Prosalog

Hier ist Raum für gemeinsame unkommentierte Textfolgen
Nifl
Beiträge: 3899
Registriert: 28.07.2006
Geschlecht:

Beitragvon Nifl » 23.07.2007, 18:09

Bild
Foto A.P. Sandor et moi


Prosafluss - Geheime Nachrichten - Flüsterpost - Prosapool - ungebunden - verbunden - Prosadialog - Prosakette - Prosa rhei - ungebunden - verbunden - Prosa - Blitzlichter - Prosalog - Wort zu Wort Beatmung - Prosafolge - ungebunden - verbunden


Hier handelt es sich um einen Faden, in dem ihr euch prosaisch zurücklehnen könnt. Lasst euren Gedanken freien Lauf. Erzählt von euren Träumen, eurem Ärger, euren Problemen, euren Sehnsüchten, euren Beobachtungen, euren Wünschen, euren Phantasien, euren Ideen, eurem Kummer, eurer Wut, eurem Tag, euren Spinnereien … "Die Wahrheit" spielt dabei selbstverständlich keine Rolle.
Fühlt euch frei.

Lasst euch von bereits verfassten Texten inspirieren, greift das Thema auf, oder schreibt einfach "frei Schnauze"… alles ist erlaubt.

Ich bin gespannt!




Kleingedrucktes:

Damit eure Kostbarkeiten behütet bleiben, müssen folgende Regeln beachtet werden:

Bitte keine Kommentare
Keine direkten Antworten (zB. Gratulationen, Beileidsbekundungen, Nachfragen etc.)
Keine Diskussionen
Kein Smalltalk oder Talk überhaupt

Geht immer davon aus, dass alle Texte Fiktion sind.



Prosafluss - Geheime Nachrichten - Flüsterpost - Prosapool - ungebunden - verbunden - Prosadialog - Prosakette - Prosa rhei - ungebunden - verbunden - Prosa - Blitzlichter - Prosalog - Wort zu Wort Beatmung - Prosafolge - ungebunden - verbunden
Zuletzt geändert von Nifl am 04.08.2007, 09:08, insgesamt 1-mal geändert.
"Das bin ich. Ich bin Polygonum Polymorphum" (Wolfgang Oehme)

Nifl
Beiträge: 3899
Registriert: 28.07.2006
Geschlecht:

Beitragvon Nifl » 19.09.2010, 09:58

Herzhafter Dialog oder bewegtes Eigenleben.

Letztens traf ich mein Herz. Es war Nacht.
Hallo Herz, was machst du denn so spät?
Geht dich gar nichts an.
Und ob! Schließlich bist du mein.
Nein, ich gehöre niemandem.
Ich beginnt zu grübeln.
Vielleicht kommst du mir deshalb so verloren vor?
Schön wär's.
Was?
Wenn ich verloren wäre.
Ich bekommt Mitleid mit dem Organ.
Siehste!
Was?!
Du behandelst mich wie ein bloßes Organ! Meinst du etwa, ich würde deine Gedanken nicht kennen?
Ach Gottchen sind wir aber empfindlich. Gleich infazierst du mir noch, was?
Wenn du wüsstest wie das ist, tagein tagaus für dich zu schlagen.
Ich muss auch arbeiten.
Mal was anderes, glaubst du an Engel?
Du meinst die freundlichen Mitarbeiter vom ADAC oder den Blauen Aufkleber?
Ich hab' einen gesehen.
Im Augenhintergrund werden Proteste laut.
Meint ihr Augen etwa, nur ihr könntet sehen? Ihr seid doch nur dumme Linsen, kurzsichtig dazu.
Aber wir haben wenigstens noch eine Verbindung zum Hirn, im Gegensatz zu dir!
Und darum könnt ihr auch kein Engel sehen.
Blöde Pumpe!
Jetzt reichts aber! Ich möchte, dass wir wieder Ganzheitlichkeit sind!
Ab jetzt wird an Engel geglaubt, damit das Herz wieder was zu hüpfen hat.
Die Augen verdrehen sich.
Voll ganzheitlich.
"Das bin ich. Ich bin Polygonum Polymorphum" (Wolfgang Oehme)

Gerda

Beitragvon Gerda » 22.09.2010, 13:14

Herz,
immerzu denktst du
"Ich bin der Nabel der Welt".
Dabei
vergisst du zu leicht,
dass auch ich wichtig bin.

