Marie

Mucki
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Beitragvon Mucki » 21.10.2010, 18:03


Marie

Es klingelt an der Tür. Marie drückt auf die Gegensprechanlage.
"Hallo?"
"Paketdienst!"
Sie betätigt den Haustürsummer und läuft in die Küche zum kleinen Regal zwischen Kühl- und Oberschrank. Ihre blauen Haushaltshandschuhe Größe L liegen mit der Öffnung ihr zugewandt leicht über der Kante. Ihre Finger gleiten hinein. Zurück an der Wohnungstür, schiebt Marie den Riegel beiseite, löst die Vorhängekette, dreht den Wohnungstürschlüssel drei Mal nach rechts, reiht ein paar weitere Schlüssel zwischen die Finger der linken Hand auf und öffnet mit der rechten die Wohnungstür. Der Postbote wartet bereits.
„Hallo Frau Lindemann!“
„Hallo.“
„Ein Paket für Sie.“ Er hält ihr das Leseempfangsgerät entgegen. Marie bestätigt den Empfang mit seinem Stift.
„Bis Morgen, einen schönen Tag noch!“
Sie nickt kurz. Der Bote geht. Marie schaut ihm hinterher, bis sie hört, wie die Haustür unten zuschlägt. Marie dreht den Türschlüssel drei Mal nach links, schiebt den Riegel vor, hängt die Vorhängekette ein und drückt auf die Türklinke. Es knackt. Sie schiebt das Paket mit einem Fuß in den Flur zu den anderen. In der Küche zieht sie die Haushaltshandschuhe aneinanderreibend aus und lässt die Handschuhe an den gewohnten Platz fallen. Marie läuft ins Bad und wäscht sich die Hände mit Triclosanseife.
Sie notiert in ihr Tagebuch:
Montag - heute nur zwanzig Minuten.

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Amanita
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Beitragvon Amanita » 21.10.2010, 23:01

Hallo Gabriella!

Mag sein, dass ich was überlesen habe - ich finde einfach die Angst nicht. Dass Marie sich hinter Schlössern verbarrikadiert, ist zwar eindeutig, aber so "locker" wie sie die öffnet, weil der Paketbote kommt (und so locker, wie sie den empfängt), kommt für mich keine Angst rüber. Die Gummihandschuhe wirken skurril und sind sicher Zeichen für die Angst, unterstützt von dieser Seife (was ist das - eine Arztseife oder so was?), aber beides ist mir noch nicht explizit genug. Es wirkt auf mich mehr wie ein Ritual, dafür geschaffen, die Angst einigermaßen zu besiegen.

Was hat denn "nur 20 Minuten" gedauert - eben dieses Ritual? Ihr ist es also lästig?

Hat sie Angst vor den Paketinhalten, dass die die Dinger einfach nur hortet und nicht öffnet? Hat sie Angst vor den (vermutlich unbezahlten) Rechnungen? Es ist ja eine richtig gute Gruselstelle mit den Paketen, aber so richtig einordnen kann ich sie - noch - nicht. Vielleicht kenne ich einfach nicht die Krankheit (?), die eventuell dahintersteckt ...?

Trixie

Beitragvon Trixie » 22.10.2010, 09:30

guten morgen mucki,

also ich finde es, im gegensatz zu amanita, sehr eindringlich und beklemmend. für mich ganz klar: starke agoraphobie mit tick! ich finde allerdings, das kann man noch besser ausbauen. dass sie gar nichts spricht, zum beispiel. es ist ja wie ein ritual, sie bekommt diese päkchen wohl oft, die handschuhe liegen schon bereit, alles ist "gewohnt", da muss marie wohl gar nicht erst die gegensprechanlage betätigen oder? es sei denn, sie tut es, und der paketfahrer sagt schon von sich aus "paketdienst". ich fände es komplett stumm noch besser.
ansonsten kann ich es fühlen und sehen, das ihm nicht direkt in die augen sehen, herzklopfen bis zum hals, als er wieder weggeht und die operation gelungen ist. das spüre ich, wobei ich es gerne noch ein wenig genauer beschrieben hätte. oder doch nicht? hm. ich weiß es noch nicht genau.
die 20 minuten am ende versteh ich auch nicht so ganz...

also, für mich kommt schon angst durch, wobei ich mir nicht ganz klar darüber bin, ob ich es noch auserzählter haben möchte oder lieber nicht.

