Blick aus dem Fenster
Glasfassaden spiegeln mich
Jemand schaut herein
Urbanes Haiku
das finde ich sehr gelungen, weil es ein klares bild zeichnet und doch darüber hinaus eine viel weitere dimension zeigt – die auseinandersetzung mit sich selbst, die eigene wahrnehmung von außen, und das ohne zu werten, sondern einfach „in den raum gestellt“. sehr schön!
Hallo Birke,
freut mich dass die Zeilen gefallen
Das Prinzip "Zeigen statt werten" wird ja im Haiku ausdrücklich gefordert. Ich versuche aber auch es in anderen Gedichten zu beherzigen.
Aber ist es ohne Kigo (Das Jahreszeitenwort) noch ein Haiku?
Ein Senryu hingegen hätte eine Wertung oder persönliche Ansprache.
freut mich dass die Zeilen gefallen
Das Prinzip "Zeigen statt werten" wird ja im Haiku ausdrücklich gefordert. Ich versuche aber auch es in anderen Gedichten zu beherzigen.
Aber ist es ohne Kigo (Das Jahreszeitenwort) noch ein Haiku?
Ein Senryu hingegen hätte eine Wertung oder persönliche Ansprache.
Der Anspruch ihn auszudrücken, schärft auch den Eindruck
ja, ich denke schon.
das "kigo" kommt zwar als andeutung einer jahreszeit in traditionellen haiku vor,
aber die form kann ja doch inzwischen etwas offener gestaltet werden.
das ist ja ein weites feld ... und oftmals auch ermessenssache.
aber für mich passt der titel hier!
lg
das "kigo" kommt zwar als andeutung einer jahreszeit in traditionellen haiku vor,
aber die form kann ja doch inzwischen etwas offener gestaltet werden.
das ist ja ein weites feld ... und oftmals auch ermessenssache.
aber für mich passt der titel hier!
lg
Mein Eindruck: Angenehm stille Stimmung, das Bild lässt Surrealismus zu, den mag ich; und es klingt musikalisch.
Diesen guten Eindruck hätte ich auch dann, wenn das Werk keiner traditioneller Form folgen würde. Ich habe wieder vergessen, was ein Haiku ausmacht; ich könnte das sowieso nicht erkennen.
Ich bin Kulturforscher, halbtags, und möchte verstehen; meine Fragen sind seit Jahren unbeantwortet:
Ist das Befriedigungsgefühl nach dem erfolgreichen Eingießen von Worten in ein traditionelles Stilgitter vergleichbar mit dem Befriedigungsgefühl nach dem Füllen eines Kreuzworträtsels? Ist es also die Freude am Denksport?
Oder gibt die traditionelle Form so etwas wie eine historische Beständigkeit, und wenn man an diesem Formensystem teilnimmt, wird das eigene Werk automatisch ein Exempel einer gemeinsamen, gewachsenen Kultur? Ist es also die Freude, Teil eines größeren Systems zu sein, Teil einer großartigen Kultur?
Oder gibt die vorgegebene Form dem Schreiber emotionalen Halt im Sinn von "etwas richtiges tun"? ("Richtig", weil es traditionell ist. Beliebt, weil es wiedererkennbar ist.)
Was gibt es sonst noch für Thesen für dieses Phänomen?
Das ist keine Kritik! Nur ehrliche Neugier, weil ich es selber nicht verstehe.
Wie gesagt, mein Eindruck von dem Text bleibt positiv, egal ob seine Form neu ist oder traditionell.
Ich hoffe, meine Fragen werden nicht in den Off-Topic-Bereich verschoben, denn der Funke sprüht hier und jetzt; der obige Text war der Auslöser: Nun spiegeln sich eben auch die Stilformen beim Blick aus dem Fenster.
(Ich bitte um Entschuldigung für mein teilweise geschwollenes Gerede, meine Heizung spinnt gerade.)
Ahoy
P.
Diesen guten Eindruck hätte ich auch dann, wenn das Werk keiner traditioneller Form folgen würde. Ich habe wieder vergessen, was ein Haiku ausmacht; ich könnte das sowieso nicht erkennen.
