Liebe Salonler,
hier also mein diesjähriger Weihnachtstext. Ich bin noch nicht völlig zufrieden - insbesondere fand ich es erstaunlich schwierig, alle sich vordrängenden Einwände und Seitenwege in eine sinnvolle Reihenfolge zu bringen - denke aber, dass der Text einigermaßen stehen kann. Alles Gute damit und liebe Grüße!
Merlin
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1. Szene
Richter: Meine Damen und Herren, ich eröffne die Sitzung in der Sache Pepen. Die Anklage lautet auf Mord. Wir hören zunächst das Eröffnungsplädoyer der Staatsanwaltschaft. Herr Staatsanwalt, Sie haben das Wort.
Staatsanwalt: Danke, euer Ehren. Meine Damen und Herren, hohes Gericht! Wenn mir zu Beginn die persönliche Bemerkung gestattet ist, so ist dies wohl der dankbarste Fall meiner bisherigen Karriere. Einerseits ist dieser Mord eines jener Verbrechen, an die sich die Geschichte wohl erinnern gibt, solange es noch Aufzeichnungen gibt, vergleichbar ohne weiteres der Brandstiftung im Tempel der Artemis, dem Anschlag auf den Erzherzog von Österreich und der Ermordung Kennedys. Andererseits ist die Sache so klar, dass manche sich zurecht fragen werden, was für den Staatsanwalt noch zu tun, ja, was hier für das Gericht überhaupt noch zu verhandeln bleibt. Es ist nun vierzehn Tage her, dass Prof. Dr. Canva, Nobelpreisträger und einer größten Wissenschaftler unseres Jahrhunderts, die wunderbare Frucht jahrzehnterlanger Arbeit präsentierte: Den Teleporter. Was seit Jahrzehnten durch die kühnen Fantasien von Regisseuren und Literaten geistert, ist durch ihn Wirklichkeit geworden: Der lichtschnelle Transport von Materie. Herr Canvas hatte geplant, diese neue Technologie der Weltöffentlichkeit vorzustellen, indem er sich selbst von einem Ende seines Labors zur gut fünfzig Meter entfernten anderen Wand transportieren ließ. Nicht weniger als hundert geladene Gäste, darunter hochrangige Vertreter von Politik, Wirtschaft und Presse, ein gutes Dutzend Überwachungskameras, zwei Fernsehteams und damit vorsichtig geschätzte 100 Millionen Zuschauer weltweit mußten mit ansehen, wie, kurz bevor Canvas die Transportplattform betrat, der hier anwesende Herr Pepen die Absperrung durchbrach, eine Waffe zog und dem Wissenschaftler aus nächster Nähe mehrfach in den Kopf schoß. Anschließend betrat er selbst die Plattform, wurde zur anderen Seite des Saales transportiert und ließ sich dort widerstandslos festnehmen.
Sie sehen, meine Damen und Herren, wie Tat und Schuld hier in seltener Klarheit vor uns liegen. Allenfalls mag noch fraglich sein, welches Motiv den Angeklagten getrieben haben mag. Ich gestehe, dass ich mir keinen Reim auf die Ereignisse machen konnte, als ich zuerst davon hörte. Ich war mir sicher, so etwas könne nur ein Irrer tun. Aber tatsächlich ist Herr Pepen selbst Professor der Physik, der bis vor kurzem selbst an der Entwicklung des Teleporters mitgearbeitet hat. Unsere Psychologen haben den Geisteszustand in den letzten zwei Wochen so eingehend geprüft, dass über seine Zurechnungsfähigkeit keine Zweifel bestehen können.
Als Motive bleiben nur übrig Neid: Der Neid auf einen großen Mann, dessen Tiefe und Originalität gleichwohl im Gedächtnis der Menschheit bleiben werden - und die schiere Großmannsucht, der Wunsch, dem Größeren die Show zu stehlen. Über diese Einzelheiten mag sich den Kopf zerbrechen, wer will - fest steht, dass das Motiv ein niedriges war. Da er die Tat sorgfältig geplant haben muss, um etwa seine Waffe an den Sicherheitsvorkehrungen vorbei zu schleusen, handelt es sich hier ohne Zweifel um einen Mord. Und damit, meine Damen und Herren, schließe ich meine Eröffnung. Sie werden mir zustimmen, dass die weitere Verhandlung bis zur Urteilsfindung unter diesen Umständen nur noch eine Formalie sein kann.
Richter: Danke, Herr Staatsanwalt. Angeklagter, wie bekennen Sie sich?
Angeklagter: Nicht schuldig.
(Raunen im Saal)
Staatsanwalt (läßt seinen Stift fallen und setzt seine Brille ab): Wie bitte?
Angeklagter: N-i-c-h-t s-c-h-u-l-d-i-g.
Staatsanwalt: Wie darf ich das verstehen?
Richter: Angeklagter, Sie haben beschlossen, sich selbst zu verteidigen. Sie dürfen nun ihrerseits den Sachverhalt aus Ihrer Sicht darstellen.
Angeklagter: Den kunstvollen Schnörkeln des Herrn Staatsanwaltes kann leider nicht das Wasser reichen. Meine Verteidigung ist schlicht: Ich was es nicht.
Staatsanwalt (lacht auf): Das ist doch unerhört!
Richter: Herr Staatsanwalt, Sie können den Angeklagten nun verhören, wenn Sie möchten.
Staatsanwalt: Darauf können Sie wetten. Herr Pepen, Sie bestreiten also, Prof. Canvas vor vierzehn Tagen auf einer Pressekonferenz erschossen zu haben?
Angeklagter: Allerdings. Ich habe nichts damit zu tun.
Staatsanwalt: Und die hundert Gäste, die Kameras und die vielen Millionen Fernsehzuschauer sind dann wohl einer kollektiven Sinnestäuschung unterlegen?
Angeklagter: Ihre Sinne funktionieren, will ich vermuten, ausgezeichnet. Der Herr, der die Tat begangen hat, ist mir allerdings außerordentlich ähnlich. Zum verwechseln ähnlich, kann man wohl sagen. Aber er ist nicht ich.
Staatsanwalt (lakonisch, als ob er sich auf ein sicher gewonnenes Spiel einläßt): Soso. Dann haben sie vielleicht sogar ein Alibi für die Tatzeit?
Angeklagter: In der Tat habe ich das.
Staatsanwalt: Na, das wird ja immer besser, Herr Pepen. Dann helfen Sie uns, einen schweren Justizirrtum zu verhindern und sagen uns: Wo waren Sie am Montag vor 14 Tagen zwischen 14.00 und 16.00?
Angeklagter: Ab etwa 15.15 im Hauptsaal der Canvas-Laboratorien.
Staatsanwalt: Interessant. Und davor?
Angeklagter: Davor ergibt die Frage keinen Sinn.
Staatsanwalt (irritiert): Sie scheinen sich in der Rolle des mysteriösen Schwätzers zu gefallen. Ich gedenke nicht, Ihnen dabei behilflich zu sein, mediale Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen, indem ich Sie nach dem Sinn Ihrer dunklen Andeutungen frage. Machen wir es ganz einfach: Sie leugnen also, die Person zu sein, die nach dem Mord im Canvas Labor festgenommen wurde?
Angeklagter: Keineswegs.
Staatsanwalt: Aber zugleich leugnen Sie, der Täter zu sein. *lächelt* Ich verstehe. Der Täter ist dann wohl so etwas wie Ihr böser Zwillingsbruder?
Angeklagter: Wenn Sie so wollen.
Staatsanwalt: Und wohin ist er dann verschwunden? Wo befindet er sich jetzt?
Angeklagter: Wie sämtliche Zeugen und Kameraaufnahmen bestätigen werden, wurde er durch einen Hochenergielaser in subatomare Kleinstpartikel zerlegt. Ich weiß nicht, welcher Religion Sie anhängen, aber es ist wohl sicher, davon auszugehen, dass er tot ist.
Staatsanwalt: Zerlegt? In der Tat. Und die gleichen Zeugen und Aufnahmen bestätigen, dass er einen Moment später wieder zusammen gesetzt wurde - einige Dutzend Meter entfernt in der Empfangsanlage des Teleporters, der er ziemlich lebendig entstieg, woraufhin er festgenommen und schließlich in diesen Gerichtssaal gebracht wurde. Worauf wollen Sie eigentlich hinaus?
Richter: Worauf der Herr Angeklagte hinaus will, scheint mir recht offensichtlich, Herr Staatsanwalt, wenn auch etwas - gewagt. Herr Pepen, verstehe ich Sie richtig: Sie erklären, die Person zu sein, die an der Empfangsanlage ankam, bestreiten aber die Person zu sein, die in der Sendeanlage verschwunden ist?
Angeklagter: Ganz recht. Den Ausführungen des Herrn Staatsanwaltes, ja, der ganzen Verhandlung liegt die Annahme zugrunde, es handle sich bei beiden um dieselbe Person, so dass die eine für die Taten der anderen verantwortlich gemacht werden kann. Im Gegensatz zu den Ansichten des Herrn Richters halte ich vielmehr diese Annahme für sehr gewagt. Ich sehe nicht...
Staatsanwalt: Einspruch, euer Ehren!
Richter: Mit welcher Begründung?
Staatsanwalt: Völliger Mumpitz, das ist meine Begründung! So einen Unsinn habe mein Lebtag nicht gehört, was wahrlich etwas heißen will. Hätte der Herr Pepen hier ein anderes, etablierteres Verkehrsmittel benutzt würde er wohl den Nachweis verlangen, dass die Person, die aus einem Auto steigt, dieselbe ist wie die, die hinein steigt?
Angeklagter: Die Sachlage ist doch wohl etwas subtiler. Gewöhnlich nennen wir zwei Dinge, die wir zu verschiedenen Zeiten an verschiedenen Orten finden, identisch, wenn es eine Folge von Zwischenzeiten und Zwischenorten gibt, die einen stetigen Übergang von einem zum anderen darstellt. Davon kann in diesem Fall nun offenkundig keine Rede sein.
