Von Hunden und Menschen

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Sam

Beitragvon Sam » 11.02.2011, 16:18

Von Hunden und Menschen


Hunde und Alzheimerkranke haben mindestens zwei Dinge gemeinsam. Zum Einen weiß man nie, was in ihrem Kopf wirklich vor sich geht. Wenn ich zum Beispiel meinen Vater bei meiner Schwester abhole, um mit ihm unsere allsamstägliche Spazierfahrt durch den Schlosspark zu unternehmen, dann sitzt er, der Jahreszeit entsprechend eingepackt, in seinem Rollstuhl und würdigt mich meist keines Blickes. Erst wenn meine Schwester ihn mit lauter Stimme auf meine Anwesenheit aufmerksam macht, schaut er kurz auf, nickt ein- oder zwei Mal mit seinem schweren Schädel, um dann wieder in sich zusammenzusacken, die Schultern noch ein wenig weiter nach vorne gebeugt, so dass man den Eindruck bekommt, der anstehende Spaziergang wäre für ihn eine größer Qual, als für mich. Aber prompt komme ich einen Samstag nicht, dann, so berichtet es meine Schwester, ist er unerklärlich unruhig und greift sich aus Regalen oder von Kommoden Gegenstände, die irgendetwas mit mir zu tun haben. Als würde er mich vermissen. Als würde er gerne von mir durch die Gegend geschoben werden, was ich nun wirklich nicht glaube.
Bei einer Gelegenheit jedoch schaute er mich offen an, mit seinen gelben Augen über den schweren Tränensäcken, die seine Lieder herabziehen und die Augen aussehen lassen, wie kleine Spiegeleier, ein Blick, in dem eine Menge Gefühl zu sein schien. Spontan umarmte ich ihn, worauf er grässlich anfing zu heulen und zu schreien, selbst als ich ihn schon lange wieder losgelassen hatte. Seitdem vermeide ich jeden Körperkontakt, auch wenn es manchmal so ausschaut, als bettele er darum. Für Zärtlichkeiten aller Art, ist nur noch meine Schwester zuständig.

Was Hunde angeht, habe ich seit zwei Wochen reichlich Gelegenheit Erfahrungen zu sammeln. Meine Freundin, eine mäßig erfolgreiche freie Journalistin, entschloss sich kurzfristig John Kerry bei der Schlussphase seines Wahlkampfes zu begleiten, um daraus eine Story oder gar ein Buch zu machen. Ihren grizzlybärgroßen Leonberger, den sie sonst bei ihrer Mutter lässt, was dieses Mal aber nicht möglich war, da diese für etliche Wochen auf Kur in Bad Kohlgrub verweilt, gab sie bei mir in Herberge.
Das Tier ist zwar herzensgut, aber reichlich nervös, bei Hunden seiner Größe eher unüblich. Trotzdem akzeptierte er seine neue Umgebung sofort. Geplagt von fortgeschrittener Hüftdysplasie und einer chronischen Hyperthyreose, nähert sich Ulysses mit großen Schritten dem letzten Gang zum Tierarzt, obwohl er mit fünf Jahren noch recht jung ist. Nach der Kerry-Geschichte, so meine Freundin, wolle sie den schweren Weg antreten, damit der Hund nicht länger zu leiden hätte, und sie auch nicht.
Ob der Hund leidet, weiß ich nicht. Ich weiß eigentlich gar nichts, was die Gefühle des Tieres angeht, und wenn mich eine gewisse Unruhe in seinem Verhalten oder ein langer Blick aus seinen, in Form und wässrigem Glanz denen meines Vaters nicht ganz unähnlichen, Augen glauben lässt, er wolle vielleicht mal eben sein Geschäft erledigen, hat das oft zur Folge, dass er, ohne jedwede Anstallten sich zu lösen, in der Wiese vor dem Haus weiterschläft. Genauso gut kann er aber auch, nach einem ausgedehnten Nickerchen vor der Couch oder im Flur, einfach aufspringen und ohne einen Ton von sich zu geben, vor die Badezimmertür urinieren oder koten. Dergleichen passiert mir mit der Fütterei oder anderen Bedürfnissen, die ich aus seinem Gesichtsausdruck herauszulesen meine. Meistens liege ich daneben. Wie bei meinem Vater.

