Ein warmer Mantel

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Gerda

Beitragvon Gerda » 08.12.2011, 11:16

Ein warmer Mantel Überarbeitung

Die Sonne schickte ein paar zögerliche Strahlen zwischen den hohen Häusern durch. Es war kalt an diesem frühen Dezembermorgen nach der sternklaren Nacht. In der Fußgängerzone herrschte noch Ruhe, die letzten Anlieferfahrzeuge rangierten. Geöffnet hatten vor neun Uhr nur die Bäckereien, deshalb duftete es nach Frischgebackenem und anheimelnd nach Kaffee. Langsam ging sie auf der etwas ansteigenden Geschäftsstraße rechts entlang der Schaufenster. Die Jacke die sie trug, hatte vor Jahren gewärmt, der Stoff war mittlerweile dünn geworden. Neue Winterschuhe würde sie ebenfalls brauchen, sollte der Frost anhalten und Schnee dazukommen. Das Kaufhaus machte wie die meisten anderen Läden nicht vor neun Uhr, manche sogar erst um zehn Uhr auf. Sie hatte keine Eile und sah sich in Ruhe die Auslagen an, um sich ein Bild zu machen von den Dingen, die es gab und was sie kosteten. Sie musste rechnen, mit jedem Euro und wollte feststellen, ob das Geld, das sie sich über Monate abgeknapst hatte, überhaupt reichen würde, eine Jacke und Schuhe zu kaufen. Es waren die schönen, kostbaren Dinge, die sie magisch anzogen.
Natürlich konnte sie sich keinen himmlisch leichten, weichen Cashmere-Mantel leisten. Die Zeiten waren lange vorüber, einen solchen bewundern, sich vorstellen, wie es sich anfühlt ihn anzuprobieren, das war auch ein feines Gefühl. Für einen kurzen Moment sah sie sich in der Schaufensterscheibe in diesen Mantel gehüllt, den sie so eingehend betrachtete. Der Betrag, den sie dafür hätte ausgeben müssen, überstieg bei weitem ihre Ersparnisse. Wenn das Geschäft später geöffnet hatte, könnte sie ihn vielleicht doch einmal … sie verwarf den Gedanken. Zurück in die Realität! Sie setzte sich in Bewegung und blieb wenige Schritte weiter stehen, fasziniert von den Auslagen des Juweliergeschäftes. Sie ließ sich gern ablenken von den gelungenen Kreationen, die sie wie Kunstwerke in Museen betrachten konnte. Es waren erlesene Goldschmiedearbeiten, die die Steine sehr individuell zur Geltung brachten. Das konnte sie beurteilen, denn in ihrer Familie hatte Schmuck eine lange Tradition. Ein großer Brillant, den sie geerbt hatte, war ihr nach den Verkäufen der anderen Schmuckstücke geblieben. Sie trug ihn so gut wie nie weil sie fühlte, dass dieser Ring nicht mehr zu ihr passte. Sie verweilte und schwelgte in den satten Farben eines tiefblauen Saphirs.
Dann entschied sie sich, gegenüber einen Kaffee zu trinken. Dieser wärmte sie bis in die Fußsohlen, den dünnen Stiefel zum Trotz.
Neben dem Juwelier lag ein Schreibwarengeschäft. Wunderschöne Stifte, denen sie ansehen konnte, dass sie gut in der Hand lägen. So, wie der alte Sterlingsilber-Kugelschreiber, den sie von ihrem Vater geerbt hatte und den sie hütete als kostbaren Schatz. Alles war weihnachtlich geschmückt und zwischen all diesen Stiften, Füllhaltern und Etuis lagen Karten mit altmodischen Motiven. Die Abbildungen zeigten Kinder mit pelzverbrämten Mützen und Muffs beim Schlittschuhlaufen oder Schlittenfahren. Trotz roter Nasen sahen sie glücklich aus und keinesfalls so, als ob sie frieren würden. Sie schrieb schon lange keine Weihnachtspostkarten mehr. Ein paar Schritte weiter war das Schuhgeschäft mit preiswerten Schuhen. Sie erschrak dennoch. Wie lange war es bloß her, dass sie jene Stiefel, die sie trug, gekauft hatte? Offensichtlich hatte sie nicht mitbekommen, dass die Preise davon galoppiert waren in den letzten Jahren oder im Jahrzehnt.
Eigentlich - sprach sie vor sich hin - waren die alten Stiefel doch noch ganz gut. Frische Absätze im letzten Winter und wenn sie jetzt ein paar dicke Einlegesohlen kaufen würde, ginge es bestimmt noch eine weitere Saison. Ja, das war eine gute Idee, dann blieb reichlich Geld für einen warmen Mantel.
Die Geschäfte öffneten und nach und nach belebte sich die Straße. Erste Melodien von Straßenmusikanten drangen an ihr Ohr. Wie schön, dachte sie und ging in die Richtung, aus der die Töne ihr Ohr erreichten. Sie ließ ich vom Klang verzaubern und applaudierte begeistert, als die Musiker das erste Stück zu Ende gespielt hatten. Es waren alte Filmmelodien, keine sentimentalen Weihnachtslieder. Sie blieb für vier oder waren es fünf Musikstücke stehen und lächelte fremde Menschen an.
Der Entschluss, keine Stiefel zu kaufen, hatte einen Vorteil. Sie konnte den Musikern, die ziemlich …, jedenfalls ärmer als sie selbst aussahen, ruhig einen kleinen Schein zustecken.
Es war ein Glücksgefühl in ihr, das nur ihr allein gehörte. Sie brauchte im Grunde wenig um sich zu freuen. Und die Traurigkeit war ohnehin ein alter schwarzer Hund, der gern hinterm Ofen schlief.

