Lyrischer Dialog

Hier ist Raum für gemeinsame unkommentierte Textfolgen
Nifl
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Beitragvon Nifl » 11.08.2006, 17:59

Liebe Schreibfanatiker,

ich möchte hier in diesem vitalen Forum einen "lyrischen Dialog" beginnen. Lyrische Dialoge sind kooperatives Schreiben, Gedichte, die (auf-)einander aufbauen. Das können inhaltliche Bezüge sein, oder es werden Worte des "Vorschreibers" aufgegriffen, oder man übernimmt einfach nur die Stimmung.
Hierdurch entstehen unkommentierte Gedichtfolgen. Die Form bleibt dem Autoren überlassen (zB. ob gereimt oder ungereimt ...)
Würde mich über rege Beteiligung freuen!

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Zuletzt geändert von Nifl am 30.08.2006, 19:10, insgesamt 2-mal geändert.

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nera
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Beitragvon nera » 12.11.2012, 23:05

die liederkette scheint mir das geheimnis
ein reigen durch das jahr
nun
leuchten lärchen durch
nebelwände
blau weint miles davis
diesen tanz
sein requiem

Mucki
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Beitragvon Mucki » 13.11.2012, 00:15


feste in dunkler seide

die glieder der lieder
mehrfach geschlungen
den blues im nebel runden

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Eule
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Beitragvon Eule » 16.11.2012, 18:27

Martinsfeuer


keine zeit das
eckige im runden
zu finden

als die tage kürzer
wurden die blätter
zu schwer

von Norden kamen
Lichter sie zündeten
aufs neue den Baum der
Vergeltung

einen Monat zu früh
Ein Klang zum Sprachspiel.

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nera
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Beitragvon nera » 17.11.2012, 23:02

die tage werden kürzer

die nächte werden länger
das warme licht der sonne
einige wenige stunden
das laub der birken
leuchtet nie
wie im novemberblau
das fahle gelb der lärchen im novembernebel
eiskristalle funkeln knistern unter meinen schritten
ja
sie zünden die lichter voll zorn
ja sie zünden die lichter des zorns
immer zu spät
zu spät

die tage werden kürzer
um wieder länger zu werden

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Ylvi
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Beitragvon Ylvi » 18.11.2012, 08:15

.

von häusern mit hang
durch die tage zu tragen
träumen wir weiter
es duftet nach harz und honig
der kamin hat einen guten zug
und wir tanzen unsren eignen blues
ohne miles and moves

..

wie oft wir nun schon
unterm dach unsrer fingerspitzen
lagen ich erkenn dich von weitem
am knarzen der treppenschritte
dem werkzeugwispern
in deinem kopf

..

wir schauen tief in die nächte
hinterm gläsernen giebel
und bald malt der schnee
wieder wintersprossen
auf beide seiten
der gesichter

..

worte laufen uns voraus wie junge hunde


.
Das ist das Schöne an der Sprache, dass ein Wort schöner und wahrer sein kann als das, was es beschreibt. (Meir Shalev)

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Ylvi
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Beitragvon Ylvi » 18.11.2012, 08:47

.

was bohrst du lichter des zorns ins moor
zu spät sind die worte des totengräbers



.
Das ist das Schöne an der Sprache, dass ein Wort schöner und wahrer sein kann als das, was es beschreibt. (Meir Shalev)

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Eule
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Beitragvon Eule » 18.11.2012, 11:21

zornig greifen wir
in die Luft zählen
die Sprossen in beide
Richtungen ach wäre
der Nebel aus unbekannten
eingewurzelt im ohr
Ein Klang zum Sprachspiel.

Niko

Beitragvon Niko » 18.11.2012, 12:03



neuentdeckung


der nebel scheint
langgezogen
wie nachhallende rufe
denen das nicht greifbare
und unabänderliche
gewicht verleiht

starkes licht blendet
macht nebel zur wand
und undurchdringlich

schritt für schritt ahnen
licht aus sinne an
und sich verlassen
auf sich selbst

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nera
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Beitragvon nera » 18.11.2012, 22:27

wir verlassen die welt
sagst du
und ich schließe alles aus
schließe die fenster
-das auf und ab der wechselstuben
-die feuerwerke des todes
-monopolyspiele
-die triumphe das scheitern

ziehe nebel vor die türen
nebel um uns
ich bin müde
sage ich in unser idyll
wir sind müde
schweigst du
wir
sind müde
wie quecksilber träge und schön

wie der nebel

wir singen uns kinderweisen
("am anfang war das wort")
sommersilben
("und das wort war bei gott")
wir flüstern
wir flüstern von uns von liebe von licht
und der welt

die welt bleibt draußen hinter dem nebel
lachen wir
("alles ist durch das wort geworden")
wir zählen hoch und runter
wir bleiben uns
raunst du in den nebel
zumindest

Niko

Beitragvon Niko » 19.11.2012, 06:00

wäre der tag eine löwin
sorgsam und bissig
oder eine gazelle
flink und herdig

doch der tag entwickelt sich
wie eine schlange
lautlos und windig
und in jeder sekundenschuppe
lauert gefahr

Mucki
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Beitragvon Mucki » 19.11.2012, 16:21


der tag ist

launisch wie eine diva
träge wie ein bach
laut wie eine säge
leise wie eine brise
zärtlich wie ein kuss
brutal wie ein schlag
schnell wie der blitz
aufbrausend wie eine welle
weich wie pferdenüstern
hart wie stahl
wendig wie ein fluss

der tag ist wie ich

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nera
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Beitragvon nera » 24.11.2012, 23:17

zumindest könnte ich sein wie der tag
oder alles sein
deinem tag deiner schuppensekunde
endlos
der anfang war eine bluebox
und wir blauäugig und
blind wie katzenneugeborene
tasteten die wände ab
mit worten
kleideten sie aus mit
dem echo unseres sehnen
taub waren wir nicht
in unserem spiegel-
labor entwarfen wir welten zwischen
den zeilen den melodien
blind nicht taub
stabelte ich bücher zu einem turm
während du fenster suchtest
-app für app-
unsere finger erschufen babel
nur das letzte buch öffneten wir
löffelten es gemeinsam aus
wort für wort
bis auf die eine seite
aus der du einen kampfjet falteste
du wolltest den turm zum einstürzen bringen
ich weiß
wir sehen uns nicht
wir tasten uns entlang
an worten
erklimmen türme
wir sind tage
und nächte

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Eule
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Beitragvon Eule » 25.11.2012, 17:01

im turm der worte
hinter der letzten biegung
brummt friedlich die
geotherme noch halten
schwach belichtete hände
die hoffnung ins objektiv
Ein Klang zum Sprachspiel.

Mucki
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Beitragvon Mucki » 25.11.2012, 19:34


ich kann sie nicht falten
meine hände
doch halten über deine
bis meine glühen
und du das licht spürst
dessen farbe ich sehe


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