Die zweite Gemeinsamkeit zwischen dem Tier und dem Kranken ist, dass die Konfrontation mit ihnen den wahren Charakter eines Menschen zum Vorschein bringt. Ich schließe mich da nicht aus. Die Unergründlichkeit dieser beiden Wesen ist eine Herausforderung an meinen Altruismus und an meine Geduld. Meinen Vater schiebe ich meist wortlos durch die Grünanlagen des Nymphenburger Schlosses. Wenn ich etwas sage, dann nur, weil er etwas fallen lässt, er anfängt andere Leute in unverständlichen Worten anzureden da er sie für seine Mutter oder seinen Vater hält, oder wenn er, was dann das schlimmste ist, sich die Hosen so voll macht, dass die Windeln weder der Feuchtigkeit noch des Geruchs Herr werden. Ich schimpfe nicht mit ihm, aber rede ihn so an, als hätte er es absichtlich getan, was ja genauso schlimm ist. Er macht nichts absichtlich. Oder umgekehrt. Er macht alles absichtlich, hat aber vergessen, welche Dinge man nicht absichtlich macht.
Mit dem Hund ergeht es mir ähnlich. Das große Tier erweckt so sehr den Eindruck Herr seiner selbst zu sein, da fällt es einem schwer zu akzeptieren, dass er zu hundert Prozent unter dem Diktum seines Instinktes steht. Und seiner Prägung natürlich. So stolz wirkt dieses kalbsgroße Viech mit seinen herabhängenden Lefzen und dem stoischen Gesichtsausdruck, da kann man die Verweigerung eines klaren Befehls, wie Komm, Sitz, Bleib, nur als bewusste Auflehnung gegen die unumstößliche Autorität des (in meinem Fall Interim-) Alphawolfes deuten, oder als Zeichen einer ausgeprägten Abneigung. Wie auch immer, man mag ihn dann spazierenwatschen, den Sauhund.

