WORT DER WOCHE
- jede Woche ein neues Wort als Musenkuss -
Lyrik, Prosa, Polyphones, Spontanes, Fragmente, Schnipsel, Lockeres, Assoziatives, Experimentelles
- alles zu diesem Wort - keine Kommentare - alles in einem Faden - 7 Tage Zeit -
~ F R E M D K Ö R P E R ~
Wort der Woche ~ FREMDKÖRPER ~
Fremdkörper
Die Nadel schwebte in der Blutbahn. Eine kleine Nadel, winziges Nadelöhr, wie geschaffen für diese unwahrscheinliche Intrusion, auf die niemand gefasst war, am wenigsten die Nadel selbst. Das lebende Objekt, in dessen Ader die Nadel eingedrungen war, hatte anfang nichts bemerkt. Mangelnde Vorsicht und Zufall hatten sich zueinander gesellt, wie absichtslos hatte sich das Ganze abgespielt..
Der Nadel war unwohl in diesem Nässebereich, der nicht zu ihrem Erfahrungsschatz gehörte. Auf nichts dergleichen war sie vorbereitet gewesen. Auf Wasser ja, auf Erhitzungen, auf die Begegnung mit jenem Eisen, das bügelte, und das ordentlich Hitze ausstrahlte, aber lange ncht genug, um ihren Zustand, ihre metallische Härte zu gefährden.
Die kleine Nadel war die Vollkommenheit selbst. Sie brauchte nicht mehr an sich zu arbeiten, brauchte keine Entwicklungen durchzumachen. So wie sie war, diente sie einem Zweck, nicht einem einzigen, gewiss, doch gab es wenig Überraschungen, was die Ansprüche des Schicksals an sie betraf. Dies Schwimmen in dicker und zunehmend dicklicher werdenden Flüssigkeit, das hatte es seit einigen Jahrzehnten in ihrem Nadelumkreis nicht gegeben.
Das lebende Objekt schien jetzt wie aus dem Takt gebracht, die gleichmäßigen Wellenbwegungen und das sanfte Schaukeln waren der Arhythmie und plötzlichen Lageveränderungen gewichen. Sogar die Schwingungen von Schallwellen drangen bs ans Metall der kleinen Nadel vor. Unruhe überkam sie. Im Innern des hautengen Kanals bewegte sich zwar nichts, doch über ihr begann sich eine Wulst zu bilden, deren Durchmesser zunahm. Sie befürchtete nun ein Ungleichgewicht, eine ihr unvorstellbare Komplikation.
Das spitze Ende der Nadel stellte sich in Position. Die Nadel, obwohl es eigentlich ihre Bestimmung und ihre Aufgabe war, durchbohrte nicht gerne: das Durchbohren hatte für sie stets etwas Ungebührliches, etwas was ihr nicht zustand, das mochte mit ihrer geringen Größe zusammenhängen. Manchmal fragte sie sich, weshalb sie beim Fabrikanten so klein ausgefallen war; welche Stoffe, welche Hände und welcher Faden ihr eigentlich zugedacht waren. Es konnte sch nur um feinstes Gewebe und um zierlichste Hände gehandelt haben, und es erschien der kleinen Nadel durchaus möglich, dass solche nicht mehr in ihrem Tätigkeitsfeld auftauchen würden. Ihre Bestimmung war verloren gegangen, sie brauchte solche feinen Gespinste nicht mehr zu befädeln.
Da bewegte sich etwas in ihr. Die linke Hlfte des Nadelöhrs schien sich abspalten zu wollen. Etwas zog sie an. etwas zog sie deutlich in eine Richtung, die sie nicht selbst gewählt hatte, Ein Ruck durchzuckte sie. Die Flüssigkeit, in der sie soeben, so schien ihr jedenfalls, begonnen hatte, sich wohl zu fühlen, riss sie mit sich, das klumpenartige Gebilde, das um sie herum eine Art Kissen formte, trug sie durch eine Öffnung, auf deren Ober- und Unterseite die Nadel verwandte Metallobjekte zu erkennen glaubte, bevor sie in einem immensen Universum landete, von dem sie sicher war, es nie zuvor betreten zu haben.
Sie ruhte nun in einer Lache, auf der ein dunkelrotes Pölsterchen schwamm, in dessen Mitte sie hervorstach, fürwitziges Nadelwesen.
