Lyrischer Dialog

Hier ist Raum für gemeinsame unkommentierte Textfolgen
Nifl
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Beitragvon Nifl » 11.08.2006, 17:59

Liebe Schreibfanatiker,

ich möchte hier in diesem vitalen Forum einen "lyrischen Dialog" beginnen. Lyrische Dialoge sind kooperatives Schreiben, Gedichte, die (auf-)einander aufbauen. Das können inhaltliche Bezüge sein, oder es werden Worte des "Vorschreibers" aufgegriffen, oder man übernimmt einfach nur die Stimmung.
Hierdurch entstehen unkommentierte Gedichtfolgen. Die Form bleibt dem Autoren überlassen (zB. ob gereimt oder ungereimt ...)
Würde mich über rege Beteiligung freuen!

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Zuletzt geändert von Nifl am 30.08.2006, 19:10, insgesamt 2-mal geändert.

Niko

Beitragvon Niko » 24.12.2016, 16:54

es spielen
übersinnliche melodien
der regen zieht
sich einen weißen mantel über
es trägt sich ein schall
zwischen die membranen fort

das leben ist ein wunder

In einer verdunkelten hülle
ruft ein kern
nach leblosigkeit
Nach außen dringt kein ton
und innen schlägt es noch
wie immer nur
so verdammt so bewusst
als gäbe es ein übermorgen

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Eule
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Beitragvon Eule » 26.12.2016, 11:51

Eine Durtonleiter so
frisch wie der April
schon länger im auf und
ab der Nachrichten
im Unterseeboot in
kleinem Kreis mit
Spinnweben über den
Bullaugen
Ein Klang zum Sprachspiel.

Niko

Beitragvon Niko » 29.12.2016, 08:25

in meiner unterkunft
nistet eine spinne
zwischen der decke
die mir auf den kopf fällt
und der wand
die mir wegbricht
die spinne hält es zusammen
webt neue fäden
die halt geben
und ernährt sich von
lichthungrigen motten
die durch die risse ans licht streben
und quirligen asseln
auf der flucht in die dunkelheit
ich bleibe im schatten
Zuletzt geändert von Niko am 29.12.2016, 18:40, insgesamt 1-mal geändert.

Nifl
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Beitragvon Nifl » 29.12.2016, 18:05

Als sehe dort ein Gesicht zu
und wir verschwömmen die Grenzen
wie oft wir sie woben
an der Schwellenangst entlang
schon ein Streifen wäre zu fest
zwei Lose sind wir
wollen nicht treiben
wie Wasserpflanzen unter Eis
so rufen
"Das bin ich. Ich bin Polygonum Polymorphum" (Wolfgang Oehme)

Niko

Beitragvon Niko » 02.01.2017, 15:35

als schwämme uns eine ohnmacht zu
geboren aus leeren wortfluten
ohne rüstzeug und gnade
und du gabst mir ein wort zurück
das ich dir zuvor geschenkt
und das ich behütet zu sein glaubte

doch hinter deinen futternäpfen
spie ein adonis ins feuer
und dachte an die folgeschäden

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nera
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Beitragvon nera » 05.01.2017, 03:49

ich verlor ein wort
an den himmel den schnee
zertrat den schnee
wütend
zertrat die worte
spie sie wie ein verlassener adonis
in futternäpfe
(eine stimme wirft mich an den fels
hiobs nashorn
das echo)
wollte in bäumen nisten
will in bäumen nisten

die müde mondin der stille stern
versinken im nebel

aber gestern erinnerste du mich
an vorgestern
und wir waren schlingpflanzen
unter der eisdecke
und unsere tentakel fanden einen spur
ohne uns
ins behauste
jenseits aller echos
ernteten wir bittere früchte
und waren uns mehr
als wenn auf unseren fingerspitzen
kristalle schmelzen
oder wir uns rüsten für eine flucht
in bäume
in meinen träumen liebste
bin ich schon borke
habe die worte verraten
wie herbstblätter preisgegeben

und irgendjemand spukt in eine suppe
bevor er worte zwischen deckel presst
oder aufspiesst wie schmetterlinge
in schaukästen ausstellt
und ich bekenne mich schuldig
weil mir die worte wie schnee schmelzten
auch die die du mir anvertraut hast
und
wegen meiner baumverliebtheit
oder das ich in kein näpfchen treten wollte
lieber
spucken
und nicht mehr an götter glaube
und adonis auf meiner zunge schmelzen lies

Nifl
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Beitragvon Nifl » 05.01.2017, 17:33