Aber nicht nur mein Charakter wird in der Konfrontation mit Dementen oder Caniden offenbar, auch der anderer Personen. Ich hatte Ulysses gerade mal ein paar Tage und schon war wieder Samstag und es stellte sich mir die Frage, ob man Hund und Vater in einem Aufwasch hinter sich bringen könnte, zumindest was ihren Auslauf anging. Ich beschloss, es darauf ankommen zu lassen, verstaute Ulysses im Heck meines Kombi, fuhr zu meiner Schwester um Vater abzuholen und danach mit beiden zum Schloss.
Die meiste Zeit ignorierten sie sich. Ulysses ging an der langen Leine etwa drei Meter vor oder hinter uns. Mein Vater zupfte Fussel aus der Decke, die um seine Beine gewickelt war, brabbelte dabei unverständliches Zeugs und ließ, wie der Hund, den Speichel tropfen.
Hundebesitzer nun sind ein ganz eigenes Völkchen, eine Art Sekte sozusagen, zu der niemand Zutritt erhält, es sei denn, ein Vierbeiner, egal welcher Größe oder Rasse, ziert seine Flanke. Für den Hundebesitzer, vor allen für die Fundamentalisten unter ihnen, ist jeder Nichthundehalter ein potenzieller Feind. Der gemeine Spaziergänger ein noch geduldeter, die Mutter mit Kinderwagen oder freilaufenden Gören ein schon argwöhnisch zu beäugender, der Jogger aber, oder schlimmer noch, Inlineskater oder Radfahrer, eine unter größtem Misstrauen zu begegnende Spezies, die es schon bei der geringsten Annäherung an den eigenen Vierbeiner zu beschimpfen gilt. Rollstuhlfahrer und deren Schieber fallen in eine Unterkategorie, zwischen die Spaziergänger und die Mütter. Man teilt sich halt den Lebensraum, gezwungenermaßen. Da Hunde einen geregelten Tagesablauf bevorzugen, passen sich Herrchen und Frauchen schnell an, und so sehe ich jeden Samstag meist die gleichen Mensch/Hund Paarungen auf den weißen Schotterwegen des Schlossparks. Da gibt’s diesen langen Schlacks, schmales Gesicht mit einem ausladenden Kinn wie Nick Knatterton, Beamter oder Arzt im Ruhestand, mit seinem deutschen Pinscher; den dicken weißbärtigen mit Lederweste und dunkler Jeans, schätzungsweise pensionierter Polizist, mit dem obligatorischen deutschen Schäferhund; die etwas knöchrig wirkende Dame um die Fünfzig mit ihrem ebenso knöchrigen Greyhound. Und noch ein paar andere.
So reserviert sich der Hundehalter gegenüber dem tierlosen Artgenossen verhält, so offen ist er gegenüber jedem, der von Vierbeinern begleitet wird. Als ich das zum ersten Mal erlebte, dachte ich mir, einsame Menschen sollten sich einfach einen Hund anschaffen. Es ist schier unmöglich in Begleitung eines Hundes nicht auf die ein oder andere Art und Weise angesprochen zu werden.
Aufgrund seiner Schilddrüsenüberfunktion ist Ulysses an manchen Tagen leicht reizbar. Auch Daddy hatte einen nicht so guten Tag und so kam es, dass nach gut einer Stunde die Aufnahmefähigkeit der Windeln meines Vaters erschöpft war und der Hund alles und jeden anknurrte, dem er begegnete. Leider war ich da gerade am anderen Ende des Parks und wir hatten noch ein gutes Stück Weg bis zum Auto. Unterwegs begegneten wir der Lederweste und Nick Knatterton, Herrchen wie Hundchen miteinander beschäftigt. Ich hatte Ulysses, der ewigen Zieherei überdrüssig, abgeleint und so lief er stracks zu den beiden Hunden, die sich gegenseitig übers Grün jagten.
„Schöner Kerl“, meinte die Lederweste, als ich die beiden erreichte und da es mir schien, dass Ulysses seine Gereiztheit kurzzeitig beiseite gelegt hatte, beschloss ich einen Moment zu verweilen. Es ging ein leichter Wind, der die unguten Gerüche, die unter Vaters Decke hervorstrudelten, in Richtung Wald davon wehte.
„Ja“, sagte ich, „ist von einer Freundin.“
„Leonberger?“, fragte Nick Knatterton und antwortete sich selber mit eifrigem Kopfnicken.
Miss Greyhound stieß zu unserer Gruppe. Ihr graues Gerippe von Hund gesellte sich zu den anderen und beschnüffelte ausgiebig alle anwesenden Hundeärsche.
„Das ist aber ein Schöner“, bemerkte sie und zu mir gewand fügte sie hinzu:
„Ist das ihrer?“
„Ja, von einer Freundin.“
Mein Daddy ließ einen kurzen Rölpser fahren und zog für eine Sekunde die Blicke auf sich. Da die Hunde jedoch nicht von ihrer gegenseitigen Beschnüffelung abgelenkt wurden, beschloss man in stiller Übereinkunft dieses Lebenszeichen des Rollstuhlinsassen zu ignorieren. Der allerdings schien ein wenig Aufmerksamkeit für seine Person für angebracht zu halten und begann laut zu rufen. Irgendwas von „Mami“ und „Schön dich zu sehen“ und dabei streckte er seine Arme in Richtung der Lederweste aus.
„Vaterjetztberuhigdichmal“, flüsterte ich ihm ins Ohr und drückte seine Arme auf die Lehne zurück.
„Syssszzzschlllluxxx“, sagte er feucht und laut. Lauter noch gluckste es in seinen Windeln.
„Alzheimer“, sagte ich entschuldigend mit wedelnder Geste vor dem Gesicht. Ich erntete ein verständnisvolles Nicken der Umstehenden, welches mich ein wenig beruhigte.
„Mit meiner Großmutter ging´s ähnlich“, ließ die Lederweste wissen, „konnte am Ende auch nichts mehr alleine machen, Sie verstehen. Pflege von morgens bis abends. Ein Leben ist das nicht mehr.“