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Eule
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Beitragvon Eule » 08.12.2011, 11:45

Hallo Gerda, eine schöner und gelungener Text. Kleine Verbesserungen: (Mindestens) Komma nach "Richtung" im letzten Abschnitt und ... lächelte andere ... . Viele Grüße !
Ein Klang zum Sprachspiel.

Gerda

Beitragvon Gerda » 08.12.2011, 12:09

Oh, bist du schnell.
Vielen Dank, lieber Eulerich, habe ich gern korrigiert.
(Könnte sein, dass noch mehr Kommata fehlen ... ich habe eine Schwäche dafür sie weg zu lassen)

Liebe Grüße
Gerda

Mucki
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Beitragvon Mucki » 02.01.2012, 23:49

Hallo Gerda,

das habe ich gern gelesen. Es wirkt sehr authentisch auf mich. Ich gehe als Leserin jeden Schritt und Gedanken ganz mit. Sehr schön geschrieben. Der letzte Satz ist klasse und bildet einen gelungenen Schluss für diese Szene.

Liebe Grüße
Gabi

scarlett

Beitragvon scarlett » 03.01.2012, 08:32

liebe gerda,

ein sehr schöner text, der mir in seiner sanft dahin fließenden, leisen, unaufdringlichen art gefällt.

ich hatte ihn in word bearbeitet, konnte aber diese bearbeitung nicht übernehmen, d. h. die eingefügten bzw. gestrichenen kommas werden nicht angezeigt ... somit musst du jetzt einfach meine version mit deiner vergleichen oder du vertraust mir, was die kmmas anbelangt, und übernimmst einfach :-)
alles andere ist nachvollziehbar, oder?

lg
scarlett


Die Sonne schickte ein paar zögerliche Strahlen zwischen den hohen Häusern durch. Es war kalt an diesem frühen Dezembermorgen nach der sternklaren Nacht. In der Fußgängerzone herrschte noch Ruhe, ein paar Anlieferfahrzeuge rangierten. --- Anlieferfahrzeuge machen erheblichen Lärm, zumindest in München :smile:

Geöffnet hatten nur die Bäckereien, deshalb duftete es nach Frischgebackenem und anheimelnd nach Kaffee. Langsam ging sie auf der etwas ansteigenden Geschäftsstraße rechts, entlang der Schaufenster. Die Jacke, die sie trug, hatte vor Jahren gewärmt, der Stoff war mittlerweile dünn geworden. Neue Winterschuhe würde sie ebenfalls brauchen, sollte der Frost anhalten und Schnee dazukommen. Das Kaufhaus machte wie die meisten anderen Läden nicht vor neun Uhr, manche sogar erst um zehn Uhr auf. Sie hatte keine Eile und sah sich in Ruhe die Auslagen an, um sich ein Bild zu machen, von den Dingen, die es gab und was sie kosteten. Sie musste rechnen, mit jedem Euro, und wollte feststellen, ob das Geld, das sie sich über Monate abgeknapst --- umgs.hatte, überhaupt reichen würde, eine Jacke und Schuhe zu kaufen. Es waren die schönen, kostbaren Dinge, die sie magisch anzogen. Auch die Weihnachtsdekoration gefiel ihr. --- letzter satz erscheint mir überflüssig!

