Lyrischer Dialog

[Nifl]

Liebe Schreibfanatiker,

ich möchte hier in diesem vitalen Forum einen "lyrischen Dialog" beginnen. Lyrische Dialoge sind kooperatives Schreiben, Gedichte, die (auf-)einander aufbauen. Das können inhaltliche Bezüge sein, oder es werden Worte des "Vorschreibers" aufgegriffen, oder man übernimmt einfach nur die Stimmung.
Hierdurch entstehen unkommentierte Gedichtfolgen. Die Form bleibt dem Autoren überlassen (zB. ob gereimt oder ungereimt ...)
Würde mich über rege Beteiligung freuen!

[ecb]

schnitt


mich zog es schon immer
nach den fremden gebieten;
man kennt das zum beispiel
aus der wilderei

ungelitten
habe ich gelitten

mich zog es schon immer
nach der wilderei;
man kennt das zum beispiel
aus den fremden gebieten

[Mucki]

blanke wut
blinde raserei

mein ventil

wilderte über
ihre grenzen

bis sie mich
endlich losließen

meine freiheit
genoss ich nicht

die zäune
das zerschmettern
das berstende knacken
fehlte

[pjesma]

mit fließendem übergang
bläut mich die dämmerung
blau im blau
stehe ich
unsichtbar
ein vogel
wirft das gezwitscher
in die stille hinein
ein ruheumzingeltes
ornament
für die nacht

[ecb]

es gab keinen weg
darauf kamst du heran
dunkelaugenreh

es gab keinen weg
und doch kamst du an

[pjesma]

dreifaltigkeitskraut
befragen
soll ich
die danksagung
an die kybele
ausrichten
ein mädchenauge
auf die oberlippe
auf die unterlippe
auf der zunge
zergehen lassen
die stiefsprache
der liebe
grasen soll ich
bleich
neu
erschaffen

[Mucki]

grasen möcht ich
ganz friedlich
auf vertrauter wiese
karg und zerrupft
mag sie sein
doch nur hier
bleib ich
bei mir

[pjesma]

zu spät
es ist schon geschehen
viele frühlinge sind es her
seit sich ihr lächeln
im lila offenbart
schneemänner sind sie geworden
geflügelte wesen im tanz
und schattenspiele zwischen den bäumen im wald
trockene eiterabdrücke am narbenverband
sind sie
und horche ich den stimmumrissen
aus blutroten schmetterlingswangen
höre ich bloß
aus dottermarginen
ein
vertrautes
ausbleiben

[Eule]

Treibgut


Neulich kam eine Wolke
an den Blumen vorbei und
platzte auseinander

sie trieben übers Feld
dann fiel kurz Hagel

nahm die einzelnen Stücke
Frühling mit ins Tal

vorbei an der Blaskapelle
und den Hotelparkplätzen

[Amanita]

salzbewaldet gerissen
rostig zersprödet
nutzlos gestückt
lustig verbacken

treibgut aus meinem
gedankenmeer

[Jelena]

Sommerloch

Das Silber der Meere
hier ein Topf
in den der Regen fällt

Wer findet den Lehm?

[Gerda]

Für I. B.

… du machst mir lust zu schreiben und angst
davor und beides ist gefecht und suche
nie werde ich erreichen mich meinem
anspruch anzugleichen es wird der kampf
nicht enden stets werde ich verlierer sein …

©GJ20130522

[pjesma]

weil du dich
nicht öffnest
sagte er
und sieht nicht:
ich bin eine schuhschachtel
hab mich den fluss runter
geschickt
völlig durchnässt
steh ich vor ihm
aus einem guss
verklebter karton
hab keinen deckel

[Mucki]

mein deckelchen
hab ich gefunden und es hält
was es mir versprochen hat
doch manchmal hebt es vom
vom boden ab und ich
muss es festhalten so
dass ich zum deckel werde

[nera]

jetzt
in den tagen der gebeugten sätze
der schachtelwörter
verliere ich mich
in schriftfarben bildern
schreibe mich klein in die spiegel
um mich zu verkennen
maulwurfzeichen höhlenkalligraphie
klebe meine tags zu namen
die niemand sieht