Kollektives Kopfschütteln jetzt, als Zeichen der Zustimmung. Davon ermutigt setzte die Lederweste hinzu:
„Eine Qual für alle Beteiligten. Waren dann irgendwie froh, als es zu Ende war. War schlimm, natürlich, aber besser letztendlich. Ist eine Schande, wenn jemand so dahinvegetiert.“
„Es gibt ja welche“, meinte Miss Greyhound, hielt dann aber inne, als hätte sie sich vor ihren eigenen Gedanken erschreckt. Sagte aber schließlich:
„Naja, welche die dann dafür sorgen, dass das Drama ein Ende hat. Und wenn alle damit einverstanden sind....“ Verstummte wieder, in der Hoffnung, jemand würde den Satz für sie beenden. Tat niemand, aber alle nickten, auch mein Vater, allerdings in Richtung der Begonien unter einer moosbekleideten Steinstatue.
Dann gab´s ein Gerangel zwischen Ulysses und dem Schäferhund, der Hamlet hieß. (Toller Name für einen Hund, dachte ich. Es gibt allerdings ein Gedicht von Sarah Kirsch über eine Frau in einem KZ. Der Aufseher dort im Lager hat auch einen Schäferhund, der Hamlet heißt. Seitdem ich dieses Gedicht gelesen habe, gefällt mir der Name nicht mehr sonderlich.)
Die Lederweste brachte die Streithähne auseinander und bestrafte Hamlet mit einem Tritt ins Hinterteil. Ulysses lief einen großen Kreis um uns herum und lies sich dann neben Miss Greyhound nieder, die das Fellmonster eifrig zu streicheln begann.
„Wie alt isser denn?“, wollte sie wissen.
„Fünf, glaube ich", bekam sie von mir zur Antwort, und weil auch die beiden Herren so freundlich und zustimmend nickten, als sei es mein Verdienst, dass Ulysses schon dieses Alter erreicht hatte, ja weil sich in diesen Augenblick so etwas wie ein Zugehörigkeitsgefühl in mir breit machte (und ich frage Sie, wer ist vor solchen Eitelkeiten gefeit?), und ich meinte dieses Gefühl durch eine weitere Äußerung über den Hund noch ein wenig intensivieren zu können, machte ich einen schweren Fehler, indem ich folgendes erwähnte:
„Ja, aber viel älter wird er wohl nicht werden. Meine Freundin denkt daran, ihn einschläfern zu lassen.“
Die, wie mir jetzt auffiel, sehr runzelige Haut von Miss Greyhound formte einen erschreckten Gesichtsausdruck. Nick Knatterton hielt sich seine langfingrige Hand vor den Mund, als wäre dies die einzige Möglichkeit sich am Reden zu hindern.
„Was wollen sie?“, rief die Lederweste, immer noch damit beschäftigt seinen Schäferhund notwendige Erziehungsmaßnahmen zukommen zu lassen.
„Nicht ich“, sagte ich, „meine Freundin. Der Hund ist krank. Schilddrüse, Hüfte und was weiß ich noch alles. Leidet nur noch das Tier, meint sie.“
„Leidet?“, fragte Lederweste, der jetzt direkt vor mir stand, sodass ich zwischen grauen und braunen Barthaaren genau unterscheiden konnte.
„Ja“, entgegnete ich, gegen ein aufkommendes Unbehagen ankämpfend. „Schmerzen, ständige Nervosität, Schlafstörungen, Aggressionsverhalten.....“
„Wo ist der Hund denn aggressiv?“, unterbrach mich Nick Knatterton. „Spielt doch wie ein frommes Lämmchen.“
„Ist er ja nicht immer“, versuchte ich zu erklären, „kommt aber oftmals vor. Erregungspotenzial immer auf höchstem Level, sie verstehen. Marihuana müsste man dem Hund geben, dass würd vielleicht helfen. Ich weiß ja auch nicht.“
„So ein schöner Hund“, seufzte Miss Greyhound traurig, als läge Ulysses schon präpariert für die Todesspritze auf dem Behandlungstisch des Tierarztes.
„Ich sag ihnen was“, meinte Lederweste. „Die Leute glauben immer, wenn ihr Hund älter wird und ein paar Wehwehchen bekommt, oder anfängt ein wenig zu humpeln, müsste man gleich zum allerletzten Mittel greifen. So ein Quatsch! Sehen sie sich doch mal die Hunde an. Das sind nicht nur einfach Tiere, das sind Wesen. Die genießen das Leben, auch wenn´s hie und da mal wehtut oder zwackt. Mein letzter Schäfer, der Iltschi, der hatte auch HD, konnte zum Schluss gar nicht mehr laufen. Na und, hab‘ ein kleines Wägelchen gebastelt, ihn reingesetzt und ein bisschen rumgefahren. Im Haus hatte er eine Decke vor der Tür, da konnte er sein Geschäft hinmachen. Glücklich war der noch eine ganze Zeit. Erst als er gar nicht mehr aufstehen konnte, haben wir dann Schluss gemacht. Da war er aber schon bald sechzehn Jahre alt.“
Miss Greyhound streichelte Ulysses immer noch, hatte sich aber zwischen mich und den Hund gestellt, als müsste sie ihn vor mir beschützen.
„Sagen sie ihrer Freundin“, meinte sie, „wenn man kein Herz für Hund hat, sollte man sich keine anschaffen. Der Hund ist immer für den Menschen da. Da ist es nur recht und billig, dass der Mensch auch für den Hund da ist, wenn er ihn braucht.“
Damit wurden die Hunde zu ihren respektiven Herrchen bzw. Frauchen gerufen, angehängt und zogen, sprichwörtlich, Leine. Vater hob die Hand und rief laut: „Auf Wiedersehen!“
„Lass das!“, sagte ich grob und drückte seine Hand unsanft nach unten. Und zu Ulysses:
„Komm!“, so knapp und gefühllos, wie man das Wort nur aussprechen kann.

