Wenn Jurek, so wie jetzt, an einem Tisch saß, dann stand er sofort im Zentrum der Aufmerksamkeit. Gewiss, er hatte bessere Zeiten gesehen. Mit mittlerweile vierundsiebzig Jahren konnte es ihm passieren, dass sich sein Gebiss lockerte, während er einen seiner schamlosen Witze erzählte. Er war ein kleiner, alter Mann, mit ausgedünntem grauem Haar, das er sich über seine ausladende Glatze kämmte, und einem Kugelbauch, der sich über seinen kurzen, krummen Beinen wölbte.
„Paul, wo hast du deine Freundin versteckt?“, fragte er. Das war sein Lieblingsthema. Jurek war mit Abstand der dienstälteste Frauenheld, den Paul je getroffen hatte. Der junge Mann lächelte ein wenig gequält, wie er es sich angewöhnt hatte, seit er sich mit seinem Schicksal als ewiger Hagestolz angefreundet hatte.
„Ich habe keine Freundin, Jurek. Die Frauen stehen heute nur noch auf Ärzte.“
Jurek guckte eher ein wenig verletzt, als dass er über Pauls unglücklichen Witz gelacht hätte.
„Unsinn!“, rief Frau Meier, Jureks letzte Eroberung. Alle hofften sie würde wirklich die letzte sein und ihm für die restlichen Jahre seines Lebens nicht abhanden kommen, wie all die anderen. Sie war natürlich und mit Abstand nicht so hysterisch wie die Französischlehrerin, mit der Jurek noch vor einigen Jahren aufgetaucht war. Eine Kinderkrankenschwester im Ruhestand. Sie kürzte ihm die Anzüge und schimpfte mit ihm, wenn er seinen Freunden am Telefon alte Nazilieder vorsang.
„Nimm noch ein wenig von dem köstlichen Gulasch!“, nötigte Jurek. Er hatte diesen Drang, andere Menschen zu füttern.
„Herrlich! Großartig! Viel besser als der Hirschrücken, den wir gestern hatten, Gustav!“
„Für uns reicht es“, erwiderte Pauls Vater auf die ihm eigene ironische Art.
Jurek suchte ein neues Thema. Wieder wandte er sich an Paul.
„Ich bin ja froh, dass ich in diesem antisemitischen Haushalt überhaupt etwas zu essen bekomme.“
„Raus. Du kannst gleich gehen!“ Pauls Mutter reagierte so, wie Jurek es sich gewünscht hatte. Bei diesem Thema verstand sie keinen Spaß. Früher war sie noch durch die Ruhr-Universität gelaufen und hatte Ho-Ho-Ho-Chi-Min gesungen. Auch sie hatte schon bessere Zeiten gesehen. Sie wirkte bleich und müde. Die unnatürlich starke Dezembersonne, die durch die großen Fenster strahlte, brachte sie zum Schwitzen. Als sie sich Anfang der siebziger Jahre für den Club of Rome eingesetzt hatte, wurde sie von den meisten Leuten für verrückt erklärt. Nun, bei fünfzehn Grad im Dezember war klar, dass sie wieder einmal Recht behalten hatte. Aber wer Recht hat, ist deshalb nicht glücklicher.
„Mama! Bitte!“, versuchte Paul zu intervenieren. Dann wandte er sich ganz ernst an Jurek.
„Ich bin ganz gewiss kein Antisemit. Und antiamerikanisch bin ich auch nicht. Über die amerikanisch-israelische Kriegspolitik müssen wir jetzt aber trotzdem nicht reden.“
„Nun gut. Das habe ich auch nicht so gemeint“, lenkte Jurek ein. Er war ein bisschen milder geworden. Schließlich wollte er nur Pauls Mutter ärgern.
„Gustav! Dieses Gulasch! Einfach himmlisch! Was gibst du da hinein!“
Sein tschechischer Akzent war noch genauso stark wie vor über dreißig Jahren, als er den Hund der Familie Ost überfuhr und sich dann mit ihnen anfreundete.
„Herr Doktor. Einfachste ostwestfälische Zutaten.“
„Sag, Gustav. Paprika? Tomaten? Und Zwiebeln?“
„Genau. Zwiebel. Eine alte Bekannte mit Beziehungen nach Ungarn empfahl mir dies. Ich wollte Evas Namen eigentlich heute nicht erwähnen.“
Jurek ging nicht weiter darauf ein. Eva war seine Ex-Frau. Sie hatte ihn genug gekostet. Eine Million Mark. Sein Ferienhaus auf Mallorca. Die Villa in Lüdenscheid. Nicht genug, dass sie ihren Mann mit dem Steuerberater betrogen hatte, der ihn schon zuvor um ein Vermögen gebracht hatte. Nein, dieser Steuerberater war auch noch sein Cousin. Über zwanzig Jahre nach der Trennung sorgte sie immer noch dafür, dass er weder seine Kinder noch seine Enkelkinder zu Weihnachten bei sich haben würde. Als hätte sich bei ihr ein Schalter umgelegt. Wen sie nicht mehr liebte, den musste sie hassen.
Paul erinnerte sich noch daran, wie er das Laub auf dem Grund des leeren Swimmingpools betrachtet hatte. Er war mit vielleicht sechs Jahren zu klein, um zu begreifen, wieso Menschen, die einen Pool im Garten hatten, diesen nicht mit Wasser füllten. Ein regnerischer Tag im Jahre neunzehnhundertachtzig. Jurek hatte Gustav mitgenommen, um wenigstens ein paar Möbel vor seiner raffgierigen Frau in Sicherheit zu bringen. Das war der Kern der Erinnerung. Jurek steht in dem großen Wohnzimmer und weint. „Als hätte man bei ihr einen Schalter umgelegt. Einen Schalter, Gustav! Einfach so!“ Dann war Paul in den Garten geschickt worden. Weinende Männer sind nichts für Kinder.
Eigentlich war Jurek schon immer da gewesen. Und er hatte auch schon immer so alt ausgesehen. Schon als er nach dieser Sache mit Eva ständig andere Frauen an seiner Seite hatte. Eine Weile ging er sogar mit einer Freundin von Pauls Mutter aus. Paul erinnerte sich noch daran, dass er mit den beiden an einem See im Allgäu spazieren gegangen war. Es war schrecklich langweilig. Nur dass Jurek Frau Fischer immer ärgerte und ihr Beinchen stellte, gefiel ihm. Aber dann klatschte Frau Fischer, die Jurek um Haupteslänge überragte, ihm eine Ohrfeige ins Gesicht, die sich gewaschen hatte. Der Tag war ruiniert. Zumindest für Paul. Denn nun musste Jurek Frau Fischer wieder versöhnlich stimmen. Sonst hätte er sich ein eigenes Zimmer in der Pension nehmen müssen. Süßholz raspelnde Männer sind auch nichts für Kinder.
Jurek war wie ein Großvater für Paul. Ein lustiger Großvater. Einmal besuchte er die Osts. Er wollte sich in Ruhe mit den Eltern unterhalten, aber die Kinder ließen nicht von ihm ab. Da nahm er sich ein Klebeband und schnappte sich Paul und dessen Bruder, trug sie je auf einer Schulter auf den Dachboden und fesselte sie so fest, dass sie ewig brauchten, um sich zu befreien. Jurek war ganz schön stark, trotz seiner Körpergröße. Er war auch viel netter als Pauls richtiger Großvater, der alte Ost, der mal deutschnational war. Im Krieg. Kein Nazi. Kaisertreu.
Paul hatte noch Jureks Mutter kennen gelernt. Zuletzt wohnte sie bei Jurek, in seiner Wohnung in Bochum Querenburg. Wie ein altes, dürres Vögelchen war sie ihm vorgekommen. Die Frau, die ihm auf Tschechisch das Zählen beigebracht hatte, konnte kaum noch sprechen. Sie weinte und sprach mit Pauls Mutter.