Ich bin Kulturforscher, halbtags, und möchte verstehen; meine Fragen sind seit Jahren unbeantwortet:
Ist das Befriedigungsgefühl nach dem erfolgreichen Eingießen von Worten in ein traditionelles Stilgitter vergleichbar mit dem Befriedigungsgefühl nach dem Füllen eines Kreuzworträtsels? Ist es also die Freude am Denksport?
Oder gibt die traditionelle Form so etwas wie eine historische Beständigkeit, und wenn man an diesem Formensystem teilnimmt, wird das eigene Werk automatisch ein Exempel einer gemeinsamen, gewachsenen Kultur? Ist es also die Freude, Teil eines größeren Systems zu sein, Teil einer großartigen Kultur?
Oder gibt die vorgegebene Form dem Schreiber emotionalen Halt im Sinn von "etwas richtiges tun"? ("Richtig", weil es traditionell ist. Beliebt, weil es wiedererkennbar ist.)
Was gibt es sonst noch für Thesen für dieses Phänomen?
Das ist keine Kritik! Nur ehrliche Neugier, weil ich es selber nicht verstehe.
Wie gesagt, mein Eindruck von dem Text bleibt positiv, egal ob seine Form neu ist oder traditionell.
Ich hoffe, meine Fragen werden nicht in den Off-Topic-Bereich verschoben, denn der Funke sprüht hier und jetzt; der obige Text war der Auslöser: Nun spiegeln sich eben auch die Stilformen beim Blick aus dem Fenster.
(Ich bitte um Entschuldigung für mein teilweise geschwollenes Gerede, meine Heizung spinnt gerade.)
Ahoy
P.
Hallo Pjotr,
Du lobst die Musikalität. Musikalität ist aber das Ergebnis von Form. Natürlich müssen es nicht die seit Jahrhunderten tradierten Formen von Sonett oder Haiku sein, aber der begriff "Freier Vers" ist irreführend, denn jeder Dichter, wenn er das Dichten ernst nimmt sucht die passende Form. Das kann eine individuelle Form, genau für diesen einen Text sein, aber es ist Form, wenn die Worte mit Bedacht gewählt sind.
Seit Dichtung als Kunstform betrieben wird versucht man aber auch Gesetzmäßigkeiten zu finden, was harmonisch klingt und was nicht. Auf die Ergebnisse solcher Überlegungen greift man zurück wenn man eine tradierte Form wählt. Mann kann dumme oder banale Sonette schreiben, aber kaum ein schlecht klingendes, wenn man die Form in Reim und Rhythmus wahrt. Beim Haiku ist die harmonische Zeiteinteilung, nahe am goldenen Schnitt.
Hinzu kommt die Disziplin, der man sich als Dichter unterwirft, die eine bestimme Art von Konzentration fördert, so erlebe ich das. Eine feste Form fungiert wie eine Art Kristallisationskeim. Auf mittlere und längere Sicht erhöht sie auch den Wortschatz, weil die Begriffe die zuerst in den Sinn kommen oft nicht ins Schema passen.
Es ist ein viel bewussterer Umgang mit Sprache, als wenn man es "einfach fließen lässt".
Du lobst die Musikalität. Musikalität ist aber das Ergebnis von Form. Natürlich müssen es nicht die seit Jahrhunderten tradierten Formen von Sonett oder Haiku sein, aber der begriff "Freier Vers" ist irreführend, denn jeder Dichter, wenn er das Dichten ernst nimmt sucht die passende Form. Das kann eine individuelle Form, genau für diesen einen Text sein, aber es ist Form, wenn die Worte mit Bedacht gewählt sind.
Seit Dichtung als Kunstform betrieben wird versucht man aber auch Gesetzmäßigkeiten zu finden, was harmonisch klingt und was nicht. Auf die Ergebnisse solcher Überlegungen greift man zurück wenn man eine tradierte Form wählt. Mann kann dumme oder banale Sonette schreiben, aber kaum ein schlecht klingendes, wenn man die Form in Reim und Rhythmus wahrt. Beim Haiku ist die harmonische Zeiteinteilung, nahe am goldenen Schnitt.