Ich glaube, meine Freundin wird mit ihrem John Kerry Projekt scheitern. Sie will zu sehr, dass er gewinnt. Sie reist ihm mehr als Fan, denn als Journalistin hinterher. Sosehr hasst sie den Bush, dass ihr dieser konturlose Mensch Kerry wie der Heilsbringer persönlich vorkommt. Sie ist einfach zu sentimental. Das vernebelt den Blick für die Realität. Auch ein Grund, warum sie mit dem Hund nicht klar kommt. Sie ist nicht in der Lage die Realität zu akzeptieren, kann sich aber auch keine eigene zurechtbasteln. Mir geht’s mit meinem Vater ja ähnlich. Da haben diese Hundebesitzer uns schon etwas voraus, so wie sie Lebensberechtigungen verteilen. Ich glaube, auf die Art lebt man viel besser. Und dem Hund hilft´s ja auch.
Einen Unterschied gibt’s zwischen Alzheimerkranken und Hunden. Die leicht angetrocknete Hundescheiße riecht stark nach Ammoniak.
Zuletzt geändert von Sam am 13.02.2011, 08:06, insgesamt 1-mal geändert.

Quoth
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Beitragvon Quoth » 12.02.2011, 18:02

Hallo Sam,
da hast Du uns mal wieder mit einer ordentlichen Leseaufgabe konfrontiert!
Der Sohn eines dementen Vaters stellt Vergleiche zwischen diesem von ihm im Rollstuhl spazieren gefahrenen Pflegefall und dem von seiner Freundin in seine Obhut gegebenen Gasthund Ulysses an, einem kalbsgroßen riesigen Leonberger, der an vielerlei Zipperlein leidet und, obgleich erst fünf Jahre alt, von der Freundin nach ihrer Rückkehr aus den USA, wo sie den Wahlkampf von John Kerry unterstützt (2004), zum Einschläfern gegeben werden soll. Was mich bei Dir immer besonders beeindruckt, ist der zupackende und furchtlose Realismus, mit dem Du bzw. Deine Erzähler auch das Unerfreulichste in den Blick nehmen und abschildern. Amüsant hier die Beschreibung einer sich immer wieder begegnenden Clique ("Sekte") von Hundehaltern. Ich bin nicht ganz sicher, ob ich mich darüber empören soll, dass die Tierfreunde das Einschläfern von Dementen akzeptabler finden als das von kranken Hunden. Aber als Beispiel für ein typisches Hundebesitzergespräch im Beisein eines Dementen - sehr treffend.
Ich hätte Einiges an Rechtschreibung und Zeichensetzung zu bemängeln, aber vielleicht hast Du da einen besseren Korrektor als mich. Grammatik: Einer Sache Herr werden, der Feuchtigkeit, des Geruchs.
Gruß
Quoth
Barbarus hic ego sum, quia non intellegor ulli.

Sam

Beitragvon Sam » 13.02.2011, 08:05

Hallo Quoth,

vielen Dank, dass du dich dieses Textes angenommen hast. Er ist tatsächlich schon älter, deine Zeiteinschätzung trifft es ziemlich genau. So alle halbe Jahre fällt er mir in die Hände und ich überlege immer, ob er etwas taugt oder nicht. Manchmal finde ich ihn recht amüsant, dann aber auch wieder zu plakativ und auch irgendwie vorhersehbar. Deswegen habe ich mich entschlossen, die Leserschaft des blauen Salons darüber entscheiden zu lassen (sofern sich jemand das Ding antun möchte).

Das mit den RS Fehlern habe ich befürchtet. Ich gehe nochmals auf die Suche danach.

Viele Grüße und nochmals herzlichen Dank

Sam

Mucki
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Beitragvon Mucki » 13.02.2011, 12:33

Hi Sam,

nachdem ich deinen Brocken jetzt drei Mal gelesen habe und mir ab dem 2. Mal die Frage stellte: wie steht denn eigentlich der Erzähler selbst zur Frage des Einschläferns und überhaupt zu dieser Problematik der Demenz, kann ich mir diese Frage noch nicht 100 %ig beantworten. Du schreibst hier harten Tobak, aber dies auf so leichtfüßige und amüsante Art, dass sich der harte Tobak sozusagen von selbst entschärft.
Ich meine, einen an Hüftdysplasie erkrankten und hypernervösen Hund in einem fort mit dem demenzkranken Vater zu vergleichen, und zwar quasi bei jeder Handlung, sogar das Scheißen wird verglichen, ist schon krass, liegt hier aber auf der Hand, da ja beides sozusagen gleichzeitig geschieht. Der Erzähler ist von Anfang bis Ende völlig überfordert.
Du schreibst, die Geschichte wäre vorhersehbar. Finde ich nicht. Da ist gar nichts vorsehbar. Da hätte jeden Augenblick sonst was geschehen können.
Die Szene, in der die Hundebesitzer aufeinandertreffen, ist sehr witzig geschrieben und sehr real. Genauso spielt sich das ab (hatte selbst jahrelang einen Hund). Krass, dass die Hundehalterin für die Sterbehilfe bei demenzkranken Menschen ist, sich aber vehement für das Einschläfern bei Hunden wehrt.
Insgesamt kommt der demenzkranke Vater beim Erzähler schlechter weg als der kranke Hund, so mein Eindruck. Die Hundelobby ist einfach größer und präsenter in der Story. Insgesamt sehe ich da eine große Ohnmacht beim Erzähler. Auf jeden Fall wieder sehr lebendig geschrieben.
Hab ich gern gelesen!

Saludos
Gabriella
P.S: Wg RS und Grammatik (Da fehlt ne Tüte Kommas). Falls du Hilfe brauchst, sag Bescheid.

Yorick

Beitragvon Yorick » 13.02.2011, 15:06

Hallo Sam,

mir gefällt die Dialog/Parkszene. Die Warheit darin. Vom Hund bekommt man diesen unendlich dankbaren Blick, für Essen, Kümmern, da sein. Schon ist der Mensch bereit, sich voller Liebe zu kümmern. Und von Vater? Mürrisches Gegrumme? Warum sollte man also nicht den Vater einschläfern und den Hund behalten? Das finde ich verständlich. Nur verstößt dieses Bekenntnis gegen alle "Gesetze", 4. Gebot etc...

Auf mich wirkt der Text recht unentschlossen zwischen "ersthafter Betrachtung", "Hundebesitzer-Glosse" und "unterhaltsamer Erzählung". Ich persönlich kann dem Glossenanteil nichts abgewinnen, da steckt nichts spezielles drin (ähnlich zu Glossen über Radfahrer, Sonntagsfahrer, Nichtwähler, Vegetarier, etc..). Aber die Ernsthaftigkeit der Figuren im Dialog finde ich schön. Die Anwesnheit von Kerry hat sich mir ebenfalls nicht erschlossen.