in die zeile mit den "zu den anderen paketen" interpretiere ich jetzt nicht so viel hinein, es kann natürlich auch da noch ein grusel-faktor entstehen, aber der würde dann mehr raum einnehmen, denke ich, in deiner erzählung...

du siehst also, an sich kann ich was damit anfangen, es packt mich auch, ich sehe da was, aber ob das reicht? hmmmhmm.

liebe grüße
trix

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Zakkinen
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Beitragvon Zakkinen » 22.10.2010, 10:08

Hallo Gabriella,

mir fehlt hier noch ein wenig Fleisch auf den Knochen der Geschichte. Ich habe das Gefühl, Du hast schon ein recht klares Bild im Kopf, doch es kommt nicht in voller Größe bei mir an. Mir wird zum Beispiel überhaupt nicht klar, wovor sie eigentlich Angst hat: vor Einbrechern, Postboten, Menschen im Allgemeinen, Bakterien und Krankheit, dem Inhalt der Pakete? M.E. könnten die Pakete ganz weg. Was auch ein Indiz sein könnte, dass ich was nicht verstanden habe. Müssen die Handschuhe Größe L sein? Ist das ein wichtiges Detail? Vielleicht musst Du erst reduzieren und dann intensivieren.

Statt Haustürbuzzer würde ich nur Türöffner oder Summer oder so was wählen. Der Buzzer steht so komisch heraus, das ist so Denglisch.

Dann fällt mir gerade auf, das noch etwas passiert sein muss, das ich nicht erfahre. Die Rede ist von 20 Minuten, die Aktion mit dem Postboten dauert vielleicht 5 max. Was fehlt da?

Liebe Grüße
Henkki

Mucki
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Beitragvon Mucki » 22.10.2010, 13:29

Hallo Amanita, Trix und Henkki,
Amanita hat geschrieben:ich finde einfach die Angst nicht. Dass Marie sich hinter Schlössern verbarrikadiert, ist zwar eindeutig, aber so "locker" wie sie die öffnet, weil der Paketbote kommt (und so locker, wie sie den empfängt), kommt für mich keine Angst rüber.

"locker" geschieht hier nichts. Im Gegenteil, alles läuft mechanisch ab, soll das Zwanghafte darstellen, das auf ihrer Angst beruht.
Amanita hat geschrieben:(was ist das - eine Arztseife oder so was?)

Du brauchst bei Wiki nur "Triclosan" einzugeben. Dann weißt du, was das für eine Seife ist.
Trixie hat geschrieben:für mich ganz klar: starke agoraphobie mit tick!

Agoraphobie ja, dies ist eine ihrer Ängste. "Tick" ist zu euphemistisch. Es ist viel mehr als ein "Tick".
Die Idee, Marie überhaupt nicht sprechen zu lassen, hatte ich zuerst auch. Das geht aber für mich nicht auf. Sie muss z.B. "Hallo?" sagen. Auch sind ja diese kurzen Dialoge unterschiedlich aufgeteilt. Der Bote spricht laut (ausgedrückt durch die !) und sie zurückhaltend/leise, nur das Nötigste.
Und Marie muss die Gegensprechanlage betätigen, um zu wissen, ob wirklich der Postbote klingelt.
Trixie hat geschrieben:ansonsten kann ich es fühlen und sehen, das ihm nicht direkt in die augen sehen, herzklopfen bis zum hals, als er wieder weggeht und die operation gelungen ist. das spüre ich, wobei ich es gerne noch ein wenig genauer beschrieben hätte. oder doch nicht? hm. ich weiß es noch nicht genau.

Keine Emotionswörter, Vermeidung von Adjektiven. Alles so mechanisch wie möglich, dafür aber akribisch im Detail, so war meine Intention. Deshalb geht für mich hier ein Auserzählen nicht. Der Leser soll sich das fehlende, emotionale Element dazu denken.
Trixie hat geschrieben:in die zeile mit den "zu den anderen paketen" interpretiere ich jetzt nicht so viel hinein, es kann natürlich auch da noch ein grusel-faktor entstehen, aber der würde dann mehr raum einnehmen, denke ich, in deiner erzählung...

