie und da ein Flügelschlag. Ab und an ein Kranichruf. (Ja was nun, Stille, oder nicht? .-)) Gemächlich stapfen (passt für mich nicht – schreiten?) die langbeinigen Tiere (Kraniche sind denke ich so bekannt, dass man ihre langen Beine nicht extra erwähnen muss) durch das Nass. Ihre langen Schnäbel (haben Kraniche wirklich so lange Schnäbel, dass man das betonen muss?) tauchen (hört sich nach Pelikan an, vielleicht eher picken?) noch einmal ein in das wattartige (wie sieht denn wattartiges Wasser aus? Hört sich an, als wolltest du sumpfig vermeiden und wieder irritierend See-Meer) Wasser, auf der Suche nach Futter für die lange Reise (nehmen sie es mit .-)). Die unerfahrenen Jungvögel scheinen (hier nun deutliche Interpretation des LIch) die trügerische Ruhe (warum trügerisch?) zu spüren. Hektisch putzen sie ihr Gefieder, während die Altvögel geduldig ausharren. (geduldig ist mir zu vermenschlichend)
Mit einem Mal wird es laut. (Darunter kann ich mir nichts vorstellen) Die Kraniche synchronisieren sich. (Hört sich nach Wiki an) Tausende von Kranichen (ist aber ein großer See, denn sie waren ja nur am Rand .-) ) setzen sich lautstark (siehe "laut")in Bewegung. Ein Trompeten schallt durch die Luft. Sie laufen einige Schritte, (sie sind doch schon in Bewegung) ehe sie kraftvoll abheben. Sie breiten bei jedem Flügelschlag ihr Gefieder weit aus und strecken ihren langen Hals nach vorne. (Hört sich auch nach Wiki an und nicht selbst beobachtet... und wieder "lang") Wasser und Matsch tropfen herab (plötzlich sehr nah rangezoomt), während die Tiere sich gen Himmel erheben. Die Flügelschläge dröhnen im Abendhimmel. V-förmig formieren (Sachtext) sich die grauen Riesen. (Elefanten? .-)) Steil steigen sie empor. (Meint das etwas anderes, als sich gen Himmel erheben?) Der See zittert. (Das ist eine schöne individuelle Sicht) Riesige Schatten bedecken (oben bedecken sie auch schon den See) das Land. (Erscheint mir übertrieben, und die Schatten ziehen doch?) Die Kraniche ziehen gen Süden. (auch nichts Neues) Der See kommt langsam zur Ruhe. (Siehe oben, ein schöner Bogen, aber für mich nicht ausgearbeitet, warum und aus welcher Perspektive das erzählt wird.)


Wenn ich selbst ein wenig damit spiele, (ich hoffe, das ist für dich in Ordnung, ist nur zur Veranschaulichung gedacht) würde ich in diese Richtung weiter gehen und erst einmal stark verdichten. Vielleicht ist eine Anregung für dich dabei, die dir hilft den Text noch einmal anzuschauen, um zu sehen, in welche Richtung er für dich noch gehen könnte.

Die Abendsonne spiegelt sich ruhig im See. Kraniche schreiten so weit das Ufer reicht.
Ein Ahnen klammert sich an den Rand, spannt Stille.
Noch einmal tauchen sie ihre Schnäbel ins Wasser.
Den Alten ist nichts anzumerken. Nur ein paar Jungvögel putzen sich hektisch heraus.

Dann, als sei die Zeit bekannt, ein Trompeten, sie richten sich aus, strecken ihre Hälse, staksen noch einige Schritte und steigen dann kraftvoll auf. Tausende Flügelschläge dröhnen in den Himmel.
Der See zittert. Schatten fliegen übers Land. Sie ziehen fort.
(Ich bleibe.)
Die Sonne sinkt zur Ruhe.