Richter: Ich glaube zwar nicht, dass Sie mit diesem Einwand weit kommen werden, sehe aber ein, dass er berechtigt ist. Herr Staatsanwalt, wie begründen Sie die Annahme, es handele sich hier um die Person, die bei der Tat beobachtet wurde?
Staatsanwalt: (zu sich selbst) Der alte Herr hat offenbar Kalk angesetzt. Was für ein Irrsinn! (laut) Wie sonst auch, wie sonst? Wir erheben schließlich schon seit Jahrzehnten von jedem Bürger die biometrischen Basisdaten: Fingerabdruck, Struktur der Iris, DNA-Sequenzen. Wir brauchen am Herrn Angeklagten nur ein paar Tests durchzuführen und die Resultate mit den Daten des Herrn Pepen zu vergleichen. (Schaut auf die Uhr) Die Kollegen aus der Forensik kommen in einer halben Stunde vom Mittagessen zurück, danach ist das eine Routinesache von einer Viertelstunde. Falls wir uns diese Mühe wirklich machen müssen.
Angeklagter: Das müssen wir nicht. Das Ergebnis wird zweifellos die vollkommenste Übereinstimmung sein.
Staatsanwalt: Umso besser. Herr Richter, da der Angeklagte seinen Einwand zurückzieht, können wir diesen Punkt wohl als erledigt betrachten. Nach allen Maßstäben, die wir im Rechtswesen zur Feststellung der Identität einer Person anlegen, ist dieser Mann hier der Täter. Natürlich hat es an phantasievollen Tätern nie gemangelt, die für jede noch so glasklare Indizienlage eine Erklärung finden konnten, ohne ihre Schuld einzugestehen. Das uns das nicht kümmern darf, ist wohl offensichtlich.
Richter: Danke, Herr Staatsanwalt. Angeklagter, ist Ihr Einwand damit erledigt?
Angeklagter: Keineswegs. Erledigt ist damit nur ihr Sammelsurium von physischen Merkmalen als Identitätskriterium.
Staatsanwalt: Einspruch!
Richter: Stattgegeben. Mäßigen Sie sich, Herr Pepen. Sie sind hier angeklagt, nicht das Gericht.
Angeklagter: Ich bitte um Verzeihung. Aber die geringste Vertrautheit mit der Technik der Teleportation zeigt, dass die erwähnten Kriterien unzureichend sind. Wenn Sie gestatten, Herr Richter?
Richter: Ich gestatte, wenn auch nur unter Bedenken und Vorbehalt.
Angeklagter: Es wird nicht lange dauern. Ich will auch nicht zu sehr ins Detail gehen, ist doch aus der Presse die Grundidee der Technik hinlänglich geläufig: Das zu sendende Objekt - die "Message", wie es im Fachjargon heißt - wird durch einen hochenergetischen Strahl zerlegt und dabei zugleich gescannt. Der Scan erfaßt die Zusammensetzung des Objekts auf subatomarer Ebene. Die Daten werden sodann zusammen mit der beim Zerlegen des Objektes frei werdenden Energie an die Empfangsanlage gesandt, wo den Daten gemäß der Energiestrahl in ein Objekt umgewandelt wird. Lassen wir einmal außen vor, dass Messungen stets mit Messfehlern behaftet sind und an der Genauigkeit der Reproduktion daher mit Recht gezweifelt werden kann, dann müssen Sie dennoch einräumen, dass das Zerlegen der Message für die Herstellung des Empfangsobjektes letztlich unerheblich ist
Staatsanwalt: Wie bitte?
Angeklagter: Sie haben schon ganz richtig gehört. Für die genaue Messung ist der Abbau der Zwischenschichten derzeit unerläßlich, daher wäre eine Teleportation beim derzeitigen Stand der Technik ohne Zerlegung der Message nicht möglich. Aber das ist ein rein technisches Problem. Geben Sie der Entwicklung 10 Jahre Zeit, und es wird möglich sein, die Zerlegung zu vermeiden und die Message in der Empfangskabine mit entsprechender Energiezufuhr trotzdem zu reproduzieren.
Staatsanwalt: Na und?
Angeklagter: Ist das nicht offensichtlich? Stellen Sie sich vor, ich hätte statt der derzeitigen Vorrichtung diese leicht fortgeschrittene benutzt. Herr Pepen wäre nach dem Mord in die Sendekabine getreten, kurz darauf wieder heraus gekommen, und zugleich wäre eine exakte Kopie - ich - aus der Empfangskabine getreten. Es gäbe wohl keine Zweifel, wer in diesem Fall zu verhaften gewesen wäre - ich jedenfalls nicht.
Richter: Das klingt allerdings verblüffend plausibel. Herr Staatsanwalt?
Staatsanwalt: Der Angeklagte kann uns erzählen, was er will, wohl in der Zuversicht, dass wir Nicht-Physiker ihm nur glauben können. Ich beantrage, einen Sachverständigen zurate zu ziehen, der diese recht abenteuerlich anmutende Behauptung bestätigt, ehe ich weiter darauf eingehe.
Richter: Haben Sie jemand im Auge?
Staatsanwalt: Allerdings. Ich habe zwar eine derartige Entwicklung der Verhandlung nicht für möglich gehalten, bin aber Anwalt genug, um mich auch auf Unmöglichkeiten vorzubereiten. Frau Dr. Tecne war während der gesamten Arbeiten am Teleportationsprojekt Herrn Canvas Mitarbeiterin und kennt die Technik mindestens so gut wie unser Herr Pepen hier. Entsetzt über diese Wahnsinnstat hat sie sich bereit erklärt, nötigenfalls als Zeugin der Anklage aufzutreten.
Richter: Hervorragend. Ich vertage die Verhandlung auf morgen, damit wir die Sachverständige hören können.
Staatsanwalt: Das ist überflüssig. Sie ist anwesend.
Richter: Dann rufe ich Frau Dr. Tecne nun in den Zeugenstand.
Dr. Tecne, eine attraktive Frau von Ende 20, erhebt sich aus dem Publikum, geht auf die Bühne und setzt sich in den Zeugenstand.
Richter: Ihre Zeugin, Herr Staatsanwalt.
Staatsanwalt: Danke. Frau Dr. Tecne, sie haben die Ausführungen des Angeklagten vom Zuschauerraum aus sicher verfolgen können. Er behauptet, die Transportapparatur sei eigentlich als Kopierapparatur aufzufassen, die lediglich aufgrund technischer Unausgereiftheit das Original zerstört. Stimmen Sie dieser Einschätzung zu?
Dr. Tecne: Bedingt. Technisch hat der Angeklagten wenigstens insofern recht, als die Zerlegung der Message unnötig wäre, könnten wir die atomare Struktur hinreichend genau analysieren. In diesem Fall könnten wir beliebige Energie in die entsprechende Form bringen - aus technischer Sicht ist es unerheblich, ob es die ist, die durch Umwandlung der Message entstanden ist. Tatsächlich ist die Entwicklung eines darauf basierenden Vervielfältigungsapparates eines unserer nächsten Fernziele gewesen.
Staatsanwalt: Aber?
Dr. Tecne: Aber tatsächlich funktioniert die Maschine derzeit keineswegs auf diese Weise: Derzeit wird der Zielgegenstand aus eben der Energie zusammengesetzt, die die Message freisetzt. Der Angeklagte ist also weit mehr er selbst, als er zu sein behauptet.
Angeklagter: "Weit mehr"? Ist Identität denn graduell? Zu wieviel Prozent bin ich denn ihrer Ansicht nach schuldig?
Dr. Tecne (den Einwand ignorierend): Aber das ist für die Streitfrage auch völlig unerheblich. Fakt ist, dass der Angeklagte in allen nur irgend erkennbaren Hinsichten mit dem Täter identisch ist. Aufgabe des Gerichtes ist es, Schuld oder Unschuld zu erkennen. Soweit er erkennbar ist, ist der Angeklagte schuldig. Folglich kann das Gericht vernünftigerweise nur zu einer Entscheidung kommen.
Angeklagter: Das ist eine unzulässige Vereinfachung des tatsächlichen Vorganges. Ich bin keineswegs in "allen erkennbaren Hinsichten mit dem Täter identisch". Ein offensichtlicher ist der, dass in der Vergangenheit des Täters keine Teleportation stattgefunden hat, in meiner hingegen schon. Aber davon abgesehen: Zwischen den Elementarteilchen, aus denen mein Körper besteht und denen, aus welchen sich der Täter zusammensetzte, besteht nur der Zusammenhang, dass letztere die Energie lieferten, erstere zu erzeugen. Darüber hinaus sind sie nur vom gleichen Typ, und keineswegs gleich. Zwei Wasserstoffatome an verschiedenen Orten werden von der Physik sehr wohl und mit Recht als verschieden betrachtet. Mein Körper ist physikalisch also keineswegs mit dem des Täters identisch.
Dr. Tecne: Meinetwegen. Aber diese Unterschiede - ob dieses oder jenes Elemtarteilchen eines gewissen Typs an einer gewissen Stelle Ihres Körpers sitzt - ist für die Frage nach Ihrer Identität auch unerheblich. Etwa 25 Jahre dauert es, bis der menschliche Körper alle Teilchen, aus denen er besteht, ausgetauscht hat. Trotzdem habe ich vor 25 Jahren den Kindergarten besucht, nicht jemand anders.
Angeklagter: Also sind Ihrer Ansicht nach nur gewisse Eigenschaften relevant? Welche denn?
Dr. Tecne: Offensichtlich die, die eben darum auch in der Physik einzig relevant sind: Jene, die erkennbar und mitteilbar sind. Das sind die mathematisch beschreibbaren Eigenschaften, also jene, die sich nicht auf einzelne Dinge, sondern ihren Zusammenhang und ihre Weise des Zusammenwirkens beziehen. Was eine Person ausmacht, geht letztlich zurück auf die Organisation und Anordnung ihrer Bestandteile. Und die hat sich ganz zweifellos erhalten.