„Ich will sterben. Warum lässt er mich nicht?“
Jurek war Arzt. Seine Mutter damals schon über neunzig Jahre alt.
„Ich habe ihr heute noch frisches Blut gegeben. Sie hat auch ein bisschen Kuchen gegessen“, freute sich Jurek.
Erst als sie Paul sah, hörte sie mit dem Weinen auf. Sie hatte den kleinen Jungen schon immer gemocht. Jetzt griff sie mit ihrer runzeligen, kleinen Hand nach Pauls Handgelenk.
„Du bist so schön“, sagte sie. „So ein liebes Kind.“ Dann wollte sie ihm ein Stück von ihrem Kuchen anbieten. Nur mit Mühe lehnte er ab.
Paul hatte immer auch ein wenig Angst vor Jureks Mutter. Damals, als sie ihm das Zählen beigebracht hatte, war ihr der Ärmel der Bluse verrutscht.
„Warum haben Sie denn da einen Stempel?“ hatte Paul gefragt und sich gewundert, dass die Nummer so hässlich und unscharf gestochen war. Keiner sagte etwas. Jurek nicht. Seine Mutter nicht.
Jurek selbst sprach selten vom Dritten Reich. Erst als er schon über siebzig war, begann er immer öfter zu erwähnen, dass er Jude sei. George W. Bush und Scharon waren seine Helden. Jede Maßnahme im Kampf gegen den Terror gerechtfertigt. Man musste den Terroristen das Handwerk legen.
Paul diskutierte darüber nicht gerne mit Jurek. Er wartete lieber, bis Jurek anfing von seiner Kindheit zu sprechen. Als Elfjähriger war er in ein Konzentrationslager gekommen und von der Mutter getrennt worden. Schon damals war er hochbegabt. Er rieb sich mit einer chemischen Substanz ein. Wegen der Hautreizung wurde er zunächst ins Lazarett geschickt. Von dort konnte er fliehen und sich bei tschechischen Verwandten verstecken, bis der Krieg zu Ende war. Auch seine Mutter hatte überlebt. Der Vater, ein katholischer Lehrer, ebenfalls.
Wirklich schlimm waren laut Jurek vor allem die Kommunisten. Neunzehnhundertachtundsechzig floh er aus Prag. Weil er frei sein wollte. Vielleicht auch, weil seine erste Frau sich im Krankenhaus mit dem Chefarzt eingelassen hatte. Seitdem lebte er im Ruhrgebiet. Oft stellte sich Paul vor, wie das wohl sein mochte, wenn Jurek am Operationstisch stand, um einen Menschen zu retten, der vielleicht noch zwanzig Jahre vorher versuchte hatte, ihn und seine Familie zu vernichten. Davon erzählte Jurek jedoch nichts. Und Paul traute sich nicht, zu fragen.
Jurek interessierte sich auch viel mehr für Pauls Freundinnen. Melanie war ihm noch zu unbedeutend erschienen.
„Italienerinnen können gut kochen! Aber pass auf, dass du nicht dick wirst, Junge.“
Dagegen war er von Mirjam geradezu begeistert. Jedes Mal, wenn er sie bei Pauls Eltern traf, nahm er Paul beiseite.
„Eine schöne Freundin hast du da.“
Einmal fragte er Mirjam: „Wo kommt Ihre Familie denn her, dass Sie so schön sind?“
„Mein Vater ist Deutscher. Meine Mutter kommt aus Rumänien. Angeblich sind meine Großeltern Armenier und Usbeken. Aber so genau weiß das keiner.“ Wie üblich errötete Mirjam. Sie war damals noch so bescheiden.
Später nahm Jurek Paul beiseite.
„Sie ist schön. Die Frauen der armenischen Rasse sind so. Hochstehende Wangenknochen. Aber die Augen. Kann sie gut sehen?“ Man musste ihm zugute halten, dass er Ende der vierziger Jahre mit seinem Studium angefangen hatte.
„Sie trägt Kontaktlinsen.“
„Das habe ich mir gedacht. Wer so große Augen hat, bekommt später ein Problem. Aber halt sie dir warm. Wenn sie dich nicht mehr so genau sehen kann, ist das vielleicht gar nicht schlecht für dich.“
Das Essen war vorbei. Jurek wurde müde. Seine neue Freundin, die Kinderkrankenschwester, schaute besorgt auf die Uhr.
„Wir müssen los.“
Beim Abschied zog Jurek Paul am Arm in eine Ecke.
„Du brauchst wieder eine Frau, mein Junge. Aber glaube einem Mann, der seine Erfahrungen gemacht hat. Such dir keine Intellektuelle.“
Paul lachte und umarmte seinen alten Freund.
„Im Moment habe ich keine Chancen, Jurek. Weder bei den normalen Frauen, noch bei den gebildeten. Obwohl die Amtsärztin, bei der ich neulich war, mir schon gefallen hat…“
„Wann trefft ihr euch?“
Jurek würde sich nie ändern.
„Gar nicht. Ich ziehe bald um.“
Jurek
Lieber Paul,
mir gefällt deine Geschichte, mir gefällt vor allem die Art, wie du sie verwoben hast.
Aus vielen kleinen Puzzlesteinchen hat der Leser am Ende ein ziemlich komplexes Bild, ohne daß er recht weiß, wie es dazu kam. Es liest sich einfach gut, flüssig, stellenweise humorvoll, ohne lustig zu sein, das kleine Augenzwinkern zwischendurch bekommt dem Ganzen recht gut.
Die Figur des Jurek erscheint mir liebevoll gezeichnet, vor allem den Kontrast zwischen dem "Lebemann" und "Schürzenjäger" einerseits und dem zärtlichen/aufmerksamen Sohn andrerseits hast du gut rübergebracht.
Mir gefällt auch, daß deine Geschichte nicht ins Politische/Geschichtliche abdriftet, du beschreibst m M nach nur genau das, was für das Verständnis der Figuren notwendig ist, was sie in ihrem ganz eigenen Licht erscheinen läßt. Ja, der Jurek hat was...
Nur den Vergleich mit Biolek (obwohl ich definitiv kein fan von ihm bin!) am Anfang find ich jetzt nicht so doll- aber na gut.
Für eine tiefergehende Analyse fehlt mir momentan die Zeit, vielleicht überlasse ich sie auch lieber den "Experten" hier - nur soviel noch zum Sprachlichen:
das Wort "intervenieren" empfinde ich als störend. Es paßt m M nach überhaupt nicht in deinen Text, erstrecht dann nicht, wenn du im gleichen Text ein - wie ich erfuhr (Bodo Mrozek sei Dank und seinem Lexikon) - "vom Aussterben bedrohtes Wort" nämlich "Hagestolz" verwendest.
Bei dem "er lächelte ein wenig gequält" habe ich erst im nachhinein den richtigen Bezug des "er" gefunden...
(...)"als er den Hund der Familie Ost überfuhr und sich dann (eher: danach) mit ihnen anfreundete".
Bei "MillionEN" Tippfehler.
Schöne Geschichte, die ich gern gelesen habe, Paul!
Sonnige Grüße,
scarlett
mir gefällt deine Geschichte, mir gefällt vor allem die Art, wie du sie verwoben hast.
Aus vielen kleinen Puzzlesteinchen hat der Leser am Ende ein ziemlich komplexes Bild, ohne daß er recht weiß, wie es dazu kam. Es liest sich einfach gut, flüssig, stellenweise humorvoll, ohne lustig zu sein, das kleine Augenzwinkern zwischendurch bekommt dem Ganzen recht gut.