Liebe Grüße
Flora
Das ist das Schöne an der Sprache, dass ein Wort schöner und wahrer sein kann als das, was es beschreibt. (Meir Shalev)

Tanja

Beitragvon Tanja » 18.03.2010, 12:27

Hallo Flora,

der Text soll eine Momentaufnahme eines Augenblicks sein. Es geht mir einfach nur um den Augenblick kurz bevor die Kraniche abfliegen. Und ich wollte den Unterschied deutlich machen, zwischen der anfänglichen Stille und dem lautstarken Aufbruch.

Ich habe mir deine "Wortspielereien" gut angeschaut und da ist sicherlich an so mancher Stelle eine Veränderung angebracht, aber vieles ist mir auch zu sehr "beschnitten". Was mir ebenfalls, genau wie dir, übel aufstößt, sind die grauen Riesen. Ich hatte vorher gräuliche Riesen genommen, aber das wurde hier bemängelt und ich habe es geändert. Doch die ganze Zeit habe ich mich mit dieser Veränderung nicht wohl gefühlt, weil ich ständig an Elefanten gedacht habe. Und das Synchronisieren hat mir auch nicht so richtig gefallen, eben weil es stark nach Sachtext klingt, da hast du wieder recht.

Deine abschließende Kurzversion meines Textes ist mir viel zu kurz, irgendwie fehlt mir da eine Menge. Aber ich muss es auch ruhen lassen, auf mich wirken lassen. Ich werde meinen Text nochmal in Ruhe anschauen und ihn mit deinen Worten vergleichen und schauen, was ich verändere und was nicht. Ich werde es bald machen und dann hier einstellen.

Ganz herzlichen Dank für die Auseinandersetzung mit meinem Text und die Mühe, die du dir damit gemacht hast.

Liebe Grüße, Tanja

Mucki
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Beitragvon Mucki » 18.03.2010, 12:43

Huhu Tanja,
Tanja hat geschrieben:Aber ich muss es auch ruhen lassen, auf mich wirken lassen.

genau das wollte ich dir auch empfehlen. Du hast jetzt so viele Meinungen bekommen, Kommentare zu diesem Passus, Kommentare zu jenem Passus, etc. Deshalb erst mal setzen lassen und später, ohne Eile, es drängt dich ja niemand, mit etwas Abstand noch mal drüber gehen und es so ändern, dass es für dich stimmig ist.

Saludos
Gabriella

Klara
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Beitragvon Klara » 18.03.2010, 16:10

Hallo Tanja,
nur ein Vorschlag von mir (bezogen auf die aktuelle Version):

Der See liegt ruhig in deruntergehendenAbendsonne. Ein Meer von Kranichen bedeckt den sumpfigen Boden am Rande des GewässersUfer. Es herrschtStille. Nur hie und da ein Flügelschlag. Ab und anein Kranichruf. Gemächlich stapfen die langbeinigen Tiere durch das Nass. Ihre langen Schnäbel tauchen noch einmal ein letztes Maleinin das wattartigeWasser, auf der Suche nach Futter für die lange Reise. Die unerfahrenen Jungvögel scheinen die trügerische Ruhe zu spüren. Hektisch putzen sie ihr Gefieder, während die AltvögelErfahreneren geduldig ausharren.
Mit einem Mal wird es laut. Die Kraniche synchronisieren sich.Tausende von Kranichen setzen sich lautstark in Bewegung. Ein Trompeten schallt durch die Luft ertönt. SieDie Vögel laufen einige Schritte, ehe sie kraftvoll abheben. Dann Sie breiten sie bei jedem Flügelschlag ihr Gefieder weit aus und strecken ihren langen Hals nach vorne. Wasser und Matsch tropfen herab, während die Tiere sich gen Himmel erheben. Die Ihre Flügelschläge dröhnen im[/s]erfüllen den Abendhimmel [s]mit einem Dröhnen. V-förmig formieren sich die grauen Riesen, Steil steigen steil empor, lassen den See erzittern. Der See zittert.Riesige Schatten bedecken das Land.
Die Kraniche ziehen gen Süden. Der See kommt langsam zur Ruhe.