Natürlich konnte sie sich keinen himmlisch leichten, weichen Cashmere-Mantel leisten. Die Zeiten waren lange vorüber, aber bewundern, sich vorstellen, wie es sich anfühlt, ihn anzuprobieren, das war auch ein feines Gefühl. Für einen kurzen Moment sah sich in der Schaufensterscheibe in diesen Mantel gehüllt, den sie so eingehend betrachtete. Aber der Betrag, den sie hätte dafür hätte ausgeben müssen, überstieg bei weitem ihre Ersparnisse. Aber wenn das Geschäft geöffnet hatte, könnte sie ihn später vielleicht doch einmal … sie verwarf den Gedanken. Zurück in die Realität, sagte sie zu sich.
Sie setzte sich in Bewegung und blieb wenige Schritte weiter, fasziniert von den Auslagen des Juweliergeschäftes stehen. Sie ließ sich gern ablenken von den gelungenen Kreationen, die sie wie Kunstwerke in Museen betrachten konnte. Es waren erlesene Goldschmiedearbeiten, die die Steine sehr individuell zur Geltung brachten. Das konnte sie beurteilen, denn in ihrer Familie hatte Schmuck eine lange Tradition. Ein einziges Erbstück, ein großer Brillant, den sie noch nicht verkauft hatte, trug sie fast nie. Es passte nicht mehr zu ihr. Sie verweilte und schwelgte in den satten Farben eines tiefblauen Saphirs.
Dann entschied sie sich, einen Kaffee zu trinken. Dieser wärmte sie bis in die Fußsohlen, der dünnen Stiefel zum Trotz.

Neben dem Juwelier lag ein Schreibwarengeschäft. Wunderschöne Stifte, denen sie ansehen konnte, dass sie gut in der Hand lägen. So wie der alte Sterlingsilber-Kugelschreiber, den sie von ihrem Vater geerbt hatte und den sie hütete als kostbaren Schatz. Alles war weihnachtlich geschmückt und zwischen all diesen Stiften, Füllhaltern und Etuis lagen Karten mit altmodischen Motiven. Die Abbildungen zeigten Kinder mit pelzverbrämten Mützen und Muffs beim Schlittschuhlaufen oder Schlittenfahren. Trotz roter Nasen sahen sie glücklich aus und keinesfalls so, als ob sie frieren würden. Sie schrieb schon lange keine Weihnachtspostkarten mehr.
Ein paar Schritte weiter war das Schuhgeschäft mit preiswerten Schuhen. Sie erschrak trotzdemdennoch. Wie lange war es bloß her, dass sie die Stiefel, die sie trug, gekauft hatte? Offensichtlich hatte sie nicht mitbekommen, wie die Preise davon galoppiert ugs.waren in den letzten Jahren, oder im Jahrzehnt.
Eigentlich - sprach sie vor sich hin - waren die alten Stiefel doch noch ganz gut. Frische Absätze im letzten Winter und wenn sie jetzt ein paar dicke Einlegesohlen kaufen würde, ginge es bestimmt noch eine weitere Saison. Ja, das war eine gute Idee, dann blieb reichlich Geld für einen warmen Mantel.
Die Geschäfte öffneten nach und nach und so langsam belebte sich die Straße. Erste Melodien von Straßenmusikanten drangen an ihr Ohr. Wie schön, dachte sie und ging in die Richtung, aus der die Töne ihr Ohr erreichtenkamen. Wie verzaubert lauschte sie und applaudierte heftig, als die Musiker das erste Stück zu Ende gespielt hatten. Es waren alte Filmmelodien, keine sentimentalen Weihnachtslieder. Sie blieb für vier, oder waren es fünf? derMusikstücke stehen und lächelte andere fremde Menschen an.
Der Entschluss, keine Stiefel zu kaufen, hatte einen Vorteil. Sie konnte den Musikern, die ziemlich …, jedenfalls ärmer als sie selbst aussahen, ruhig einen kleinen Schein zustecken.
Es war eine Freude in ihr, die nur ihr allein gehörte. Sie brauchte im Grunde wenig, um sich zu freuen. Und die Traurigkeit war ohnehin ein alter schwarzer Hund, der gern hinterm Ofen schlief.

