WORT DER WOCHE
- jede Woche ein neues Wort als Musenkuss -
Lyrik, Prosa, Polyphones, Spontanes, Fragmente, Schnipsel, Lockeres, Assoziatives, Experimentelles
- alles zu diesem Wort - keine Kommentare - alles in einem Faden - 7 Tage Zeit -
~ intim ~
WORT DER WOCHE ~ intim ~
zu intim da zieht sich das i
bis es nach widerwillen
klingt und die nase
sich rümpft
und einer versucht
beharrlich (ein wiewort)
die zeichen zu entschlüssen
als läge ihm der mensch
dann in der hand
Das ist das Schöne an der Sprache, dass ein Wort schöner und wahrer sein kann als das, was es beschreibt. (Meir Shalev)
dasselbe denken
Wir gehören nicht wirklich zusammen. Ich denke, Du weißt das so gut wie ich, denn es wird nie über dieses Thema gesprochen; vermutlich weil wir ohnehin dasselbe denken. Wir teilen uns das Wohnzimmer; auf Deiner Seite steht der Fernseher, in Deiner Tischecke liegt die Zeitung, darauf die Fernbedienungen für TV, DVD-Spieler, Receiver. Du guckst politische Diskussionssendungen und verfolgst den Klimawandel. Auf meiner Tischecke steht abends das Notebook, daneben stapeln sich die aktuellen Bücher und obendrauf liegt das Etui mit den Ohrstöpseln, falls mir der Fernseher abends zu laut wird. Wenn Du nicht fernsiehst, hast Du die Ecke mit dem Cello und den Notenständer; ich habe die Ecke mit dem Zeichenblock und der Tageslichtlampe (aktuell mache ich Zentangle). Wir kochen beide und essen nicht immer zusammen; ich denke gerade darüber nach, Veganer zu werden. Wir gehen zusammen zum Wahllokal; aber wir wissen beide, dass wir nicht die gleiche Partei wählen. Darüber wird nicht diskutiert.
Das haben wir lange hinter uns.
Wenn ich ein paar Tage verreist war (was berufsbedingt manchmal sein muss), erzählen mir die Nachbarn manchmal mit schlecht versteckter Häme, dass während meiner Abwesenheit ein Laken und ein Höschen auf der Leine hinter dem Haus hingen. Manchmal möchte ich Dich bitten, diskreter zu sein, lasse es dann aber bleiben. Es könnte sein, dass ich (poetisch formuliert) einen Schneeball lostrete, der zur Lawine anwächst und am Ende das ganze Haus unter sich begräbt. Ich zähle die Jahre; wir sind beide beinahe sechzig. Bald ist es egal.
Wir gehören nicht wirklich zusammen. Ich denke, Du weißt das so gut wie ich, denn es wird nie über dieses Thema gesprochen; vermutlich weil wir ohnehin dasselbe denken. Wir teilen uns das Wohnzimmer; auf Deiner Seite steht der Fernseher, in Deiner Tischecke liegt die Zeitung, darauf die Fernbedienungen für TV, DVD-Spieler, Receiver. Du guckst politische Diskussionssendungen und verfolgst den Klimawandel. Auf meiner Tischecke steht abends das Notebook, daneben stapeln sich die aktuellen Bücher und obendrauf liegt das Etui mit den Ohrstöpseln, falls mir der Fernseher abends zu laut wird. Wenn Du nicht fernsiehst, hast Du die Ecke mit dem Cello und den Notenständer; ich habe die Ecke mit dem Zeichenblock und der Tageslichtlampe (aktuell mache ich Zentangle). Wir kochen beide und essen nicht immer zusammen; ich denke gerade darüber nach, Veganer zu werden. Wir gehen zusammen zum Wahllokal; aber wir wissen beide, dass wir nicht die gleiche Partei wählen. Darüber wird nicht diskutiert.
Das haben wir lange hinter uns.
Wenn ich ein paar Tage verreist war (was berufsbedingt manchmal sein muss), erzählen mir die Nachbarn manchmal mit schlecht versteckter Häme, dass während meiner Abwesenheit ein Laken und ein Höschen auf der Leine hinter dem Haus hingen. Manchmal möchte ich Dich bitten, diskreter zu sein, lasse es dann aber bleiben. Es könnte sein, dass ich (poetisch formuliert) einen Schneeball lostrete, der zur Lawine anwächst und am Ende das ganze Haus unter sich begräbt. Ich zähle die Jahre; wir sind beide beinahe sechzig. Bald ist es egal.
Zuletzt geändert von Zefira am 29.10.2014, 20:29, insgesamt 1-mal geändert.
Vor der Erleuchtung: Holz hacken, Wasser holen.
Nach der Erleuchtung: Holz hacken, Wasser holen.
(Ikkyu Sojun)
Nach der Erleuchtung: Holz hacken, Wasser holen.
(Ikkyu Sojun)
i n t i m
ist so ein schrecklich unintimes wort
die frauenärztin kann es nicht aussprechen
während etwas von ihrer nacktheit in den badezimmerspiegel fällt
doch in den kopf kommt es ihr ständig
es schiebt sich vor die gesichter ihrer patientinnen
vielleicht hat sie zu viele von ihnen gesehen
das unverkrampfte schlichte sprechen
hat alles auf eine glatte praktische art vertrocknet
manchmal vergisst sie abends das haargummi zu lösen
und schläft damit
das kreuzen der beine
lenkt sie ab
sie träumt mit den beinen
doch kein stück höher
wenn sie nachts träumt
beißt sie manchmal in die polsterung
ihres behandlungsstuhls
sie liebt broschüren
hebt sie alle auf
eine medizinische indikation ist gegeben
ist so ein schrecklich unintimes wort
die frauenärztin kann es nicht aussprechen
während etwas von ihrer nacktheit in den badezimmerspiegel fällt
doch in den kopf kommt es ihr ständig
es schiebt sich vor die gesichter ihrer patientinnen
vielleicht hat sie zu viele von ihnen gesehen
das unverkrampfte schlichte sprechen
hat alles auf eine glatte praktische art vertrocknet
manchmal vergisst sie abends das haargummi zu lösen
und schläft damit
das kreuzen der beine
lenkt sie ab
sie träumt mit den beinen
doch kein stück höher
wenn sie nachts träumt
beißt sie manchmal in die polsterung
ihres behandlungsstuhls
sie liebt broschüren
hebt sie alle auf
eine medizinische indikation ist gegeben
Vermag man eine Geschichte zu erzählen, die noch nicht geschehen ist?
Es verhält sich damit wohl wie mit unserer Angst. Fürchten wir uns doch gerade vor dem mit aller Macht, was gar nicht mehr geschehen kann, eben weil es schon längst geschehen ist.
Es verhält sich damit wohl wie mit unserer Angst. Fürchten wir uns doch gerade vor dem mit aller Macht, was gar nicht mehr geschehen kann, eben weil es schon längst geschehen ist.
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