unsinnig

Bereich für Erzähl- und Sachprosa, also etwa Kurzgeschichten, Erzählungen, Romankapitel, Essays, Kritiken, Artikel, Glossen, Kolumnen, Satiren, Phantastisches oder Fabeln
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tulpenrot
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Beitragvon tulpenrot » 24.09.2006, 08:55

Originaltext:
"Weißt du...", begann sie zögernd. Sie hatte ihre Vorstellungen. "Ich habe gewartet." Wieder nahm sie den Pinsel. "Wieviel Braun brauche ich?" Das Grün bröselte in die Asche. "Unsinnig, alles unsinnig," dachte sie. Seine Augen wärmten doch nicht mehr.

1. Verbesserung am 24.09.06:
"Weißt du...", begann sie zögernd. Sie hatte ihre Vorstellungen. "Ich habe gewartet." Wieder nahm sie den Pinsel zur Hand. "Wieviel Braun brauche ich?" Das Grün bröselte in die Asche. "Unsinnig, alles unsinnig," dachte sie. Seine Augen wärmten doch nicht mehr.
Zuletzt geändert von tulpenrot am 24.09.2006, 22:50, insgesamt 1-mal geändert.
"Ach, wissen Sie, in meinem Alter wird man bescheiden - man begnügt sich mit einem guten Anfang und macht dem Ende einen kurzen Prozess." AST

Jürgen

Beitragvon Jürgen » 24.09.2006, 09:41

Hallo Tulpenrot

Eine knappe Momentaufnahme, in der eine Menge drinsteckt. Die Farben sind gut eingebaut. Grün deute ich hier als Farbe der Hoffnung und des Wachsens. Braun, die Erdfarbe, steht in diesem Text wohl eher dafür Intensität der Gefühle zu mindern, Bodenständigkeit hineinzubringen.

"Wieder griff sie zum Pinsel" oder "wieder nahm sie den Pinsel zur Hand" klingt meines Erachtens besser, wobei Deiner Version natürlich richtig ist.

MfG

Jürgen

Gast

Beitragvon Gast » 24.09.2006, 10:47

Hallo, liebe angelika,

das gefällt mir ausgesprochen gut, weil es unausgesprochen in einem feinen Bild die Stimmung beschreibt, die sich breit macht, wenn die Liebe entschwunden ist.
Es hilft kein Grün mehr...

Dennoch hoffnungfrohe Sonntagsgrüße
Gerda

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tulpenrot
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Beitragvon tulpenrot » 24.09.2006, 13:14

Hallo Jürgen, hallo Gerda,

dass ihr mir so freundliche Rückmeldung zu diesem meinem Experiment gebt, freut mich. Ich bin selber noch dabei, den Text für mich zu entdecken - da ich ihn heute morgen so zwischen Kaffeetasse und Gesangbuch aus einer Laune heraus verfasste. :pc0034: :e020:

*zwinker* mal zu euch rüber.

tulpenrot
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Antibus

Beitragvon Antibus » 24.09.2006, 13:58

Hallo tulpenrot,

ei, das ist ja mal etwas ganz neues. Das gefällt auch mir sehr gut.

Einen schönen Sonntag dir.

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tulpenrot
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Beitragvon tulpenrot » 24.09.2006, 22:54

Hallo Antibus,

Hmmm, es war für mich selber überraschend.
Und animierte mich gleich, ihn noch etwas auszubauen.
Ob es was bringt?


"Weißt du...", begann sie zögernd. Sie hatte ihre Vorstellungen. "Ich habe gewartet." Wieder nahm sie den Pinsel zur Hand.
'Wieviel Braun brauche ich?' überlegte sie.
Das Grün bröselte in die Asche. Überall machten die Anderen draußen Kartoffelfeuer.
'Wann habe ich ihn eigentlich schön gefunden?' schoss es ihr durch den Sinn.
Wie lange er einfach so dastand, wussten hinterher beide nicht mehr.
'Ein Hut muss ins Bild gesetzt werden, breitkrempig. Den kann man nehmen', fand sie.

