Meine Angst

Bereich für Texte mit lyrischem Charakter: z.B. Liebeslyrik, Erzählgedichte, Kurzgedichte, Formgedichte, Experimentelle Lyrik sowie satirische, humorvolle und natürlich auch kritische Gedichte
Louisa

Beitragvon Louisa » 04.02.2006, 15:07

Meine Angst

-Die Zeit ist ein Papier
das fortweht
wenn man es zerreißen will-


Meine Venen
rote Lavafäden

Könnte ich sie niederlegen
Ein Teppich Dir aus Blut
Mit meinem jungen Leben
Nur Deines langzuweben.

In wachen Nächten
blühen sie luzernenblau-
Deine Sommerblicke...
die siebenhimmelweiten

Und sternzählige Verse
umflügeln Dich -ewiglich-
als wilde Pfauenaugen

Doch ich fürchte mich
vor neuen Morgengrauen
Es sind millionen Falter
unter Glas begraben

Wenn Deine Augen
niemehr
in meinen Blüten tragen-
Zuletzt geändert von Louisa am 14.02.2006, 14:46, insgesamt 7-mal geändert.

Max

Beitragvon Max » 06.02.2006, 19:16

Liebe Louisa,

mal wieder ein paar ganz eindrückliche Bilder von Dir, danke!

Die sternzähligen Verse sind einfach Klasse und die Millionen Falter unter Glas auch.
Mit den Luzernenblicken wusste ich leider nix anzufangen, Luzern kenne ich nur als Stadt in der Schweiz (*schluck*).
Beim lauten Lesen hatte ich ein wenig Schweirigkeiten, weil ich den Rhythmus nicht erspüren konnte - vielleicht weil sich Reim und Nichtreim so fröhlich abwechseln.

Liebe Grüße
max

Louisa

Beitragvon Louisa » 07.02.2006, 14:42

Hallo Max,
Danke, dass Du Dich mit meinem Gedicht aueinandergesetzt hast...(war schon wieder kurz davor es zu löschen...)

Also: Luzernen sind blaue Wiesenblumen.

Du schluckst beim Gedanken an schweizer Städte? Weshalb? Na, ich schlucke auch einfach mal.

Mit dem Rhythmus hast Du Recht...vielleicht kann ich das noch verbessern.

Danke und liebe Grüße, Louisa

Max

Beitragvon Max » 08.02.2006, 11:17

Liebe Louisa,

ich schlucke nicht generell bei Schweizer Städten - gelegentlich schlucke ich sowieso, das scheint, so habe ich herausgefunden, eine Art Reflex zu sein ;-) - nur weil mir Luzern ein wenig fremd im Gedicht vorkam. Nun hab eich wieder etwas gelernt, merci, wie der Schweizer sagt.
ich wäre auf jede Neufassung gespannt!

Liebe Grüße
max

Louisa

Beitragvon Louisa » 08.02.2006, 19:08

Ich habe es überarbeitet...

Ist es jetzt verhunzt oder veredelt?

LG, Louisa

g.

Beitragvon g. » 08.02.2006, 21:22

Wow.
Ganz, ganz, ganz toll find ich das.

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Lisa
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Beitragvon Lisa » 08.02.2006, 22:20

Liebe Louisa,
von Gedicht zu Gedicht so unglaublich starke Bilder...denke bloß nie daran, einfach ein Gedicht von dir zu löschen! Sie zählen mit zu den stärksten,die ich hier lese...

Die Sprache dieses Gedichts ist unglaublich. Inhaltlich muss ich es noch ein paar Mal lesen um mehr dazuzulesen, da die Sprache sehr dicht ist.

Kann man etwas dazu erzählen? Oder macht es das kaputt?

Maija

Beitragvon Maija » 09.02.2006, 10:14

Liebe Louisa,

Mir gefällt dein Gedicht wirklich gut. Deine dichte Bildersprache hebt deine Gefühle geradezu in die Höhe :thumbleft: Weiter so und Danke!

Gruß Maija

Louisa

Beitragvon Louisa » 09.02.2006, 15:46

Hallo liebe Dichter (-innen),

Vielen Dank...

Lisa, was meinst Du mit "etwas dazu erzählen" ?
Willst Du mir etwas erzählen? Nur zu!

Ich denke nicht, dass das etwas zerstören würde
und danke nochmals für die Kommentare.