Mir scheint, du hast eine Tendenz zu Redundanzen und eine zu große Zärtlichkeit für Adjektive: Manchmal denkt man, ein Wort wäre nackt "ohne", tatsächlich steht es aber oft kraftvoller als "mit".

Auch mit Synonymen wäre ich vorsichtiger, sie wirken sonst arg gewollt.

Die Erzähl-Notwendigkeit erschließt sich mir nicht: Der obige Text steht in meinem Empfinden nicht für sich, wirkt beliebig. Warum wollte er erzählt werden? Es befinden sich kraftvolle Bilder darin, doch durch das "Objektive", Erzähler-lose wirken sie viel weniger stark als ein einzelner Kranich es könnte. Das ist wie ein gemaltes Naturbild: Stellt man es in die Natur, verblasst es notwendig. Warum erzählst du die Kraniche?

Herzlich
klara

Tanja

Beitragvon Tanja » 18.03.2010, 16:53

Hallo Klara!

Klara hat geschrieben:Die Erzähl-Notwendigkeit erschließt sich mir nicht: Der obige Text steht in meinem Empfinden nicht für sich, wirkt beliebig. Warum wollte er erzählt werden? Es befinden sich kraftvolle Bilder darin, doch durch das "Objektive", Erzähler-lose wirken sie viel weniger stark als ein einzelner Kranich es könnte. Das ist wie ein gemaltes Naturbild: Stellt man es in die Natur, verblasst es notwendig. Warum erzählst du die Kraniche?

Mir kam zum Thema Aufbruch ein Abflug von Kranichen in den Sinn und das habe ich einfach umgesetzt. Es soll die Aufbruchszene darstellen, nicht mehr und nicht weniger. :blink1:

Ja, ich arbeite gern mit Synonymen, weil ich Wortwiederholungen vermeiden will. Mir ist auch aufgefallen, dass manche Synonyme nicht immer angebracht sind. Ich muss mal versuchen den Text dann anders zu formulieren, dass er ohne Synonym auskommt. Und mit den Adjektiven verhält es sich exakt so, wie du sagst. Mir kommt der Text oft so nackt vor und ich habe Angst, dass die Leser nicht daran denken, dass Jungvögel "unerfahren" sind, um nur ein Beispiel zu nennen. Aber auch damit werde ich mich beschäftigen, versprochen!

Herzlichen Dank für deine Beschäftigung mit meinem Text.

Liebe Grüße, Tanja

Klara
Beiträge: 4510
Registriert: 23.10.2006

Beitragvon Klara » 18.03.2010, 18:39

Hallo Tanja,
du brauchst mir doch gar nichts zu versprechen! :confused:
Ich geb dir einfach nur Feedback aus meiner bescheidenen Leserinnen-Sicht - andere mögen das anders sehen/lesen (habe die Kommentare nicht gelesen).

Mir kommt es so vor, als wären die Synonyme und die Adjektive als isoliertes Feld ein arg "handwerklicher" Zugang, deshalb auch meine Frage danach: Warum erzählst du das? Wenn es eine Fingerübung ist, wie die Skizze eines Malers - okay. Dann kann man an den Synonymen etc. arbeiten. Aber einfach nur, um gar keine Synonyme mehr zu verwenden, dran zu arbeiten, würde es aus meiner Sicht der Mühe nicht wert sein. Es geht (mir) ja nicht um Synonyme als solche, sondern um ein Fließen, um einen Zugang, um eine Sicht, um DEINE Sicht, deine Erzählung. Dein Warum. DANACH kämen Synonyme, Adjektive etc. Gerade der AUFBRUCH ist doch so eine starke Themen-Setzung. Die irgendwas mit dir zu tun hat. Oder? Aufbruch wohin? Wovon? Du malst da ein Bild, und mir fehlt - etwas. DU fehlst darin. Das mag Geschmackssache sein. Oder Intuition. Entscheide du.