Die Figur des Jurek erscheint mir liebevoll gezeichnet, vor allem den Kontrast zwischen dem "Lebemann" und "Schürzenjäger" einerseits und dem zärtlichen/aufmerksamen Sohn andrerseits hast du gut rübergebracht.
Mir gefällt auch, daß deine Geschichte nicht ins Politische/Geschichtliche abdriftet, du beschreibst m M nach nur genau das, was für das Verständnis der Figuren notwendig ist, was sie in ihrem ganz eigenen Licht erscheinen läßt. Ja, der Jurek hat was...
Nur den Vergleich mit Biolek (obwohl ich definitiv kein fan von ihm bin!) am Anfang find ich jetzt nicht so doll- aber na gut.
Für eine tiefergehende Analyse fehlt mir momentan die Zeit, vielleicht überlasse ich sie auch lieber den "Experten" hier - nur soviel noch zum Sprachlichen:
das Wort "intervenieren" empfinde ich als störend. Es paßt m M nach überhaupt nicht in deinen Text, erstrecht dann nicht, wenn du im gleichen Text ein - wie ich erfuhr (Bodo Mrozek sei Dank und seinem Lexikon) - "vom Aussterben bedrohtes Wort" nämlich "Hagestolz" verwendest.
Bei dem "er lächelte ein wenig gequält" habe ich erst im nachhinein den richtigen Bezug des "er" gefunden...
(...)"als er den Hund der Familie Ost überfuhr und sich dann (eher: danach) mit ihnen anfreundete".
Bei "MillionEN" Tippfehler.
Schöne Geschichte, die ich gern gelesen habe, Paul!
Sonnige Grüße,
scarlett
Lieber Paul Ost,
schön, mal wieder hier etwas von Dir zu lesen. Mir gefällt "Jurek" auch gut, ich konnte ihn mir gut vorstellen, ebenso seine alte Mutter und die Situation und Atmosphäre am Tisch.
Ich habe ein paar kleine Änderungsideen bei "Wertungen" und Dialogen, ich hab sie in Klammern gesetzt.
Gern gelesen!
Liebe Grüße
leonie
Wenn Jurek, so wie jetzt, an einem Tisch saß, dann stand er sofort im Zentrum der Aufmerksamkeit. Gewiss, er hatte bessere Zeiten gesehen. Mit mittlerweile vierundsiebzig Jahren konnte es ihm passieren, dass sich sein Gebiss lockerte, während er einen seiner schamlosen Witze erzählte. Er sah ein wenig aus wie Alfred Biolek als alter Mann, war jedoch noch ein wenig kleiner, hatte weniger Haare und noch dünnere Beine.
„Paul, wo hast du deine Freundin versteckt?“, fragte er jetzt. Das war sein Lieblingsthema. Er war mit Abstand der dienstälteste Frauenheld, den Paul je getroffen habe.
Er lächelte ein wenig gequält, wie er es sich angewöhnt hatte, seit er sich mit seinem Schicksal als ewiger Hagestolz angefreundet hatte.
„Ich habe keine Freundin, Jurek. Die Frauen stehen heute nur noch auf Ärzte.“
Jurek guckte eher ein wenig verletzt, als dass er über Pauls unglücklichen Witz gelacht hätte.
„Unsinn!“, rief jetzt auch Frau Meier, Jureks letzte Eroberung. Alle hofften sie würde wirklich die letzte sein und ihm für die restlichen Jahre seines Lebens nicht abhanden kommen, wie all die anderen. Sie war natürlich und mit Abstand nicht so hysterisch wie die Französischlehrerin, mit der Jurek noch vor einigen Jahren aufgetaucht war. Eine Kinderkrankenschwester im Ruhestand. Sie kürzte ihm die Anzüge und schimpfte mit ihm, wenn er seinen Freunden am Telefon alte Nazilieder vorsang.
„Nimm noch ein wenig von dem köstlichen Gulasch!“, nötigte Jurek jetzt. Er hatte diesen Drang, andere Menschen zu füttern.
„Herrlich! Großartig! Viel besser als der Hirschrücken, den wir gestern hatten, Gustav!“
„Für uns reicht es“, erwiderte Pauls Vater auf die ihm eigene ironische Art.
Jurek suchte ein neues Thema. Wieder wandte er sich an Paul.
„Ich bin ja froh, dass ich in diesem antisemitischen Haushalt überhaupt etwas zu essen bekomme.“
„Raus. Du kannst gleich gehen!“ Pauls Mutter reagierte so, wie Jurek es sich gewünscht hatte. Bei diesem Thema verstand sie keinen Spaß. Früher war sie noch durch die Ruhr-Universität gelaufen und hatte Ho-Ho-Ho-Chi-Min gesungen. Auch sie hatte schon bessere Zeiten gesehen. Sie wirkte bleich und müde. Die unnatürlich starke Dezembersonne, die durch die großen Fenster strahlte, brachte sie zum Schwitzen. Als sie sich Anfang der siebziger Jahre für den Club of Rome eingesetzt hatte, wurde sie von den meisten Leuten für verrückt erklärt. Nun, bei fünfzehn Grad im Dezember war klar, dass sie wieder einmal Recht behalten hatte. (Aber wer Recht hat, ist deshalb nicht glücklicher.)
„Mama! Bitte!“, versuchte Paul zu intervenieren. Dann wandte er sich ganz ernst an Jurek.
„Ich bin (ganz gewiss) kein Antisemit. Und antiamerikanisch bin ich auch nicht. Über die amerikanisch-israelische Kriegspolitik müssen wir jetzt aber trotzdem nicht reden.“
„Nun gut. Das habe ich auch nicht so gemeint“ (Ich habs nicht so gemeint) , lenkte Jurek jetzt ein. Er war ein bisschen milder geworden. Schließlich wollte er nur Pauls Mutter ärgern.
„Gustav! Dieser Hirschbraten! Einfach himmlisch! Was gibst du da hinein!“ (Wieso jetzt doch Hirschbraten? Ich dachte, es gibt Gulasch?)
Sein tschechischer Akzent war noch genauso stark wie vor über dreißig Jahren, als er den Hund der Familie Ost überfuhr und sich dann mit ihnen anfreundete.
„Herr Doktor. Einfachste ostwestfälische Zutaten.“
„Sag, Gustav. Paprika? Tomaten? Und Zwiebeln?“
„Genau. Zwiebel. Eine alte Bekannte mit Beziehungen nach Ungarn empfahl mir dies. Ich wollte Evas Namen eigentlich heute nicht erwähnen.“
Jurek ging nicht weiter darauf ein. Eva war seine Ex-Frau. Sie hatte ihn genug gekostet. Eine Million(en) Mark. Sein Ferienhaus auf Mallorca. Die Villa in Lüdenscheid. Nicht genug, dass sie ihren Mann mit dem Steuerberater betrogen hatte, der ihn schon zuvor um ein Vermögen gebracht hatte. Nein, dieser Steuerberater war auch noch sein Cousin. Jetzt, über zwanzig Jahre nach der Trennung sorgte sie immer noch dafür, dass er weder seine Kinder noch seine Enkelkinder zu Weihnachten bei sich haben würde. Als hätte sich bei ihr ein Schalter umgelegt. Wen sie nicht mehr liebte, den musste sie hassen.
Paul erinnerte sich noch daran, wie er das Laub auf dem Grund des leeren Swimmingpools betrachtet hatte. Er war mit vielleicht sechs Jahren zu klein, um zu begreifen, wieso Menschen, die einen Pool im Garten hatten, diesen nicht mit Wasser füllten. Ein regnerischer Tag im Jahre neunzehnhundertachtzig. Jurek hatte Gustav mitgenommen, um wenigstens ein paar Möbel vor seiner raffgierigen Frau in Sicherheit zu bringen. Das war der Kern der Erinnerung. Jurek steht in dem großen Wohnzimmer und weint. „Als hätte man bei ihr einen Schalter umgelegt. Einen Schalter, Gustav! Einfach so!“ Dann war Paul in den Garten geschickt worden. Weinende Männer sind nichts für Kinder.