Staatsanwalt: Vielen Dank, Dr. Tecne. Ich bewundere die Fantasie des Angeklagten, mit der er Schwierigkeiten aufwirft, wo keine sind. Er wird es noch dahin bringen, dass wir niemand mehr schuldig sprechen können, weil wir nicht sicher sein können, ob einer von einem Tag auf den anderen derselbe bleibt, solange nicht alle Probleme der Philosophie gelöst sind. Gestatten Sie mir, dass ich in diesem Fall die delikate Dialektik, in die uns mancher nun gerne manövrieren wollen wird, abkürze: Alles, was ist, den Menschen eingeschlossen, ist geformter Stoff. Nun haben wir bereits festgestellt, dass für die Identität von Personen, wie wir sie im Recht verstehen, der Stoff irrelevant ist, denn auch nach 25 Jahren, wenn, wie Frau Tecne sagt, alle Teilchen im Körper ausgetauscht sind, ist einer noch derselbe im Sinne des Rechts: Sein Besitz ist noch immer seiner, Verträge, die ihn betreffen, gelten weiterhin, auch seine Schuld ist - von Verjährungen einmal abgesehen - seine Schuld. Auf den Stoff kommt es uns also offenbar nicht an. Folglich kann unser Identitätsbegriff sich nur auf die Form beziehen. Hinsichtlich der Form stimmt der Angeklagte, wie wir eingangs festgestellt haben, mit dem Täter in jeder nur erdenklichen Hinsicht überein. Wir haben ihn also als den Täter zu betrachten. Was seine Winkelzüge mit der Kopie betrifft, so stehen wir damit tatsächlich vor einer neuen Herausforderung für unsere juristische Intuition, der wir aber ganz offenbar nur auf eine Weise begegnen können: Schuld bleibt Schuld, ganz gleich, wie viele Kopien der Täter von sich herstellt, zerstört, erneut kopiert oder was ihm auch sonst einfallen mag. Das Verhältnis zwischen zwei solchen Kopien ist offenbar nicht wesentlich verschieden, tatsächlich sogar wesentlich enger als das von dem zwischen einem zu lebenslänglicher Haft verurteilten Täter zu zwei verschiedenen Zeitpunkten im Abstand von 25 Jahren. Räumen wir einmal zum Zweck der Verdeutlichung die Möglichkeit einer Zeitreise ein, können wir uns ebenfalls leicht vorstellen, den gleichen Täter in zwei, salopp gesagt, Ausfertigungen vor uns zu haben.
Angeklagter: (leise) ...sofern wir annehmen dürfen, dass die zur Zeitreise benutzte Technik Identitäten erhält - oder dass eine solche Identitäten erhaltende Zeitreisetechnik auch nur denkbar ist...
Staatsanwalt: (den Einwurf mit einer wegwerfenden Geste niederhaltend) Sämtliche nach erfolgter Tat erstellten Kopien sind damit als schuldig zu betrachten und zu behandeln.
Richter: Meine Herren, ich gestehe, dass der Verlauf dieser Verhandlung mich allmählich bedenklich stimmt. Wir haben mit einem einzelnen, scheinbar glasklaren Mordfall angefangen und sind jetzt dabei, einen Präzedenzfall von unüberschaubarer Tragweite zu schaffen. Unter normalen Umständen hätte ich Diskussionen wie jene, die hier nun im Gange sind, in die Hörsäle und Weinstuben verbannt. Es scheint aber unvermeidlich, der Sache weiter nachzugehen. Angeklagter, gehe ich recht in der Annahme, dass Sie etwas erwidern wollen?
Angeklagter: Ich möchte etwas fragen.
Richter: (seufzt) Bitte.
Angeklagter: Das Kriterium, dass er Herr Staatsanwalt hier vorschlägt, um die Identität einer Person festzustellen, ist, wenn ich ihn recht verstehe, ein rein strukturelles: Für die Frage, ob etwas eine gewisse Person ist, kommt es nicht darauf an, ob dieses Etwas und diese Person aus den gleichen Teilchen bestehen, sondern nur auf deren Anordnung und die Art ihrer Wechselwirkung - eben das, was beim Transport erhalten bleibt. Ist das richtig?
Staatsanwalt: Ich sehe nicht, warum Sie das offensichtliche wiederholen. Vermutlich versuchen Sie Zeit zu gewinnen, um sich die nächste Absurdität zu überlegen.
Angeklagter: Der dieser These zufolge rechtlich relevante Kern der Persönlichkeit ist demnach eine Struktur?
Staatsanwalt: Das sagten wir bereits.
Angeklagter: Und wenn über Schuld und Unschuld geurteilt wird, dann wird das Vorliegen oder Fehlen einer solchen Struktur festgestellt, die die Schuldeigenschaft trägt?
Staatsanwalt: Selbstverständlich. Was sonst?
Angeklagter: Um aber festzustellen, ob eine Person schuldig ist oder nicht, müssen Sie die Struktur dieser Person vorher gut genug kennen?
Staatsanwalt: Natürlich müssen wir den Verdächtigen kennen, um seine Schuld feststellen zu können. Worauf wollen Sie eigentlich hinaus?
Angeklagter: Das werden Sie gleich erfahren. Nicht wahr, wenn Sie von etwas wissen, dann haben Sie ein gedankliches Abbild davon im Kopf? Und zwar eines, das alle Eigenschaften einfängt, von denen Sie wissen?
Staatsanwalt: Herrje! Ja! Und 2 und 2 ist 4. Euer Ehren!
Richter: Schon gut, Herr Staatsanwalt. Angeklagter, kommen Sie zum Punkt.
Angeklagter: Gern. Wir haben festgestellt, dass der, der jemandes Schuld feststellt, ein Abbild von dieser Person haben muss, das genug Information enthält, die Schuld festzustellen. Wir haben weiter die Behauptung, dass Schuld eine reine Eigenschaft von Strukturen ist. Die Folgerung ist wohl klar: Da Struktur gerade das gemeinsame von Ding und Abbild ist, hat jeder, der jemandes Schuld beurteilen kann, die entsprechende Struktur in sich - und ist somit selbst schuldig.
Staatsanwalt: Jetzt schlägt's dreizehn!
Angeklagter: Entweder ist also jeder, der mich zurecht verurteilen könnte, selbst schuldig - oder es besteht zumindest die Möglichkeit, dass ich in der gleichen Weise nur ein Abbild des Schuldigen darstelle wie ihre gedanklichen Bilder von ihm.
Staatsanwalt: (etwas hilflos) Frau Dr. Tecne, was halten Sie davon?
Dr. Tecne: Geistvolles Geschwurbel. Ich halte nichts davon. Ich halte mich an harte, physikalische Fakten.
Staatsanwalt: Sehr gut. Angeklagter, können Sie die liefern?
Angeklagter: Durchaus. Also noch einmal: Der rechtlich relevante Kern der Persönlichkeit ist die Struktur dessen, woraus sie besteht - und nur diese, ohne Beachtung des Stoffes selbst?
Staatsanwalt: Auch erneute Wiederholungen machen Ihre Beiträge nicht informativer. Selbstverständlich wären wir in der Lage, unsere Vorstellungen von Schuld und Persönlichkeit etwa auf einen Außerirdischen anzuwenden, ohne dass es uns im mindesten zu kümmern brauchte, woraus er besteht. Wenn es Ihnen hilft, können wir uns das, worauf es hier ankommt, den "Kern der Persönlichkeit", wie Sie es nennen, wie ein Programm vorstellen, dass auf verschiedenen Computern ausgeführt werden kann, und dabei doch immer das gleiche bleibt.
Angeklagter: Insbesondere unabhängig davon, woraus der Computer besteht - ob nun aus Proteinen, Silizium oder Blechdosen?
Staatsanwalt: Selbstverständlich. Auf diese letzte provokante Spitze werde ich nicht eingehen. Zweifellos werden Sie das Gericht sonst mit einem Vortrag darüber erfreuen, wie man aus Blechdosen einen Computer bauen kann...
Angeklagter: Die Freude wäre, fürchte ich, ganz meinerseits. Aber würden Sie den Blechdosencomputer, dessen Arbeitsweise den Abläufen in meiner atomaren Zusammensetzung entspricht, tatsächlich für schuldig befinden und einsperren wollen?
Staatsanwalt: (schweigt perplex, dann senkt er den Kopf auf den Tisch vor sich und faltet die Hände darüber)
Angeklagter: Ich kann noch einen Schritt weiter gehen. Wir brauchen uns gar nicht darum zu sorgen, einen solchen Rechner erst zu bauen. Es gibt ihn bereits in unüberschaubarer Anzahl: Betrachten Sie nur, weil er Ihnen gerade einmal so nah ist, den Tisch, auf den Sie soeben Ihr geneigtes Haupt betten.
Richter: Angeklagter, sparen Sie sich Ihren Sarkasmus bitte für die Presse auf. Was ist nun mit dem Tisch?
Angeklagter: Ich bitte um Verzeihung. Es ist auch gar nichts besonderes mit diesem Tisch, außer, dass er aus Teilchen besteht - extrem vielen Teilchen. Ganz erstaunlich vielen Teilchen, um genau zu sein. Und sie vibrieren und interagieren, dass einen vom Zusehen schwindlig würde, wenn man denn zusehen könnte.
Richter: Zur Sache, bitte!
Angeklagter: Gewiss. Da Frau Dr. Tecne sich noch im Zeugenstand befindet, ist es mir wohl gestattet, ihr weitere Fragen zu stellen.
Richter: Wenn es denn sein muss.
Angeklagter: Danke. Frau Dr. Tecne, würden Sie zustimmen, dass in den Wirkungszusammenhängen der Teilchen, aus denen der Tisch besteht, ganz erstaunlich viele Wirkungszusammenhänge realisiert sind?