Gerda

Beitragvon Gerda » 03.01.2012, 08:33

Liebe Gabi,
vielen Dank, es freut mich sehr, dass du noch etwas zur kleinen Episode geschrieben hast.
Ich war ein bisschen traurig, dass dieser Text so wenig Resoanzn erhielt. das macht deine Rückmeldung (und eules) umso kostbarer für mich.
Beim Posten hatte ivh überlegt es evtl. in Kurzproasa hochzuladen, aber dann dachte ich, das erzähleden Moment spielt hier eine zu große Rolle, was meinst du? Wäre es bei Kurzprosa passender?

Liebe Grüße
Gerda

Gerda

Beitragvon Gerda » 03.01.2012, 08:40

... fast zeitgleich mit meiner Antwort an Gabi, kam deine Rückmeldung,
liebe scarlett,

herzlichen Dank, ich freue mich, sehr!, sehr!
Auch, dass du dich der Kommata angenommen hast ...

Was den Anlieferverkehr angeht: Es handelt sich nicht um eine Großstadt, sondern um ein eher beschauliches Städtchen im Taunus, mit exklusiven Läden. (Das Vorbild existiert). Meist rangieren die LKW an den Supermärkten sehr laut. Indes gibt es auf der ganzen Meile überhaupt nur einen kleinen ...
Ich schau noch mal drauf und vor allem, wie es sich ein-oder anpassen lässt, damit es textlogisch ist.

Liebe Grüße
Gerda

pjesma

Beitragvon pjesma » 03.01.2012, 11:48

"ein eher beschauliches Städtchen im Taunus, mit exklusiven Läden. "
das konnte man buchstäblich spüren aus dem text, liebe gerda! ;-)
schöner text.
lg

Mucki
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Beitragvon Mucki » 03.01.2012, 12:23

Huhu Gerda,
Gerda hat geschrieben:Beim Posten hatte ivh überlegt es evtl. in Kurzproasa hochzuladen, aber dann dachte ich, das erzähleden Moment spielt hier eine zu große Rolle, was meinst du? Wäre es bei Kurzprosa passender?

ich finde, dass es hier sehr gut passt.

Liebe Grüße
Gabi

Gerda

Beitragvon Gerda » 05.01.2012, 08:41

Liebe Pjesma,

es freut mich sehr, dass dir der Text gefällt. Danke für die Rückmeldung.

Liebe Gabi, auch dir danke ich für das nochmalige Feedback.


An alle,

ich habe im Moment wenig Zeit, aber, liebe scarlett, deine Vorschläge und Kommata-Korrekturen sind der Mühe wert und werden, so bald ich etwas Luft habe Anwendung finden.

Alles Liebe, einen schönen Tag auch!
Gerda

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annette
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Beitragvon annette » 05.01.2012, 10:37

Hallo Gerda,

auch mir gefällt die Szene in ihrer unprätentiösen Art.

Ich hätte noch kleine Korrekturen:

Natürlich konnte sie sich keinen himmlisch leichten, weichen Cashmere-Mantel leisten. Die Zeiten waren lange vorüber, aber bewundern, sich vorstellen, wie es sich anfühlt ihn anzuprobieren, das war auch ein feines Gefühl. Für einen kurzen Moment sah sich in der Schaufensterscheibe in diesen Mantel gehüllt, den sie so eingehend betrachtete. Aber der Betrag, den sie hätte dafür ausgeben müssen, überstieg bei weitem ihre Ersparnisse. Aber wenn das Geschäft geöffnet hatte, könnte sie ihn später vielleicht doch einmal … sie verwarf den Gedanken.

Außerdem würde ich statt Cashmere Kaschmir sagen.
Dann entschied sie sich einen Kaffee zu trinken. Dieser wärmte sie bis in die Fußsohlen, der dünnen Stiefel zum Trotz.

> den dünnen Stiefeln zum Trotz.
Neben dem Juwelier lag ein Schreibwarengeschäft. Wunderschöne Stifte, denen sie ansehen konnte, dass sie gut in der Hand lägen.

> lagen statt lägen. Ich würde keinen Konjunktiv verwenden, da "denen sie ansehen konnte, dass" für mich bereits genug Distanz schafft.
Die Geschäfte öffneten nach und nach und so langsam belebte sich die Straße.

