Phänomenal

Bereich für Erzähl- und Sachprosa, also etwa Kurzgeschichten, Erzählungen, Romankapitel, Essays, Kritiken, Artikel, Glossen, Kolumnen, Satiren, Phantastisches oder Fabeln
Kurt
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Beitragvon Kurt » 24.03.2013, 08:11

Karin Busulzke traf mindestens 70 % Schuld, dass jene mysteriöse Erkrankung sich in mir einzunisten vermochte und hartnäckig den Anker warf. Die restlichen Prozent mögen aus meiner dispositionierten Empfänglichkeit resultiert haben.

Karin, eine Arbeitskollegin, hatte nach unserer Betriebsfeier, und nachdem ein paar Tage später einige Herren heimlich über Juckreiz im Genitalbereich geklagt hatten, die Diagnose Scheidenpilz verbreitet, dessen Überträgerin unsere nymphomanisch veranlagte Büroschnirkse Ingrid Stegmüller gewesen sein sollte.

Karin Busulzkes geradezu dichterische Begabung zu Beschreiben, wirkte derart überzeugend auf mich, dass ich fortan unter einem unerträglichem Juckreiz litt. Doch die Symptome entbehrten einer physischen Grundlage, denn zum einen hatte ich nicht mit Ingrid Stegmüller gepoppt, obwohl sie es gerne gehabt hätte, zum anderen war mein bestes Stück bar jeglicher Parasiten und Pilze.

Mein Hausarzt schickte mich zu einem Neurologen und Psychiater, der mir nach einem halben Jahr vergeblicher Therapie riet:
„Versuchen Sie es meinetwegen mit Naturheilverfahren oder Homöopathie. Aber bitte kommen Sie nicht mehr wieder.“

Der Homöopath erhoffte sich sogar eine Heilungschance, gab mir ein Mischpräparat in einer höheren Potenz, in der wohl kaum noch ein Molekül des Ausgangsstoffs enthalten war. Durch ein zehnmaliges Schütteln bei der Herstellung solle sich eine Art energetische Information ausbilden, die sich auf den Erkrankten positiv übertrage.

Ich glaubte nicht an die Wirksamkeit, und so war ein Placeboeffekt ausgeschlossen. Der Spezialist beteuerte, viele Erfolge erzielt zu haben, und ich redete mir schließlich ein, wenn ein wissenschaftlicher Beweis fehle, so läge es vielleicht an der Wissenschaft. Außerdem blieb mir nur dieser Strohhalm zum Anklammern.

Ich bekam sogar gratis ein Etui, worin ein Homöopathiepatient, der etwas auf sich hält, wohlbehütet seine Medizinfläschchen mit sich führt.

Nach der zweiten Einnahme des Medikaments, und nachdem mein Phantomjucken sich unbeeindruckt davon verhielt, zog ich das Etui mit dem Fläschchen aus meiner Brusttasche und warf es an die Wand, suchte erneut den Homöopathen auf.
„Diese Mittel entfalten erst über eine längere Zeit der Aufnahme ihre Wirkung“, erklärte er.

Ich schluckte also weiterhin die Flüssigkeit, schmiss, frustriert über ein Ausbleiben einer Heilung, wiederum das Etui samt Fläschchen an die Wand.

Jene Aussichtslosigkeit, meiner Hysterie beizukommen, ließ mich mit der Zeit gleichgültig werden. Ich vergaß ganz einfach meinen Phantompilz und meine Wunden heilten. Zudem besann ich mich darauf, ein Mann zu sein.

Drei Wochen danach suchte mich der Doktor auf. Er gebärdete sich aufgeregt.
„Es ist mir äußerst peinlich, Ihnen mitteilen zu müssen, dass ich Ihnen ein Präparat ausgehändigt habe, welches nicht geschüttelt wurde. Wir stellen die Medikamente selber her und meine Praktikantin hatte es vergessen.“
„Herr Doktor, und ich muss Ihnen gestehen, ich habe das Fläschchen mit der Substanz einige Male an die Wand geworfen, und etwa nach dem vierten Mal ging mein Juckreiz weg.“
„Das beweist mal wieder, wie wichtig das Schütteln ist.“
„Und ich hatte schon gedacht, Herr Doktor, es würde daran gelegen haben, dass Männer gar keinen Scheidenpilz kriegen könnten, so ohne Scheide.“
Zuletzt geändert von Kurt am 13.05.2013, 12:19, insgesamt 5-mal geändert.
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allerleirauh
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Beitragvon allerleirauh » 24.03.2013, 12:30

Unappetitliches Thema, unappetitlicher Text, verkorkste,übers Knie (!!!) gebrochene Pointe.
Guckst du z.B. hier: http://www.geschlechtskrankheiten.de/pi ... ion-penis/

a.