Staatsanwalt: Einspruch! Das Erstaunen der Zeugin tut hier nichts zur Sache.
Richter: Stattgegeben. Angeklagter, präzisieren Sie Ihre Frage.
Angeklagter: Wie Sie wollen. Frau Dr. Tecne, wie hoch schätzen Sie die Chance ein, dass irgendwo in der Teilchenstruktur dieses Tisches eine Teilstruktur verborgen ist, deren Wirkungszusammenhang in allen relevanten Eigenschaften dem entspricht, was Ihrer Ansicht nach meine Person ausmacht?
Dr. Tecne: Dazu kann beim besten Willen keine präzise Auskunft geben. Aber wenn wir bedenken, dass der Tisch, mikrophysikalisch betrachtet, ein Universum für sich ist, jene Eigenschaften, die wir von einem Menschen zur Kenntnis nehmen müssen, um ihn als bekannt betrachten zu können, aber von uns sehr rasch erfasst und verarbeitet werden können, dürfte die Chance extrem hoch sein.
Angeklagter: Höher als, sagen wir, 99.999999%?
Dr. Tecne: Sicherlich.
Angeklagter: Ihrer Überzeugung nach ist also mit einer Wahrscheinlichkeit, die jedes Gericht der Welt mit Gewißheit identifizieren würde, ein Teil des Tisches des Mordes an Prof. Canvas schuldig? Ebenso wie die Decke, der Stuhl des Richters und der Richter selbst?
(Dr. Tecne schaut ihn einige Sekunden verblüfft an. Dann fährt sie von ihrem Stuhl auf und weicht vor ihrem Tisch zurück.)
Staatsanwalt: Was ist los?
Dr. Tecne: Haben Sie es denn nicht gehört? Alles ist voll Schuld! (Lauter, während sie anfängt, hektisch um sich zu blicken.) Wohin man sieht nur Mörder! (Sie deutet wirr hier- und dorthin.)
Staatsanwalt: Nun beruhigen Sie sich doch! (Er versucht, ihr eine Hand auf die Schulter zu legen.)
Dr. Tecne: (heftig auffahrend) Zurück, Halunke! Wer weiß schon, welches Blut an deinen Fingern klebt? (Plötzlich stutzt sie, dann beginnt sie, leise zu weinen.) Ich glaubte, ich könnte diese Welt ein wenig besser machen. Nun aber sehe ich, dass sie schon durch die bloße Möglichkeit des Bösen vom Grunde auf verdorben ist und es schon immer war.
Staatsanwalt: Ist ja gut...
Dr. Tecne: Nichts ist gut! Solange es komplexe Strukturen gibt, gibt es auch Böses. Und wie komplex ist schon ein einzelnes Atom! (Schreit.) Ich will alles auslöschen!
(Der Staatsanwalt weicht erschrocken zurück, während Dr. Tecne einen Stuhl packt und beginnt, damit wahllos auf das Mobiliar einzudreschen.)
Richter: Sicherheitsdienst! SICHERHEITSDIENST!
Angeklagter (bei sich): Denkt sie denn gar nicht an die vielen unschuldigen "Personen", die sie gefährdet?
(Am Eingang des Gerichtssaals erscheinen einige Uniformierte. Als sie die tobende Dr. Tecne sehen, bleiben sie verblüfft stehen. Dann beginnen sie langsam, sich ihren Weg durch die überfüllten Publikumsränge zu bahnen.)
Richter: Bitte beeilen Sie sich!
(Dr. Tecne hat sich am Pult des Staatsanwaltes vorbei zum Fenster hin vor gearbeitet und hebt den Stuhl, um es zu zerschlagen. Dabei sieht sie in der Scheibe ihr Spiegelbild. Mit dem über ihren Kopf gehobenen Stuhl in den Händen erstarrt sie plötzlich.)
Staatsanwalt: Oh oh...
(Dr. Tecne bricht in hysterisches Kreischen aus und versucht, sich den Stuhl auf den Kopf zu schlagen. Ehe es dazu kommt, wird sie von den Sicherheitskräften gepackt und unter massiver Gegenwehr aus dem Saal geführt. Während das passiert, erhebt sich ein Zuschauer von seinem Platz.)
Zuschauer: Sehet! Sehet hin! Sie ist besessen! Und besessen muss ein Mensch auch sein, der solch teuflische Irrlehren verficht! Soll es uns wundern, dass die Welt dem ein Abgrund wird, der gerade das Gute, Göttliche darin verleugnet?
Richter: Ruhe im Saal!
Zuschauer: Schweig, Dämonenknecht! Die Ruhe hat allein den Sinn, der Wahrheit Raum zu schaffen!
Richter: Sie verlassen bitte augenblicklich den Sitzungssaal.
Zuschauer: Das hätten Sie wohl gerne, Sie halbgarer Nero!
Richter: Umgehend.
Zuschauer: Niemals! Ein Höherer, als Sie es sind, gebietet mir, zu bleiben!
Richter: Sicherheitsdienst!
(Von draußen hört man laute Stimmen und Kampfgeräusche: "Verdammt! Sie hat mich gebissen!" "Finger weg! Sie sind ein Mörder! Und Ihre Finger sind auch Mörder!" "Haben wir unten eine Gummizelle?")
Staatsanwalt: Ich fürchte, der ist beschäftigt.
Zuschauer: Seht ihr? Niemand soll mich hindern, Gottes Wort zu künden!
Richter: Ich unterbreche die Verhandlung, bis die Ordnung wieder hergestellt ist. (Verläßt den Saal.)
(Der Angeklagte wendet sich an den Zuschauer.)
Angeklagter: Na, dem haben Sie es aber gezeigt!
Zuschauer (stolz): Ja, nicht?
Angeklagter: Aber was wollten Sie denn nun eigentlich sagen?
Zuschauer: Na, nun stellen Sie sich mal nicht so dumm an - das sind Sie ja gar nicht. Es war ja nett, wie Sie dieses materialistische Flittchen haben auflaufen lassen, daran erkennt man, dass Sie ein Mann von Verstand sind. Selbstredend ist jeder Versuch, die Persönlichkeit eines Menschen durch die Eigenschaften seines Körpers zu bestimmen, bei aller wissenschaftlichen Brillanz von vornherein zum Scheitern verurteilt: Ist doch in einem solchen Unternehmen schon in der Voraussetzung von dem abstrahiert, was allein die Antwort geben kann: Der Seele.
Angeklagter: Das klingt zunächst einmal nur wie ein altes Wort für das, was Frau Dr. Tecne zu beschreiben versucht hat. Was verstehen Sie denn darunter?
Zuschauer: Was schon? Das, was es ist: Der Gottesodem in uns, die ewige, unteilbare, unsterbliche Substanz, die der Grund unserer Moralität abgibt. Mit der Zeugung fährt sie in den sich bildenden Leib und verläßt ihn wieder mit dem Tod. Dass zwei Erscheinungen der Körperwelt denselben Menschen zeigen, bedeutet schlicht, dass ihnen eine Seele innewohnt. Wenn es dem Herrn gefällt, eine Seele in einen neuen Körper zu schicken, etwa bei einer Wiedergeburt, haben wir es natürlich mit demselben Wesen zu tun. Ob so etwas tatsächlich vorkommt, ist natürlich eine andere Frage.
Angeklagter: Und wie können wir nun wissen, ob zwei "Erscheinungen der Körperwelt denselben Menschen zeigen"?
Zuschauer: Das weiß nur Gott.
Angeklagter: Der weigert sich aber erfahrungsgemäß, in den Zeugenstand zu treten. Wie können wir also darüber entscheiden, wen wir vor uns haben?
Zuschauer: Wir müssen uns natürlich an das halten, was uns zu erkennen gegeben ist: Was einer sagt und tut. "An ihren Taten sollt ihr sie erkennen!"
Angeklagter: Alles, was uns zur Verfügung steht, ist also die äußere Erscheinung der Person?
Zuschauer: Ganz recht. Sind wir denn Götter, dass wir uns anmaßen können, mehr zu wissen?
Angeklagter: Aber genau das hat Frau Dr. Tecne auch gesagt.
(Der Zuschauer stutzt. Nach kurzem Zögern beginnt er, den Angeklagten zu beschimpfen. Währenddessen kehrt der Richter mit dem Sicherheitsdienst in den Sitzungssaal zurück.)
Richter: Nehmen Sie diesen Störenfried auf der Stelle fest und schaffen Sie ihn mir aus den Augen. (Sieht ins Publikum) Ist in der Zwischenzeit etwas besonderes vorgefallen?
Angeklagter: Nach dem Materialismus hat sich auch sein krakelender Wurmfortsatz, die Spiritualität, als unfähig erwiesen, die Frage zu klären...
Richter: Angeklagter, ich verwarne Sie hier hiermit. Solche Ausdrücke gehören nicht in einen Gerichtssaal. Allerdings sehe ich ebenfalls nicht, wie wir nun weiter kommen sollten. Mit Rücksicht auf die vorgerückte Stunde beende ich daher hiermit den Verhandlungstag.
2. Szene
Richter: Ich eröffne den zweiten Verhandlungstag. Herr Staatsanwalt, gestern sind Sie mit dem Versuch gescheitert, die Identität des Angeklagten mit dem Täter nachzuweisen. Sollte es dabei bleiben, wird er frei gesprochen. Haben Sie neues Beweismaterial beizubringen?
Staatsanwalt: Ich habe einen neuen Zeugen.
Richter: Bitte.
Staatsanwalt: Danke, euer Ehren. Meine Damen und Herren, wir haben uns bisher damit abgemüht, die Identität des Angeklagten objektiv nachzuweisen, und haben uns damit in Schwierigkeiten verstrickt. Es scheint so, dass die äußere Schuldbeurteilung entweder jeden oder niemand trifft. Ich schlage daher vor, die Frage zu ändern: Kann der Angeklagte überhaupt ernsthaft leugnen, der Täter zu sein?