Eigentlich war Jurek schon immer da gewesen. Und er hatte auch schon immer so alt ausgesehen. Schon als er nach dieser Sache mit Eva ständig andere Frauen an seiner Seite hatte. Eine Weile ging er sogar mit einer Freundin von Pauls Mutter aus. Paul erinnerte sich noch daran, dass er mit den beiden an einem See im Allgäu spazieren gegangen war. Es war schrecklich langweilig. Nur dass Jurek Frau Fischer immer ärgerte und ihr Beinchen stellte, gefiel ihm. Aber dann klatschte Frau Fischer, die Jurek um Haupteslänge überragte, ihm eine Ohrfeige ins Gesicht, die sich gewaschen hatte. Der Tag war ruiniert. Zumindest für Paul. Denn jetzt musste Jurek Frau Fischer wieder versöhnlich stimmen. Sonst hätte er sich ein eigenes Zimmer in der Pension nehmen müssen. Schleimende Männer sind auch nichts für Kinder.
Jurek war wie ein Großvater für Paul. Ein lustiger Großvater. Einmal besuchte er die Osts. Er wollte sich in Ruhe mit den Eltern unterhalten, aber die Kinder ließen nicht von ihm ab. Da nahm er sich ein Klebeband und schnappte sich Paul und dessen Bruder, trug sie je auf einer Schulter auf den Dachboden und fesselte sie so fest, dass sie ewig brauchten, um sich zu befreien. Jurek war ganz schön stark, trotz seiner Körpergröße. Er war auch viel netter als Pauls richtiger Großvater, der alte Ost, der mal deutschnational war. Im Krieg. Kein Nazi. Kaisertreu.
Paul hatte noch Jureks Mutter kennen gelernt. Zuletzt wohnte sie bei Jurek, in seiner Wohnung in Bochum Querenburg. Wie ein altes, dürres Vögelchen war sie ihm vorgekommen. Die Frau, die ihm auf Tschechisch das Zählen beigebracht hatte, konnte kaum noch sprechen. Sie weinte und sprach mit Pauls Mutter.
„Ich will sterben. Warum lässt er mich nicht?“
Jurek war Arzt. Seine Mutter damals schon über neunzig Jahre alt.
„Ich habe ihr heute noch frisches Blut gegeben. Sie hat auch ein bisschen Kuchen gegessen“, freute sich Jurek.
Erst als sie Paul sah, hörte sie mit dem Weinen auf. Sie hatte den kleinen Jungen schon immer gemocht. Jetzt griff sie mit ihrer runzeligen, kleinen Hand nach Pauls Handgelenk.
„Du bist so schön“, sagte sie. „So ein liebes Kind.“ Dann wollte sie ihm ein Stück von ihrem Kuchen anbieten. Nur mit Mühe lehnte er ab.
Paul hatte immer auch ein wenig Angst vor Jureks Mutter. Damals, als sie ihm das Zählen beigebracht hatte, war ihr der Ärmel der Bluse verrutscht.
„Warum haben Sie denn da einen Stempel?“ hatte Paul gefragt und sich gewundert, dass die Nummer so hässlich und unscharf gestochen war.
Keiner sagte etwas. Jurek nicht. Seine Mutter nicht. (Wie viele Jahre Paul gebraucht hatte, um das zu verstehen? Buchenwald. Ravensbrück.)
Jurek selbst sprach nie vom Dritten Reich. Erst als er schon über siebzig war, begann er immer öfter zu erwähnen, dass er Jude sei. George W. Bush und Scharon waren seine Helden. Jede Maßnahme im Kampf gegen den Terror gerechtfertigt. Man musste den Terroristen das Handwerk legen.
Paul diskutierte darüber nicht gerne mit Jurek. Er wartete lieber, bis Jurek anfing von seiner Kindheit zu sprechen. Als Elfjähriger war er in ein Konzentrationslager gekommen und von der Mutter getrennt worden. Schon damals war er hochbegabt. Er rieb sich mit einer chemischen Substanz ein. Wegen der Hautreizung wurde er zunächst ins Lazarett geschickt. Von dort konnte er fliehen und sich bei tschechischen Verwandten verstecken, bis der Krieg zu Ende war. Auch seine Mutter hatte überlebt. Der Vater, ein katholischer Lehrer, ebenfalls.
Wirklich schlimm waren laut Jurek vor allem die Kommunisten. Neunzehnhundertachtundsechzig floh er aus Prag. Weil er frei sein wollte. Vielleicht auch, weil seine erste Frau sich im Krankenhaus mit dem Chefarzt eingelassen hatte. Seitdem lebte er im Ruhrgebiet. Oft stellte sich Paul vor, wie das wohl sein mochte, wenn Jurek am Operationstisch stand, um einen Menschen zu retten, der vielleicht noch zwanzig Jahre vorher versuchte hatte, ihn und seine Familie zu vernichten. Davon erzählte Jurek jedoch nichts. Und Paul traute sich nicht, zu fragen.
Jurek interessierte sich auch viel mehr für Pauls Freundinnen. Melanie war ihm noch zu unbedeutend erschienen.
„Italienerinnen können gut kochen! Aber pass auf, dass du nicht dick wirst, Junge.“
Dagegen war er von Mirjam geradezu begeistert. Jedes Mal, wenn er sie bei Pauls Eltern traf, nahm er Paul beiseite.
„Eine schöne Freundin hast du da.“
Einmal fragte er Mirjam: „Wo kommt Ihre Familie denn her, dass Sie so schön sind?“
„Mein Vater ist Deutscher. Meine Mutter kommt aus Rumänien. Angeblich sind meine Großeltern Armenier und Usbeken. Aber so genau weiß das keiner.“ Wie üblich errötete Mirjam. (Sie war so bescheiden.)
Später nahm Jurek Paul beiseite.
„Sie ist schön. Die Frauen der armenischen Rasse sind so. Hochstehende Wangenknochen. Aber die Augen. Kann sie gut sehen?“ Man musste ihm zugute halten, dass er Ende der vierziger Jahre mit seinem Studium angefangen hatte.
„Sie trägt Kontaktlinsen.“
„Das habe ich mir gedacht. Wer so große Augen hat, bekommt später ein Problem. Aber halt sie dir warm. Wenn sie dich nicht mehr so genau sehen kann, ist das vielleicht gar nicht schlecht für dich.“
Das Essen war vorbei. Jurek wurde müde. Seine neue Freundin, die Kinderkrankenschwester, schaute besorgt auf die Uhr.
„Wir müssen los.“
Beim Abschied zog Jurek Paul am Arm in eine Ecke.
„Du brauchst wieder eine Frau, mein Junge. Aber glaube einem Mann, der seine Erfahrungen gemacht hat. Such dir keine Intellektuelle.“
Paul lachte und umarmte seinen alten Freund.
„Im Moment habe ich keine Chancen, Jurek. Weder bei den normalen Frauen, noch bei den gebildeten. Obwohl die Amtsärztin, bei der ich neulich war, mir schon gefallen hat…“
„Wann trefft ihr euch?“
Jurek würde sich nie ändern.
„Gar nicht. Ich ziehe bald um.“
schön, mal wieder hier etwas von Dir zu lesen. Mir gefällt "Jurek" auch gut, ich konnte ihn mir gut vorstellen, ebenso seine alte Mutter und die Situation und Atmosphäre am Tisch.
Ich habe ein paar kleine Änderungsideen bei "Wertungen" und Dialogen, ich hab sie in Klammern gesetzt.
Gern gelesen!