Einen feinen Humor entwickelt der Text m.M. in der Ernsthaftigkeit der Personen in einer realen aber abstrusen Situation. Also allein durch den dargestellten Inhalt. "Sekten-Hundebesitzer" wirkt dazu wie Borat in Herr der Ringe.

Ähnlich wie Gabriella fehlt mir etwas der Prot. Er wirkt "gebannt". Auch verständlich, er schiebt seinen Vater vor sich her. Interessant wäre m.M. nach da schon eine Auseinandersetzung, Stellungsname. Oder auch nur Gefühle. Vielleicht Wut?
Da schiebt jemand seinen demenzkranken Vater durch die Gegend. Damit wird man nicht mal eben fertig. Nur dafür wirkt der Text allzu "lustig".

Viele Grüße,
Yorick.

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ferdi
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Beitragvon ferdi » 13.02.2011, 15:54

Hallo!

Hat jemand gestern abend "Frau Walter Jens" gesehen, auf Phoenix? Das hatte etwas von einer Gegenposition zu dem, was Sam hier schildert. Bei mir gab's auf jeden Fall gleich eine Verknüpfung ;-)

Sam, mir gefällt "Von Hunden und Menschen" ganz gut, in den erzählenden Abschnitten finde ich aber einige Sätze viel zu verschwurbelt... Den etwa:

Ich weiß eigentlich gar nichts, was die Gefühle des Tieres angeht, und wenn mich eine gewisse Unruhe in seinem Verhalten oder ein langer Blick aus seinen, in Form und wässrigem Glanz denen meines Vaters nicht ganz unähnlichen, Augen glauben lässt, er wolle vielleicht mal eben sein Geschäft erledigen, hat das oft zur Folge, dass er, ohne jedwede Anstallten sich zu lösen, in der Wiese vor dem Haus weiterschläft.

Da steht mir zum Beispiel zu viel zwischen "seinem" und "Augen", vor allem das Pronomen "denen", was erst mal auf nichts bezogen ist, bis dann die "Augen" kommen, zu denen aber eigentlich erst einmal das "seinen" gehört... Da fühle ich mich als Leser herumgescheucht ;-)

Vielleicht liegt meine Abneigung aber auch darin begründet, dass ich den Satz zum Schluss raus einfach nicht verstehe bzw. mir der Begriff "sich lösen" nicht vertraut ist.

Wieso er "weiterschläft", verstehe ich auch nicht ganz - vorher war er doch noch "unruhigen Verhaltens"?!

Den "Anstallten" solltest du aber auf jeden Fall ein "l" ersparen.

Na ja, das sind so die Sorgen derer, die Prosa ohnehin nie verstehen werden ;-)

Ferdigruß!
Schäumend enthüpfte die Woge den schöngeglätteten Tannen. (Homer/Voß)

Sam

Beitragvon Sam » 13.02.2011, 19:08

Hallo Gabriella,

vielen Dank für deine Meinung!

Ich glaube, du hast Recht mit deiner Vermutung, der Erzähler sei mit der Situation überfordert. Mit dem Vater allerdings um vieles mehr, als mit dem Hund. Der Erzähler reagiert auf die Überforderung mit Distanzierung und da diese zum Vater um einiges größer ist, kann man annehmen, dass da auch die Überforderung, bzw. uneingestandene emotionale Belastung dementsprechend ausfällt. Daher dann auch die Ohnmacht, die sich ja allein schon durch das Vergleichen zweier eigentlich nicht vergleichbaren Gegebenheiten zeigt.

Dass du Geschichte bzw. den Verlauf nicht als vorhersehbar einstufst, beruhig mich schon mal sehr.



Hallo Yorick,

schön, von dir zu lesen!

du sprichts einige Punkte an, über die ich mir, gerade beim Wiederlesen auch so meine Gedanken mache. Das Unentschlossene im Text... nun, ursprünglich gedacht als eine Art "Zerplappern der Ernsthaftigkeit". Dafür brauchte ich aber einen Prot, der weitestgehend indiffernt ist. Wobei das wohl nicht ganz richtig ist. Der Prot selbst ist gar nicht so indifferent, seine Art der Darstellung ist es. Hier bewegen sich auf einer Folie, wie du sagtest, Glosse, Ernsthaftigkeit und unterhaltsame Erzählung. Aber ist es in der Realität nicht oft genauso? Dass die verschiedenen Aspekte einer Sache ineinander schwimmen.

Sollte man den Erzähler über seinen kranken Vater reflektieren lassen, oder ist seine Art der Erzählung nicht schon eine Reflektion. Im Übrigen tut er es ja auch, nur wieder auf Umwegen über die Kerry Geschichte. Er sagt von seiner Freundin, sie könne die Realität nicht akzeptieren, sei aber auch nicht in der Lage, sich eine eigene zurecht zu basteln. Und bezieht das danach auch auf sich und sein Verhältnis zum Vater.
Den Kerry hatte ich damals eingebaut, um aus der Freundin des Prot auch einen Menschen zu machen, der mit der Realität hadert. Dabei ging es mir darum, dass die Freundin in ihrem Beruf lebt, der Hund eigentlich nur eine Nebenrolle spielen kann, selbst wenn es an existienzelle Fragen geht. ebenso ist auch das Leben des Prot durch die Erkrankung des Vaters nicht wirklich beeinträchtigt. Er geht mit ihm Samstags spazieren, mehr nicht. Diese Parallele fand ich eigentlich ganz passend.