Dabei durchwacht der Fluss (Bekenntnis)

(der Fluss der ewig fließt)
(nur dass ihn jemand entdeckt
und ein Gedicht schreibt)
(fließen und sprießen)

schlingern und schleiern

sich vorstellen ein Deckel zu sein

kochen und strudeln

(den Halt an Schlingpflanzen suchen)
(ziehen dich runter: Mutter)

klappern und zischen

wie ungezähmt du bist

wie gern ich mit dir schlingere und schleiere

(Sein Körper hatte wie wild um sein Herz herum geklopft (A. Sthers))
"Das bin ich. Ich bin Polygonum Polymorphum" (Wolfgang Oehme)

Niko

Beitragvon Niko » 05.01.2017, 23:01

zwischen den unkenrufen
des flusses zögerte das seufzen
und hielt der blindheit
einen spiegel vor
der in betrachtung fragezeichen spie

woher zogen die anklagenden blicke
in welchem haussee
war die leichtigkeit beschwert worden
und warum lächeln wir
wenn wir sterben

du hast gesagt
dass kein wald brennt
wenn jemand feuer ruft
aber ich brannte
schon als du fehltest

jetzt suche ich
hinter jedem klatschmohn
nach sommer und lust
aber ich erkenne die farben
nicht mehr

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leonie
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Beitragvon leonie » 08.01.2017, 13:48

Der Mond,
kühl über den Feldern
und kümmerlich halb.
Vermag doch,
einen Schatten
zu werfen, den du
als deinen erkennst.

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Ylvi
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Beitragvon Ylvi » 08.01.2017, 15:08


wehmut [sic?]

der schatten kümmerlich halb ?
(das fragezeichen siehst du es an
wie ein vergilbtes photo
oder die schnur eines fliegenfischers
bei nacht bei nacht sag) (liest du
manchmal warum
ist das wichtig
ob du lächelst
wenn (das verhakt sich in lippen)
ach was weiß der mond schon
vom strahlen dem fluss der blicke
worin man sinkt ist immer ein see
und schwebte man dort nicht
über kalten dürren kratern
man könnte sich seitenlang
über das wort begegnen bereden
und wäre doch eins und eins
gezähmt vom ungewissen


Das ist das Schöne an der Sprache, dass ein Wort schöner und wahrer sein kann als das, was es beschreibt. (Meir Shalev)

Niko

Beitragvon Niko » 08.01.2017, 23:19

dort wo das licht verendet
dort findest du mich
und als du es sagtest
war eine lebensbrache
sie glänzte mit abgründen
und wuchs heran allmählich
wurde eine richtung ein weg
und sie suchte nach richtungspfeile
aber du sahst nur
was noch nicht da war

und doch
ich sah dich
wann immer ich licht sah

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nera
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Beitragvon nera » 09.01.2017, 02:21

weh
mut
ich seh mich
auch im schatten
mein gezähmtes auge
( zarte tränen)
blickte rückwärts
"ruckwart"
lachte ich dir ins ohr
leise
und kaute mir den mond zur sonne
mittags
zurecht sagte ich leise
mittags zu midsommer
und dann schlenderten die schatten schon
zur unzeit in ihre verstecke oder schluchten
zurecht in vorgerückten nachmittagen
gabs mondlicht zwischen den zeilen
und mir war so weh nach mut
und ich zähmte meine hand
dass sie das mondlicht nicht aus dem dem lachen strich
und den nebel
liesen wir gewähren

du konservierst die schatten

schreiben wir uns in spuren
du
wenn wir uns lieben
Zuletzt geändert von nera am 09.01.2017, 04:02, insgesamt 1-mal geändert.

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nera
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Beitragvon nera » 09.01.2017, 03:02

ich seh mich
im licht
wenn ich einsam bin
folge ich deinen monden
dem kontrapunkt
den buchstaben die deine händen
zeichnen wimpernzittern
oder mundwinkeln
bruchzeiteln
buch
stabeln freigeistern
sonnen sich meine augen
im schatten deiner freiheit
im sternenlichtfall
weißer zwerge
schwarzer uhren

https://www.youtube.com/watch?v=QH3Fx41Jpl4

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nera
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Beitragvon nera » 09.01.2017, 03:56

ich bin so leer
ich mag nicht beten

ich denke mich müde
ich bin eine uhr die zu langsam tickt
wann immer ich licht sehe möchte
möchte ich ungezähmt sein gezähmt
beten bitten
den fluss schultern in ihm untergehen
schwimmen den fluss um meinen schultern tragen
und die schatten
ohne zu zittern


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