"nach und nach und so langsam" ist mir zuviel: Nach und nach öffneten sich die Geschäfte und die Straße belebte sich.
Wie verzaubert lauschte sie und applaudierte heftig, als die Musiker das erste Stück zu Ende gespielt hatten.

> statt "heftig": begeistert
Sie blieb für vier oder waren es fünf der Musikstücke stehen und lächelte andere fremde Menschen an.

Das klingt etwas umständlich. Außerdem sind die Fremden immer andere. Mein Vorschlag: Sie blieb vier oder fünf Musikstücke lang stehen und lächelte fremde Menschen an.

Soweit meine Ideen dazu.
Das hab ich gerne gelesen!

Gruß - annette

Gerda

Beitragvon Gerda » 07.01.2012, 10:59

Liebe Annette,

es freut mich, dass du diese Geschichte gelesen hast und sie dir gefällt.
Herzlichen Dank, dir.


annette hat geschrieben:
Gerda hat geschrieben:Natürlich konnte sie sich keinen himmlisch leichten, weichen Cashmere-Mantel leisten. Die Zeiten waren lange vorüber, aber bewundern, sich vorstellen, wie es sich anfühlt ihn anzuprobieren, das war auch ein feines Gefühl. Für einen kurzen Moment sah sich in der Schaufensterscheibe in diesen Mantel gehüllt, den sie so eingehend betrachtete. Aber der Betrag, den sie hätte dafür ausgeben müssen, überstieg bei weitem ihre Ersparnisse. Aber wenn das Geschäft geöffnet hatte, könnte sie ihn später vielleicht doch einmal … sie verwarf den Gedanken.
Außerdem würde ich statt Cashmere Kaschmir sagen.


Das hatte ich gar nicht überlegt, aber es wäre wohl besser.
Danke für das genaue Lesen, bei der Überarbeitung werde ich darauf achten, die vielen "Abers" zu reduzieren.

Gerda hat geschrieben:Dann entschied sie sich einen Kaffee zu trinken. Dieser wärmte sie bis in die Fußsohlen, der dünnen Stiefel zum Trotz.

Annette hat geschrieben: den dünnen Stiefeln zum Trotz.


Tja, darüber habe ich auch schon mit einem Autorenkollegen gesprochen ...
Wahrscheinlich habt ihr Recht, werde ich ändern.

@lagen/lägen, werde ich ebenso ändern
.
Annette hat geschrieben:"nach und nach und so langsam" ist mir zuviel: Nach und nach öffneten sich die Geschäfte und die Straße belebte sich.


Stimmt!
Gerda hat geschrieben:Wie verzaubert lauschte sie und applaudierte heftig, als die Musiker das erste Stück zu Ende gespielt hatten.


Annette hat geschrieben:> statt "heftig": begeistert


Gerda hat geschrieben:Sie blieb für vier oder waren es fünf der Musikstücke stehen und lächelte andere fremde Menschen an.

Annette hat geschrieben:Das klingt etwas umständlich. Außerdem sind die Fremden immer andere. Mein Vorschlag: Sie blieb vier oder fünf Musikstücke lang stehen und lächelte fremde Menschen an.


Hört sich ebenfalls besser an.

Danke nochmal. :-) Ich werde so schnell ich Zeit habe, ans Überarbeiten gehen.

Jetzt "muss" ich zunächst einmal für die Monatswahl, wählen. ;-)

Liebe Grüße
Gerda

Herby

Beitragvon Herby » 10.01.2012, 22:33

Liebe Gerda,

das ist ein Text, der mir gut gefällt, weil er fein beobachtet und dabei nicht in die Kitsch-Falle tappt, die in der Thematik lauert. Du erzählst flüssig und anschaulich, ich werde von Anfang an in den Text hineingezogen. Lediglich einige sprachliche Mängel trüben den Lesegenuss (wenn du möchtest, sende ich dir in den nächsten Tagen konkrete Verbesserungsvorschläge).

Zwei Punkte beschäftigen mich noch. Du schreibst:

Gerda hat geschrieben:Sie hatte keine Eile und sah sich in Ruhe die Auslagen an, um sich ein Bild zu machen, von den Dingen die es gab und was sie kosteten. Sie musste rechnen, mit jedem Euro und wollte feststellen, ob das Geld, das sie sich über Monate abgeknapst hatte, überhaupt reichen würde, eine Jacke und Schuhe zu kaufen. Es waren die schönen, kostbaren Dinge, die sie magisch anzogen. Auch die Weihnachtsdekoration gefiel ihr.


