Geburt

Bereich für Texte mit lyrischem Charakter: z.B. Liebeslyrik, Erzählgedichte, Kurzgedichte, Formgedichte, Experimentelle Lyrik sowie satirische, humorvolle und natürlich auch kritische Gedichte
Xanthippe
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Beitragvon Xanthippe » 21.02.2014, 10:59

1. Änderung:

Ich sah eine Zukunft
aus mir herausstürzen
ein haltloser Schrei
der nach mir griff

Jetzt war ich bereit
alle Fehler weiter zu vererben

Schuld auf mich zu laden
um die frisch entstandene Leere
in meinem Körper
zu füllen

Ein Ort der Trauer
von dem sich das Leben zurückzog



Original:

Ich sah mein Leben
aus mir herausstürzen
ohne im geringsten zu begreifen

jetzt war ich bereit
alle Fehler weiter zu vererben

Schuld auf mich zu laden
um die frisch entstandene Leere
in meinem Körper
zu füllen

Ein Ort der Trauer
von dem sich das Leben zurückzog
während du blühtest (erwachtest)
Zuletzt geändert von Xanthippe am 23.02.2014, 13:48, insgesamt 3-mal geändert.

Mucki
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Beitragvon Mucki » 21.02.2014, 11:39

Liebe Xanthi,

ich bin sprachlos. Das ist so großartig, so intensiv, wie du dieses Fühlen der Mutter nach der Geburt beschreibst.
Es berührt mich sehr. Chapeau für diese Zeilen!

Liebe Grüße
Gabi

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nera
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Beitragvon nera » 21.02.2014, 15:41

ich bin mir gar nicht so sicher, ob xanthippe konkret das fühlen einer mutter nach einer geburt beschreibt und wenn es denn so wäre, kann man das sicher nicht verallgemeinern. also ich habe nach keiner geburt annähernd so gefühlt.

Mucki
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Beitragvon Mucki » 21.02.2014, 15:50

Nach meiner Lesart geht es hier um eine Wochenbettdepression.

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Amanita
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Beitragvon Amanita » 21.02.2014, 16:11

Ich bringe die Schuld nicht unter... warum steht das da? Vor allem im Zusammenhang mit "vererben". Gut, könnte der Gedanke der "Erbsünde" sein; warum aber dann die Bereitschaft dazu?

scarlett

Beitragvon scarlett » 21.02.2014, 17:12

auch ich kann da inhaltlich überhaupt nicht mitgehen, dh mein gefühl wird nicht angesprochen, der text hat nichts mit mir zu tun, berührt mich nicht. nichts annährend vergleichbares hab ich als mutter empfunden, nicht unmittelbar nach der geburt noch jemals später.

gut gemacht isser, der text, das ist keine frage.
diese distanzierte sprache, so empfinde ich sie, trotz li, trägt genauso dazu bei wie die "schnörkellose" setzung, das ist eine einheit, ein guss sozusagen. das ist gutes handwerk.

sca
Zuletzt geändert von scarlett am 22.02.2014, 08:56, insgesamt 1-mal geändert.

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birke
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Beitragvon birke » 21.02.2014, 17:47

liebe xanthippe, mir geht es wie nera und scarlett.
der text hat mit mir nichts zu tun. habe auch nie so, nicht mal ähnlich, empfunden.
aber - gut geschrieben ist er allemal, er wirkt allerdings durch die ich-perspektive beinahe zu eindringlich auf mich.
frage mich, ob ihm eine andere distanziertere perspektive gut tun könnte?

lg,
birke
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Hetti
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Beitragvon Hetti » 21.02.2014, 17:57

Hallo Xanthippe,

hier meine Überlegungen, es ist ein Versuch:
Die Frau als Gebärmaschine? Solange sie potentiell Gebärende ist, hat sie für die Gesellschaft einen Wert. Nach erfüllen der Aufgabe wird sie wertlos. Diese Sichtweise übernimmt die Frau (evtl.), (unreflektiert). Könnte das so gemeint sein?

