Seminarbericht. Wolfenbüttel. Kulturakademie. Erzählen – Stil.
Olaf Kutzmutz (Bundesakademie) und Stefan Meyer (Droemer-Knaur), Januar 2011
Freitag nachmittag wurde vorneweg ein Blättchen verteilt, zum nachträglichen Lesen, dort stand Theorie über Stil; und das war das. Stattdessen Stillarbeit, ein Quiz, klassisch: 21 Texte und 21 Namen, zur freundlichsten Verunsicherung. Ist das nun Graf oder Grass? Keyserling oder Remarque? Kästner, Goldt oder Hä? Hültner? Gewonnen, ein Buch über Bestseller, herausgegeben von Kutzmutz, siebene richtig zugeordnet, darunter Hültner, Robert. Sie ben von ein und zwan zig! Klar ein Fall für den Freu-Faden. Gut, Judith Hermann, das war einfach, die ist so … , die erkenne ich sofort am … Das kann nur die Hermann sein, die schreibt halt so. Eine Seite? Aber ja, das kriegen wir hin:
„Elfi hat Arno Schmidt erwischt. Sie fände das schwer, sagte sie, aber nach dem Anfang macht es ihr doch Spaß. Meine Augen schmerzen. Olaf verteilt Blätter, er macht das sehr gut. Wir sollten Kutzmutz sagen, auch wenn wir Olaf denken, das wollte Herr Meyer so. Olaf teilt sie in zwei Stapel , seine Hände sind auffallend kurz, er gibt einen links, einen rechts, es bleibt nie eins übrig. Die Räume waren sehr kühl, ich fand das schön, Angelika holte sich irgendwann eine graue Decke. Das sah gemütlich aus. Ich schreibe.“
Andere produzierten Krimis. In diesem Fall á la Hä? Hültner. Oder Seewald’sche Ergüsse. Oder von Kürthysche Kirretäten. So war das. Hierfür standen Textproben der jeweiligen Meister Gewehr bei Fuß. Standhaft. Blick zum Horizont.
Achtzehn Halbschreiber, zwischen uns ein Ozean aus Nähe, letzteres war schon das Vorglühen für den abendlichen Trunk, Paulo Coelho-Etüde. Erholung nach dem Mann, dem Queneau mit dem überlangen Hals. Dem mit der Kordel statt dem Band am Hut. Es kann jeden treffen. Schließlich, als an einen Schluss schon gar nicht mehr gedacht wurde, Samstags ging‘s von 9:00 morgens bis halbe Zahne abends, weil spät noch Blütenpflücken angesagt war: ein fremder, publizierter Text, in nackten Sätzen, jeder allein vor der Halogenlampe des Projektors, darin gingen alle Powerpoints verloren, jedes Pünktchen verlor seinen Anton vor den Kritikdurstigen Augen. Möge dies meinen Texten auf ewig ersparet bleiben! Doch endlich, am Abendhimmel glüht der Rotwein auf.
Der Sonntag begann symptomatisch mit der kalten Dusche, denn – wir hatten es so gewollt – den Hausl hatten wir aus dem Wochenende geklingelt, weil‘s so sau-koid gwen is – das hatten wir davon: die Heizung sprotzte am Samstag kurz und riss nach Hausmeisters départ alsbald das Warmwasser mit in den Defekt. So auch die eigenen Texte, werbend eingereicht im letzten Jahr und jetzt nach stilistischer Schulung sehenden Auges am Sonntag früh kalt gebraten, wenig wird den Dichterstolz mehr schmälern, als so ein Kurzgalopp durch unser feines Sprachragout. Wir haben es so gewollt.
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