Liebe Grüße
leonie
Wenn Jurek, so wie jetzt, an einem Tisch saß, dann stand er sofort im Zentrum der Aufmerksamkeit. Gewiss, er hatte bessere Zeiten gesehen. Mit mittlerweile vierundsiebzig Jahren konnte es ihm passieren, dass sich sein Gebiss lockerte, während er einen seiner schamlosen Witze erzählte. Er sah ein wenig aus wie Alfred Biolek als alter Mann, war jedoch noch ein wenig kleiner, hatte weniger Haare und noch dünnere Beine.
„Paul, wo hast du deine Freundin versteckt?“, fragte er jetzt. Das war sein Lieblingsthema. Er war mit Abstand der dienstälteste Frauenheld, den Paul je getroffen habe.
Er lächelte ein wenig gequält, wie er es sich angewöhnt hatte, seit er sich mit seinem Schicksal als ewiger Hagestolz angefreundet hatte.
„Ich habe keine Freundin, Jurek. Die Frauen stehen heute nur noch auf Ärzte.“
Jurek guckte eher ein wenig verletzt, als dass er über Pauls unglücklichen Witz gelacht hätte.
„Unsinn!“, rief jetzt auch Frau Meier, Jureks letzte Eroberung. Alle hofften sie würde wirklich die letzte sein und ihm für die restlichen Jahre seines Lebens nicht abhanden kommen, wie all die anderen. Sie war natürlich und mit Abstand nicht so hysterisch wie die Französischlehrerin, mit der Jurek noch vor einigen Jahren aufgetaucht war. Eine Kinderkrankenschwester im Ruhestand. Sie kürzte ihm die Anzüge und schimpfte mit ihm, wenn er seinen Freunden am Telefon alte Nazilieder vorsang.
„Nimm noch ein wenig von dem köstlichen Gulasch!“, nötigte Jurek jetzt. Er hatte diesen Drang, andere Menschen zu füttern.
„Herrlich! Großartig! Viel besser als der Hirschrücken, den wir gestern hatten, Gustav!“
„Für uns reicht es“, erwiderte Pauls Vater auf die ihm eigene ironische Art.
Jurek suchte ein neues Thema. Wieder wandte er sich an Paul.
„Ich bin ja froh, dass ich in diesem antisemitischen Haushalt überhaupt etwas zu essen bekomme.“
„Raus. Du kannst gleich gehen!“ Pauls Mutter reagierte so, wie Jurek es sich gewünscht hatte. Bei diesem Thema verstand sie keinen Spaß. Früher war sie noch durch die Ruhr-Universität gelaufen und hatte Ho-Ho-Ho-Chi-Min gesungen. Auch sie hatte schon bessere Zeiten gesehen. Sie wirkte bleich und müde. Die unnatürlich starke Dezembersonne, die durch die großen Fenster strahlte, brachte sie zum Schwitzen. Als sie sich Anfang der siebziger Jahre für den Club of Rome eingesetzt hatte, wurde sie von den meisten Leuten für verrückt erklärt. Nun, bei fünfzehn Grad im Dezember war klar, dass sie wieder einmal Recht behalten hatte. (Aber wer Recht hat, ist deshalb nicht glücklicher.)
„Mama! Bitte!“, versuchte Paul zu intervenieren. Dann wandte er sich ganz ernst an Jurek.
„Ich bin (ganz gewiss) kein Antisemit. Und antiamerikanisch bin ich auch nicht. Über die amerikanisch-israelische Kriegspolitik müssen wir jetzt aber trotzdem nicht reden.“
„Nun gut. Das habe ich auch nicht so gemeint“ (Ich habs nicht so gemeint) , lenkte Jurek jetzt ein. Er war ein bisschen milder geworden. Schließlich wollte er nur Pauls Mutter ärgern.
„Gustav! Dieser Hirschbraten! Einfach himmlisch! Was gibst du da hinein!“ (Wieso jetzt doch Hirschbraten? Ich dachte, es gibt Gulasch?)
Sein tschechischer Akzent war noch genauso stark wie vor über dreißig Jahren, als er den Hund der Familie Ost überfuhr und sich dann mit ihnen anfreundete.
„Herr Doktor. Einfachste ostwestfälische Zutaten.“
„Sag, Gustav. Paprika? Tomaten? Und Zwiebeln?“
„Genau. Zwiebel. Eine alte Bekannte mit Beziehungen nach Ungarn empfahl mir dies. Ich wollte Evas Namen eigentlich heute nicht erwähnen.“
Jurek ging nicht weiter darauf ein. Eva war seine Ex-Frau. Sie hatte ihn genug gekostet. Eine Million(en) Mark. Sein Ferienhaus auf Mallorca. Die Villa in Lüdenscheid. Nicht genug, dass sie ihren Mann mit dem Steuerberater betrogen hatte, der ihn schon zuvor um ein Vermögen gebracht hatte. Nein, dieser Steuerberater war auch noch sein Cousin. Jetzt, über zwanzig Jahre nach der Trennung sorgte sie immer noch dafür, dass er weder seine Kinder noch seine Enkelkinder zu Weihnachten bei sich haben würde. Als hätte sich bei ihr ein Schalter umgelegt. Wen sie nicht mehr liebte, den musste sie hassen.
Paul erinnerte sich noch daran, wie er das Laub auf dem Grund des leeren Swimmingpools betrachtet hatte. Er war mit vielleicht sechs Jahren zu klein, um zu begreifen, wieso Menschen, die einen Pool im Garten hatten, diesen nicht mit Wasser füllten. Ein regnerischer Tag im Jahre neunzehnhundertachtzig. Jurek hatte Gustav mitgenommen, um wenigstens ein paar Möbel vor seiner raffgierigen Frau in Sicherheit zu bringen. Das war der Kern der Erinnerung. Jurek steht in dem großen Wohnzimmer und weint. „Als hätte man bei ihr einen Schalter umgelegt. Einen Schalter, Gustav! Einfach so!“ Dann war Paul in den Garten geschickt worden. Weinende Männer sind nichts für Kinder.
Eigentlich war Jurek schon immer da gewesen. Und er hatte auch schon immer so alt ausgesehen. Schon als er nach dieser Sache mit Eva ständig andere Frauen an seiner Seite hatte. Eine Weile ging er sogar mit einer Freundin von Pauls Mutter aus. Paul erinnerte sich noch daran, dass er mit den beiden an einem See im Allgäu spazieren gegangen war. Es war schrecklich langweilig. Nur dass Jurek Frau Fischer immer ärgerte und ihr Beinchen stellte, gefiel ihm. Aber dann klatschte Frau Fischer, die Jurek um Haupteslänge überragte, ihm eine Ohrfeige ins Gesicht, die sich gewaschen hatte. Der Tag war ruiniert. Zumindest für Paul. Denn jetzt musste Jurek Frau Fischer wieder versöhnlich stimmen. Sonst hätte er sich ein eigenes Zimmer in der Pension nehmen müssen. Schleimende Männer sind auch nichts für Kinder.
Jurek war wie ein Großvater für Paul. Ein lustiger Großvater. Einmal besuchte er die Osts. Er wollte sich in Ruhe mit den Eltern unterhalten, aber die Kinder ließen nicht von ihm ab. Da nahm er sich ein Klebeband und schnappte sich Paul und dessen Bruder, trug sie je auf einer Schulter auf den Dachboden und fesselte sie so fest, dass sie ewig brauchten, um sich zu befreien. Jurek war ganz schön stark, trotz seiner Körpergröße. Er war auch viel netter als Pauls richtiger Großvater, der alte Ost, der mal deutschnational war. Im Krieg. Kein Nazi. Kaisertreu.