Hinzu kommt die Disziplin, der man sich als Dichter unterwirft, die eine bestimme Art von Konzentration fördert, so erlebe ich das. Eine feste Form fungiert wie eine Art Kristallisationskeim. Auf mittlere und längere Sicht erhöht sie auch den Wortschatz, weil die Begriffe die zuerst in den Sinn kommen oft nicht ins Schema passen.
Es ist ein viel bewussterer Umgang mit Sprache, als wenn man es "einfach fließen lässt".
Der Anspruch ihn auszudrücken, schärft auch den Eindruck
Hallo ZaunköniG,
danke. "Musikalität ist das Ergebnis von Form" -- das leuchtet ein, damit hast Du alle Fragen mit einem Schlag beantwortet :-)
Vielleicht dachte ich mehr an die Verschachtelung vielerlei Formen, und an die Aneinanderreihung vielerlei kleiner Formen, um aus vielen kleinen eine große Form zu machen. Es gibt wohl viel mehr funktionierende Formen, als bisher existieren; aber die existierenden haben sich halt am besten bewährt. Gut. -- Ein Haiku hat drei Zeilen, also drei kleine Formen (die wiederum aus Wortformen bestehen). Ein 3/4-Takt klingt musikalisch. Ein 4/4-Takt auch, aber er "rotiert und fliegt" nicht wie ein 3/4. Er hat eine andere Stimmung. Bestünde Dein Text oben aus vier Zeilen, wäre er kein Haiku mehr, aber nicht notwendig unmusikalischer. Er hätte nur einen anderen Takt, eine andere Stimmung, vielleicht gar eine zum Inhalt besser passende, oder auch nicht. Ich fragte mich, ob manchmal der Form höhere Priorität gegeben wird als dem beabsichtigtem Inhalt; und wenn das stimmte, warum. In diese Richtung eher fragte ich mich. Aber die Sache mit der Diszipin leuchtet auch ein. Ich nehme an, das ist der intellektuelle Teil der Schaffensfreude.
Um ein Missverständnis zu vermeiden:
Ich wollte sagen: Diesen guten Eindruck hätte ich auch dann, wenn die Form des Werks keine traditionelle wäre, also wenn dies das erste Haiku der Welt wäre. Also, der Grund für das Gefallen liegt nicht in der Erfüllung der Traditions-Kriterien, sondern in der Form an sich.
Ahoy
P.
danke. "Musikalität ist das Ergebnis von Form" -- das leuchtet ein, damit hast Du alle Fragen mit einem Schlag beantwortet :-)
Vielleicht dachte ich mehr an die Verschachtelung vielerlei Formen, und an die Aneinanderreihung vielerlei kleiner Formen, um aus vielen kleinen eine große Form zu machen. Es gibt wohl viel mehr funktionierende Formen, als bisher existieren; aber die existierenden haben sich halt am besten bewährt. Gut. -- Ein Haiku hat drei Zeilen, also drei kleine Formen (die wiederum aus Wortformen bestehen). Ein 3/4-Takt klingt musikalisch. Ein 4/4-Takt auch, aber er "rotiert und fliegt" nicht wie ein 3/4. Er hat eine andere Stimmung. Bestünde Dein Text oben aus vier Zeilen, wäre er kein Haiku mehr, aber nicht notwendig unmusikalischer. Er hätte nur einen anderen Takt, eine andere Stimmung, vielleicht gar eine zum Inhalt besser passende, oder auch nicht. Ich fragte mich, ob manchmal der Form höhere Priorität gegeben wird als dem beabsichtigtem Inhalt; und wenn das stimmte, warum. In diese Richtung eher fragte ich mich. Aber die Sache mit der Diszipin leuchtet auch ein. Ich nehme an, das ist der intellektuelle Teil der Schaffensfreude.
Um ein Missverständnis zu vermeiden:
Pjotr hat geschrieben:Diesen guten Eindruck hätte ich auch dann, wenn das Werk keiner traditioneller Form folgen würde.
Ich wollte sagen: Diesen guten Eindruck hätte ich auch dann, wenn die Form des Werks keine traditionelle wäre, also wenn dies das erste Haiku der Welt wäre. Also, der Grund für das Gefallen liegt nicht in der Erfüllung der Traditions-Kriterien, sondern in der Form an sich.
