Lyrischer Dialog

Hier ist Raum für gemeinsame unkommentierte Textfolgen
Nifl
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Beitragvon Nifl » 11.08.2006, 17:59

Liebe Schreibfanatiker,

ich möchte hier in diesem vitalen Forum einen "lyrischen Dialog" beginnen. Lyrische Dialoge sind kooperatives Schreiben, Gedichte, die (auf-)einander aufbauen. Das können inhaltliche Bezüge sein, oder es werden Worte des "Vorschreibers" aufgegriffen, oder man übernimmt einfach nur die Stimmung.
Hierdurch entstehen unkommentierte Gedichtfolgen. Die Form bleibt dem Autoren überlassen (zB. ob gereimt oder ungereimt ...)
Würde mich über rege Beteiligung freuen!

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Zuletzt geändert von Nifl am 30.08.2006, 19:10, insgesamt 2-mal geändert.

ecb

Beitragvon ecb » 28.05.2013, 21:52

man muß das sacken lassen
im sitzen laufen
im wege sein
begegnungen, unbegreiflich groß
und allein
wie die krähe
die ans fenster pocht

sacken lassen, warten
im sinne aller
beteiligten
daß es endlich dunkel wird

Mucki
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Beitragvon Mucki » 28.05.2013, 23:01


sacken lasse ich mich
zur kleinen schnecke
doch mit dem panzer
einer schildkröte
auf das niemand
mich zertrete
dem ich im weg
den ich nun sehe

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Eule
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Beitragvon Eule » 31.05.2013, 13:53

Verkrustet ging ein
harter Regen übers
Trottoir jedes

Jahr ließen die
Reifen ihre Spuren
Zwischen den Zehen

ist noch Platz für
morgen
Zuletzt geändert von Eule am 01.06.2013, 23:43, insgesamt 1-mal geändert.
Ein Klang zum Sprachspiel.

Gerda

Beitragvon Gerda » 01.06.2013, 00:59

... nicht zu konservieren, der
kostbare moment des da seins
zeitlos unwiderbringlich. verfügbar
in der erinnerung jedoch nicht auf
lange dauer auszudehnen im jetzt.

©GJ2013

Mucki
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Beitragvon Mucki » 01.06.2013, 22:00


unvermittelt erhielt
ich babybilder von mir
aus einer zeit die es
für mich nicht gab
schwarz-weiß konserviertes
lachen eines fröhlichen babies
wie male ich mir die fotos
bunt in die gegenwart
in lebendige erinnerung
aus der vergangenheit

Gerda

Beitragvon Gerda » 01.06.2013, 22:11

das kind im Ich -

ihm verzeihen ist es doch
teil des erwachsenen selbst
nicht abgespalten sondern
aufgegangen im menschen
verstehen und verständnis
gleichermaßen ganzheitlich

©GJ20130301
Zuletzt geändert von Gerda am 02.06.2013, 08:06, insgesamt 1-mal geändert.

Niko

Beitragvon Niko » 02.06.2013, 00:12

darin liegt ja das dilemma:
ich verstehe das kind nicht
das kind versteht mich nicht

wenn wir uns verstünden
würde ich die welt nicht mehr verstehen
und wie sie so kreist
um nichts


.

Mucki
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Beitragvon Mucki » 02.06.2013, 19:26


grab der erinnerung

sind die ersten
sechs jahre ein einzig
schwarz für dich
ein grab der erinnerung
kannst du dich
nicht verstehen
dir verzeihen
du kennst dich nicht

einzig zum grab
das nirgendwo steht
in deinem kopf ruht
tief und verborgen

kannst du ja sagen
es nehmen wie es ist
doch dort wachsen
keine blumen
denen du wasser
schenken könntest

so zähle und erzähle ich
mein leben ab
meiner gedankengeburt
vom siebten jahr an

pjesma

Beitragvon pjesma » 02.06.2013, 20:31

wohlgefühl
wachte als erstes auf
nachgetrödelt kamen die gedanken
einer beinahe noch katze
die den wasserstrahl fangen will
immer und immer wieder
frustration und wohlbefinden
zwei seiten einer erinnerung
abgerufen
hießen sie später vielleicht auch
„nicht umziehen wollen“
aber in jenem moment
fühlte es sich gut an
da zu bleiben
wo es gut ist
im namenlosen zustand
der echter ist als ein wort
„ein wasserstrahl“
zum beispiel

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Amanita
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Beitragvon Amanita » 03.06.2013, 10:23

zwei seiten einer erinnerung abrufen –

neben der wuchtigen einsamkeit
das zarte stille
das auf der welt ruht
in deinen händen halten

Gerda

Beitragvon Gerda » 03.06.2013, 10:56

das drama
... begabten kindes*

wenn himmelsblau ergraut
erstarre ich in einsamkeit
und lethargie

sterbe innere tode in eisiger kälte
wenn nachtwind bäumen flüstert
erwache im zwielicht
geschwächt und zerschlagen
zur halbzeit des tages
wenn die lebensfarben schwinden
das grauen dunkelt und zum
sprung ansetzt

die suche nach worten
keine sprache findet
die gedanken namen geben könnte

aus furcht vor dem kind in mir
spiele ich angstvoll
leben

©GJ

*buchtitel von alice miller verwendet

ecb

Beitragvon ecb » 03.06.2013, 20:34

das große dunkel
voll von sternen –
nur davon möchte ich noch reden
von dem wind
der zu nichts gehört
dem hunger, von dem er
nachricht bringt
den wünschen
die er mit sich nimmt
meinem großen dunkel
voller sterne
manche von ihnen
unsichtbar –
nur davon möchte ich noch reden

Gerda

Beitragvon Gerda » 03.06.2013, 20:48

dem rummel verweigern
sollte ich mich dachte ich
schon oft aber es kommt stets anders
letztlich verweigert sich mir
rummel

Mucki
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Beitragvon Mucki » 04.06.2013, 17:44


wieder einsteigen
ins alltagsgetümmel
oder nicht
das ist die frage
gemütlich hab ich
es mir gemacht
mich eingenistet
weil ich es musste
weil ich es konnte
ich hab viele freiheiten
die ich genieße
doch die frage die
mich umtreibt
nächte lang werden
lässt mir keine ruh
einmal entschieden
gibt es kein zurück
in das nest
dessen zweige langsam
mürbe werden
vielleicht
weil ich mich längst
entschieden habe


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