Richter: Der gestrigen Erfahrung nach würde ich es als erwiesen ansehen, dass er das kann...
Staatsanwalt: Zweifellos, und zwar mit eindrucksvoller Penetranz und Kontinuität. Die Frage ist aber, ob er diese Behauptung widerspruchsfrei durchhalten kann. Wenn er nicht einmal das kann, brauchen wir uns um einen Nachweis von außen gar nicht erst zu bemühen.
Richter: Und wie wollen Sie das feststellen?
Staatsanwalt: Das werde ich einem Experten für begriffskritische Untersuchungen überlassen: Herrn Heißl, Professor der Philosophie an der hiesigen Universität.
Richter: Ein Philosoph?
Staatsanwalt: Besondere Herausforderungen verlangen besondere Maßnahmen.
Richter: Meinetwegen. Ich rufe also Herrn Prof. Heißl in den Zeugenstand.
Heißl: (erhebt sich und begibt sich in den Zeugenstand)
Richter: Bitte. Sie können anfangen.
Heißl: Gern. Meine Methode erfordert es allerdings, Fragen an den Angeklagten zu richten, was vom üblichen Prozedere etwas abweicht. Wenn Sie gestatten?
Richter: Es wäre wohl das erste an diesem Prozeß, was nicht vom üblichen abweicht. Da diese Entscheidung die Rechte des Angeklagten betrifft, werde ich ihn fragen. Angeklagter, sind Sie mit einer Befragung durch Prof. Heißl einverstanden?
Angeklagter: Durchaus. Ich bin an der Aufklärung der Wahrheit mindestens so interessiert wie jeder andere hier.
Richter: Gut. Bitte, Herr Heißl.
(Heißl steht auf, verläßt den Zeugenstand und geht auf den Angeklagten zu. Kurz vor ihm bleibt er stehen und streckt ihm die rechte Hand entgegen. Etwas überrascht steht der Angeklagte auf, nimmt die Hand entgegen und schüttelt sie.)
Heißl: Guten Tag, Herr Pepen.
Angeklagter: Guten Tag, Herr Heißl.
Heißl: Sie haben gute Manieren.
Angeklagter: Danke.
Heißl: Darf ich fragen, woher Sie die haben?
Angeklagter: Nun, woher schon? Meine Eltern werden es mir beigebracht haben, meine Lehrer, das ganze kulturelle Umfeld...
Heißl: Ich bin verwirrt. Ihrer Aussage nach sind Sie erst vor kurzem durch das Empfangsgerät eines Teleporters entstanden. Demnach sollten Sie weder Eltern, noch Lehrer, noch ein kulturelles Umfeld gehabt haben.
Angeklagter: Ganz richtig. Ich habe mich unvorsichtig ausgedrückt. Natürlich handelt es sich bei all dem um die Vergangenheit des Täters, nicht um meine. Meine Natur bringt es eben mit sich, dass seine Erinnerungen in mir sind.
Heißl: Es sind also die Erinnerungen eines anderen, die Sie dazu bringen, mir die Hand zu geben?
Angeklagter: Richtig.
Heißl: Tatsächlich? Wenn Sie sich also z.B. an Ihre Kindheit zurück erinnern, hören Sie dann eine fremde Stimme in sich sprechen? Oder spüren Sie in sich eine Art dämonischen Zwang, mir die Hand zu reichen?
Angeklagter: Nein.
Heißl: Sondern?
Angeklagter: Es scheint mir eine natürliche Reaktion zu sein.
Heißl: Ihre oder die eines anderen?
Angeklagter: Meine.
Heißl: Wie steht es um den Rest Ihrer Persönlichkeit: Ihre Eigenarten, Vorlieben, Einstellungen, Sympathien etc.: Sind das Ihre oder die eines anderen?
Angeklagter: Meine. Wie sonst sollte ich imstande sein, mich überhaupt als jemand zu betrachten?
Heißl: Sehr richtig. Woher aber diese Persönlichkeit kommt, das ist Ihnen ein Rätsel? Sie sehen sich mit Ihrer Persönlichkeit konfrontiert wie mit einer fremden Macht?
Angeklagter: Durchaus nicht. Meine Vorlieben und Einstellungen z.B. kann ich aufklären als Verfestigungen eines früheren bewußten Denkens und Urteilens.
Heißl: Wessen Denkens und Urteilens? Ich bitte Sie, sich die Antwort genau zu überlegen: Lassen Sie Ihre Ansichten über die Teleportation einmal beiseite und achten Sie nur auf sich selbst und darauf, als was dieses frühere Denken und Urteilen, allgemein diese Erinnerungen, auf die Ihre Persönlichkeit sich gründet, sich Ihnen zeigt.
Angeklagter: (Denkt eine Weile angestrengt nach.) Als meine eigenen. Ich kann es nicht leugnen.
Heißl: Wie können Sie dann noch leugnen, jener Herr Pepen zu sein, der vorletzte Woche Prof. Canvas erschossen hat? Sie haben anerkannt, dass seine Vergangenheit die Ihre ist.
Angeklagter: Keineswegs. Ich habe anerkannt, dass seine Erinnerungen meine sind. Über die Vergangenheit selbst ist damit noch nichts ausgemacht.
Heißl: Ich denke doch. Was ich Ihnen eben demonstriert habe, ist doch, dass Sich sich als Selbst nur durch Ihre Vergangenheit fassen können - Sie sind, insofern Sie geworden ist. Sie müssen also diese "Vergangenheit", die Ihnen trotz intellektueller Einwände durch Akte der Erinnerung und Besinnung, aber auch unbewußt in allem Denken und Handeln präsent sind, als Ihre anerkennen.
Angeklagter: (Runzelt die Stirn)
Heißl: Ihre Verwirrung rührt vermutlich von einer naiven Sicht der Vergangenheit her: Sie scheinen zu glauben, die Vergangenheit sei etwas objektives, für sich Seiendes. Diese Ansicht ist verbreitet, aber irrig. Wie alles andere, so ergibt auch die Vergangenheit nur einen Sinn, soweit sie sich uns gibt, soweit wir uns auf sie beziehen, von ihr wissen können. Das tun wir durch das Gegenwärtige: Die Vergangenheit ist überhaupt nichts als das in gegenwärtigen Spuren aufbewahrte. Sie ist ein Deutungsmuster für die Gegenwart, wenn Sie so wollen. Außerdem ist sie nichts - ein selten hinterfragter Aberglaube, meinetwegen. Wir haben festgestellt, dass Ihre Selbstdeutung wesentlich davon abhängt, dass Sie sich mit dem Täter identifizieren. Ihre Vergangenheit umfasst somit das Leben des Täters, einschließlich der Mordtat selbst. Kurz gesagt: Sie können nur Sie selbst sein, wenn Sie sich als den Täter betrachten.
Angeklagter: Ich gestehe, dass Ihre Ausführungen mich überrascht haben. Tatsächlich habe ich den Begriff der Vergangenheit bisher für unproblematisch objektiv gehalten. Wie schon gesagt, ist es nicht meine Absicht, der Wahrheitsfindung im Wege zu stehen - sollte sich meine Täterschaft nachweisen lassen, werde ich mich nicht durch sophistische Winkelzüge aus der Affaire ziehen...
Staatsanwalt: Hört hört!
Angeklagter: Dennoch bleiben mir noch einige Zweifel. Daher möchte ich Sie bitten, noch im Zeugenstand zu bleiben, damit ich Ihnen nun meinerseits einige Fragen stellen kann.
Philosoph: Bitte. Nur zu.
Angeklagter: Ihrem Gedankengang zufolge führt uns die Frage nach Schuld oder Unschuld nicht auf faktische Ereignisse einer fragwürdigen "Vergangenheit", sondern vielmehr auf die Existenzverfassung des Einzelnen - die Art, wie und wodurch er er selbst ist und sich als solcher versteht?
Philosoph: Allerdings. Im Gegensatz zu dem ganzen abergläubischen platonistischen Gerede über eine "wahre" Vergangenheit, die unabhängig von unserem Bewußtsein und Wissen existieren soll, ist das ein gänzlich immanentes Kriterium, das die Dinge nur insofern und als die in den Blick nimmt, als sie tatsächlich gegeben sind.
Angeklagter: Gut gut. Die Frage nach der Schuld ist also die nach der subjektiven Verfassung - etwa der Erinnerung. Nun können wir uns aber doch leicht den Fall einer falschen Erinnerung denken, der in Wahrheit nichts entspricht...
Philosoph: -
Angeklagter: Ich sehe schon, ich mache mich wieder eines abergläubischen Vergangenheitsplatonismus schuldig. Denken wir uns aber die derzeit in der Entwicklung befindlichen Techniken zur Gedächtnismanipulationen so weit entwickelt, dass es möglich wird, einer beliebigen Person die Erinnerung etwa an einen Mord einzusetzen. Wird sie dadurch schuldig? Denken wir uns umgekehrt die Möglichkeit, Erinnerungen zu löschen - wird damit auch die Schuld beseitigt?
Philosoph: Selbstverständlich nicht. Ein Täter, dem die Erinnerung an die Tat gelöscht wurde, ist noch immer der, dessen Verhalten und Denken auf die Tat hinführte und durch Sie geprägt wurden. Das willkürliche Löschen einer einzelnen Erinnerung ändert daran nichts. Etwas anderes wäre es, wenn es möglich wäre, die Person in den Zustand vor der Tat zu versetzen. Das ist aber schlicht unmöglich. Die bloße Idee ist absurd und kann nur aufkommen in einer naiv dualistischen Haltung, die einer "Welt an sich" ein "an sich weltloses Subjekt" gegenübersetzt und dann natürlich Schwierigkeiten hat, beides wieder zusammen zu bekommen. Die Erkenntnistheorie ist fast nichts außer einem Ausdruck dieses Irrtums...
Richter: Zur Sache bitte! Was hat das mit der Frage zu tun?