Du schlägst und pumpst
als ginge es ständig ums Leben,
das leicht am Faden hängen kann,
denn nämlich, wenn die Atmung aussetzt.
eine Kooperation mit mir wäre angemessen,
Gruß von der Lunge.

Mucki
Beiträge: 26644
Registriert: 07.09.2006
Geschlecht:

Beitragvon Mucki » 02.10.2010, 00:20


Etwa dreißig kleine Lichter zwischen schwarzen Vierecken mit viel Silber drumherum.
Absolut lautlos und mit einem sehr langen Atem. Eine kleine neue Welt.
Wie verrückt muss ich sein, dass ich ihr sogar einen Namen gebe.

Benutzeravatar
Zefira
Beiträge: 5724
Registriert: 24.08.2006

Beitragvon Zefira » 04.10.2010, 22:46

In den meisten Erdnussschalen sind zwei Nüsse hintereinander, jeweils in eine braune Haut gehüllt. Streift man die Haut ab, fallen die Nüsse so blank wie frisch poliert heraus, jede in zwei Hälften, die Bauch an Bauch zusammen in der Haut gelegen haben.

In manchen Schalen ist nur eine Nuss, Bauch an Bauch in die Haut gehüllt. Das sind die Einzelzimmer unter den Erdnüssen. In den ganz unanständigen Junbonüssen sind hingegen drei Pärchen hintereinander. Die Jumbonüsse gibt es gesondert in etwas teureren Tüten; ich weiß nicht, ob sie genmanipuliert sind; auf jeden Fall finde ich die Dreier-Nuss irgendwie unanständig. Sittenlos. Manchmal denke ich darüber nach, die Wuchssituation der Nüsse als Sinnbild für irgendwas herzunehmen, aber wofür? Wenn mir beim Abstreifen der Haut die Pärchen wie aufgeschreckt auseinanderspringen und sich in die hintersten Zimmerecken verkrümeln, so weit auseinander wie möglich, was könnte das bedeuten?

Wegen meines deprimierenden Zahnstatus kann ich nur wenige Nüsse essen, egal, ob sie zu zweit oder zu dritt liegen. Vielleicht ist wenigstens das ein brauchbares Sinnbild für irgendwas.

Die leeren Schalen kippe ich in den Kamin. Lauter verlassene kleine Betten.
Vor der Erleuchtung: Holz hacken, Wasser holen.
Nach der Erleuchtung: Holz hacken, Wasser holen.

(Ikkyu Sojun)

Max

Beitragvon Max » 23.10.2010, 21:45

Auch nur 'n Kratzer

Das mag nun auch schon zwanzig Jahre her sein, länger sogar denn es war im Januar. Damals hatte er sie eingeladen, "Phantom in der Oper" in der Paderhalle. Schon die Einladung war ein Flopp gewesen - das "in" hatte er einfach übersehen, aber es machte den Unterschied.
In der Pause saßen sie auf Steinstufen, er hatte eine Cola besorgt. Das Sprechen war zäh. Dann sagte sie es ihm, wie sehr er sie einengte, gefangen nahm mit seinem Sehnen, das in ihr kein Echo fand.
Als er sie heimgebracht hatte, fuhr er Richtung Norden wie im Roadmovie. Vorbei an Osnabrück und Oldenburg. Irgendwo bei Carolinesiel erreichte er das Meer. Nur das Meer war nicht da. Er ging am Strand, es war kalt, um fünf Uhr kam die Flut. Dann fuhr er wieder heim.
So jedenfalls hat er es allen erzählt.

Mucki
Beiträge: 26644
Registriert: 07.09.2006
Geschlecht:

Beitragvon Mucki » 24.10.2010, 00:56


Es gibt Kratzer, die so tiefe und sichtbare Spuren hinterlassen, dass man sie nicht mehr spürt, nicht mehr sieht, man einfach mit ihnen lebt, auch wenn sie immer Todfeinde bleiben, damit man nicht nach ihnen suchen muss.

