Liebe Schreibfanatiker,
ich möchte hier in diesem vitalen Forum einen "lyrischen Dialog" beginnen. Lyrische Dialoge sind kooperatives Schreiben, Gedichte, die (auf-)einander aufbauen. Das können inhaltliche Bezüge sein, oder es werden Worte des "Vorschreibers" aufgegriffen, oder man übernimmt einfach nur die Stimmung.
Hierdurch entstehen unkommentierte Gedichtfolgen. Die Form bleibt dem Autoren überlassen (zB. ob gereimt oder ungereimt ...)
Würde mich über rege Beteiligung freuen!
Lyrischer Dialog
krötentag
nicht der frosch
hockt im topf
die kröte ist es
das tageswasser hitzt sich auf
die kröte hockt blöd vor sich hin
und merkt nichts
ich dumme kröte
zu brodeln beginnt's
warum spring ich nicht raus
und such mir einen prinzen
beiß in ihn hinein
wie in einen keks
knusprig und süß
das krötenwasser
kann mich mal
der keks ist mir ansporn
ich roll mich raus
und mach mir
einen prinzentag
von thron zu thron
sie saß erhoben und erhaben
und herrschend weise auf dem thron
dort sah man sie an macht sich laben
und richten über frei und frohn
nur ab und an, wenn´s bläslein zwickelt
entflieht sie dem regierungssitz
den königsrock graziös gewickelt
eilt sie dem klo zu wie ein blitz
wie gerne würd sie hier jetzt bleiben
ganz ohne zepter oder krone
und und möchte länger noch verweilen
doch los muss sie zum andren throne
sie saß erhoben und erhaben
und herrschend weise auf dem thron
dort sah man sie an macht sich laben
und richten über frei und frohn
nur ab und an, wenn´s bläslein zwickelt
entflieht sie dem regierungssitz
den königsrock graziös gewickelt
eilt sie dem klo zu wie ein blitz
wie gerne würd sie hier jetzt bleiben
ganz ohne zepter oder krone
und und möchte länger noch verweilen
doch los muss sie zum andren throne
Ach, hätten sie nur nicht genügend Kostüme;
der dunkle Schrank steht unbekümmert
in der Mitte des Zimmers
und wird für einen Mann gehalten
(Zeug für die Hände).
der dunkle Schrank steht unbekümmert
in der Mitte des Zimmers
und wird für einen Mann gehalten
(Zeug für die Hände).
Vermag man eine Geschichte zu erzählen, die noch nicht geschehen ist?
Es verhält sich damit wohl wie mit unserer Angst. Fürchten wir uns doch gerade vor dem mit aller Macht, was gar nicht mehr geschehen kann, eben weil es schon längst geschehen ist.
Es verhält sich damit wohl wie mit unserer Angst. Fürchten wir uns doch gerade vor dem mit aller Macht, was gar nicht mehr geschehen kann, eben weil es schon längst geschehen ist.
[M]
immer einen im rücken haben
(setz schnecken aus
dass sie grasen)
der leuchtende pfeil
das rennende männchen
(geschlechtslos)
die weiße tür
wenn die fische über seine haut
glitschen, ihre mäuler sich auftun
dieser kleine sog
bastian f. wird kalt
du verzärteltes ding
muttersöhnchen warmduscher
(phantasielos) zieht der vater (ein schrank)
ihn auf klopft ihm auf die schulter
die jeans so eng, dass die knöpfe
spannen
am anderen ende fächert
die grüne haarnixe sich
im strom (künstlich) auf tanzt
in seine richtung - bastian
stolpert rückwärts über steine
(bayerisch runde) rutschig
ist der boden wie zur sperrstunde
auf dem männerklo
er denkt sich
blasen über die köpfe
buchstabenwürmer
einen comic
hinter veralgtem glas
seine hand stottert
der mund
eine verrutschte linie
schall dringt
in zeitlupe
verzerrt
ein
in seine muschelöhrchen
die knöpfe reißen
in seinem kopf
er löst die alarmanlage aus
im büro im dritten stock
(und direkt unter der schädeldecke)
heult ein rotes licht
das keiner sieht und hört draußen
erbricht bastian f. sich
an einer ecke
unter den sternen
(setz schnecken aus
dass sie grasen)
Das ist das Schöne an der Sprache, dass ein Wort schöner und wahrer sein kann als das, was es beschreibt. (Meir Shalev)
