Seidenliebe

Bereich für Texte mit lyrischem Charakter: z.B. Liebeslyrik, Erzählgedichte, Kurzgedichte, Formgedichte, Experimentelle Lyrik sowie satirische, humorvolle und natürlich auch kritische Gedichte
Perry

Beitragvon Perry » 19.01.2006, 20:17

Seidenliebe


Netzfäden
vielarmig gesponnen
umgarnen den Augenblick

hüllen uns
in einen seidenen Kokon
vertrauter Berührungen

bis der
erste Hahnenschrei
das zarte Gespinnst zerreißt

claire.delalune

Beitragvon claire.delalune » 21.01.2006, 18:36

hallo perry,

meine erste spontane assoziation zu "seidenliebe" war: die liebe hängt am seidenen faden.

nach dem lesen des ganzen textes bin ich zwiespältig, ob der erste eindruck so stimmt. sicher - das zarte gespinnst liebe zerreißt am morgen.
der hahnschrei steht für mich oft auch im zusammenhang mit verrat (über das künden des morgens hinaus) - durch die geschichte von petrus, der jesus verleugnete.
mag sein, daß ich zu viel hinein lege in deine worte. aber auch diese erweiterte deutung finde ich spannend.

mein bild wäre dann ein paar, das sich zwar vertraut ist, jedoch nicht miteinander verheiratet - eine affaire also, wo am morgen beide wieder ihre eigenen wege gehen müssen, damit sie sich nicht verraten - im grunde verraten sie jedoch ihre partner - und die liebe, die immer exklusiv und einzigartig sein möchte.

ich bin gespannt, was du dir bei dem text gedacht hast.

lieben gruß,
kathrin

Perry

Beitragvon Perry » 22.01.2006, 11:34

Hallo Kathrin,
Du liegst mit deiner Vermutung ganz gut. Es erzählt von einer Liebe des Augenblicks, die in den Anforderungen des Alltags keinen Bestand hat.
Das mit dem Verrat kann man auch anders deuten. Die Verantwortung der Liebenden in ihrem realen Leben ist stärker, als das zarte (seidige) Band dieser Liebe.
Danke für deine ausführliche Auseinandersetzung mit dem Text und LG
Manfred


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