im netz
fliegen so viele namen
aus der fremde zu mir
ich lese ihnen behaglich
aus der hand
in wahrheit sind wir
taub und blind für einander
füllen die hüllen aus buchstaben
von ferne schmerzlos
im netz
Hallo Amanita,
spätestens bei der Wahrheit werde ich skeptisch.
Ich glaube dem Gedicht weder die Behaglichkeit, noch taub und blind und auch nicht das Schmerzlos, zumindest nicht, wenn es in der "Wir" Form etwas Allgemeingültiges (oder zumindest für zwei Personen sprechend) erzählen will. Würde die zweite Strophe auch beim "Ich" bleiben, wäre es für mich anders lesbar und in sich stimmiger, auch wenn es nicht meinen Beobachtungen im Netz entspricht.
Das Spiel mit dem Netz/ Spinnennetz ist nicht neu, wäre aber durch den Gedanken der LIch-Spinne und den "leeren" Namenshüllen interessant erweitert. Durch das Zufliegen und die Hüllen weckt es diese Assoziationen und eine Erwartung für mich, erfüllt sie dann aber durch die restlichen Zeilen nicht. So ganz habe ich fürchte ich nicht verstanden, wie sich das Netz-Bild für dich hier außerhalb der übertragengen Ebene zeigt?
Liebe Grüße
Flora
spätestens bei der Wahrheit werde ich skeptisch.
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Das Spiel mit dem Netz/ Spinnennetz ist nicht neu, wäre aber durch den Gedanken der LIch-Spinne und den "leeren" Namenshüllen interessant erweitert. Durch das Zufliegen und die Hüllen weckt es diese Assoziationen und eine Erwartung für mich, erfüllt sie dann aber durch die restlichen Zeilen nicht. So ganz habe ich fürchte ich nicht verstanden, wie sich das Netz-Bild für dich hier außerhalb der übertragengen Ebene zeigt?
Liebe Grüße
Flora
Das ist das Schöne an der Sprache, dass ein Wort schöner und wahrer sein kann als das, was es beschreibt. (Meir Shalev)
Das Thema "virtuelle Welt", ja. Es geht wohl immer darum, wie man damit umgeht. Ob man die Leute wirklich nicht kennt, ob man sich, wie viele es leider! tun, nackisch macht, z.B. bei FB, etc. Oder ob man wirklich mit fremden Leuten z.B. chattet und sich gegenseitig nur Lügen erzählt, sich eine Welt erschafft, die gar nicht existiert.
Und ob man sich verfängt in dieser virtuellen Welt, so sehr, dass man gar nicht mehr in der realen Welt lebt. Ein weites Feld ...
Und ob man sich verfängt in dieser virtuellen Welt, so sehr, dass man gar nicht mehr in der realen Welt lebt. Ein weites Feld ...
Skeptisch sein/ werden ist ja der Sinn dieses kurzen Textes. Das wir stimmt in diesem Fall (daher werde ich es auch nicht mehr ändern), denn wir (!) - alle - dichten uns doch was zurecht bei unseren Streifzügen durchs Internet, sobald wir es mit lebendigen Menschen zu tun kriegen, von denen wir aber immer nur Segmente wahrnehmen (wollen/ sollen). Das Behagliche an der Sache ist, dass wir uns das raussuchen können, was uns passt, was uns gefällt. Daher auch das "Handlesen" - das ja nicht unbedingt als zuverlässig gilt.
Die Wahrheit sieht eben doch so aus, dass wir den anderen (im allgemeinen - bei "normalen" Netz-Kontakten) nicht sehen ("blind") und nicht hören ("taub").
Das Spinnennetz sehe ich hier nicht.
Die Wahrheit sieht eben doch so aus, dass wir den anderen (im allgemeinen - bei "normalen" Netz-Kontakten) nicht sehen ("blind") und nicht hören ("taub").
Das Spinnennetz sehe ich hier nicht.