LG, Louisa

Max

Beitragvon Max » 10.02.2006, 15:36

Liebe Louisa,

die Überarbeitung hat es keinesfalls verhunzt, die Bilder werden klarer, polierter un dgehen mir noch besser ein. Einzig (ich alter Nörgelonkel) würde ich über "mein ganzes Leben//(dem) deinem hinzugeben" nochmal nachdenken. Der Teil des Bildes scheint mir gebräuchlicher und fällt daher aus dem originellen Rahmen. was Du willst ist eher einen Weg bereiten (jedenfalls würde Teppich dazu passen) oder auch einen Weg bahnen, einen Brücke bauen - nur bin ich einfach zu doof darauf was zu reimen (ich habe nur eine einziges gereimtes Gedicht egschrieben und das ist gruselig schlecht), sonst würde ich einen Vorschlag machen.

Liebe Grüße
max

Louisa

Beitragvon Louisa » 10.02.2006, 18:06

Hallo,
Jetzt wurden die Zauber- zu Sommerblicken...mm...du hast sicher recht, Max, es ist gebräuchlich...aber eigentlich geht es mir wirklich darum mein Leben hinzugeben (siehe Zeitmetapher).

Ich muss noch einmal grübeln, was vielleicht dasselbe unkonventioneller aussprechen würde.

Danke nochmals und liebe Grüße, Louisa

Franktireur

Beitragvon Franktireur » 10.02.2006, 23:44

Wenn ich mir meine Kommentare von heute ins Gedächnis rufe, fällt mir auf, daß sie alle irgendwie "nörgelig" :cool: sind.

Ist der Ruf erst ruiniert, lebts sich völlig ungeniert, also riskiere ich es nun mal, zu diesem Gedicht etwas anderes zu sagen als ausschließliches Lob.

Formal, stilistisch, von der Sprachgewalt und der Dichte der Bilder mal abgesehen - denn daran gibts nix zu mäkeln, deuteln - habe ich mit der Kernaussage meine Probleme.

Es geht um Angst, es geht um vollkommene Hingabe. Voran steht der Satz vom Papier, das fortweht, bevor es zerrissen werden kann.

Also Angst davor, daß die Liebe schwindet (durch Verlassen, oder Tod, wie auch immer). Nein, nicht nur Angst, sondern Grauen vor diesem Moment, der ja mal kommen könnte.

Mein Problem damit ist: das eine schließt das andere aus!

Habe ich so viel Angst, bin ich in Wirklichkeit nicht mehr zu einer solchen Hingabe fähig. Und wenn ich wegen der Angst lieber stiften gehe, bevor eintreffen kann, was ich befürchte, erst recht nicht mehr.

Kurz: aus meiner Sicht krachts im Gefüge. Die Sprachgewalt mag im ersten Moment darüber hinwegtäuschen, sie plättet mich sozusagen. Doch wenn ich dem Gedicht auf den Grund gehe, treten diese Widersprüche in mir auf und lassen mir keine Ruhe mehr.

Sehe ich das als einziger so?

Meiner Ansicht nach könnte es nur funktionieren, wenn die Gebrochenheit da wäre (das Grundkonzept des Gedichts läßt das aber eben nicht zu).

Hier sitz ich nun und kann nicht anders...

Gruß

Louisa

Beitragvon Louisa » 11.02.2006, 18:23

Hallo Franktireur,
Danke für deine intensive Beschäftigung.

Ja, es handelt vom Tod. Die Angst, eine wirklich geliebte Person könnte sterben.
Deshalb der verzweifelte Wunsch, man könnte sein eigenes Leben wie einen Teppich ausrollen, es schenken, um den Tod abzuwenden.

Deshalb auch die ausweglose, hasserfüllte Sicht auf die Zeit, die man selbst nicht einholen oder lenken kann.

Natürlich ist es ein Paradoxon sein Leben zu verschenken, mal abgesehen von Spendeorganen, aber ich dachte das könnte vielleicht ansatzweise Gefühle in Worte fassen.

Ich sehe da eigentlich keinen Wiederspruch, sondern eine Verbindung zwischen der Angst zum unerfüllbaren Wunsch seine Lebenszeit jemand anders schenken zu können.

Aber, wie Du bereits sagtest, vielleicht sieht der Rest der Leserwelt diese Verbindung nicht. Oder doch? Ich weiß nicht.

LG, Louisa

steyk

Beitragvon steyk » 13.02.2006, 10:01

Liebe Louisa,
ich kann mich nur meinen "Vorkommendatoren" anschließen. Dein Gedicht hat mir sehr gefallen :-)
Gruss
steyk


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