WORT DER WOCHE
- jede Woche ein neues Wort als Musenkuss -
Lyrik, Prosa, Polyphones, Spontanes, Fragmente, Schnipsel, Lockeres, Assoziatives, Experimentelles
- alles zu diesem Wort - keine Kommentare - alles in einem Faden - 7 Tage Zeit -
~ blass ~
WORT DER WOCHE ~ blass ~
blass ist mein gefieder
wenn ich zu dir flieg
bin ich getarnt
wenn ich zu dir flieg
bin ich getarnt
ich lese gerade ein buch, in dem eine junge frau ständig rot anläuft. verstehe ich nicht. wenn ich verlegen bin, wenn mich etwas schockiert, wenn ich mich erschrecke, wenn mich etwas entsetzt (in all diesen situationen wird die protag immer rot), in all diesen situationen werde ich blass.
wann bin ich jemals rot angelaufen? ich glaube: noch nie. zählt ein sonnenstich?
wann bin ich jemals rot angelaufen? ich glaube: noch nie. zählt ein sonnenstich?
blass ist die zeit
während des sturms
davor, danach
dein wort
und wie es schillert
während des sturms
davor, danach
dein wort
und wie es schillert
Meine Farben mögen blass und zerbrechlich wirken; meine Worte nicht! Ich lass mich dunkel schreiben, und tief. Ich lass mich erst von den roten Spätwinden dieses Augusts verwehen, mich dann zu Funken zerstieben und schließlich aussterben. Im September schreibe ich mich wieder ... und anders; und je näher der November rückt, desto mehr bäumt sich meine Blässe, meine Zerbrochenheit zu einer Urgewalt. Im November schreib ich mich wieder ... und anders - in saudade.
meine blassheit sucht deine kraft. die schleier über mir verschlingen die farbe, und während meine hände nach worten ringen, bist du fern. die stürme verwesen. zurück bleibe ich, stumm, in meiner weißen haut. neben mir der baum ist kahl. und wenn du mich findest, werde ich nicht mehr sichtbar sein. solange, bis ein neuer sturm die farbe zurückbringt und unsere hände sich zusprechen, verblasse ich. beeile dich.
Heute bin ich mondenblass. Dein Fernsein verschlingt meine Farbe; sogar mein Auge wirkt weniger tief - Gedanken an dich werfen mir trübe Schleier in den Blick. Die Zeit verwest Stunde um Stunde, und nichts scheint genug geschrieben, nichts ... nicht einmal das Wort du! So spreche ich es nicht; so schreibe ich es nicht; so will ich es nicht denken ... in dieser fahlen Nacht. Vor mir das Papier bleibt bloß ... so bloß wie ich in diesem Moment eben sein kann - in diesem Moment, da du fehlst, und da ich misse. Du könntest mich jetzt nicht einmal sehen, weil jeder Sichtbarkeit entgehe, so lange, bis deine Hände mich wieder tasten, deine Worte mich wieder fassen. Dann bedeutet meine Blässe keinen Verlust mehr, sondern ein Dasein ... dein Dasein.
ich warte, selbst der mond verblasst, stille. woher nimmst du die ruhe? du gehst schritt für schritt, bergauf, bergab. ob du mich je erreichst? du sagst, der nächste sturm sei nah, und er trüge dich mit sich, und die farben, zu mir. worte, so fern, chiffriert. neben mir ein stöhnen. ist es der wind im fahlen geäst? meine augen flackern. ich warte.
nach deiner berg- und talfahrt bin ich der geist, der mit den händen den nebel durchdringt. das land ist in aufruhr, denn du verkündest den sturm. noch ist das blatt weiß, aber ich sehe grün, greife zur feder und schreibe das durchsichtige wort. als mich der wind empor hebt, sagst du: ja. nun suchen wir gemeinsam nach der farbe, die es nicht mehr gibt. wir verblassen. meine hand ringt nicht mehr, sie sagt dir zu. und du legst deine blässe an meine.
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