Philosoph: Ich bitte um Verzeihung. Diese Hang zu Abschweifungen ist vermutlich eine Art Berufskrankheit, bedingt durch eine veränderte Auffassung von Relevanz. Wenn sich das Erkenntnisinteresse einmal aufs Grundsätzliche richtet, gräbt es allenthalben nach den Wurzeln...
Richter: Dann ersuche ich Sie hiermit erneut und mit Nachdruck, die Grabungen einzustellen und sich auf das
Thema zu konzentrieren.
Philosoph: Natürlich. Um es also kurz und prägnant zu fassen: Der Idee der Schuldlosigkeit durch Gedächtnismodifikation liegt die Vorstellung zugrunde, es komme bei Schuld oder Unschuld nur auf das "Subjekt" an, einhergehend mit einer "subjektivistischen" Deutung meines Argumentes. Aber tatsächlich ist die Existenz, wie ich sie meine, von der Welt nicht zu trennen, die das Dasein immer schon hat: In seinen Lebensumständen hat sich der Mörder ein unauslöschliches Gedächtnis seiner Tat geschaffen. Seine Einwirkung darauf ist von ihm nicht zu trennen, und von einer Wiederherstellung der Schuldlosigkeit könnte allenfalls die Rede sein, wenn man den Weltzustand vor der Tat komplett reproduzieren könnte. Da das unmöglich ist, ist auch die Schuld nicht zu tilgen.
Angeklagter: Verstehe ich Sie richtig? Nicht das Subjekt, die Welt ist nun der Zeuge der Schuld?
Philosoph: Wenn Sie sich doch nur von dieser unheilvollen Trennung beider lösen könnten, die das abendländische Denken über uns gebracht hat! "Welt" und "Subjekt" sind künstlicher Begriffe, denen im faktischen Umgang des Daseins nichts entspricht...
Richter: (räuspert sich)
Staatsanwalt: Ganz meine Meinung, Herr Richter. Herr Prof. Heißl! Abgesehen davon, dass mir Ihr Gerede bei allem Respekt reichlich wirr vorkommt, sehe ich die Relevanz gerade fern am Horizont im Meer versinken. Sie können das gerne mit dem Angeklagten gern persönlich besprechen - wir haben hier nur zu entscheiden, ob im Besucherraum oder im Kaffeehaus. Unsere Gerichtsbarkeit ist, mit Verlaub, "abendländisch", wie Sie zu sagen belieben, und mithin mit allen Mängeln und Fehlern behaftet, die dem abendländischen Denken anhaften mögen, so wie in jeder anderen Kultur. Sollten die Fehler, von denen Sie reden, tatsächlich vorhanden und bedeutsam sein, sollen kommende Generationen sie einsehen und vermeiden. Einstweilen haben wir uns an das zu halten, was wir haben.
Philosoph: Wohl nur, solange man es sich zur Gewohnheit macht, jedem erwiesenen Irrtum gleich wieder zu verfallen. Ihre Sicht ist unhaltbar, und diese Unhaltbarkeit äußert sich durch die neuesten technischen Entwicklungen in äußerst manifester Weise. Diese Verhandlung gibt selbst ein ausgezeichnetes Exempel ab.
Staatsanwalt: Erlauben Sie mal!
Angeklagter: Verzeihung, aber ich habe noch Fragen.
Richter: Muss das sein? Für meine Begriffe ist die Glaubwürdigkeit des Zeugen dadurch genügend erschüttert, dass seine Position für inkompatibel mit den Grundfesten unseres Rechtssystems hält...
Angeklagter: Ich denke, dass eine Fortsetzung der Befragung der Wahrheitsfindung dienlich wäre.
Richter: Sei's drum. Aber machen Sie es bitte kurz. Dies ist weder eine Theater noch ein Debattierclub.
Angeklagter: Die Welt, sagen Sie, Herr Heißl, bildet mit dem Subjekt eine Einheit, und nur aus dieser Einheit ergeben sich sinnvolle Deutungen von Vergangenheit, Person, Schuld etc. Bricht man Welt und Subjekt hingegen auseinander, vereinseitigen sich die Positionen und geraten ins Falsche - ist das in etwa Ihre Ansicht?
Heißl: So könnte man es knapp zusammenfassen, ja.
Angeklagter: Urteilen wir also über Vergangenheit und Schuld, so urteilen wir zugleich im und über dieses Welt-Eine?
Heißl: Sicher.
Angeklagter: Sie hatten aber eingangs erklärt, die Sicherheit und der Vorzug ihrer Position kämen daher, dass Sie alles nur dann und insofern annehmen, als es sich im Bewußtsein zeigt?
Heißl: Allerdings.
Angeklagter: Das gilt demnach auch für das Welt-Eine selbst?
Heißl: (rutscht etwas unbehaglich auf seinem Stuhl herum) Ja....
Angeklagter: Damit wären die Vergangenheit und damit die Schuld aber doch durch einen, wenn auch etwas umfassenderen, Eingriff in das Bewußtsein des Täters zu ändern bzw. zu tilgen.
Heißl: Aber doch nur, wenn Sie allein auf der Welt wären! Das sind Sie aber nicht! "Dasein ist wesentlich Mitsein mit anderen"! In der Welt begegnen Ihnen andere Erkenntnissubjekte: Der Staatsanwalt, der Richter, die Zeugen. Was Sie die "objektive Welt" nennen, ist ein intersubjektives Konstrukt, in dem Sie Ihre Auffassung mit der der anderen koordinieren, ausgehend von der fundamentalen Einsicht, dass Sie genauso gut jemand anders sein könnten...
Staatsanwalt: Hä?
Angeklagter: Ich sehe nicht so recht, was das noch mit Ihren vorherigen Ausführungen zu tun hat. Wenn ich das als neue These auffasse, stellt sich mir unweigerlich die Frage, wie und woher Sie von diesen "anderen" wissen...
Richter: Nun reicht es. Ich werde den Rest des Tages nicht damit verbringen, wie Sie abwechselnd neue Ebenen einführen um dann das Wissen von diesen Ebenen durch Einführung einer neuen Ebene zu erklären. Herr Heißl, mit Verlaub, Sie scheinen so wenig wie wir Normalsterblichen zu wissen, ob die Henne oder das Ei zuerst da wahr. Ich danke Ihnen für Ihren Aufwand. Sie können den Zeugenstand verlassen.
Heißl: Aber... (Er schaut hilfesuchend durch den Saal. Schließlich findet sein Blick den Staatsanwalt. Als dieser demonstrativ zur Seite schaut, steht Heißl auf und verläßt mit empörtem Schnauben den Gerichtssaal)
Richter: Herr Staatsanwalt, haben Sie weitere Zeugen?
Staatsanwalt: Nein. Und ich habe auch nicht die Absicht, weitere zu suchen und dieses Schauspiel fortzusetzen.
Richter: Angeklagter, haben Sie noch jemand, den Sie in den Zeugenstand rufen möchten?
Angeklagter: Nein.
Richter: In diesem Fall schließe ich die Beweisaufnahme. Da über das Strafmaß im Fall erwiesener Schuld kein Dissenz zu bestehen scheint, ist die Verhandlung damit beendet. Herr Staatsanwalt, ich bitte um Ihr Schlußplädoyer.
Staatsanwalt: Danke, Euer Ehren. Meine Damen und Herren, hohes Gericht! Sie werden sich erinnern, dass ich diesen Fall eingangs zum zugleich bemerkenswertesten und leichtesten meiner Laufbahn erklärt habe. Diesen Eindruck finden wir nun bestätigt. Noch nie zuvor habe ich einen Angeklagten erlebt, der das Gericht mit derartigem Unfug so in Atem hält, dass man im Laufe zweier Verhandlungstage kein Stück voran kommt. Immerhin sein Motiv dürfte nach dem, was wir hier erleben mußten, klar sein: Großmanns- und Geltungssucht, die ihn, weit davon entfernt, seine Bluttat zu bereuhen, vielmehr dazu getrieben haben, mit immer neuen Spitzfindigkeiten das Gericht und die Zeugen dazu zu zwingen, seinen verqueren Gedanken zu folgen. Bemerkenswert ist dieser Fall allerdings, denn selten dürfte die Welt es erlebt haben, dass einer gestandene Juristen und erlesene Experten so zum Narren hält. Dabei ist seine Strategie die allerleichteste: Jedermann in Verlegenheit zu versetzen, indem er das Offensichtliche bestreitet - und dann darauf zu hoffen, dass Höflichkeit und Gründlichkeit seiner Opponenten sie an der einzigen angemessen Antwort hindern: Sehen wir doch hin! Sehen wir nämlich hin, so zeigt sich allerdings das Offensichtliche: Dass dieser Mann der Täter und somit ein Mörder ist. So schlicht sind die Fakten, und kein großkopferter Spitzfederich der Welt kann etwas daran ändern, dass dies der leichteste Fall ist, mit dem ich es je zu tun hatte. Wem es anders scheint, der mache sich von dem Gewäsch des Angeklagten frei und finde zu seinem natürlichen, geraden Verstand zurück. Ich ersuche das hohe Gericht im Besonderen, dies zu tun und sein Urteil im Sinne aller billig und gerecht Denkenden zu fällen. Hohes Gericht! Ich sage es ganz offen: Dieser Prozeß war eine Farce! Sorgen Sie dafür, dass wenigstens das Urteil keine ist: Schicken Sie diesen Irren dahin, wohin er als Mörder gehört. Und berücksichtigen Sie dabei seinen völligen Mangel an Bedauern, seine Weigerung, sich der Tat zu stellen und die Kaltschnäutzigkeit, mit der er sich seiner Verantwortung durch Wortklaubereien zu entziehen versucht. Ich beantrage eine lebenslängliche Haftstrafe. Zusätzlich stelle ich dringend anheim, die Möglichkeit einer anschließenden Sicherheitsverwahrung zu prüfen.
Richter: Das letzte Wort hat der Angeklagte.