Wenn ja, frage ich mich weiter, versuche mich in die Frau einzufühlen: Wird sie sich rächen? An wem? An dem Kind? An der Gesellschaft? Ich komme aber nicht darauf, welche Untugenden sie weitergibt… Die Situation ist auch von mir zu weit von mir entfernt.

LG Dede

Nifl
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Beitragvon Nifl » 21.02.2014, 18:10

Dann seid mal froh, dass ihr das Gefühl nicht kennt, ihr guten Mütter (überhaupt ein seltsames Argument), für mich ist das die Einleitung einer Fehlgeburt. Ziemlich gut gemacht mitsamt den blödsinnigen Selbstvorwürfen, dem tiefen Gefühl der Leere, die sich mit Trauer vollsaugt und und und ...
Zuletzt geändert von Nifl am 21.02.2014, 18:12, insgesamt 1-mal geändert.
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ecb

Beitragvon ecb » 21.02.2014, 18:11

Ich empfinde sehr stark mit der Aussage dieses Gedichts, so wie ich sie verstehe.

Da ist einmal eine Dimension von "Verlust" nach einer Geburt, von Verlassen-sein, nachdem man zuvor für eine kurze Zeit so sehr "erfüllt" war.

Zudem kann das Zur-Welt-bringen eines Kindes durchaus eine Dimension von Angst und Schuld haben bei dem Gedanken, was man da eigentlich tut, wenn man einen neuen Menschen dieser Welt, so wie sie ist, aussetzt; denn man weiß, daß man es nicht wird schützen können. Nicht wirklich.
Jemand hat diesen Gedanken sogar auf eine philosophische Spitze getrieben und gesagt, daß wir durch die Geburt eines Kindes letztenendes einen weiteren Menschen zum Tode verurteilen.

Die Form des Gedichtes entspricht mir sehr, es kann die Ambivalenz seiner Aussage gut tragen und mitteilen.

Liebe Grüße
Eva

scarlett

Beitragvon scarlett » 21.02.2014, 18:18

Nifl hat geschrieben: Dann seid mal froh, dass ihr das Gefühl nicht kennt, ihr guten Mütter (überhaupt ein seltsames Argument),


kannst du ein mal, nur ein einziges mal deine sch*polemik beiseite lassen, ich hasse das!

und ja, es ist sehr wohl ein argument, und das ist mal auf meinem mist gewachsen.
Zuletzt geändert von scarlett am 21.02.2014, 18:19, insgesamt 1-mal geändert.

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birke
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Beitragvon birke » 21.02.2014, 18:18

nifl, hier hat niemand etwas von einer "guten mutter" gesagt. und was für ein argument ...?
ich beschreibe nur, wie der text auf mich wirkt.

... eine fehlgeburt ... interessanter gedanke - dann passt aber die letzte zeile /für mich/ nicht so recht.

ich lese es an sich ähnlich wie gabriella, denke bei dem text an eine (art) wochenbettdepression.
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Nifl
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Beitragvon Nifl » 21.02.2014, 18:25

Die letzte Zeile bedeutet für mich: Die Phantasie treibt Blüten: Das Kind wäre nun so alt, könnte dies und jenes ...
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Quoth
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Beitragvon Quoth » 21.02.2014, 18:54

Muss es sich überhaupt um das Gefühl der Leere nach einer physischen Geburt handeln? Die Wendung "in meinem Körper" legt das nahe. Aber ein Gefühl der Leere kennt jeder kreativ Tätige, wenn er sein Werk beendet und "aus sich heraus" gesetzt hat. Das Werk "blüht" dann womöglich, hat Erfolg - aber die Leere bleibt - vorerst - bis eine neue "Schwangerschaft" sich anbahnt ...
Gruß
Quoth
Barbarus hic ego sum, quia non intellegor ulli.


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