Paul hatte noch Jureks Mutter kennen gelernt. Zuletzt wohnte sie bei Jurek, in seiner Wohnung in Bochum Querenburg. Wie ein altes, dürres Vögelchen war sie ihm vorgekommen. Die Frau, die ihm auf Tschechisch das Zählen beigebracht hatte, konnte kaum noch sprechen. Sie weinte und sprach mit Pauls Mutter.
„Ich will sterben. Warum lässt er mich nicht?“
Jurek war Arzt. Seine Mutter damals schon über neunzig Jahre alt.
„Ich habe ihr heute noch frisches Blut gegeben. Sie hat auch ein bisschen Kuchen gegessen“, freute sich Jurek.
Erst als sie Paul sah, hörte sie mit dem Weinen auf. Sie hatte den kleinen Jungen schon immer gemocht. Jetzt griff sie mit ihrer runzeligen, kleinen Hand nach Pauls Handgelenk.
„Du bist so schön“, sagte sie. „So ein liebes Kind.“ Dann wollte sie ihm ein Stück von ihrem Kuchen anbieten. Nur mit Mühe lehnte er ab.
Paul hatte immer auch ein wenig Angst vor Jureks Mutter. Damals, als sie ihm das Zählen beigebracht hatte, war ihr der Ärmel der Bluse verrutscht.
„Warum haben Sie denn da einen Stempel?“ hatte Paul gefragt und sich gewundert, dass die Nummer so hässlich und unscharf gestochen war.
Keiner sagte etwas. Jurek nicht. Seine Mutter nicht. (Wie viele Jahre Paul gebraucht hatte, um das zu verstehen? Buchenwald. Ravensbrück.)
Jurek selbst sprach nie vom Dritten Reich. Erst als er schon über siebzig war, begann er immer öfter zu erwähnen, dass er Jude sei. George W. Bush und Scharon waren seine Helden. Jede Maßnahme im Kampf gegen den Terror gerechtfertigt. Man musste den Terroristen das Handwerk legen.
Paul diskutierte darüber nicht gerne mit Jurek. Er wartete lieber, bis Jurek anfing von seiner Kindheit zu sprechen. Als Elfjähriger war er in ein Konzentrationslager gekommen und von der Mutter getrennt worden. Schon damals war er hochbegabt. Er rieb sich mit einer chemischen Substanz ein. Wegen der Hautreizung wurde er zunächst ins Lazarett geschickt. Von dort konnte er fliehen und sich bei tschechischen Verwandten verstecken, bis der Krieg zu Ende war. Auch seine Mutter hatte überlebt. Der Vater, ein katholischer Lehrer, ebenfalls.
Wirklich schlimm waren laut Jurek vor allem die Kommunisten. Neunzehnhundertachtundsechzig floh er aus Prag. Weil er frei sein wollte. Vielleicht auch, weil seine erste Frau sich im Krankenhaus mit dem Chefarzt eingelassen hatte. Seitdem lebte er im Ruhrgebiet. Oft stellte sich Paul vor, wie das wohl sein mochte, wenn Jurek am Operationstisch stand, um einen Menschen zu retten, der vielleicht noch zwanzig Jahre vorher versuchte hatte, ihn und seine Familie zu vernichten. Davon erzählte Jurek jedoch nichts. Und Paul traute sich nicht, zu fragen.
Jurek interessierte sich auch viel mehr für Pauls Freundinnen. Melanie war ihm noch zu unbedeutend erschienen.
„Italienerinnen können gut kochen! Aber pass auf, dass du nicht dick wirst, Junge.“
Dagegen war er von Mirjam geradezu begeistert. Jedes Mal, wenn er sie bei Pauls Eltern traf, nahm er Paul beiseite.
„Eine schöne Freundin hast du da.“
Einmal fragte er Mirjam: „Wo kommt Ihre Familie denn her, dass Sie so schön sind?“
„Mein Vater ist Deutscher. Meine Mutter kommt aus Rumänien. Angeblich sind meine Großeltern Armenier und Usbeken. Aber so genau weiß das keiner.“ Wie üblich errötete Mirjam. (Sie war so bescheiden.)
Später nahm Jurek Paul beiseite.
„Sie ist schön. Die Frauen der armenischen Rasse sind so. Hochstehende Wangenknochen. Aber die Augen. Kann sie gut sehen?“ Man musste ihm zugute halten, dass er Ende der vierziger Jahre mit seinem Studium angefangen hatte.
„Sie trägt Kontaktlinsen.“
„Das habe ich mir gedacht. Wer so große Augen hat, bekommt später ein Problem. Aber halt sie dir warm. Wenn sie dich nicht mehr so genau sehen kann, ist das vielleicht gar nicht schlecht für dich.“
Das Essen war vorbei. Jurek wurde müde. Seine neue Freundin, die Kinderkrankenschwester, schaute besorgt auf die Uhr.
„Wir müssen los.“
Beim Abschied zog Jurek Paul am Arm in eine Ecke.
„Du brauchst wieder eine Frau, mein Junge. Aber glaube einem Mann, der seine Erfahrungen gemacht hat. Such dir keine Intellektuelle.“
Paul lachte und umarmte seinen alten Freund.
„Im Moment habe ich keine Chancen, Jurek. Weder bei den normalen Frauen, noch bei den gebildeten. Obwohl die Amtsärztin, bei der ich neulich war, mir schon gefallen hat…“
„Wann trefft ihr euch?“
Jurek würde sich nie ändern.
„Gar nicht. Ich ziehe bald um.“
Hallo Paul,
eine gut erzählte Geschichte. Auch ich finde es gut, dass du das politische Element nicht zu sehr ausgebreitet hast, sondern nur gerade soviel, dass man die Figur Jurek als Ganzes versteht.
scarlett und leonie haben dir schon gute Hinweise gegeben. Noch etwas von mir:
Das Wort "Jetzt" kommt zu oft im Text vor. Und die Jahreszahlen nicht ausschreiben, sondern als Zahl. (Das Ausschreiben gilt nur für Mengenangaben oder Altersangaben, jedoch nicht für Jahreszahlen).
LG
Magic
eine gut erzählte Geschichte. Auch ich finde es gut, dass du das politische Element nicht zu sehr ausgebreitet hast, sondern nur gerade soviel, dass man die Figur Jurek als Ganzes versteht.
scarlett und leonie haben dir schon gute Hinweise gegeben. Noch etwas von mir:
Das Wort "Jetzt" kommt zu oft im Text vor. Und die Jahreszahlen nicht ausschreiben, sondern als Zahl. (Das Ausschreiben gilt nur für Mengenangaben oder Altersangaben, jedoch nicht für Jahreszahlen).
LG
Magic
Hallo Paul.
Toller Text. Gerne gelesen. Teilweise kommt er mir auf gute paul'sche Weise etwas langatmig vor. Außerdem störte mich ein wenig, dass mir nicht ganz klar wurde, wessen Geschichte eigentlich erzählt wurde, Pauls oder Jureks? Dieses erzählerische "Konkurrenzgefüge" schwächt auch mE. ein wenig die Pointe.
Aber das sind nur Korinthennifleien. (die Messlatte beim Paul liegt hoch!)
Noch ein paar Anmerkungen:
glaub ich nicht im Zusammenhang mit dem, was mir später noch erzählt wird.
Besonders deswegen nicht:
Weiß nicht, wer das sagt und der Gustav hat mich auch irritiert.
Was bringt das der Geschichte? … außerdem zerstört es die Dynamik/Spannung der Streitszene.
also ich würde mich sicher mit vielen anfreunden, aber mit dem Mörder meines Hundes?… ne .
Auch so ein Streich- oder wenigstens Kürzkandidat.
Außerdem: Über zwanzig Jahre alte Kinder lassen sich vorschreiben, wo sie Weihnachten freiern? Glaub ich nicht.
Genial!