"Weißt du," setzte sie erneut an, "warten muss man können." Erst sammelte man die Knollen aus dem Boden, dann verbrannte man das trockene Kraut. "Lass es gut sein," sagte sie. Er bemühte sich nicht mehr, die Hände auf der Stuhllehne zu lassen. "Und schweigen muss man können", setzte sie nach. "Vor allem, wenn es brenzlig ist." Sie mochte diesen Geruch von draußen nicht.
'Waren sie schon immer so schmal, seine Hände, seine Lippen?' fragte sie sich. 'Ich muss sie weiß lassen, wie Marmor.'
Er roch schon lange die Asche. "Ich hätte uns Zeit lassen sollen", sagte sie." Feuer hat seine Zeit." Als er auf seine Schuhe blickte, war es sehr spät.
'Grau passt gut zu seinen Fingernägeln. Schließlich war sein Weg staubig gewesen und weit,' dachte sie.

Selbst, wenn er sich aufrichtete, war er ein bisschen krumm. "Besonders abends habe ich gewartet, jeden Abend", hörte er sie sagen. "So war es ausgemacht," sagte sie, "dass ich warte." Jede Holzdiele unter seinen Füßen hatte ihr eigenes Muster, wie geplant. "Nicht wahr, du erinnerst dich?" fuhr sie beharrlich fort. Mit eiligen Pinselstrichen fieberte sie den Himmel blau. Ihr Bild war fertig.
'Unsinnig, alles unsinnig,' dachte sie. 'Seine Augen wärmten doch nicht mehr.'

"Der Preis! Wir haben noch nicht über den Preis gesprochen!" rief sie aufgeregt. Er ließ alles stehen, wie es war. "Zieh die Tür ins Schloss, wenn du gehst", sagte sie. "Damit es nicht kalt wird." Wohin sollte er auch seinen Kopf wenden?
Zuletzt geändert von tulpenrot am 25.09.2006, 22:11, insgesamt 1-mal geändert.
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Antibus

Beitragvon Antibus » 25.09.2006, 00:22

Hey tulpenrot - ich bin mal unkreativ, du weißt schon...

wo hast du das denn ausgegraben???????

Ich bin begeistert. Und da sagst du mir, ich schriebe komische Sachen???????????

Das ist Spitze!!!

Gefällt mir. Nur musst du dir jetzt von mir sagen lassen: Ich muss da noch mal gucken, du, weil teilweise ist es mir ein Rätsel.

Sowas kommt von sowas, verstehst du es jetzt?

Liebe Grüße, Kati

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tulpenrot
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Beitragvon tulpenrot » 25.09.2006, 22:10

Hallo Antibus ;-).

tja, das war gestern einfach mal so eine Idee, die mich weiter trieb. Auf zu neuen Ufern...??? Keine Ahnung.
Jedenfalls hat es Spaß gemacht.

Mir ist noch eine Veränderung am Schluss eingefallen:
Der letzte Satz gestrichen, stattdessen:
Als er seinen Kopf hob, blieb sein Blick an ihrem Bild hängen. Wohin sollte er ihn auch wenden?

Liebe Grüße
tulpenrot
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claire.delalune

Beitragvon claire.delalune » 26.09.2006, 13:08

hallo tulpenrot,
deinen text habe ich eben offline gelesen und weil er mich so beeindruckt hat, "mußte" ich mich jetzt einloggen, um dir eine antwort zu schreiben.

zwei dinge beeindrucken mich: zum einen, wie du in diesen ersten, wenigen zeilen so viel stimmung und tiefe erzeugen konntest. das sind ja wirklich nicht viele worte und doch ziehen sich mich beim lesen hinein in den text. auf der einen seite möchte ich mehr wissen. aber auf der anderen seite, und das gefühl überwog zunächst, reichte es mir absolut. eine momentaufnahme, wirklich in sich abgeschlossen, wie ich es mir besser nicht vorstellen kann.

dann las ich die kommentare und fand in deiner weiteren ausarbeitung das zweite, das mich beeindruckt hat: daß du es geschafft hast, dich wieder und weiter in diese stimmung hinein zu begeben und diese momentaufnahme auszubauen. im ansatz ist dir das sehr gut gelungen, finde ich.
es geht mir allerdings wie antibus, daß ich manches noch ein bißchen verwirrend und rätselhaft finde. letzteres darf sein, meine ich. es sollte nicht alles aufgelöst werden. der hauch geheimnis, daß man nicht genau weiß, mit wem sie redet - mit sich selbst oder einem tatsächlichen gegenüber - der sollte bleiben, meiner meinung nach.