Ich danke dir sehr für deine Anmerkungen!



Hallo Ferdi,

die Sendung über Inge Jens habe ich leider nicht gesehen. Aber ich muss mal sehen, vielleicht wird sie ja nochmal wiederholt. (Ihr Buch steht, leider erst angelesen, in unserem Bücherschrank. Das von seinem Sohn habe ich vor einiger Zeit gelesen.)

Ich gebe dir Recht, der von dir zitierte Satz ist ein Ungetüm, das vielleicht als zwei kleinere Tiere hätte auf die Welt kommen sollen. Zumal das unruhige Verhalten und das Weiterschlafen auf der Wiese schwer in Übereinstimmung zu bringen sind.

Den Begriff "sich lösen" habe ich beim Tierarzt gelernt. ;-)

Vielen Dank auch dir!



Gruß

Sam

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ferdi
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Beitragvon ferdi » 13.02.2011, 22:17

Hallo Sam,

bei mir ist es umgekehrt: Ich habe das Buch von Inge Jens gelesen (und ganz gut gefunden), das vom Sohn aber nicht. Hast du zu dem eine Meinung?!

Ferdigruß!
Schäumend enthüpfte die Woge den schöngeglätteten Tannen. (Homer/Voß)

Gerda

Beitragvon Gerda » 14.02.2011, 09:38

Lieber Sam,

ich habe auf beiden Gebieten Praxiserfahrung und nach dem Lesen deiner Geschichte, weiß ich nicht so recht, ob mich das daran hindert, dem, was du beschreibst folgen zu können. Mich befremdet der Text. Mir fehlt, und das kommt nicht oft vor, das Zeigen von Gefühlen. Ich weiß, gerade bei dieser Erzählung könnten beschriebene Gefühle leicht zur Betroffenheit hin kippen. Ich meine aber, dass Empathie durchaus anklingen könnte und auch ein paar Gedanken, die Leben/Tod an sich und die menschliche Erbärmlichkeit reflektierten.
So wirkt der Text, der gewohnt gut geschrieben ist, auf mich nicht authentisch und irgendwie kalt.

Möglicherweise, ist das deine Absicht, vielleicht suchst du den Weg der Provokation weil derzeit sich einige Autoren mit dem Thema Alzheimer bei Familienenangehörigen beschäftigen, und du dir deshalb eine Perspektive gesucht hast, deine Betrachtung sehr direkt und schonungslos niederzuschreiben.
Der letzte Satz setzt dieser berichtartigen Erzählung dann einen Schlusspunkt, der vor einer zynischen Betrachtung auch nicht zurückschreckt.
Sehr mutig das Ganze, aber ich kann es schwerlich verdauen.

Eine Kleinigkeit, die mir allerdings ins Auge sprang und die mich störte:
Sam hat geschrieben:Zum Einen weiß man nie, was in ihrem Kopf wirklich vor sich geht.

Nach diesem zweiten Satz hätte irgend wann "Zum Anderen" folgen müssen.

Liebe Grüße
Gerda

Den Titel hast du vermutlich dem Film von Amores Perros (2000) entliehen.

Yorick

Beitragvon Yorick » 14.02.2011, 15:51

Hallo Sam,

ebenfalls!

Ah, ok. Das ist dann alles sehr filigran angelegt. Mir ist das allerdings zu indirekt, zuwenig spürbar.

>>Aber ist es in der Realität nicht oft genauso? Dass die verschiedenen Aspekte einer Sache ineinander schwimmen.

Denke ich auch. Und das ist auch in diesem Text wertvoll. Das ist das Allgemeine. Was ich meine ist das Spezielle: ich empfinde den "Glossen"-Anteil als ...unangemessen. Sollen das nun witzige Bemerkungen über Hundebesitzer werden? Oder doch lieber etwas über den kranken Vater? M.M. stimmt hier die Gewichtung nicht (abgesehen davon, dass ich "amüsante humoristische Betrachtungen" meist nichts abgewinnen kann).

>>Sollte man den Erzähler über seinen kranken Vater reflektieren lassen

Ich denke nein. Aber m.E. darf er gerne mehr fühlen. Und gerne nicht auf "Umwegen", sondern direkt.

Viele Grüße,
Yorick.

>> ebenso ist auch das Leben des Prot durch die Erkrankung des Vaters nicht wirklich beeinträchtigt. Er geht mit ihm Samstags spazieren..

...würde meine Lebensqualität erheblich einschränken :-)

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Lisa
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Beitragvon Lisa » 14.02.2011, 20:31

Hallo Sam,

ich habe beim Lesen ziemlich so empfunden wie Yorick.