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Zefira
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Beitragvon Zefira » 24.03.2013, 12:56

Wieso ausgerechnet Mephitis putorius?
Das wird bei Atemwegssymptomen angewendet.
Ist da eine Pointe versteckt, die ich nicht erkenne?

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Kurt
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Beitragvon Kurt » 25.03.2013, 22:09

allerleihrauh, was willste, eine geradlinig resultierende Pointe? Ich habe es lieber überraschend, wenn am Ende keine eindeutige Position sichtbar wird. So wird auch der Leser nicht so schnell aus dem Text entlassen. Und is doch nicht unappetietlich, keine beschreibenden Details und der Protagonist bildet es sich ja nur ein.

Zefira, ich hatte von unterwegs gepostet, da musste erst mal dies herhalten als Platzhalter.
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RäuberKneißl

Beitragvon RäuberKneißl » 27.03.2013, 22:27

... schade, dass der Faden über dem männlichen Scheidenpilz so schnell zäh wird ....
Für einen Herrenwitz ist 75-80% 'Richtigkeit' der Pointe doch eine gute Quote, allerleihrauh?
Grüße
Franz

Kurt
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Beitragvon Kurt » 28.03.2013, 00:08

Für einen Witz hätte ja gereicht:


Ich nahm also weiterhin die Flüssigkeit, schmiss, frustriert über ein Ausbleiben einer Heilung, erneut die Flasche an die Wand. Diese Aussichtslosigkeit, meinem Juckreiz beizukommen, ließ mich mit der Zeit gleichgültig werden, heilte meine Wunden. Ich vergaß ganz einfach mich zu kratzen.

Drei Wochen danach suchte mich der Doktor auf. Er gebärdete sich aufgeregt.
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„Herr Doktor, und ich muss Ihnen gestehen, ich habe das Fläschchen mit der Substanz einige Male an die Wand geworfen, und etwa nach dem vierten Mal ging mein Juckreiz weg.“
Der Arzt schaute ernst drein.
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Beitragvon allerleirauh » 28.03.2013, 08:15

franz, wenn der text ein "herrenwitz" (was für ein wort...) ist, dann nehme ich meine kritik, die pointe betreffend, zurück.
ich war davon ausgegangen, dass ich es mit einem kurzgeschichtchen o.ä. zu tun habe.

frohe ostern!

a.

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Amanita
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Beitragvon Amanita » 28.03.2013, 09:37

Wie auch immer: es müsste alles viel kürzer werden. Ich empfinde hier viel Geschwafel und damit Unentschiedenheit, wohin es denn gehen soll. Allerleirauhs "Missverständnis" zeigt das ja auch deutlich.

Kurt
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Beitragvon Kurt » 28.03.2013, 12:09

Klar, man kann ganz einfache Sätze wählen, versuchen mehr in Dialog aufzulösen; man kann aber auch Schwafeln. Da muss man sich entscheiden für einen Stil. Kann natürlich sein, wenn ich den Text nach einem Jahr vorkrame, ihn lese, dass ich an eure mahnenden Worte denke. Aber dann, wenn ichs ändere, geschieht es aus eigener Einsicht. Momentan bleibe ich dabei. Danke euch allen.

Kurt
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Beitragvon Amanita » 28.03.2013, 12:20

Nein, ich meinte nicht einfache Sätze. Mich stört hier die kritische Abrechnung mit der Homöpathie, die wird zur Predigt mit viel zu vielen Erklärungen. Wenn etwas witzig werden soll, musst Du beim Leser mehr voraussetzen.

Was ich ganz gut finde: Diese verschiedenen Placebo- bzw. Einbildungs-Ebenen. Daraus könnte man m. E. viel mehr machen.

Kurt
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Beitragvon Kurt » 28.03.2013, 12:27

Ja, ja, das kommt vielleicht alles nach einem Jahr Abstand. Mal schauen.

Frohe Ostereier
Kurtchen
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