Wenn ich das richtig verstehe, sind doch die Dinge, die sie sich anschaut, um sich einen Überblick zu verschaffen, nicht identisch mit den schönen und kostbaren Sachen, von denen sie sich angezogen fühlt. Wenn dem so ist, kommt mir der letzte Satz etwas zu unvermittelt, du solltest meiner Meinung nach versuchen, sprachlich/inhaltlich mehr auf ihn hinzuführen, ihn quasi vorzubereiten.

Zum anderen ist es der Titel, der mir noch durch den Kopf geht. Solltest du ihn symbolisch meinen, müsstest du das m.M. nach im Text auch auf der figurativen/symbolischen Ebene stärker vorbereiten. Er könnte, symbolhaft gemeint, unter der gerade genannnten Voraussetzung den ganzen Text abdecken bzw. auffangen.
Meinst du aber den konkreten Cashmeremantel aus der Erzählung, dann spielt dieser im Text nach meinem Verständnis eine zu geringe Rolle, um als Titel zu dienen. Dann hättest du als Überschrift ebenso "Ein Paar Stiefel" wählen können. Den Schuhen/Stiefeln widmest du ja fast mehr Aufmerksamkeit (ich hab`s jetzt nicht genau überprüft) als dem Mantel.

Liebe Gerda, ich weiß nicht, ob du was anfangen kannst mit meinen Gedanken zu deinem Text, den ich gerne gelesen habe.

Herzliche Grüße,
Herby

Gerda

Beitragvon Gerda » 11.01.2012, 09:30

Lieber Herby,

herzlichen Dank für deine ausführliche Rückmeldung, die mich sehr freut.
Letztlich ist die Protagonistin ja weniger eine Beobachterin der Umgebung, als dass sie beim Stadtbummel eine Innenschau hält. Aber mich freut es natürlich, dass du dich hineinziehen lässt.
Die von dir gefundenen sprachlichen Mängel (auch noch im Plural), verwundern mich nicht wenig, aber nur her damit, ich muss ja ohnehin noch überarbeiten, denn ich habe nach Annettes und scarletts mir einleuchtenden Hinweisen, den Text noch nicht geändert. Vielleicht gibt es da ja auch Überschneidungen, das werde ich sehen, wenn ich weiß, was du meinst.
Der Kaschmir-Mantel ist nicht konkret, in der Form zu sehen, dass die Protagonisten ihn ernsthaft in Erwägung zöge. Ich meine das geht auch aus dem Text hervor. Der Schaufenster-Mantel weckt Erinnerungen, die aber schnell verfliegen bzw. weggeschoben werden, in dem die Protag. von der Anprobe absieht. Bis zu dem ernsthaften Auswählen eines für sie passenden Mantels, dem Studium der Preise für einen solchen oder eine Jacke, gelangt sie nicht, die Geschichte endet zuvor.
Ich bin nicht sicher ob ich verstehe, was du mit dem Hinführen des Lesers meinst.
Die Geschichte soll nicht alles auserzählen und erklären, dazu ist sie nicht gedacht, was aber m. A. n. u. a. verhindert, dass Sentmentalität aufkommt. Die Schaufenster-Auslagen fixieren nicht Ausschließlichkeit, sondern bleiben das, was sie sind, Beispiele, die einiges über die Protagonistin preisgeben.
Auch bezüglich des Titels stelle ich dem Leser frei, wie er ihn lesen mag. Mir gefällt "Warmer Mantel" sehr viel besser als "Warme Stiefel"... eben wegen des Kaschmir-Mantels und weil das Material so viel weicher ist, als das Material von Stiefeln. Der Mantel ist beides, Metapher und er hat praktische Bedeutung.

Der Schlusssatz misst Befindlichkeiten, relativiert Probleme, die jemand, der mit sehr wenig Geld auskommen muss tatsächlich hat, auf anderer Ebene als jener der materiellen Wünsche. Er für mich der wichtigste Satz der Geschichte.

Noch einmal, ganz herzlichen Dank ... und her mit den Mängeln. :blink2:

Liebe Grüße
Gerda
Zuletzt geändert von Gerda am 12.01.2012, 11:04, insgesamt 1-mal geändert.


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