Benutzeravatar
Zefira
Beiträge: 5724
Registriert: 24.08.2006

Beitragvon Zefira » 24.10.2010, 01:18

Der erste Herbststurm. Das Jaulen des Windes im Fallrohr (zwei Meter entfernt zu meiner Linken) erinnert mich jedes Jahr daran, dass ich einmal Hasen hatte. Die leere Stelle in der Ellbogenbeuge habe ich vergessen, aber wenn der Wind im Fallrohr sein Herbstlied wieder beginnt, fällt mein Blick darauf. Die Leere, wo etwas nicht ist.
Vor der Erleuchtung: Holz hacken, Wasser holen.
Nach der Erleuchtung: Holz hacken, Wasser holen.

(Ikkyu Sojun)

Mucki
Beiträge: 26644
Registriert: 07.09.2006
Geschlecht:

Beitragvon Mucki » 01.11.2010, 21:38


eigentlich ist mir diese leere stelle egal. eigentlich. und die lehre, die mir diese leere stelle erteilt, ist mir erstrecht egal. eigentlich. warum wurmt mich dann diese stelle, dieses rostige loch, das ich mit so viel zustopfe, viel zu viel von dem, was mir so total egal ist. viel zu viel egal. und zu wenig eigentlich.

scarlett

Beitragvon scarlett » 01.11.2010, 22:53

es war zu wenig. eigentlich. hätte ich mehr sagen sollen. mehr erzählen von dieser leeren stelle, die in die stille schreit. jetzt halt ich mir die ohren zu. und wundere mich, dass es so still geworden ist. ich heule außer mir. mit dem novembersturm, der dich nicht erreicht.
es ist immer zu wenig. nur die leere wächst.

scarlett

Beitragvon scarlett » 03.11.2010, 09:06

Dann willst du nur noch, dass es aufhört.
Dass einer komme, der die leitung kappt. Oder den schalter umlegt. Den nadelfluss unterbricht, der jede zelle deines körpers überschwemmt, mit dem schmerz des erinnerten wortes. Dass es enden möge, dieses bad in flüssigem metall.

Und du wünschst dir plötzlich frost. Und weißes weites land. Eintauchen in kristall. Empfindungslos sein.
Doch selbst das würde nicht reichen.

Es müsste einer die löschtaste finden. Und mit dem mut des unwissenden auch drücken. Den wortspeicher leeren, von dem die eine hälfte trauer trägt (bedeutungslos), die andere den aufstand probt. Und immer wieder den genadelten fluss sich selbst erneuern lässt. Im frühling.

jondoy
Beiträge: 1595
Registriert: 28.02.2008

Beitragvon jondoy » 15.11.2010, 15:05

Seui

a*
Ein Schulbusfahrer schlängelt seinen Bus durch den Stadtverkehr.
Die Fahrt führt oben in den Scheiben durch die Lifestylewelt.
Plakatkakerlaken im Faschingsgewand.
Die Kinder im Bus kreischen echt.
Unten steht das Sein der Anarchie nahe.
An der Ampel vor ihm ist ein Hinweisschild angebracht.
Achtung! Diese Ampel zeigt kein Rot und Gelb.
Er hält an. Wartet bei Grün. Tippt auf Blau und Veilchenviolett.
Die Autos hinter ihm fangen an zu singen.

Zuhause wartet seine Anima auf ihn.
Nonverbal streicht er ihr mit gespreizten Fingern durch das Gesicht,
bleibt mit seinen Spitzen an ihren Lippen hängen.
Sie erwidert seine Geste. Greift ihm raubkatzenartig
in die Haare und hält ihn fest.
In ihrem Griff beruhigt er sich. Und lacht sie an.

o*
Gregor legt sich in die Hand einer Berliner Hure.
Reihenhausfrauen´s natürlicher Feind.
Ihre Breiten breiten sich über ihn aus aus wie Fußpilz.
Löcher so groß wie Fuchshöhlen.
Lädt sie hinterher ein ins Restaurant.
Was hat er drauf?
Was trägt sie jetzt wohl drunter?
Feinsinnig reißt er den Reißverschluss an ihrem Kleid auf.
Sie schlüpft aus ihren Ganzkörperanzug raus.
Reißt ihm das Gesicht runter. Und den an seiner Hose auf.
Er steigt aus seinem Klischee aus.