Angeklagter: Danke, Herr Richter. Es wird Sie freuen, dass ich gedenke, mich kurz zu fassen. Es ist, wie ich meine, alles wesentliche gesagt. Die Frage, über die Sie nun zu entscheiden haben, ist keine geringere als die, als was der Mensch sich künftig gelten soll. Da der Herr Staatsanwalt das Thema angesprochen hat, möchte ich daher an letzter Stelle den Täter sprechen lassen und seine Motive darlegen, die ich, seien es nun die meinen oder nicht, kenne und ausdrücklich billige. Wenn die Verhandlung eines gezeigt hat, dann dies: Das Recht ist auf die Einführung der neuen Technik nicht eingerichtet. Die Trennung von körperlicher und personaler Identität überfordert unser Selbst- und Weltbild, unser Denken, unsere Kultur. Es ist nicht klar, ob mit ihr überhaupt noch eine Menschheit möglich ist. Die neue Technik untergräbt die Wurzeln unseres Selbstbewußtseins. Wenn sich, wie allgemein angenommen, der Mensch durch sein Selbtbewußtsein auszeichnet, könnte sie mit Konzept der Identität die Menschheit selbst zerstören. Es war der Sinn der Tat, auf diese Gefahr hinzuweisen. Ich bitte Sie daher im Namen des Täters darum, dies zu beachten: Ihre Entscheidung könnte eine Entscheidung über das Schicksal der Menschheit sein.
3. Szene
(Der Richter sitzt allein auf einem Stuhl in einem Büro, vor ihm ein Schreibtisch. Den Kopf auf die Hände gestützt sitzt er da und grübelt. Nach einer Weile kommt eine maskierte, in eine rote Kutte gehüllte Gestalt herein und stellt sich vor den Schreibtisch. Mit einigem Abstand folgen eine zweite, dritte, vierte und fünfte. Die Gestalten stehen eine Weile schweigend vor dem grübelnden Richter, dabei stehen drei von ihnen direkt am Schreibtisch, zwei versetzt dahinter. Die beiden hinten stehenden Gestalten sehen einander kurz an und beginnen dann, die vorderen drei zur Seite zu schieben. Nach einigem Gerangel gelingt es ihnen, die anderen drei an den Rand zu drängen. In dieser Konstellation verharren alle eine Weile. Dann versuchen die beiden, einander zu verdrängen. Schließlich wird eine der beiden zu den drei Gestalten am Rand geschoben. Es bleibt eine einzige Gestalt vor dem Schreibtisch stehen. Nach einigen Augenblicken beginnt sie, sich ratlos umzusehen. Schließlich begibt sie sich zu den übrigen vier. Die fünf Gestalten sehen einander eine Weile an. Dann stellen sie sich im Kreis um den Richter auf.)
1. Gestalt: Sie müssen ein Urteil fällen, hohes Gericht.
Richter: Wie denn? Ich weiß ja nicht, was ich tun soll!
2. Gestalt: Sie sind Richter. Ihre Aufgabe ist es nicht, zu wissen. Ihre Aufgabe ist es, zu entscheiden.
Richter: Aber die Frage ist doch nicht, ob eine Tat so oder so zu werten ist, sondern die, ob der Angeklagte überhaupt der Täter ist!
3. Gestalt: Na und?
Richter: Das ist doch keine Frage der Entscheidung!
4. Gestalt: Warum nicht?
5. Gestalt: Was denn sonst?
Richter: Wie könnte es?
3. Gestalt: Wie könnte es nicht? Nachdem all das gelehrte Gerede sich in Luft aufgelöst hat, bleibt zum Schluß doch überhaupt nur eine Möglichkeit!
2. Gestalt: Ganz richtig: Wenn Identität ein sinnvoller Begriff ist...
1. Gestalt: ... aber jeder Versuch, sie als Faktum zu fassen, scheitert...
4. Gestalt: ...folgt logisch, dass das Vermögen, das diesen Begriff bildet, eben nicht die Erkenntnis ist, also das beschreibende Vermögen...
5. Gestalt: ...sondern ein vorschreibendes Vermögen, kurz:
(Alle gemeinsam): Der Wille!
Richter: Es soll eine Frage des Willens sein, wer einer ist?
1. Gestalt: Natürlich. Etwas anderes bleibt wohl kaum, nachdem die Wissenschaft, der liebe Gott und die Weisheit sich die Zähne ausgebissen haben.
2. Gestalt: Identität ist ein fundamentales Konzept. Wahrhaft fundamentale Konzepte sind nie theoretisch...
3. Gestalt: Weil es Konzepte von faktischen, nicht von theoretischen Wesen sind.
5. Gestalt: Die Welt ist schwierig, und die Menschen müssen darin handeln. Ihre Grundbestimmung ist das Wollen, nicht das Denken. Das Verstehen ist nur ein Organ des Handelns.
4. Gestalt: Grundform des Verstehens ist das Gleichsetzen, das Identifizieren. Es bringt den chaotischen Strom des immer neuen in eine Ordnung, bildet Begriffe, durch die Verstehen erst einen Sinn erhält.
2. Gestalt: Was also setzt man gleich? Was gleich ist in der einen, wahren, von Gott gegebenen Ordnung der Dinge?
1. Gestalt: Wohl kaum. Selbst wenn es so etwas geben sollte, woher sollte das Organ des Willens davon wissen?
Vielmehr...
3. Gestalt: ...bündelt es, wo bündeln nützlich ist. Nützlich nämlich für die Durchsetzung des Willens. Kurz:
4. Gestalt: Gleich ist, was als gleich anzusehen nützlich ist. Schärfer gesagt:
(Alle gemeinsam): Gleich ist, was als gleich anzusehen der Durchsetzung dient.
Richter: Mir schwirrt der Kopf! Pepen hat den Boden schwanken lassen, ihr aber löst ihn auf! Und das soll mir bei der Entscheidung helfen?
(Alle gemeinsam): Allerdings!
1. Gestalt: Ein kurzer Gedanke sollte es jetzt sonnenklar machen, was hier zu tun ist.
2. Gestalt: Durch die Idee der Identität organisiert sich der Wille. Ihrem eigenen Sinn nach ist sie also so zu setzen, dass sie der Durchsetzung dient.
3. Gestalt: Das Ziel der Machtsteigerung...
4. Gestalt: Wie ihr das so nennt...
1. Gestalt: Entwicklung!
2. Gestalt: Fortschritt!
3. Gestalt: Wettbewerb!
4. Gestalt: Mobilität!
5. Gestalt: Effizienz!
(Alle gemeinsam): ...wird durch diese neue Technik in hervorragendem Maß gefördert.
4. Gestalt: Es kann kein Zweifel daran bestehen, dass jede Gruppe, die sie einzusetzen bereit ist, gegenüber jeder anderen, die sie meidet, einen unschätzbaren Vorsprung hat.
3. Gestalt: Organisatorisch, wirtschaftlich, militärisch - sie wird in jeder Hinsicht überlegen sein.
5. Gestalt: Die Vorstellung, man käme durch diese Art des Reisens zu Tode und würde lediglich durch eine Kopie ersetzt, wird zu Vorbehalten führen. Eine Kultur, die diese Sicht pflegt, wird im Einsatz dieser Technik zurückhaltend sein, gar Mittel suchen, ihre Verbreitung aufzuhalten...
1. Gestalt: Bürgerrechtler!
2. Gestalt: Gewerkschaften!
3. Gestalt: Ethikräte!
5. Gestalt: Ihrem einzig wahren Sinn nach kann die Frage nach der Identität also nur auf eine Art beantwortet werden: Selbstverständlich bleibt sie beim Teleportationsvorgang erhalten. Selbstverständlich ist also der Angeklagte der Täter und damit...
(Alle gemeinsam): Schuldig!
2. Gestalt: Tun Sie also einfach, was getan werden wird. Sie können die Geschichte ohnehin nicht ändern.
4. Gestalt: Kann das Instrument den Musiker spielen?
5. Gestalt: Kann die Spielfigur den Spieler ziehen?
1. Gestalt: Die Geschichte hat ihr Urteil längst gefällt. Sie können ihr nur folgen oder zusehen, wie es ein anderer tut.
3. Gestalt: Nichts, was Sie sagen oder tun, ist von Belang.
Richter: Es ist meine Entscheidung, meine Verantwortung!
(Alle gemeinsam): Das gibt es alles nichts mehr, wovon Sie da reden!
2. Gestalt: Schon lange nicht mehr!
1. Gestalt: Falls es das je gab!
2. Gestalt: Weiß das einer?
4. Gestalt: Wen schert's?
3. Gestalt: Keine Zeit, die das noch kennt, hätte diese Maschine je erfinden können.
5. Gestalt: Ganz Recht! Sie ist ein Zeichen, nicht der Grund.
1. Gestalt: Gäbe es eine andere Antwort als unsere, hätten Sie sie im Prozeß sicherlich gehört.
Richter: Aber so einfach wird es nicht sein. Die Menschen müssen etwas meinen, wenn sie "ich" und "du" sagen. Und wenn sie nach der Bedeutung fragen, werden sie zweifeln.
1. Gestalt: Sie fragen aber nicht.
2. Gestalt: Das ist nicht ihre Art.
3. Gestalt: Sie fragen bestenfalls, wo es ihnen paßt. Und die Möglichkeit, sich nahezu ohne Zeitverlust an jeden Ort der Welt versetzen zu können, wird ihnen mehr wert sein als fruchtlose Spekulationen.
Richter: Es geht hier immerhin darum, ob wir im Begriff sind, massenhaften Mord zum alltäglichen Transportmittel zu machen. Es geht darum, was die Menschheit ist und ob sie mit einer solchen Technik zusammen geistig existieren kann. Natürlich fragen die Menschen! Die Verhandlung war voll von Fragen!
4. Gestalt: Ein paar verkorkste Ausnahmemenschen.
5. Gestalt: Den Typus gab es schon immer. Erreicht hat er noch nie etwas.
Richter: Spätestens jetzt hat ihr Wort die Welt erreicht. Der Saal war voll von Journalisten.