stock für stock
du stehst im 20. stock
fenster aus glas
von der decke bis zum boden
du schaust hinunter
dir wird schwindelig
du darfst dich nicht erbrechen
nicht hier nicht jetzt
alles schwankt
~ ~ ~ ~
dein kopf kreist
denkt sich parterre
fest | ganz fest ||||
du ~ taumelst ~ zur tür
dein geist
gehorsam und flucht
|||| und ~ ~ ~ ~
das metallgeländer
dein freund dein halt
fest | ganz fest ||||
stufen viele stufen
und freund ganz viel freund
du siehst nicht nach oben
nicht nach unten
deine augen darfst du nicht schließen
aber ein bisschen zukneifen
nur ein bisschen
du denkst dich parterre
fest | ganz fest ||||
noch vier stufen
du kommst an
du siehst nach oben
zum 20. stock
du fühlst dich
______
gedanken bis ins mark
der ton macht keine musik mehr
die federlippen flügellahm
zwischen den zähnen
knirscht die meinung
etwas könnte anders sein
etwas könnte überleben
am anfang fand ich verse noch nützlich
dann waren sie schön
jetzt sind sie einfach nur
noch
ein unverbrauchter freund
dem ich nichts anvertrauen muss
weil er weiß
und kennt und
mir zusagt was ich nicht sehe
der ton macht keine musik mehr
die federlippen flügellahm
zwischen den zähnen
knirscht die meinung
etwas könnte anders sein
etwas könnte überleben
am anfang fand ich verse noch nützlich
dann waren sie schön
jetzt sind sie einfach nur
noch
ein unverbrauchter freund
dem ich nichts anvertrauen muss
weil er weiß
und kennt und
mir zusagt was ich nicht sehe
Selbst ist die Frau
Du kipptest Farben in mein Leben,
darin zu baden, war mir nicht genug.
Ich tauchte tief und traute Trug und Lug,
glaubte an das, was du mir schienst zu geben.
Die Töne heiter, ach, wie wohlig mich dies trug,
obwohl zu laut. Die Lüge nun zu heben,
um selbst zu malen ward mein Streben,
weg mit der Tünche Zug um Zug.
Nun misch ich mir den Alltag selber bunt.
Grundiere erst die Wände in dem Haus,
bestimme die Schattierung satt und rund,
ich pinsle, spachtle, färbe, bessre aus.
Hab ich vor Arbeit auch die Finger wund,
nur so komm ich darüber hinweg
©GJ20110426
Du kipptest Farben in mein Leben,
darin zu baden, war mir nicht genug.
Ich tauchte tief und traute Trug und Lug,
glaubte an das, was du mir schienst zu geben.
Die Töne heiter, ach, wie wohlig mich dies trug,
obwohl zu laut. Die Lüge nun zu heben,
um selbst zu malen ward mein Streben,
weg mit der Tünche Zug um Zug.
Nun misch ich mir den Alltag selber bunt.
Grundiere erst die Wände in dem Haus,
bestimme die Schattierung satt und rund,
ich pinsle, spachtle, färbe, bessre aus.
Hab ich vor Arbeit auch die Finger wund,
nur so komm ich darüber hinweg
©GJ20110426
pustekuchen
eine schwäche (tausenderlei) und das meer
halt mal kurz
manchmal weißt du
aus heiterem himmel
werden auch mir
der hochhalterin
die arme schwer
dann möchte ich sie
einfach fallen lassen
und ohne worte
bei dir stehn
(dann schauen wir den zellen zu
wie sie über unsere köpfe ziehen
und lassen den regen auf der haut
in allen schattierungen reden
können wir noch bis wir tattern
warten auf einen blick aufs meer
und schon wieder plappere ich
wie ein neuseelandpapagei
von plänen und pustekuchen
picke die krümel aus den fugen
zieh dir die schnürsenkel raus
und du rufst kea! als lösten wir
ein kreuzworträtsel und schwupps
landen wir bei den schwedischen möbeln
und immer so weiter und immer so weiter
ja pustekuchen lachst du
sand knirscht halt
zwischen den zähnen)
vielleicht war es ein bild
das mich verfing eine welle
die sich auftürmt und nicht bricht
Das ist das Schöne an der Sprache, dass ein Wort schöner und wahrer sein kann als das, was es beschreibt. (Meir Shalev)
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