darum gefällt mir der schluß auch am allerwenigsten. sowohl die variante mit dem "über den preis reden" als auch die mit "dem kopf wenden". das paßt für mich nicht mehr zu der vorigen geschichte. da wird sie zu real.

ich weiß nicht, wie die anderen das sehen. aber ich würde dir vorschlagen, das ende geheimnisvoll und offen zu lassen.

aber auf jeden fall steckt in dieser geschichte ein großes potential. und ich bin gespannt, was du noch daraus machen wirst.

lieben gruß,
kathrin

Mucki
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Beitragvon Mucki » 26.09.2006, 13:59

Hallo tulpenrot,

mach doch zwei Versionen daraus. Einmal die Kurz-Prosa-Variante, und dann die zweite, längere Version, die ich sehr gelungen finde!
Saludos
Magic

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tulpenrot
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Beitragvon tulpenrot » 29.09.2006, 22:29

Hallo Claire,

du hast dich wirklich sehr weit in meine Texte hineingelesen! Ich danke dir dafür. Das Geheimnis soll bleiben oder ich finde, der Leser kann seine Gedanken auch dazu haben. Ich deute ja nur an - oder vielmehr überspringe manches, was ungesagt bleibt. Die Geschichte wird ja nur in Fragmenten erzählt.
Die Schlusswendung bringt aus meiner Sicht eher Tempo in die Geschichte. Vielleicht stört sie deswegen? Die Geschichte geht nicht glatt weiter. Es gibt einen Sprung. Mir war es lieb so - es passt eigentlich zu mir, zu meiner Persönlichkeit ... Ob das "Lyr.sie" so reagieren soll, weiß ich nicht, auch er verhält sich ja eigentümlich... oder doch folgerichtig? Ich bin immer noch gespannt, was man aus dem Text machen könnte... ein eigener "Abenteuerspielplatz" *schmunzel*


Hallo Magic,

ja, so sehe ich das auch - ich werde beide Versionen nebeneinadner herlaufen lassen. Ich finde nämlich die erste kurze Version hat ihren Reiz. Aber dann habe ich versucht, einfach darin weiterzugehen, um auszuloten, wie weit trägt es mich? Fand alles sehr sehr spannend. :-)

Danke für deine zustimmenden Worte

Liebe Grüße und ein schönes Wochenende
tulpenrot
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Antibus

Beitragvon Antibus » 03.10.2006, 07:46

Hallo Tulpenrot,

ich würde auch eine zweite Version daraus machen und nicht anhand von Kommentaren anderer die erste "einschmelzen" - dazu ist dein Text nicht gemacht - verkommentiert zu werden. Außerdem besitzt jeder Text immer einen eigenen Zauber, ein eigenes Gefühl. Das geht durch eingearbeitete Änderungen leicht verloren. Entweder, man kann schreiben - oder nicht. Am Ende helfen Änderungsvorschläge von anderen nicht wesentlich dabei, ein Stück besser zu machen. Du kannst das ohne das. Und - es ist deines.

Liebe Grüße, Kati

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Beitragvon tulpenrot » 03.10.2006, 19:32

Liebe Kati,

danke für deine Ermutigung. Das Verkommentieren ist schon so eine Sache. Ich bin selber aus diesem Grund manchmal sehr vorsichtig mit Verbesserungsvorschlägen.

LG
tulpenrot
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Gast

Beitragvon Gast » 03.10.2006, 21:29

Liebe Angelika,

ich würde(auch) beide Versionen "leben" lassen...
Sie haben es verdient, nicht miteinander vermust zu werden ;-)
Gerade ds rätselhaft gefällt mir an der ausführlicheren Variante...
es ist immer noch Kurzprosa und die darf ruhig ganz viele Fragen offen lasssen, finde ich.
Mich stört ein einziger Satz:
"Wie lange er einfach so dastand, wussten hinterher beide nicht mehr"
Hier ist von dem wir die Rede, dass es ansonsten im Text nicht gibt... das empfinde ich störend.
wusste sie nicht mehr, fände ich besser... aber nur eine Kleinigkleit, ansonsten bin ich sehr angetan. :-)

Liebe Grüße
Gerda


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