Nun stehn sie vor uns in Jeanshosen und fleckigen T-Shirts.
Lassen die Gläser stehn und gehen hinaus auf die Straße.
Vor dem Restaurant warten auf sie ihre Fahrräder.
Sie schwingen sich auf die Drahtesel
und fahren mit ihnen die Straßen entlang.
Lassen sich den Wind durch ihr Haar wehen.
Ein Schulbus kommt ihnen entgegen. Er hupt sie an.
Die Ampel dahinter leuchtet blau. Seui.

Mucki
Beiträge: 26644
Registriert: 07.09.2006
Geschlecht:

Beitragvon Mucki » 16.11.2010, 23:15


Rote Ampeln sind ein Sog. Sog zum Risiko. Einfach losgehen, ohne zu gucken. Halten sich die Autofahrer an das Rot? Wenn nicht ... Aber das ist ja der Sog. Sonst wäre es langweilig. Früher hatte mich dieser Sog fest im Griff.

Jahre sind vergangen. Keine Berührungen. Keine Wunden. Bin reifer geworden.
Gehe einfach los, ohne zu gucken, doch nur bei Zebrastreifen.

Klara
Beiträge: 4510
Registriert: 23.10.2006

Beitragvon Klara » 17.11.2010, 11:19

Hauptbahnhof: Heimat für all die gut angezogenen Damen und Herren mit ihren Rollköfferchen, ihren ehrgeizig hochgezogenen Augenbrauen, den geizigen Gesten, mit ihren rasch noch im Hotel unter die automatische Bürste gehaltenen schwarzen Schuhen, mit den vielen unsichtbaren Löchern in den Krägen ihrer Blusen und Jacken, gestochen von all den Namensschildernadelstichen auf all den Konferenzen im Irgendwo.

Es ist zu sehen: Kleingewachsene Männer bevorzugen die kurz über dem Knie endenden anthrazitfarbenen Mäntel, die sie noch niedriger aussehen lassen, als wollten sie drunter sagen: "Da steh ich drüber", weil Mode oder was dafür gehalten wird beim Vorankommen bedeutender ist als gut auszusehen - Anpassung geht vor Stil, wissen sie. Es gilt, Prioritäten zu setzen, wissen sie. Oder haben sie vergessen, wo sie herkommen? Und wohin sie eigentlich wollten, der werte Herr, die vernachlässigte Dame? Würden sie gern wieder wissen, wohin sie überhaupt wollen könnte, was er (wie er sich) vergessen musste, zu beschäftigt damit, sich feilzubieten? Denn es kostet ja eine Menge Kraft, derart selbstbestimmt ins Unglück zu rennen, angetrieben vom Karussell ins Nirgendwo.

Nifl
Beiträge: 3899
Registriert: 28.07.2006
Geschlecht:

Beitragvon Nifl » 20.11.2010, 10:32

Abreisen, davon könnte man träumen. Pilgern. Warm ist es. Beim Rasten Striche auf dem Schuh ziehen. Staub ist immer weich. Sich fragen, ob es halten würde. Und in der Vorstellung ginge es immer bergauf. Vorstellungspilgerei für Leute wie mich, die sich auch eine Katze wünschen. Und meine Gefährtin, die käme mit, auch wenn sie sich letzte Nacht erdrosselte (die Leute am Parkhaus waren egal. Aber das Schlimmste sind sowieso immer die Vorwürfe). Und das Gepäck. Am besten der T-Shirt-Stoff, dass du die Schultern nach hinten drücken kannst, wenn du in den Himmel guckst und alles bleibt leicht. Nur der Stoff, der viel besser zu dir gehört, weil du ihn schon so lange trägst. Stell dir das vor. Ich kenne mich dort nicht aus, aber es ginge bergauf.
"Das bin ich. Ich bin Polygonum Polymorphum" (Wolfgang Oehme)


Wer ist online?

Mitglieder in diesem Forum: 0 Mitglieder und 0 Gäste