Ahoy
P.
Hallo Zaunkönig,
dein textlein habe ich nun schon ein paarmal gelesen und ich mag es, weil es in mir als leser bilder aufsteigen lässt; eine andere frage ist, warum es unbedingt das etikett "haiku" tragen soll? da hier der mensch im mittelpunkt steht, würde wohl fast jeder, der sich irgendwann mal mehr oder weniger mit dieser literaturform auseinandergesetzt hat, diese frage eher mit einem einem klaren nein beantworten. andererseits braucht man nur ein wenig in Durs Grünbeins "Lob des Taifun" zu lesen und schon stellt sich die sache anders dar. für mich selbst vertrete ich mittlerweile den standpunkt, auf solche "etiketten" einfach zu verzichten oder aber den dehnbaren begriff "haiku-esk" zu verwenden. aber was soll's? dein text gefällt, und das ist die hauptsache ...
dazu grüßt der donkju
dein textlein habe ich nun schon ein paarmal gelesen und ich mag es, weil es in mir als leser bilder aufsteigen lässt; eine andere frage ist, warum es unbedingt das etikett "haiku" tragen soll? da hier der mensch im mittelpunkt steht, würde wohl fast jeder, der sich irgendwann mal mehr oder weniger mit dieser literaturform auseinandergesetzt hat, diese frage eher mit einem einem klaren nein beantworten. andererseits braucht man nur ein wenig in Durs Grünbeins "Lob des Taifun" zu lesen und schon stellt sich die sache anders dar. für mich selbst vertrete ich mittlerweile den standpunkt, auf solche "etiketten" einfach zu verzichten oder aber den dehnbaren begriff "haiku-esk" zu verwenden. aber was soll's? dein text gefällt, und das ist die hauptsache ...
dazu grüßt der donkju
Hallo Don,
"haikuesk" ist so ein Verlegenheitsettikett, das ich gar nicht mag. Was soll das bedeuten? Es bezieht sich auf eine Form, von der es sich gleichzeitig distanziert. Und was ist überhaupt ein Etikett in diesem Zusammenhang? Was ist der Unterschied zwischen Etiketten und Begriffen wenn wir von abstrakten Dingen wie Gedichten sprechen?
"haikuesk" ist so ein Verlegenheitsettikett, das ich gar nicht mag. Was soll das bedeuten? Es bezieht sich auf eine Form, von der es sich gleichzeitig distanziert. Und was ist überhaupt ein Etikett in diesem Zusammenhang? Was ist der Unterschied zwischen Etiketten und Begriffen wenn wir von abstrakten Dingen wie Gedichten sprechen?
Der Anspruch ihn auszudrücken, schärft auch den Eindruck
Eigentlich haben Haikus keine Titel. Aber die Forensoftware verlangt, dass dort irgendwas steht.
Ich hätte auch einfach die 1. Zeile eintragen können um den Text von so vielen anderen "o.T." zu unterscheiden.
Ich hätte auch einfach die 1. Zeile eintragen können um den Text von so vielen anderen "o.T." zu unterscheiden.
Der Anspruch ihn auszudrücken, schärft auch den Eindruck
Dann sähe es so aus als wäre die 1. Zeile der Titel eines zweizeiligen Gedichts :-)
Stell Dir mal die letzen beiden Zeilen als ganzes Gedicht vor: Das klänge sehr lapidar, und wie das Ende eines 2-taktigen Militärmarsches :-)
Aber, nun denn, klar, die Forensoftware will einen Titel. Ich wusste nicht, dass Haikus titellos sind. "O. T." etc. finde ich auch nicht schön. So gesehen, meine ich auch, ist "Urbanes Haiku" ein guter Fadentitel.
Stell Dir mal die letzen beiden Zeilen als ganzes Gedicht vor: Das klänge sehr lapidar, und wie das Ende eines 2-taktigen Militärmarsches :-)
Aber, nun denn, klar, die Forensoftware will einen Titel. Ich wusste nicht, dass Haikus titellos sind. "O. T." etc. finde ich auch nicht schön. So gesehen, meine ich auch, ist "Urbanes Haiku" ein guter Fadentitel.
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