Es dauerte noch einen Tag und eine Nacht, bevor eines der lebenden Objekte sich ihrer annahm, sie der vertrockneten Blutreste entledigte, auf einem Plexiglassockel befestigte, den es mit folgender Aufschrift versah: 21. Dezember 1947, aus der Blutbahn einer Näherin entfernt.
Die Nadel schwebte in der Blutbahn. Eine kleine Nadel, winziges Nadelöhr, wie geschaffen für diese unwahrscheinliche Intrusion, auf die niemand gefasst war, am wenigsten die Nadel selbst. Das lebende Objekt, in dessen Ader die Nadel eingedrungen war, hatte anfang nichts bemerkt. Mangelnde Vorsicht und Zufall hatten sich zueinander gesellt, wie absichtslos hatte sich das Ganze abgespielt..
Der Nadel war unwohl in diesem Nässebereich, der nicht zu ihrem Erfahrungsschatz gehörte. Auf nichts dergleichen war sie vorbereitet gewesen. Auf Wasser ja, auf Erhitzungen, auf die Begegnung mit jenem Eisen, das bügelte, und das ordentlich Hitze ausstrahlte, aber lange ncht genug, um ihren Zustand, ihre metallische Härte zu gefährden.
Die kleine Nadel war die Vollkommenheit selbst. Sie brauchte nicht mehr an sich zu arbeiten, brauchte keine Entwicklungen durchzumachen. So wie sie war, diente sie einem Zweck, nicht einem einzigen, gewiss, doch gab es wenig Überraschungen, was die Ansprüche des Schicksals an sie betraf. Dies Schwimmen in dicker und zunehmend dicklicher werdenden Flüssigkeit, das hatte es seit einigen Jahrzehnten in ihrem Nadelumkreis nicht gegeben.
Das lebende Objekt schien jetzt wie aus dem Takt gebracht, die gleichmäßigen Wellenbwegungen und das sanfte Schaukeln waren der Arhythmie und plötzlichen Lageveränderungen gewichen. Sogar die Schwingungen von Schallwellen drangen bs ans Metall der kleinen Nadel vor. Unruhe überkam sie. Im Innern des hautengen Kanals bewegte sich zwar nichts, doch über ihr begann sich eine Wulst zu bilden, deren Durchmesser zunahm. Sie befürchtete nun ein Ungleichgewicht, eine ihr unvorstellbare Komplikation.
Das spitze Ende der Nadel stellte sich in Position. Die Nadel, obwohl es eigentlich ihre Bestimmung und ihre Aufgabe war, durchbohrte nicht gerne: das Durchbohren hatte für sie stets etwas Ungebührliches, etwas was ihr nicht zustand, das mochte mit ihrer geringen Größe zusammenhängen. Manchmal fragte sie sich, weshalb sie beim Fabrikanten so klein ausgefallen war; welche Stoffe, welche Hände und welcher Faden ihr eigentlich zugedacht waren. Es konnte sch nur um feinstes Gewebe und um zierlichste Hände gehandelt haben, und es erschien der kleinen Nadel durchaus möglich, dass solche nicht mehr in ihrem Tätigkeitsfeld auftauchen würden. Ihre Bestimmung war verloren gegangen, sie brauchte solche feinen Gespinste nicht mehr zu befädeln.
Da bewegte sich etwas in ihr. Die linke Hlfte des Nadelöhrs schien sich abspalten zu wollen. Etwas zog sie an. etwas zog sie deutlich in eine Richtung, die sie nicht selbst gewählt hatte, Ein Ruck durchzuckte sie. Die Flüssigkeit, in der sie soeben, so schien ihr jedenfalls, begonnen hatte, sich wohl zu fühlen, riss sie mit sich, das klumpenartige Gebilde, das um sie herum eine Art Kissen formte, trug sie durch eine Öffnung, auf deren Ober- und Unterseite die Nadel verwandte Metallobjekte zu erkennen glaubte, bevor sie in einem immensen Universum landete, von dem sie sicher war, es nie zuvor betreten zu haben.
Sie ruhte nun in einer Lache, auf der ein dunkelrotes Pölsterchen schwamm, in dessen Mitte sie hervorstach, fürwitziges Nadelwesen.
Es dauerte noch einen Tag und eine Nacht, bevor eines der lebenden Objekte sich ihrer annahm, sie der vertrockneten Blutreste entledigte, auf einem Plexiglassockel befestigte, den es mit folgender Aufschrift versah: 21. Dezember 1947, aus der Blutbahn einer Näherin entfernt.
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