Du meinst, wie stellen uns unter dem virtuellen Gegenüber jemand Konkretes vor, wissen aber in Wirklichkeit überhaupt nicht, was hinter diesem Menschen steckt, was er erlebt hat, was ihn ausmacht, etc. Klar ist das so. Es endet erst dann, wenn wir diesen Menschen privat kennengelernt und auch längere Zeit mit ihm verbracht haben. Und auch dann weiß man immer noch nicht, WER dieser Mensch wirklich ist. Niemand gibt alles von sich preis.Amanita hat geschrieben:denn wir (!) - alle - dichten uns doch was zurecht bei unseren Streifzügen durchs Internet, sobald wir es mit lebendigen Menschen zu tun kriegen, von denen wir aber immer nur Segmente wahrnehmen (wollen/ sollen).
Auf den Blauen Salon konkret bezogen: Unbehaglich ist es manchmal schon. Hier geistern ne Menge "Gespenster" rum, von denen ich absolut nichts weiß, auch wenn sie mich seit vielen Jahren hier begleiten und ich sie - in gewisser Weise. Viele habe ich kennengelernt, aber immer nur kurz. Das heißt, ich kenne sie nicht wirklich. Genauso, wie auch mich niemand von euch wirklich kennt. Ihr kennt nur Facetten von mir, viele Facetten. Aber was mein Leben und mich wirklich ausmacht, weiß niemand von euch. Und ich werde es auch niemals erzählen, weil ich mich dadurch verwundbar mache. Und dies ist das letzte, was ich möchte.
Insofern bietet das Internet einen gewissen "Schutz" für beide Seiten.
Amanita hat geschrieben:Das Behagliche an der Sache ist, dass wir uns das raussuchen können, was uns passt, was uns gefällt. Daher auch das "Handlesen" - das ja nicht unbedingt als zuverlässig gilt.
Ja, man pickt sich das raus, was zu einem "spricht", wo die Sprache ähnlich ist, man etwas von sich selbst wiederfindet, wo man zustimmend nickt. Und wie oft denkt man: Was hat er/sie da geschrieben? Was soll das denn? Und schüttelt den Kopf. Ich glaube, dass man sich da nichts vormachen sollte. Das ist die Realität der virtuellen Realität.
Ja, Gabriella, so meine ichs.
Natürlich bleiben auch Fragen offen (sollen auch offen bleiben!), wenn ich jemanden real treffe.
Ein wesentlicher Unterschied: Ich kann mich da beispielsweise nicht so einfach ausloggen, ich muss zumindest sagen, dass ich "jetzt keine Zeit mehr" habe - und unterstreiche das mit Stimmlage, Mimik und Gestik, die in diesem "Paket", das sich ungleich intensiver an die Sinnesorgane des Gegenüber wendet, sehr viel beredter sind.
Danke nochmal!
Natürlich bleiben auch Fragen offen (sollen auch offen bleiben!), wenn ich jemanden real treffe.
Ein wesentlicher Unterschied: Ich kann mich da beispielsweise nicht so einfach ausloggen, ich muss zumindest sagen, dass ich "jetzt keine Zeit mehr" habe - und unterstreiche das mit Stimmlage, Mimik und Gestik, die in diesem "Paket", das sich ungleich intensiver an die Sinnesorgane des Gegenüber wendet, sehr viel beredter sind.
Danke nochmal!
Hallo Amanita,
Liebe Grüße
Flora
Ja, aber war deine Intention, dass man skeptisch gegenüber dem Text ist?Skeptisch sein/ werden ist ja der Sinn dieses kurzen Textes.
Ich höre dich ... sogar das Ausrufezeichen. :o) Für mich stimmt das "wir" nicht, wie es in deinem Gedicht gezeigt wird. Das Zurechtdichten ist für mich kein spezieller Netzaspekt, sondern genauso Bestandteil von persönlichen Begegnungen, nur dass wir dort mehr Anhaltspunkte für unsere Dichtung haben und daher unsere Einschätzung für "realer", wahrer, vertrauenswürdiger halten. Auch dort gibt es ein Wahrnehmen-wollen und ein Wahrnehmen-sollen und Segmente, die wir nur mit bestimmten Leuten teilen (möchten).Das wir stimmt in diesem Fall (daher werde ich es auch nicht mehr ändern), denn wir (!) - alle - dichten uns doch was zurecht bei unseren Streifzügen durchs Internet, sobald wir es mit lebendigen Menschen zu tun kriegen, von denen wir aber immer nur Segmente wahrnehmen (wollen/ sollen).
Im Kontakt mit einem bestimmten Menschen, kann man sich im Netz genauso viel oder wenig raussuchen wie sonst auch. Die Kommunikation ist auf Worte beschränkt, aber die können auch sehr unbehaglich werden und uns nicht immer gefallen, oder in unser Bild passen. Was einem nicht passt zu verdrängen, auszublenden und nicht als ein Aspekt des anderen wahrzunehmen, ist für mich auch eine Typfrage, die sich nicht nur aufs Netz beschränkt.Das Behagliche an der Sache ist, dass wir uns das raussuchen können, was uns passt, was uns gefällt.
Blind und taub bedeutet für mich zu erst einmal, dass man etwas nicht sehen/hören kann, das für andere zu diesem Zeitpunkt und in dieser Situation wahrnehmbar wäre. Das ist hier aber nicht der Fall, wenn man es auf Optik und Akustik bezieht und von reinem Schriftverkehr ausgeht, und trifft denke ich auch nicht deine Intention (?), da es den Blick auf das Fehlen dieser Fähigkeit beim Einzelnen lenkt. Insofern ist diese Wortwahl für mich schon mal schief. Im übertragenen Sinn, dem "Verständnis" des anderen, kann die "Mehrinformation" in der persönlichen Begegnung natürlich eine Hilfestellung sein, aber selbst das halte ich nicht für "allgemeingültig". Ich weiß zwar nicht, was für dich "normal" ist, aber wenn ich vom Salon ausgehe, hat man die Möglichkeit, wie auch außerhalb des Netzes, im "Gespräch" zu "sehen" und zu "hören", den anderen wahrzunehmen mit dem, was er zu sagen hat, sich mitzuteilen, samt der Möglichkeiten der Täuschung (auf beiden Seiten), der Missverständnisse, der Verletzung, Freude, Zweifel, Oberflächlichkeit ... die ganze Palette. Ich bezweifle, dass das immer und für alle Menschen schmerzlos ist.Die Wahrheit sieht eben doch so aus, dass wir den anderen (im allgemeinen - bei "normalen" Netz-Kontakten) nicht sehen ("blind") und nicht hören ("taub").
Wenn du diese Assoziation vermeiden möchtest, würde ich versuchen das Fliegen mit einem Ausdruck zu ersetzen, der aus der Techniksprache kommt. Oder das Netz durch das Internet zu ersetzen.Das Spinnennetz sehe ich hier nicht.
Auch das ist denke ich eine Typfrage, ob es dann wirklich "einfach" ist, sich aus einem Gespräch auszuklinken (ohne darauf wieder zurückzukommen) und wie man das macht und ob es dann auch ausgeloggt "mit einem umgeht", wie man mit dem Gegenüber im Netz umgehen möchte.Ein wesentlicher Unterschied: Ich kann mich da beispielsweise nicht so einfach ausloggen, ich muss zumindest sagen, dass ich "jetzt keine Zeit mehr" habe - und unterstreiche das mit Stimmlage, Mimik und Gestik, die in diesem "Paket", das sich ungleich intensiver an die Sinnesorgane des Gegenüber wendet, sehr viel beredter sind.
Liebe Grüße
Flora
Das ist das Schöne an der Sprache, dass ein Wort schöner und wahrer sein kann als das, was es beschreibt. (Meir Shalev)
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