Schreiben ist schwer - noch schwerer ist es, glaub ich, wenn man es von sich abgespaltet versucht.
Aber vielleicht tue ich dem Text da auch unrecht.

Dass du die Szene darstellen willst, habe ich schon verstanden - aber warum? Beeindruckt sie dich? Würdest du gern mitfliegen? Findest du einen der Kraniche besonders schön? Siehst du die Vögel? Mit welchen Augen? Mit denen eines alten Mannes, der kaum noch laufen kann? Mit denen eines Kindes, das gerade erst ein paar SChritte gelernt hat und übermütig ein Stück mitrennt? Oder hörst du sie (die starke Betonung der Laute hat mir gefallen in deinem Text) mit den Ohren eines Blinden, der einst sehen konnte, oder nie sehen konnte? Oder beschreibst du sie vielleicht einem Blinden? Deinem Vater? Deiner Schwester? Deinem Kind? In einem Brief? Oder schreibst du ins Tagebuch - angekoppelt an ein Gefühl, einem Wunsch, einem Verlust, egal was, das/der aber nicht mitbeschrieben wird, nur mitschwingt, vor diesem Absatz mitlesbar ist, zwischen den Zeilen.

- NIcht, dass das GEÄUßERT werden müsste. Aber eine spürbare Haltung dahinter würde, denke ich, eine Intensität schaffen, mit der die Synonyme und Adjektive von selbst verschwänden - oder "echt" würden.

Ich hab mal ein bisschen Schauspielunterricht genommen. Die Aufgabe war einmal, zu zweit eine Szene zu spielen, die eigentlich keine war: Man musste immer nur wiederholen, was der andere sagte, beide sagten den selben Satz, aber dabei die Gefühle des anderen aufnehmen und so dann den - bedeutungsarmen - Satz sprechen. Er änderte sich jedes Mal. WIR änderten uns. Es war ziemlich spannend. Frei und gebunden zugleich. Totale Gegenwart.

Oder: Wir sollten beim Sprechen gleichzeitig mit den Händen beschäftigt sein, einen Apfel schälen, Wäsche zusammenfalten.
Zauberhafterweise "vergaß" man sich dadurch - und konnte spielen. War nicht mehr befangen. Fragte sich nicht mehr, wohin mit seinen Händen - weil man BEIM ANDEREN war. Oder beim Zu Sagenden, beim Ausdruck.

Ich weiß selbst nicht genau, warum mir das jetzt einfällt, vielleicht, weil ich eine gewisse Befangenheit spüre bei deinem Schreiben, einen Verschluss oder so.

Wenn du damit nicht anfangen kannst - vergiss es einfach. Ich dachte halt, du bist relativ neu hier, wirkst leicht verunsicherbar, und ich geb dir einfach mal meine Rückkopplung.

Herzlich
klara

Tanja

Beitragvon Tanja » 19.03.2010, 00:43

Liebe Klara,

nun habe ich dreimal deine Antwort gelesen...

Das Thema Aufbruch hat nichts mit mir zutun. Als eine Fingerübung würde ich meine Zeilen allerdings auch nicht betrachten. Ich habe einfach nachgedacht, was ich zu dem Thema schreiben könnte. Es war unspektakulär, wie ich dazu gekommen bin. Beim Einschlafen sind mir Kraniche im Aufbruch eingefallen. Ich wollte keine Geschichte daraus machen, sondern einfach nur einen bestimmten Augenblick wiedergeben...

Ich verstehe aber durchaus, wie du das mit den Synonymen und Adjektiven meinst und der Arbeit daran, bzw. mit ihnen. Ich bezog die Problematik auch eher auf meine Skripte, wo mir das häufig auffällt, nicht speziell bei diesem Text hier.