"Gruselfaktor" ist mit den Paketen eher nicht gemeint. Ich hätte z.B. auch schreiben können:
Sie schiebt das Paket mit einem Fuß in den Flur zu den anderen fünfzig Paketen. Doch ich glaube, dass es genügt, wenn klar wird, dass da bereits mehrere Pakete unberührt im Flur liegen.
Zakkinen hat geschrieben:mir fehlt hier noch ein wenig Fleisch auf den Knochen der Geschichte. Ich habe das Gefühl, Du hast schon ein recht klares Bild im Kopf, doch es kommt nicht in voller Größe bei mir an.

Hm, scheint euch Dreien so zu gehen. Es kommen nur Details durch. Nicht das ganze komplexe "Angstpaket" sozusagen. Es geht hier um zwei Ängste, einen extremen Zwang und einen Kampf, den Marie hier jeden Tag ausfechtet.
Zakkinen hat geschrieben:M.E. könnten die Pakete ganz weg.

Sie sind das zentrale Transportelement, über das Marie ihren "Kampf" bestreitet, können deshalb nicht weg.
Zakkinen hat geschrieben:Müssen die Handschuhe Größe L sein? Ist das ein wichtiges Detail?

Ja, ein sehr wichtiges sogar. Ich habe ja die Prozedur mit den Handschuhen (wie sie diese anzieht, wie sie diese auszieht) bewusst so akribisch beschrieben. Bei diesen Haushaltshandschuhen ist es ja so, dass man sie eher zäh über die Hände ziehen kann. Wenn ich also schreibe, Größe L und, dass ihre Finger hineingleiten, dann sagt das ja etwas aus. Auch, dieses "Aneinanderreiben" beim Ausziehen und die Tatsache, dass diese Handschuhe über der Kante liegen, mit der Öffnung ihr zugewandt.
Den Haustürbuzzer hab ich in Summer geändert.
Zakkinen hat geschrieben:Dann fällt mir gerade auf, das noch etwas passiert sein muss, das ich nicht erfahre. Die Rede ist von 20 Minuten, die Aktion mit dem Postboten dauert vielleicht 5 max. Was fehlt da?

Ja, darum geht es. Es steht eigentlich im Text.

Ich glaube, man muss diesen Text sehr genau lesen, Wort für Wort, und sich jede Handlung genau vorstellen, damit man ein Gesamtbild bekommt.
Worüber ich noch grüble, ist, ob klar wird, was Marie hier macht:
Gabriella hat geschrieben:reiht die übrigen Schlüssel zwischen die Finger der linken Hand auf

Das ist so schwierig, es richtig zu formulieren, ohne ein bestimmtes Wort zu verwenden. Hab an diesem Satz so lange rumformuliert, aber ich glaube, es kommt nicht rüber, was gemeint ist.
Danke für eure Kommentare!

Saludos
Gabriella

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Zakkinen
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Beitragvon Zakkinen » 22.10.2010, 13:44

Hallo Gabriella,

ohne Dir wehtun zu wollen, aber wenn ich bei einer so kurzen Geschichte gaanz, gaaanz gründlich lesen soll, zum Teil noch recherchieren muss, um überhaupt etwas zu verstehen, dann schwindet mein Interesse. Und das ist schade.

Haben Agoraphobiker nicht Angst vor dem Unbekannten? Sie hat sich doch im Bekannten eingeschlossen, selbst die Paketlieferung scheint bekannt zu sein, sie kriegt ja viele. Wäre es nicht verständlicher, wenn die Angst deutlicher und klarer würde? Mir scheinen hier immer noch mehrere Ängste gemischt zu sein - was in der Realität wohl so sein mag, aber der Geschichte nicht zuträglich ist. Zumindest bei der Kürze. Wenn Du das länger aufbautest, dann könnte man vielleicht langsam verstehen, wie komplex das Problem ist. So aber verbleibe ich verwirrt.

Liebe Grüße
Henkki

Trixie

Beitragvon Trixie » 22.10.2010, 13:46

Hi Mucki,

hm, dann habe ich wohl zu wenig hinein interpretiert. Jetzt ist es erst recht ein Rätsel.
Ist sie irgendwie behindert? Hat sie ein Krankheit? Wenn es mehr als ein Tick ist? Sie hat panische angst, das ist klar, aber wovor und warum?

Ich nehme mal die Anhaltspunkte, die ich habe:
- Sie ist allein.
- Sie geht nicht aus dem Haus und will so wenig wie möglich mit (fremden) Menschen zu tun haben -> Agoraphobie, check.
- Sie benutzt für Ihre Hände übergroße Handschuhe.
- Sie macht alles in Ritualen, wobei sich aber irgendetwas ändert, sonst würde sie ja kein Buch darüber führen, was anders ist, siehe die "nur" 20 Minuten. Was auch bedeutet, dass die ganze Sache schon länger geschieht, Jahre, Monate, Wochen? Was war der Auslöser? Ein Trauma? Ein Unfall? Vergewaltigung? Hm...
- Sie nimmt die Schlüssel auf eine bestimmte Art und Weise in die Hand, die dir wichtig ist. Vielleicht, um sich damit verteidigen zu können? Oder aus einem ganz anderen Grund? Wieso hat sie so viele Schlüssel, dass zwischen jeden Finger einer passt, also drei oder vier Stück? Hm.
- Sie bestellt viele Pakete und öffent sie nicht. Ein Kaufzwang? Oder hat sie Pakete gar nicht bestellt, sondern ein anderer? Hm.

Hm, ich grübel mal weiter, aber ich glaub, das endgültige Lösen schaff ich nicht alleine. Ich glaube, da fehlt noch der Aha-Effekt-Auslöser....

Magst du noch ein paar Tipps geben? Ich rieche Angst, ich sehe sie, große Angst, aber ich weiß einfach nicht, wovor und wieso!

Neugierig-grübelnde Grüße
Trix

Mucki
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Beitragvon Mucki » 22.10.2010, 14:11

Hallo Henkki,

ein einziges Wort nachzuschlagen, ist doch keine große Recherche. Wenn allein dadurch dein Interesse schwindet, ist das natürlich schade, kann ich aber nicht ändern.
Agoraphobiker in der extremsten Form, können ihre Wohnung nicht mehr verlassen.
Ich bin mir sicher: schriebe ich diese Szene ganz ausführlich aus, würde jeder Kommentator sagen: Das ist mir zu auserzählt, du lässt dem Leser keinen Spielraum mehr ...

Hallo Trix,

Trixie hat geschrieben:Ich nehme mal die Anhaltspunkte, die ich habe:
- Sie ist allein.
- Sie geht nicht aus dem Haus und will so wenig wie möglich mit (fremden) Menschen zu tun haben -> Agoraphobie, check.

jep
Trixie hat geschrieben:- Sie macht alles in Ritualen, wobei sich aber irgendetwas ändert, sonst würde sie ja kein Buch darüber führen, was anders ist, siehe die "nur" 20 Minuten. Was auch bedeutet, dass die ganze Sache schon länger geschieht, Jahre, Monate, Wochen?

jep
Dieses "nur" ist für Marie ein Erfolg, den sie notiert, wie sie alles in ihr Tagebuch notiert, weil, wie du herausgelesen hast, das Ganze schon lange so geht.
Trixie hat geschrieben:Was war der Auslöser? Ein Trauma? Ein Unfall? Vergewaltigung? Hm...

Der Auslöser spielt in diesem Text keine Rolle. Dargestellt wird die Ist-Situation.
Trixie hat geschrieben:- Sie nimmt die Schlüssel auf eine bestimmte Art und Weise in die Hand, die dir wichtig ist. Vielleicht, um sich damit verteidigen zu können?

Ja, sie benutzt die Schlüssel quasi als "Schlagring".
Trixie hat geschrieben:- Sie bestellt viele Pakete und öffent sie nicht. Ein Kaufzwang? Oder hat sie Pakete gar nicht bestellt, sondern ein anderer? Hm.

Nein, kein Kaufzwang. Die täglichen Bestellungen und die täglichen Besuche des Boten (außer natürlich Sonntags), deshalb, das "Bis Morgen ..." des Boten, sind Maries Weg, sich mit ihrer Angst zu konfrontieren.
Trixie hat geschrieben:Hm, ich grübel mal weiter, aber ich glaub, das endgültige Lösen schaff ich nicht alleine. Ich glaube, da fehlt noch der Aha-Effekt-Auslöser....

Magst du noch ein paar Tipps geben? Ich rieche Angst, ich sehe sie, große Angst, aber ich weiß einfach nicht, wovor und wieso!

Ein Tipp?
Wichtig sind hier die Handschuhe und die Triclosanseife. Im Text wird nur mit einem Satz ganz kurz erwähnt, warum sie überhaupt die Handschuhe anzieht und die Triclosanseife benutzt.
Der Bote hält ihr ja, neben dem Paket, noch etwas entgegen. Und das ist ihr zweiter großer Angstauslöser.

Hm, wenn es zu einem Rätseltext wird, sehe ich ihn als gescheitert an.
Für mich, logisch *lach*, ist alles völlig klar. Auch, als ich es Gero vorlas, hat er sofort alles verstanden. Normalerweise muss ich ihm meine Texte nämlich immer erklären. ,-)

Saludos
Mucki

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Beitragvon Zakkinen » 22.10.2010, 14:27

Hallo Gabriella,
klar ist die Suche nach einem Wort keine Recherche. Ich wollte einfach nur sagen, es summiert sich. Die Geschichte lässt mich rätseln, aber sie reizt mich nicht, das zu tun. Und ich überlege halt, warum das so sein könnte. In meinem Fall liegt das unter anderem daran, dass ich das Gefühl habe, erst mal eine Menge Zusatzinformationen zu brauchen, um überhaupt etwas zu verstehen. Ist dann halt eine Geschichte für Fortgeschrittene, nicht für mich.
Warten wir einfach mal ab, was die anderen denken.
Grüße
Henkki

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Zefira
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Beitragvon Zefira » 22.10.2010, 14:34

Ich vermute, sie hat Angst, etwas anzufassen, was schon jemand anders in der Hand gehabt hat. Deshalb die Handschuhe, bevor sie den Stift anfasst, den er ihr entgegenhält.
Was allerdings die Zeitnotiz mit den zwanzig Minuten zu bedeuten hat, erschließt sich mir nicht so recht. Insgesamt sehe ich einen tapferen Versuch, sich selbst zu desensibilisieren, denn das scheint der einzige Zweck ihrer Paketbestellungen zu sein. Immerhin, irgendwann muss sie entmüllen, und das wird ihr erheblich mehr Probleme bereiten als das Ergreifen des Stifts ...

Besorgten Gruß von Zefira
Vor der Erleuchtung: Holz hacken, Wasser holen.
Nach der Erleuchtung: Holz hacken, Wasser holen.

(Ikkyu Sojun)

Sam

Beitragvon Sam » 22.10.2010, 14:38

Mir scheint, die zwanzig Minuten beziehen sich auf die Zeit, die sie für das Händewaschen aufwendet, oder?

Gruß

Sam

Trixie

Beitragvon Trixie » 22.10.2010, 14:42

der stift? das gerät? a, scheint sinnvoll, was zefi und sam sagen...
oh man, ich glaub, ich seh den wald vor lauter bäumen nicht!
magst dus nich verraten? vielleicht sag ich dann am ende doch "aaaahsoooo bin ich doooof natürlich!!" so wie das ja manchmal ist, wenn man zu viel interpretiert oder zu wenig oder in die falsche richtung.
die seife, habe ich gelesen, enthält einen giftstoff? ist an sich nicht zu empfehlen, wird ansonsten zum beispiel gegen malaria verwendet ???? will sie also nicht nur sich selbst sondern andere vor sich schützen? hm.

Mucki
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Beitragvon Mucki » 22.10.2010, 15:32

Hi Zefi,
Zefira hat geschrieben:Ich vermute, sie hat Angst, etwas anzufassen, was schon jemand anders in der Hand gehabt hat. Deshalb die Handschuhe, bevor sie den Stift anfasst, den er ihr entgegenhält.

ja, es ist der Stift dieses unsäglichen Empfangslesegerätes, der sie extrem anekelt. Dieses Gerät, der Stift, den schon Tausende vor ihr angefasst haben. Deshalb tut sie alles, um einen Hautkontakt zur Außenfläche zu vermeiden, beim An- und Ausziehen der Handschuhe.
Zefira hat geschrieben:Insgesamt sehe ich einen tapferen Versuch, sich selbst zu desensibilisieren, denn das scheint der einzige Zweck ihrer Paketbestellungen zu sein.

genau
Zefira hat geschrieben:Immerhin, irgendwann muss sie entmüllen, und das wird ihr erheblich mehr Probleme bereiten als das Ergreifen des Stifts ...

Nein, der Stift ist es. Die Pakete selbst spielen eine sekundäre Rolle. Die sind ja nicht soooo mit Ekel behaftet. Diese könnte sie irgendwann einfach verschenken (von irgendjemanden abholen lassen).