LG
Nifl
Toller Text. Gerne gelesen. Teilweise kommt er mir auf gute paul'sche Weise etwas langatmig vor. Außerdem störte mich ein wenig, dass mir nicht ganz klar wurde, wessen Geschichte eigentlich erzählt wurde, Pauls oder Jureks? Dieses erzählerische "Konkurrenzgefüge" schwächt auch mE. ein wenig die Pointe.
Aber das sind nur Korinthennifleien. (die Messlatte beim Paul liegt hoch!)
Noch ein paar Anmerkungen:
Sie kürzte ihm die Anzüge und schimpfte mit ihm, wenn er seinen Freunden am Telefon alte Nazilieder vorsang.
glaub ich nicht im Zusammenhang mit dem, was mir später noch erzählt wird.
Besonders deswegen nicht:
Jurek selbst sprach nie vom Dritten Reich. Erst als er schon über siebzig war, begann er immer öfter zu erwähnen, dass er Jude sei.
„Herrlich! Großartig! Viel besser als der Hirschrücken, den wir gestern hatten, Gustav!“
Weiß nicht, wer das sagt und der Gustav hat mich auch irritiert.
Als sie sich Anfang der siebziger Jahre für den Club of Rome eingesetzt hatte, wurde sie von den meisten Leuten für verrückt erklärt. Nun, bei fünfzehn Grad im Dezember war klar, dass sie wieder einmal Recht behalten hatte. Aber wer Recht hat, ist deshalb nicht glücklicher.
Was bringt das der Geschichte? … außerdem zerstört es die Dynamik/Spannung der Streitszene.
als er den Hund der Familie Ost überfuhr und sich dann mit ihnen anfreundete.
also ich würde mich sicher mit vielen anfreunden, aber mit dem Mörder meines Hundes?… ne .
Jurek ging nicht weiter darauf ein. Eva war seine Ex-Frau. Sie hatte ihn genug gekostet. Eine Millionen Mark. Sein Ferienhaus auf Mallorca. Die Villa in Lüdenscheid. Nicht genug, dass sie ihren Mann mit dem Steuerberater betrogen hatte, der ihn schon zuvor um ein Vermögen gebracht hatte. Nein, dieser Steuerberater war auch noch sein Cousin. Jetzt, über zwanzig Jahre nach der Trennung sorgte sie immer noch dafür, dass er weder seine Kinder noch seine Enkelkinder zu Weihnachten bei sich haben würde. Als hätte sich bei ihr ein Schalter umgelegt. Wen sie nicht mehr liebte, den musste sie hassen.
Auch so ein Streich- oder wenigstens Kürzkandidat.
Außerdem: Über zwanzig Jahre alte Kinder lassen sich vorschreiben, wo sie Weihnachten freiern? Glaub ich nicht.
Weinende Männer sind nichts für Kinder.
, der alte Ost, der mal deutschnational war. Im Krieg. Kein Nazi. Kaisertreu.
Genial!
LG
Nifl
"Das bin ich. Ich bin Polygonum Polymorphum" (Wolfgang Oehme)
Hallo Nifl,
an dieser Stelle habe ich laut gelacht, weil sie so absurd ist. Und deshalb finde ich sie sehr gut und würde sie unbedingt drin lassen!
LG
Magic
als er den Hund der Familie Ost überfuhr und sich dann mit ihnen anfreundete.
also ich würde mich sicher mit vielen anfreunden, aber mit dem Mörder meines Hundes?… ne .
an dieser Stelle habe ich laut gelacht, weil sie so absurd ist. Und deshalb finde ich sie sehr gut und würde sie unbedingt drin lassen!
LG
Magic
herr ost,
ich mag ihre geschichte, weil sie (für mich!) nur an der oberfläche eine naive (verzeihen sie das wort!) familienstory ist, die sich so in vielen haushalten zutragen könnte. diese verästelungen der einzelnen erzählsstränge - ich glaube, so werden über generationen familiäre "wichtigkeiten" weitergegeben.
unter der schnurrigen oberfläche jedoch lauern sehr ernste dinge (der zahlenstempel zum beispiel), die dem ganzen eine historische dimension geben.
kein schnee.
peh.
ich mag ihre geschichte, weil sie (für mich!) nur an der oberfläche eine naive (verzeihen sie das wort!) familienstory ist, die sich so in vielen haushalten zutragen könnte. diese verästelungen der einzelnen erzählsstränge - ich glaube, so werden über generationen familiäre "wichtigkeiten" weitergegeben.
unter der schnurrigen oberfläche jedoch lauern sehr ernste dinge (der zahlenstempel zum beispiel), die dem ganzen eine historische dimension geben.
kein schnee.
peh.
Liebe Scarlett,
vielen Dank für Deine Rückmeldung und die Korrekturen. Einige Punkte habe ich übernommen. Wenn Du Jurek sympathisch findest, bin ich schon zufrieden. Das ist mir wichtig.
Liebe Leonie,
gerade die Wertungen sind mir wichtig. Allerdings hast Du Recht, wenn Du meinst, dass die Konzentrationslager nicht erwähnt werden müssen. Der Hintergrund wird wohl durch den weiteren Verlauf der Erzählung deutlich. Nun, da Du mich auf die Wertungen aufmerksam gemacht hast, musste ich eine davon sogar noch verstärken! (Sie war damals noch [sic] so bescheiden). Sorry, aus mir wird wohl nie ein echter Schriftsteller.
Lieber Nifl,
als alter Hundefreund verrate ich Dir eins: Manche Hunde sind blöd und laufen vor Autos. Selbst autofahrende Hundefreunde können dann gelegentlich nichts tun, als die Köter zu überfahren. Danach können sich die (Ex-)Hundebesitzer immer noch anfreunden. Das Leben ist machmal, wie Magic schon erwähnte, so absurd.
Die Nazilieder sind ein wichtiges Detail. Ebenso die Geschichte der Mutter von Paul. Letztere ist eine bekennende (und frustrierte) Linke. Wenn Jurek sie anruft und statt sich zu melden ersteinmal ein Nazilied singt, ist das eine sehr missglückte Form von Humor, zeigt aber, auf welcher Ebene die beiden gegeinander ankämpfen. Die Kinderkrankenschwester reagiert da sehr richtig, wenn sie ihren "Liebhaber" wie einen kleinen Jungen ermahnt.
Was die Liebesgeschichten von Jurek angeht, wird deutlich, dass der als Schwerenöter eingeführte Mann letztlich eher ein gehörnter Ehemann ist, der sich von Frau zu Frau flüchtet, weil seine beiden Ehefrauen ihn heftigst enttäuscht und betrogen haben. Don Juan wird vom Täter zum Opfer.
Mit dem Hirschrücken hast Du einen wunden Punkt getroffen. Leonie hat die Stelle richtig gelesen. Bei Tisch gibt es Gulasch. Der Hirschrücken wird von Jurek als Vergleich herangezogen.
Liebe Frau Pandora,
darum ging es mir. Ein kleiner Ausflug in die deutsche Geschichte im Rahmen eines "Familientreffens". Jurek ist ein Getriebener. Seine verzweifelte Angst vor dem Tod, der missglückte Humor, seine Berufswahl, die zahllosen Affären, all das ist seine Art der Flucht vor dem Grauen des Holocaust. Er bejaht das Leben und kann deshalb seine Mutter nicht sterben lassen: Essen, Frauen, Witze als Heilmittel gegen eine absurde Welt, in der die Henker zu Patienten werden, ihre Kinder und Enkel zu Freunden...
Vielen Dank noch einmal an alle für die hilfreichen Hinweise und Anmerkungen!
Grüße
Paul
vielen Dank für Deine Rückmeldung und die Korrekturen. Einige Punkte habe ich übernommen. Wenn Du Jurek sympathisch findest, bin ich schon zufrieden. Das ist mir wichtig.