Ich hab das Gefühl, du wolltest einen Protagonisten erschaffen, der nicht sympathisch sein muss (nicht "auf der richtigen Seite stehen soll", wenn was ausgelotet wird), finde ich eine gute Herangehensweise für das Thema und auch die Komposition drum rum: Mensch und Hund und der Protagonist dazwischen.
Aber irgendwie scheint mir die Erzähldistanz ab einem gewissen Grad gehemmt, blockiert, hat dann aber trotzdem weitergemacht. Übrig geblieben ist dann für mich keine fragliche, vielleicht Empörung oder Aggression oder gar Verstörung hervorrufende, sondern eine verhärtete Stimme, die gar nicht an den Punkt rankommt, an den sie will.
Und dadurch etwa finde ich die satirisch, glossenhaften, auch teilweise sarkastisch oder eben distanzierten und auch die harten (Scheißevergleich etc.) Stellen völlig emotionslos und "witzlos", ausgehölt irgendwie, so wie wen jemand Witze macht, die man nicht leiden kann, aber keiner sagt was (ich finde die Darstellungen nicht pietätlos oder so etwas, sie sind einfach nur hart und leblos, "zu nichts gut" für mich und keine Annäherung).
Das gilt auch für das, was über die Freundin gesagt wird, wodurch die Figur sehr ausgedacht wirkt, fast wie eine Projektion oder eine Erfindung des Prots, auch klischeehaft teilweise (das journalistische Moment gemischt mit dem "Typ Frau").

Irgendwie könnte man nach all dem, was ich so kritisch von mir geben erade bei diesem Thema immer noch sagen, der Text sei absichtlich so angelegt, genau das ist das Problem, dass der Protagonist so ein Innenleben, so eine Sprechweise, solche Herangehensweisen hat; deshalb gibt es überhaupt ein Problem mit dem Nichtmehrkönnenkönnen Vater (und dem Hund), interpretatorisch ist das herleitbar, aber mein Gefühl ist das nicht. Auf manche mag der Text "krass" oder ungeschönt oder mutig wirken, auf mich wirkt er wie ein Text, bei dem sich die Erzählinstanz die Augen zuhält, ohne dass es angelegt ist/vom Autor beabsichtigt ist, dass sie dies auf diese Weise tut.

liebe Grüße,
Lisa
Vermag man eine Geschichte zu erzählen, die noch nicht geschehen ist?
Es verhält sich damit wohl wie mit unserer Angst. Fürchten wir uns doch gerade vor dem mit aller Macht, was gar nicht mehr geschehen kann, eben weil es schon längst geschehen ist.

Quoth
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Beitragvon Quoth » 15.02.2011, 13:55

Hallo, Sam,
ich weiß nicht, ob Du den Text auch wegen möglicher Überarbeitung einstellst. Dann würde ich, Lisa folgend versuchen den Icherzähler zu "enthärten". Dazu könnte beitragen, dass er zwei Aspekte mit einbezieht, die jetzt überraschenderweise weitgehend, wenn nicht völlig unter den Tisch fallen:
- Er befasst sich nur einmal wöchentlich mit dem Vater. Wie mag die Schwester, der der Hauptteil der Pflege obliegt, darunter leiden!
- Er dürfte diesen Vater ja nicht erst als Pflegefall kennengelernt haben. Das Hauptleiden besteht dann aber darin, einen einstmals geliebten, vielleicht bewunderten, mündigen und in seinen Entscheidungen starken Menschen so - ja, wohl kein zu starker Ausdruck - entwürdigt zu sehen.
Vielleicht könntest Du so die Kälte des Icherzählers etwas verringern!
Gruß
Quoth
Barbarus hic ego sum, quia non intellegor ulli.

Mucki
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Beitragvon Mucki » 15.02.2011, 18:11

Quoth hat geschrieben:Das Hauptleiden besteht dann aber darin, einen einstmals geliebten, vielleicht bewunderten, mündigen und in seinen Entscheidungen starken Menschen so - ja, wohl kein zu starker Ausdruck - entwürdigt zu sehen.

das dürfte schwierig werden, wenn auch weiterhin der Hund so stark mit im Spiel ist. Wie soll man dieser Alzheimerkrankheit gerecht werden (wenn man das überhaupt kann), wenn der Hund sozusagen als 2. Hauptthema dabei ist? :12:

Gerda

Beitragvon Gerda » 15.02.2011, 18:42

Liebe Gabriella,

zum Einen geht es um die Alzheimererkrankung des Vaters, den der Protagonist nicht erst seit gestern kennt ...
zum Anderen um den Pflegehund einer Freundin.
Insofern finde ich, sind da bereits so große Unterschiede, dass Vergleiche zwangsläufig auf der Strecke bleiben müssen.
Für mich ist die beschriebene Situation lebensfremd. s. o.
Selbst dann, wenn es ein Hund wäre, der seit Jahren zur Familie gehörte, und/oder der Protagonist den Vater ständig pflegen müsste.

Also, ich kratz mich genauso am Kopf, wie du.

Liebe Grüße
Gerda


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