Hallo Sam,
Sam hat geschrieben:Mir scheint, die zwanzig Minuten beziehen sich auf die Zeit, die sie für das Händewaschen aufwendet, oder?

jep! Sie hat, auch wenn sie die Handschuhe benutzt hat, immer noch das Gefühl, diesen ekligen Stift angefasst zu haben und hat einen Waschzwang entwickelt. Und dieses "nur" zwanzig Minuten ist für sie ein Fortschritt, da sie vorher sehr viel länger ihre Hände mit der Desinfektionsseife waschen musste.

Hi Trix,

das Triclosan ist ein Wirkstoff zur Desinfektion.

Saludos
Mucki

keinsilbig

Beitragvon keinsilbig » 22.10.2010, 16:18

hallo, gabriella,


dass deine geschichte zum thema "angst" sich auf die störung des waschzwangs bezieht, ist offensichtlich. die agoraphobie aber ist die angst vor bestimmten plätzen - solche leute gehen meist nicht mehr raus... ob die hier in der geschichte noch als zweite erkrankung mit dazukommt, ist gar nicht eindeutig dargestellt, wie ich es sehe.
du beschreibst hier tatsächlich nämlich die mysophobie - die angst vor keimen, bakterien u.ä. in verbindung mit ständigem waschzwang.
spätestens nach dem überstreifen der handschuhe, dem entriegeln der mehrfach gesicherten tür war das thema mysophobie klar... und der "auftritt" der desinfektionsseife hat das dann nur noch bestätigt.

der rest der erzählung aber erzählt nichts, was speziell auf diese störung - und schon gar nicht auf eine agoraphobie hinweisen würde. ließe man die paar details weg, die ich gerade aufgezählt habe, könnte die szene eine ganz beliebige sein. ohne jegliche besonderheiten. noch nichtmal mit irgendetwas, an dem sich die aufmerksamkeit verfangen würde.... sie will auf nichts "hinaus". (ich kann nicht besser formulieren, was mir "fehlt"...sorry).

die "20 minuten" geben auch mir mehr rätsel auf, als welche zu klären. heute nur 20 minuten hände gewaschen? auf den postboten gewartet? vor dem paket ausgeharrt? das ist zu wenig klar - auch, wenn man es sich zusammenreimen kann mit einigem guten willen. mir lässt aber die geschichte auch zuviel offen, zu vieles nur als konzept angedeutet - aber nicht von leben erfüllt. nicht vom "leben" erzählend - so, wie es sich für die protagnistin anfühlt.
von der gefahr, dass ev. zuviel auserzählt würde, ist sie m.E. also noch meilenweit entfernt. vertrüge daher definitiv ein paar dramatik-schaffende elemente (natürlich dezent eingesetzt).

ich verlange auch gar nicht, dass ihr gefühl (oder problem?) des zwangs und der angst überdeutlich in der geschichte dargestellt werden sollten - das wäre auch in meinen augen zu aufgesetzt und vorgekaut. doch so, wie es jetzt da steht, kommt die angst gar nicht als thema ins spiel. (wenn, dann nur wie eine stoffsammlung für eine geschichte als drumherum, für das setting - aber noch ohne genaue ausführung). der zwang auch nicht. und nicht dieses getrieben-sein, beunruhigt sein, sich bedroht-fühlen. im gegenteil: der erzählstil ist doch sehr gefasst - sachlich kühl, besonnen geradezu. wirkt auf mich eher entspannt und locker.

vermutlich soll er "mechanisch" wirken. wiedergeben, wie sehr sie sich an feste abläufe klammern muss, um der angst eben nicht zuviel raum zu überlassen. aber so, wie es jetzt da steht, ist keinerlei angst mehr da, die raum einnehmen könnte. sie ist daher auch nicht als motivator lesbar - und somit hängen die wenigen handlungen, die beschrieben sind, in der luft für den leser.

wer menschen mit zwängen kennenlernen durfte, weiß, wie sehr diese darunter leiden. nicht zur ruhe kommen. sich körperlich erschöpfen und schädigen durch ihre zwanghaften, getriebenen versuche, sich zu reinigen, wieder sicher fühlen zu können... der text hier bagatellisiert nicht einmal. er lässt aus für mein empfinden. wesentliches.

und das finde ich schade. denn die idee für den text an sich finde ich großartig.


liebe grüße,

keinsilbig


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