Findest du meinen Text konstruiert? Ohne Gefühl? Ohne wirkliche Aussage dahinter?
Wenn ja, so könnte es wirklich damit zusammenhängen, dass ich ihn "einfach so" verfasst habe. Ohne ein inneres Sehnen, ohne eine Parallele zu mir persönlich, wenngleich ich schon daran glaube, dass vielleicht im Unterbewusstsein etwas ist oder war, dass mir genau diesen Ball zugespielt hat...

Du hast übrigens ins Schwarze getroffen mit der Befangenheit bei meinem Schreiben. Ich denke schon, dass sie vorhanden ist, das hat auch einen bestimmten Grund, der hätte aber nichts mit dem Text hier zu tun, sondern mit meinem Schreiben ansich und ich weiß nicht, ob ich das hier posten darf, weil es nicht zum Thema gehört und nur den Grund für meine Befangenheit erklären würde.

Ich habe mir den Text heute x-mal durchgelesen, ihn an vielen Stellen verbessert und gekürzt, bzw. verändert. Danach war ich erst sehr zufrieden, weil er so perfekt war, so makellos. Adjektive gelöscht, leere Redundanzen gelöscht, Synonyme gelöscht...schlussendlich hatte ich das Gefühl nicht mehr meinen Text vor Augen zu haben, ICH war nicht mehr vorhanden und doch mussten diese Veränderungen sein, sie erscheinen mir logisch (die, die ich vorgenommen habe). Das ist aber denke ich ein Prozess, der dazu gehört, mit dem man umgehen lernen muss und ich ganz besonders. Da ich in den letzten vier Jahren nur 3 Skripte geschrieben habe, von denen nur eines von einer zweiten Person gelesen wurde. Ich habe keine anderen Texte geschrieben und mir dazu Kritiken eingeholt. Folglich muss ich mich erst an dieses Gefühl gewöhnen, einen - meinen Text zu entdecken, in ihn hineinzuspüren...

Ja, nun bin ich etwas vom Thema abgekommen...konnte ich dir denn ein wenig mehr rüber bringen? Ein paar deiner Fragen beantworten? Sind vielleicht neue aufgekommen?

Ich möchte dir nochmals sehr danken. Dieses Nachdenken, diese Beschäftigung, das gibt mir unheimlich viel. Ich habe bisher immer nur für mich geschrieben. Es ist befreiend etwas von seinem Talent, wie viel oder wie wenig es auch sein mag, weiterzugeben, mit anderen zu teilen, ihr Empfinden zu erfahren. Bei meinem Schreiben hat mir bisher immer meine Persönlichkeit gefehlt. Ich habe immer versucht gut zu schreiben, wie andere es wollen, dass es veröffentlichungswürdig ist. Aber dabei bin ich selbst immer auf der Strecke geblieben. Mein erstes Skript war ein Volltreffer, ich habe mit Spaß geschrieben, mit großer Freude, es sprudelte nur so aus mir heraus. Die letzten beiden Skripte habe ich in Einsamkeit geschrieben und mit Richtlinien des Handwerks, die man so gehört oder gelesen hat. Richtlinien sind richtig und wichtig, aber man sollte sich schon immer wieder mal abseits der Linie bewegen dürfen, um dem Text seine eigene persönliche Note zu geben, meinen Stil, meine Sprache. Und das habe ich verhindert, weil ich konstruiert geschrieben habe.

Durch diesen kleinen Kranichtext finde ich gerade zu mir selber. Ich spüre in mich hinein, fühle mein Schreiben. Es ist ein ganz unbekanntes Gefühl, aber ich bin nicht mehr isoliert...

Und nun ufere ich ganz schön aus und schreibe wie ein Wasserfall, entschuldigung, aber bei mir sprudelt mein Fass gerade über...

Liebe Grüße, Tanja


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