3. Gestalt: Und wer wird auf sie hören, wenn Ihr Urteil gefallen ist? Pepen ist ein verurteilter Mörder.
2. Gestalt: Dr. Tecne sitzt vermutlich schon im Irrenhaus.
1. Gestalt: Und auf Philosophen hört doch ohnehin kein Mensch.
4. Gestalt: Selbst wenn ein paar Querulanten sich erheben...
5. Gestalt: ...werden sie unsere Stimme werden nicht lange übertönen.
(Alle gemeinsam): Unser Spruch ist der Spruch der Macht. Unser Spruch ist der einzige, der zählt. Widerstand ist zwecklos. Wir sind die Herren der dieser Welt.
(Einer nach dem anderen gehen sie am Richter vorbei und verlassen den Raum. Der Richter bleibt allein zusammengesunken am Schreibtisch zurück. Die letzte Gestalt stößt im Vorbeigehen die Tür zum Gerichtssaal auf. Während sie verschwindet, hört man von draußen eine Stimme: "Meine Damen und Herren, ich bitte Sie, sich zur Urteilsverkündung zu erheben!")
Identität
Hallo Nera, hallo Gabriella,
nach dem Vorbild eines Chors hatte ich mir die Gestalten auch gedacht. Dass sie gesichtslos sind und sich die Äußerungen so aufteilen, dass man niemand einzelnen von ihnen ansprechen und zur Rede stellen kann, hatte ich auch so gemeint, wie Gabriella es aufgefaßt hat.
Ich vermute mal, dass Nifl einen "moralischen" Zeigefinger meinte, bei dem der Autor keine Fragen mehr aufwirft oder Antworten anbietet, sondern sich anmaßt, das Publikum qua Autorität zu belehren. So etwas könnte man z.B. an Stellen wie "Sie fragen aber nicht. Das ist nicht ihre Art." herauslesen, und darauf soll der Fokus hier wirklich nicht liegen. Ich werde mich noch ein wenig dazu umhören und dann sehen, was ich daran tue.
Liebe Grüße
Merlin
nach dem Vorbild eines Chors hatte ich mir die Gestalten auch gedacht. Dass sie gesichtslos sind und sich die Äußerungen so aufteilen, dass man niemand einzelnen von ihnen ansprechen und zur Rede stellen kann, hatte ich auch so gemeint, wie Gabriella es aufgefaßt hat.
Ich vermute mal, dass Nifl einen "moralischen" Zeigefinger meinte, bei dem der Autor keine Fragen mehr aufwirft oder Antworten anbietet, sondern sich anmaßt, das Publikum qua Autorität zu belehren. So etwas könnte man z.B. an Stellen wie "Sie fragen aber nicht. Das ist nicht ihre Art." herauslesen, und darauf soll der Fokus hier wirklich nicht liegen. Ich werde mich noch ein wenig dazu umhören und dann sehen, was ich daran tue.
Liebe Grüße
Merlin
vielleicht ganz interessant:
http://de.wikipedia.org/wiki/Chor_%28Theater%29
http://de.wikipedia.org/wiki/Chor_%28Theater%29
nein, ich meine nicht den moralischen Zeigefinger, sondern den Zeitgeist des heutigen Theaters -jedenfalls in Heidelberg in den Jahren in denen ich ein Theaterabo hatte- du hast das hier ja auch nicht überreizt, ich habe Stücke gesehen, in denen wurde kein Wort gesprochen, oder welche da war ich froh, nicht in der ersten Reihe zu sitzen, weil die Spucke nur so flog usw. aber auch subtiler, Szenen hinter einer Folie, oder Videoeinspielungen oder oder oder, worauf ich allergisch geworden bin, sind die Szenen, die nur daraufhin angelegt sind, die Ebene zu wechseln, dann holen sie den Holzhammer raus, damit es auch ja jeder merkt, hui das war Gesellschaftskritik! Ich mag es- wie bei Texten auch- wenn es aus sich heraus geschieht und nicht aufgesetzt wird. Insofern meinte ich nicht den Moralzeiger, sondern das bemühte Herausstellen. Und gerade in deinem Stück, das ja über lange Strecken nicht zu diesen Mitteln greift, exponiert sich dieses abstrakte Bild besonders.
Es ist doch dumm, wenn ich die Gegenpartei auf Ideen bringe, auf die sie selbst vielleicht gar nicht gekommen wären? Und für die ich obendrein nichts Entkräftendes in Petto habe? Und prompt beginnt der Richter zu zweifeln...
Gruß
Es ist ja der Staatsanwalt, der hier (polemisch) darauf aufmerksam machen möchte, in was für Probleme es führt, die Zweifel des Angeklagten ernst zu nehmen. Warum ist das eine "strategische Dummheit"?
Es ist doch dumm, wenn ich die Gegenpartei auf Ideen bringe, auf die sie selbst vielleicht gar nicht gekommen wären? Und für die ich obendrein nichts Entkräftendes in Petto habe? Und prompt beginnt der Richter zu zweifeln...
Gruß
"Das bin ich. Ich bin Polygonum Polymorphum" (Wolfgang Oehme)
Hallo Nifl!
Naja, der Staatsanwalt ist so angelegt, dass er zwar der Debatte folgt, aber letztlich alles vom Alltagsdenken her anschaut und beurteilt. In seinem Plädoyer greift er ja auch wieder auf die "Offensichtlichkeit" der Schuld des Angeklagten zurück. Er findet die These, die er da einführt, einfach albern und erwartet damit die Zustimmung des Richters. Wenn in einer echten Gerichtsverhandlung jemand mit der Behauptung käme, er sei seit gestern jemand anders geworden, nähme man ihn ja auch nicht ernst.
Wenn das derzeit ein Stolperstein ist, muss ich ggf. den Typus des Staatsanwaltes vorher stärker betonen. Mal sehen.
Viele Grüße
Merlin
Es ist doch dumm, wenn ich die Gegenpartei auf Ideen bringe, auf die sie selbst vielleicht gar nicht gekommen wären? Und für die ich obendrein nichts Entkräftendes in Petto habe? Und prompt beginnt der Richter zu zweifeln...
Naja, der Staatsanwalt ist so angelegt, dass er zwar der Debatte folgt, aber letztlich alles vom Alltagsdenken her anschaut und beurteilt. In seinem Plädoyer greift er ja auch wieder auf die "Offensichtlichkeit" der Schuld des Angeklagten zurück. Er findet die These, die er da einführt, einfach albern und erwartet damit die Zustimmung des Richters. Wenn in einer echten Gerichtsverhandlung jemand mit der Behauptung käme, er sei seit gestern jemand anders geworden, nähme man ihn ja auch nicht ernst.
Wenn das derzeit ein Stolperstein ist, muss ich ggf. den Typus des Staatsanwaltes vorher stärker betonen. Mal sehen.
Viele Grüße
Merlin
Lieber Merlin,
ich habe mit großem Interesse deinen Text gelesen und gratuliere nachträglich zumText des Monats!!
Ich hätte ein paar Fragen an dich, weil mich die philosophischen Hintergründe sehr interessieren, über die ich als Naturwissenschaftler wenig weiß. Wir können das auch gerne privat diskutieren, falls es sich zu weit weg von öffentlichen Interesse bewegt.
Fangen wir mit den Namen an: haben die eine Bedeutung?
Frau Dr.Tecne ist klar.
Herr Professor Canva alias Kann-Was?
Und Der Gutachter Prof. Heißl: erinnert mich etwas an Husserls Phänomenologie,wenn das an sich nicht erkennbare Ding sich gibt.
Aber Pepen?? Grübel.
LG Carl
ich habe mit großem Interesse deinen Text gelesen und gratuliere nachträglich zumText des Monats!!
Ich hätte ein paar Fragen an dich, weil mich die philosophischen Hintergründe sehr interessieren, über die ich als Naturwissenschaftler wenig weiß. Wir können das auch gerne privat diskutieren, falls es sich zu weit weg von öffentlichen Interesse bewegt.
Fangen wir mit den Namen an: haben die eine Bedeutung?
Frau Dr.Tecne ist klar.
Herr Professor Canva alias Kann-Was?
Und Der Gutachter Prof. Heißl: erinnert mich etwas an Husserls Phänomenologie,wenn das an sich nicht erkennbare Ding sich gibt.
Aber Pepen?? Grübel.
LG Carl
Hallo Carl!
Danke für den Glückwunsch .
Du kannst mir gerne eine PM schreiben, wenn du etwas wissen möchtest. Die Namen hast du im wesentlichen richtig decodiert: "Heißl" ist eine Mischung aus "Husserl" und "Heidegger" und vertritt auch eine Position, die (grob) sich allmählich vom einen "Wir lassen das Ding nur soweit gelten, als es erkennbar ist" zum anderen "Jeder Sinn fundiert in einer lebensweltlichen Bedeutung" wandelt. "Pepen" hatte, soweit ich mich erinnere, nichts weiter zu bedeuten: Mir fallen einfach nie Namen ein, deswegen nehme ich, was ich gerade finde. In einer späteren Version wird er evtl. auch anders heißen.
Liebe Grüße
Merlin
Danke für den Glückwunsch .
Du kannst mir gerne eine PM schreiben, wenn du etwas wissen möchtest. Die Namen hast du im wesentlichen richtig decodiert: "Heißl" ist eine Mischung aus "Husserl" und "Heidegger" und vertritt auch eine Position, die (grob) sich allmählich vom einen "Wir lassen das Ding nur soweit gelten, als es erkennbar ist" zum anderen "Jeder Sinn fundiert in einer lebensweltlichen Bedeutung" wandelt. "Pepen" hatte, soweit ich mich erinnere, nichts weiter zu bedeuten: Mir fallen einfach nie Namen ein, deswegen nehme ich, was ich gerade finde. In einer späteren Version wird er evtl. auch anders heißen.
Liebe Grüße
Merlin
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