Liebe Leonie,
gerade die Wertungen sind mir wichtig. Allerdings hast Du Recht, wenn Du meinst, dass die Konzentrationslager nicht erwähnt werden müssen. Der Hintergrund wird wohl durch den weiteren Verlauf der Erzählung deutlich. Nun, da Du mich auf die Wertungen aufmerksam gemacht hast, musste ich eine davon sogar noch verstärken! (Sie war damals noch [sic] so bescheiden). Sorry, aus mir wird wohl nie ein echter Schriftsteller.
Lieber Nifl,
als alter Hundefreund verrate ich Dir eins: Manche Hunde sind blöd und laufen vor Autos. Selbst autofahrende Hundefreunde können dann gelegentlich nichts tun, als die Köter zu überfahren. Danach können sich die (Ex-)Hundebesitzer immer noch anfreunden. Das Leben ist machmal, wie Magic schon erwähnte, so absurd.
Die Nazilieder sind ein wichtiges Detail. Ebenso die Geschichte der Mutter von Paul. Letztere ist eine bekennende (und frustrierte) Linke. Wenn Jurek sie anruft und statt sich zu melden ersteinmal ein Nazilied singt, ist das eine sehr missglückte Form von Humor, zeigt aber, auf welcher Ebene die beiden gegeinander ankämpfen. Die Kinderkrankenschwester reagiert da sehr richtig, wenn sie ihren "Liebhaber" wie einen kleinen Jungen ermahnt.
Was die Liebesgeschichten von Jurek angeht, wird deutlich, dass der als Schwerenöter eingeführte Mann letztlich eher ein gehörnter Ehemann ist, der sich von Frau zu Frau flüchtet, weil seine beiden Ehefrauen ihn heftigst enttäuscht und betrogen haben. Don Juan wird vom Täter zum Opfer.
Mit dem Hirschrücken hast Du einen wunden Punkt getroffen. Leonie hat die Stelle richtig gelesen. Bei Tisch gibt es Gulasch. Der Hirschrücken wird von Jurek als Vergleich herangezogen.
Liebe Frau Pandora,
darum ging es mir. Ein kleiner Ausflug in die deutsche Geschichte im Rahmen eines "Familientreffens". Jurek ist ein Getriebener. Seine verzweifelte Angst vor dem Tod, der missglückte Humor, seine Berufswahl, die zahllosen Affären, all das ist seine Art der Flucht vor dem Grauen des Holocaust. Er bejaht das Leben und kann deshalb seine Mutter nicht sterben lassen: Essen, Frauen, Witze als Heilmittel gegen eine absurde Welt, in der die Henker zu Patienten werden, ihre Kinder und Enkel zu Freunden...
Vielen Dank noch einmal an alle für die hilfreichen Hinweise und Anmerkungen!
Grüße
Paul
Lieber Paul,
auch wenn Hoffmann mein heimlicher Favourit ist, ach, ja sowas lese ich einfach zu gern!! Daher kann ich mich dem hier gar nicht anschließen:
Sehe ich gar nicht so, für mich macht das gerade den Reiz aus! Und ich lese es auch nicht als Konkurrenz.
Zum Hund hast du und magic ja schon geschrieben, ich finde das ein herrliches irvingschen Detail
Meine kleinen Anmerkungen:
ich kenne es nur entweder so: Ruhr-Universität Bochum oder RUB oder Ruhr-Uni...Ruhr-Universität wird, glaube ich, nicht gesagt
Aber wer Recht hat, ist/wird deshalb kein glücklicherer Mensch. klingt besser? Rhythmisch?
kann man noch besser sagen, finde ich, erinnert mich übrigens an das brennende Geheimnis von Zweig...
Zu deutlicher Hinweis --- Bucheald, Ravensbrück würde ich streichen, hat der leser schon vorher verstanden.
Ansonsten hat pandora das schon schön auf den Punkt gebracht mit der historischen Dimension. Ich finde sie zudem (bis auf die eine genannte Stelle) auch nicht aufdringlich und gerade dadurch lesbar und gelungen.
Es ist spannend wie sich von Geschichte zu Geschichte Details zu einem Zeitraum verbinden - gefällt mir sehr...
Bitte mehr von diesen Autoren-Autoren-geschichten
Liebe grüße,
Lisa
auch wenn Hoffmann mein heimlicher Favourit ist, ach, ja sowas lese ich einfach zu gern!! Daher kann ich mich dem hier gar nicht anschließen:
Außerdem störte mich ein wenig, dass mir nicht ganz klar wurde, wessen Geschichte eigentlich erzählt wurde, Pauls oder Jureks? Dieses erzählerische "Konkurrenzgefüge" schwächt auch mE. ein wenig die Pointe.
Sehe ich gar nicht so, für mich macht das gerade den Reiz aus! Und ich lese es auch nicht als Konkurrenz.
Zum Hund hast du und magic ja schon geschrieben, ich finde das ein herrliches irvingschen Detail
Meine kleinen Anmerkungen:
Ruhr-Universität
ich kenne es nur entweder so: Ruhr-Universität Bochum oder RUB oder Ruhr-Uni...Ruhr-Universität wird, glaube ich, nicht gesagt
Aber wer Recht hat, ist deshalb nicht glücklicher.
Aber wer Recht hat, ist/wird deshalb kein glücklicherer Mensch. klingt besser? Rhythmisch?
-- um ein Vermögenum ein vermögen
Schleimende Männer sind auch nichts für Kinder.
kann man noch besser sagen, finde ich, erinnert mich übrigens an das brennende Geheimnis von Zweig...
Keiner sagte etwas. Jurek nicht. Seine Mutter nicht. (Wie viele Jahre Paul gebraucht hatte, um das zu verstehen? Buchenwald. Ravensbrück.)
Zu deutlicher Hinweis --- Bucheald, Ravensbrück würde ich streichen, hat der leser schon vorher verstanden.
Ansonsten hat pandora das schon schön auf den Punkt gebracht mit der historischen Dimension. Ich finde sie zudem (bis auf die eine genannte Stelle) auch nicht aufdringlich und gerade dadurch lesbar und gelungen.
Es ist spannend wie sich von Geschichte zu Geschichte Details zu einem Zeitraum verbinden - gefällt mir sehr...
Bitte mehr von diesen Autoren-Autoren-geschichten
Liebe grüße,
Lisa
Vermag man eine Geschichte zu erzählen, die noch nicht geschehen ist?
Es verhält sich damit wohl wie mit unserer Angst. Fürchten wir uns doch gerade vor dem mit aller Macht, was gar nicht mehr geschehen kann, eben weil es schon längst geschehen ist.
Es verhält sich damit wohl wie mit unserer Angst. Fürchten wir uns doch gerade vor dem mit aller Macht, was gar nicht mehr geschehen kann, eben weil es schon längst geschehen ist.
Liebe Lisa,
echt! Sagst Du nicht Ruhr-Universität? Habe ich gerade erst wieder gesagt. Entschuldigend, um Verständnis bittend, bei einem Vorstellungsgespräch, das mir viel Spaß gemacht hat. Ob ich darüber einmal schreiben werde?
Vielleicht halten mich die Leute für dämlich, weil ich nicht Ruhr-Uni sage? Möglicherweise ist das der Grund.
Danke für Deine Hinweise. Hoffmann ist Dein Favorit? Hhm.
Den Schleimer und das Vermögen habe ich verändert. Der Satz mit den Lagern war schon gestrichen. Leonie hat das ganz richtig angemerkt.
Aber was meinst Du mit Autoren-Autoren-Geschichten. Der Autor als Autor des Autors?
Grüße
Paul
echt! Sagst Du nicht Ruhr-Universität? Habe ich gerade erst wieder gesagt. Entschuldigend, um Verständnis bittend, bei einem Vorstellungsgespräch, das mir viel Spaß gemacht hat. