Das Portemonnaie

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Dohle

Beitragvon Dohle » 19.10.2013, 17:44

Das Portemonnaie

Sie sagte zu ihm:

Ich lebe so langsam, ich werde den Tot verpassen, wenn er kommt.

Und er hatte auf der Bettkante gesessen und wollte dringlich aufbrechen. Er wollte in den Park. Er wollte, dass sie bald gingen; jetzt war der Tag noch jung und die Sonne strahlte vor klarem blauen Grund über Wien.

Eigentlich wollte er auch so sein. Keine Eile haben. Es gab doch noch genug Sonne für sie. Vielleicht konnte er von ihr lernen. Im besten Falle lernten sie beide voneinander. So hatte er begonnen, ihr das Spiel an der Gitarre zu zeigen. Schnell verstand sie es.

Sie streifte mit ihren zarten Füßen durch das nackte grüne Gras. Ein kühler Wind linderte die Hitze des Sommers und blies auf ihre Haut, die noch leicht befeuchtet war vom Brunnen an dem sie sich erfrischt hatte, den sie so genossen hatte, für den sie sich alle Zeit nahm. Es war die pure Freude für sie und noch schöner für ihn sie zu beobachten in ihrer ganz eigenen Welt. Es war noch ganz ruhig auf dem Gelände des Praters. Dann machte er ein Foto von ihr. Es störte sie nicht, oder doch? Die Faszination des Augenblicks hatte sich ihm ermächtigt und wollte folglich gefangen werden. Eine feuchte Strähne ihres Haars legte sich leicht geschlängelt über die Mitte ihrer Stirn. Ihre Hände lagen ineinander in Wasser gehüllt und manchmal schaute sie zu ihm. Jahre später würde das Foto tatsächlich seinen Zweck erfüllen, da sich der junge Mann in eine lebendige Erinnerung an den Moment zurückbegeben konnte. Auch wenn das was er festhalten wollte mit dem Klicken seiner Kamera ein Ende genommen hatte.

Weiter liefen sie über den weiten Rasen. Dann setzten sie sich auf eine Bank. Nichts war schwer und nichts hätte die beiden auch nur einer Ahnung nach schmerzen können. In diese Augen wollte er immer schauen können. Für immer. Nie hatte er einer anderen Frau gegenüber diesen Wunsch geäußert. Und jetzt sagte er es ihr.

Zusammenbleiben? Für immer? Ja, ...und wenn nicht, dann kommt ein besserer Mensch für uns.

Ein besserer Mensch? Wie konnte sie das sagen? Wie konnte sie glauben, dass es einen besseren gab? Auch als sie, ihn besänftigen wollend, sagte, dass es nur schwerlich möglich sei einen besseren zu finden, beruhigte ihn das nicht. Damit war er nicht zufrieden; er wollte, dass sie sich das gleiche wünschte wie er. In Gedanken darüber verloren bemerkte er schließlich, dass sie an der großen Allee angelangt waren. Mächtige Bäume beugten sich neben ihnen in den Himmel, die hundertfach so alt waren wie das junge Paar, das rätselte in welche Richtung es jetzt weiterlaufen sollte. In der Mitte der Allee sahen sie einen alten Mann. Am falschen Ort schien er und reglos. Den Kopf hatte er nach unten gebeugt, in sich gekehrt. So fragten sie ihn nicht nach dem Weg und schauten sich in der Hoffnung um, dass ihnen ein alt eingesessener bald weiterhelfen würde. Schon schritten sie an dem alten Mann vorbei, doch als sie ihn auf einer Linie passierten drehte er sich zu ihnen, so als hätten ihn ihre fragenden Gesichter aus einem fernen Ort zurückgeholt und als hätte er gewusst, was sie fragen wollten. Dem auffordernden Blicke des alten Mannes begegnend wollte der junge Mann ihre Suche beenden.

Kommen wir auf diesem Weg in Richtung Zentrum?

Den Mann, der ihnen in Wiener Mundart antwortete verstanden sie zunächst nur schwer.

Was hatte er gesagt? „ So barhold kommt ihr nicht bis dahin “, oder war es „so bloßfüßig“? Er musste barfuß gemeint haben, dachten sie sich als der Mann fortfuhr.

Schaut ihr zwei; ich möchte euch ein Bild zeigen.

Er öffnete sein Portemonnaie wie ein altes Dokument, wie ein Palimpsest in das schon so oft geschaut worden war, dass sich volle Risse, gewaltige Zeugen der Zeit wie Furchen darin hineingefressen hatten. Der junge Mann sah hinüber zu ihr. Einer Eingebung nach hatten sie die einander gehaltenen Hände gelöst; jedoch waren sie näher zueinander gerückt. Das Passbild war noch gut erhalten. Etwa vierzig Jahre sei er darauf gewesen. Sie erfuhren, dass er bei der Post gearbeitet hatte, ein Leben lang. Und der alte Mann lächelte eine Weile stolz, während das Interesse des jungen Mannes in Geduld überging. Immer mehr erzählte sich der Einheimische zu sich. Er brauchte sie dafür, das junge Paar, so fühlte er sich etwas weniger verlassen mit seiner Geschichte, die er all zu sehr allein mit sich trug und für die sich jene, die selbst an ihrem Leben zu tragen hatten, oft nicht mehr interessierten als für einen abgetragenen Mantel, der speckig und im Futter dünn keinerlei Glanz mehr zeigte.

Ja, ja. Das war ich. Das waren gute Jahre, mit meiner Familie, meinen Kindern, meiner Frau.

Dass sie gestorben war an einem Herzinfarkt erzählte er gefasst, so dass es schien als ob er schon öfter den Mut dazu aufgebracht hatte und besser darin geworden war auch wenn der Schmerz gleichbleibend tief in seiner Brust drückte. Er wollte sie ihnen zeigen. Eine weitere Seitentasche seines Portemonnaies klappte auf. Sie hielten inne aus Respekt dem Menschen gegenüber, der in die Runde eingeführt, der vorgestellt werden sollte. Doch sie war nicht da. Kurz hielt der alte Mann den Atem an. Dann entspannte er sich wieder; sie konnte nicht weg sein. Er hatte sie immer bei sich. Hinter dem Fenster aus Plastik war sie sicher. Während er weiter suchte, fuhr er fort:

Hier habe ich einen Pass mit meiner Telefonnummer und Adresse.
Ich trage ihn immer bei mir für den Fall. Ich hatte nämlich auch schon zwei Mal einen Infarkt.

Dann schwieg der alte Mann für ein paar Sekunden und musterte das junge Paar.


Ja, ja, oft waren wir hier, früher.

Es ist nicht schwer. Da müsst ihr lang, dann kommt ihr ins Zentrum, es ist noch ein Stück, einfach immer geradeaus.

Danke, danke – da wären wir ja ganz falsch gelaufen. Jetzt werden wir es finden.


Ja, ja – sagte der alte Mann wieder ohne den beiden Silben weitere Worte folgen zu lassen. Nichts war ihm leichter als dem Paar den Weg zu weisen, war er ihn doch unzählige Male gegangen mit ihr, auf langen Spaziergängen die Jahreszeiten hindurch, die, in all ihrer Pracht, immer wieder zu ihnen zurückzukehren schienen. Der Park war ihnen ein reicher und großer Raum – ihre Bühne, die unendlich schien.

Wieder schaute der junge Mann zu ihr hinüber. Weinte sie? Für einen Moment fiel Kummer über ihn und Hilflosigkeit. Er griff nach dem Beutel, den sie ihm zuvor sanft über die Schulter gehängt hatte und aus dem noch die Tageszeitung mit dem Titel „Kein Morgen ohne Heute“ herausschaute. Irgendwann verabschiedeten sie sich. Nur halb im Hier und Jetzt schien ihnen der alte Mann. Sie konnten nicht länger bleiben. Zügiger und weniger leichtfüßig liefen sie nun. Nach einigen Metern drehten sie sich noch einmal um. Der alte Mann war nicht von der Stelle gewichen. Den Kopf gesenkt schaute er in das Portemonnaie in seinen Händen. Ab und an schwenkte er verzweifelt den Kopf. Kurz schaute er auch noch einmal mit fragendem Blick zu ihnen. Dann kehrte er zurück zu sich, den Blick tief in sein Portemonnaie versenkt inmitten der breiten Allee im Herzen des Parks. Jetzt konnten sie weiter laufen. Sie fassten einander wieder die Hände. Und er, der merkte wie schnell sie immer noch liefen hielt ihre Hand für einen Moment etwas fester und ließ ihre Schritte langsamer werden. Dann schaute er in den Himmel. Es war noch viel Sonne über Wien.
Zuletzt geändert von Dohle am 28.10.2013, 16:28, insgesamt 3-mal geändert.

Mucki
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Beitragvon Mucki » 26.10.2013, 17:29

Hallo Dohle,

ich verstehe gar nicht, wieso deine Geschichte noch nicht kommentiert wurde. Sie spricht mich sehr an. Vor allem die Geschichte in der Geschichte und die in beiden Geschichten enthaltene Botschaft, die sich von der Binnenhandlung sozusagen rüberzieht auf die Rahmenhandlung und so den jungen Mann in seiner Einschätzung der Situation, die für ihn fast zu eskalieren droht, positiv beeinflusst.

Liebe Grüße
Gabi
P.S. Es sind noch ein paar kleine Fehlerchen drin, wie fehlende Kommata.

RäuberKneißl

Beitragvon RäuberKneißl » 27.10.2013, 10:05

Hallo Dohle,
ich lese das auch als Versuch, die beiden Linien ineinanderzuweben und eine Verwandtschaft der Stimmung nach der Mini-Krise auf der Bank zu artikulieren. Das ist technisch sicherlich eine sehr herausfordernder Ansatz, wenn es nicht aufdringlich wirken soll - auf mich wirkte es in der jetzigen Fassung schon noch so, die Brücke mit dem Portmonnaie ist sehr wackelig. Stilistisch ist, glaube ich, der Versuch lyrisch-nahe eine Stimmung zu erzeugen nach hinten losgegangen, ich empfand vieles als altmodisch und maniriert - "dass es nur schwerlich möglich sei einen besseren zu finden" oder in "Die Faszination des Augenblicks hatte sich ihm ermächtigt und wollte folglich gefangen werden." - ich würde raten, die vielen Füllwörter und alles 'Stimmungerzwingende' zu streichen und den Text voll Vertrauen auf den Leser zu radikalisieren oder mit Handlung anzureichern (was ihn zu einem anderer Text machen würde). In einem expliziten, auktorialen Ton wird die Situation vermutlich bestenfalls gute Belletristik (was ja auch ok ist).
Grüße
Räuber

Klimperer

Beitragvon Klimperer » 27.10.2013, 16:36

"Ein Diamant, der geschliffen werden muss", wollte ich schreiben. Ich las aber vorher die Geschichte noch einmal: Es gibt Geschichten, deren Wert man nicht bei der ersten Lektüre erkennt. Diese ist, für mich, eine.

Um einen Satz aus ihr zu paraphrasieren: Wenn man sie zu schnell liest, kan das Interesse in Ungeduld übergehen.

Der Alte Mann steht da, symbolisch, für die Zukunft des jungen Pärchens.

Mucki
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Beitragvon Mucki » 27.10.2013, 23:11

Klimperer hat geschrieben:Der Alte Mann steht da, symbolisch, für die Zukunft des jungen Pärchens.

Ja, so ähnlich interpretiere ich es auch. Er ist quasi zweifacher Wegweiser.

Klimperer

Beitragvon Klimperer » 28.10.2013, 00:10

Hola Gabriella,

es freut mich, dass du es auch so siehst.

Diese Geschichte ist alles, nur nicht "Belletristik".

Carlos

Nifl
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Beitragvon Nifl » 28.10.2013, 12:54

Für mich hat Räuber den Text messerscharf reflektiert, ganz genauso sehe ich das auch. Im übrigen widerspricht das ja nicht der Interpretation "alter Mann =Zukunftsymbol" (ewige absolute Liebe), es geht um die Realisierung, um die Mittel. Mir ist der Text auch zu gewollt verklausuliert lyrisch, "sei gefälligst berührt Leser!" formuliert ... und das funktioniert bei mir nicht. Ganz abgesehen von der unangenehmen Message des Problemes des Protags, er will seine Partnerin bedingundslos, ohne Möglichkeit eines Scheiterns. Das transportiert für mich was Gewaltsames, Einengendes, einen Besitzanspruch. Als Freundin würde ich ihm alle Kieselsteine wegnehmen und mit meinen Siebenmeilenstiefeln weglaufen was das Zeug hält.


Ich lebe so langsam, ich werde den Tot verpassen, wenn er kommt.

Gefällt mir sehr. Tod.
Ich finde das aber im weiteren Textverlauf bei der Protagonistin nicht wieder.

und wollte dringlich aufbrechen.

siehe manieriert.

Ein kühler Wind linderte die Hitze des Sommers und blies auf ihre Haut,


"und blies" bitte streichen

Ein kühler Wind linderte die Hitze des Sommers und blies auf ihre Haut, die noch leicht befeuchtet war, vom Brunnen an dem sie sich erfrischt hatte, den sie so genossen hatte, für den sie sich alle Zeit nahm.


genommen hatte / "noch feucht war"

Die Faszination des Augenblicks hatte sich ihm ermächtigt und wollte folglich gefangen werden


auch hier siehe Besitzanspruch

über die mittlere Hälfte ihrer Stirn


was ist eine mittlere Hälfte?

Eine feuchte Strähne ihres Haars legte sich leicht geschlängelt


gewellt und leicht streichen, stelle mir eh keinen schweren Schlängler vor

ihre Hände lagen ineinander in Wasser gehüllt


klingt schräg

Ansonsten Kitschalarm.

manchmal schaute sie zu ihm.


während eines Augenblickes?


Mächtige Bäume beugten sich neben ihnen in den Himmel


in den Himmel beugen? Beugen ist für mich eine Abwärtsbewegung


So müsste man den ganzen Text durchforsten.

Gruß
"Das bin ich. Ich bin Polygonum Polymorphum" (Wolfgang Oehme)

Dohle

Beitragvon Dohle » 28.10.2013, 14:28

Hallo ihr,
ich habe mich gefreut, dass nun doch noch ein paar Kommentare zu meiner Kurzgeschichte gefallen sind. Noch mehr freue ich mich, darüber dass der Text hier im Forum so stark polarisiert. Natürlich freue ich mich auch sehr über die positiven Rückmeldungen von Klimperer und Gabriella und auch über die teilweise konstruktive Kritik von Räuber und Nifl.

Es handelt sich bei dem Text um eine wahre Begebenheit, der ich einen fiktionalen Rahmen geben wollte. Ziel ist es mir gewesen, in erster Linie, die traurige Situation des alten Mannes darzustellen, der, obwohl die Jahreszeiten immer wiederkehren, nichts tun kann, um seine Frau wiederkehren zu lassen – er hat nicht verstanden, dass er sich von ihr lösen muss – das zeigt ihm das Leben umso eindringlicher, indem nicht einmal mehr das Passbild in seinem Portemonnaie von ihr übrig ist. Freuen würde ich mich, wenn es mir gelänge diese Stimmung beim Leser nachempfindbar zu machen.

Zur „Radikalisierung“:

Das ist Geschmackssache. Wahrscheinlich entspricht meine Art zu schreiben nicht dem literarischen Schreibzeitgeist. In den aktuellen Romanen wird oft sehr schnörkellos geschrieben, damit es der Leser möglichst leicht hat. Dabei wird mehr beschrieben/berichtet als gezeigt! Ich denke es ist wichtig eine Balance zu haben, zwischen reinem Erzählen (Alltagssprache etc.) und durchaus literarischen poetischen Stilfiguren wie Metaphern (die Bäume die sich in den Himmel beugen sind zum Beispiel eine; und sie muss nicht logisch sein). Leichtes „Schwafeln“ soll sich abwechseln mit Denkstoff für den Rezipienten. Aber, ich gebe zu es ist schwer dies nicht zu gewollt rüber zu bringen und auch selbst zu merken, wo die Balance liegt. Es stellt für mich deshalb aber keine Alternative dar einen Art erzählenden Essay zu schreiben, nur damit alles schön mundgerecht und somit Belletristik ist. Das ist auch schon eine Kunst, mir aber dann doch zu leicht und auch nicht mein Geschmack.

Es geht mir um das literarische Schreiben an sich um einzelne geladene Zeilen und Sätze und weniger um den Plot. Und da bietet sich eine lyrische Schreibweise an. Gerne möchte ich dabei die Grenzen zwischen Prosa und Lyrik verschwimmen lassen.

Ich weiß auch nicht, ob der alte Mann symbolisch als Schnittstelle für das Pärchen und seine Zukunft steht – es ist ja nur eine mögliche Zukunft. Zudem ist das Portemonnaie nicht als Brücke gedacht; es ist viel mehr die Bühne für die verzweifelte Suche des alten Mannes.

Klimperer

Beitragvon Klimperer » 28.10.2013, 18:57

"Eine weitere Seitentasche seines Portemonnaies klappte auf. Sie hielten inne aus Respekt dem Menschen gegenüber, der in die Runde eingeführt, der vorgestellt werden sollte."

Schon wegen diesem Satz, den ein moderner, eiliger Leser nicht würdigen kann, ist diese Geschichte Lesenswert.

Ich versuche, inne zu halten.

Dohle

Beitragvon Dohle » 29.10.2013, 16:25

Danke Klimperer

RäuberKneißl

Beitragvon RäuberKneißl » 29.10.2013, 20:36

Hallo Dohle,
Radikalisierung meinte ich in Richtung 'lyrische Prosa'; das lyrische Element selbstbewußter einsetzen. Aber dann sollte es auch gute Lyrik werden, Ausdrücke wie 'gewaltige Zeugen der Zeit' sind, und ich bilde mir ein, dass das nicht nur mein subjektives Urteil ist, keine gute Lyrik. Andererseits ist das fast unmittelbar folgende "Einer Eingebung nach hatten sie die einander gehaltenen Hände gelöst; jedoch waren sie näher zueinander gerückt." pure (aber nicht gute) Belletristik, im Sinn von auserzählt. Auch den von Klimperer zitierten Satz empfinde ich als etwas unglücklich - weil's die erste Formulierung "eingeführt" noch nicht wirklich trifft wird ein zweiter Atemzug "vorgestellt" nachgeschoben, was die Sache für mich nicht besser macht. Es bleibt nichts dem Leser überlassen, er wird in jede Empfindung an der ausbuchstabierten Leine des Autors hineingeschleppt.

Was wackelige "Brücke" angeht, damit meinte ich die Funktion des Portemonnaie im Text, als Überleitung oder Kontaktstelle von 'Welt I' (junges Paar) zu 'Welt II' (alter Mann + Erinnerung).

Grüße (in moderner Eile auch an Klimperer)
Räuber

Dohle

Beitragvon Dohle » 30.10.2013, 16:26

Lieber Räuber,
also wie gesagt, das Portemonnaie war nicht als Brücke zwischen den Welten der Figuren angedacht. Viel mehr ist doch der Park, der Weg ins Zentrum, die Mitte der Allee der Anknüpfpunkt. Oder wie lesen das die anderen?

Ich mag zwar lyrische Elemente in meinen Texten, aber bei "gewaltige Zeugen der Zeit", handelt es sich ja offensichtlich gar nicht um Lyrik. Dafür braucht es ja noch immer Metrik, Rhythmus usw.
Ich kann auch nicht nachvollziehen, dass du denkst jede Empfindung wird ausbuchstabiert.
Aber wie gesagt, es gibt einfach verschiedene Schreibstile; und... zahlreiche Klassiker der Literatur nehmen den Leser auch an die Hand. Manche mögen das sogar.
beste Grüße

Dohle

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Beitragvon Lisa » 04.12.2013, 10:10

Liebe(r) Dohle .-),

erst einmal: Ich mag die Geschichte, ich mag, wie sie erzählen möchte, was sie erzählen möchte, ohne Druck. Darüber hinaus mag ich viele einzelne Sätze, die einfach gesprochen, aber doch sehr tief sind. etwa wie Klimperer den mit dem Interesse, aber natürlich auch den ersten Satz. Auch den Stil, der sich manchmal ins Klassische bewegt, mag ich durchaus und finde ihn nicht künstlich, außer an einigen Stellen, wo mir die Wortwahl zu krass erscheint, hier scheint mir einfach für die bewusst gewählten Wörter nicht der entsprechende Raum da zu sein.

Ich denke allerdings auch, dass erzähltechnisch das Ganze noch etwas runder,weicher und genauer werden könnte. Wie gesagt: Nicht den Stil ändern, aber die Ausarbeitung ist für mich noch nicht abgeschlossen, der Text kann noch stärker werden.

liebe Grüße
Lisa
Vermag man eine Geschichte zu erzählen, die noch nicht geschehen ist?
Es verhält sich damit wohl wie mit unserer Angst. Fürchten wir uns doch gerade vor dem mit aller Macht, was gar nicht mehr geschehen kann, eben weil es schon längst geschehen ist.

Dohle

Beitragvon Dohle » 04.12.2013, 18:24

Danke für diese klugen Hinweise, sie helfen mir weiter und finden meine volle Zustimmung.
Ich freue mich, dass Dir die Geschichte gefällt.
beste Grüße
Dohle


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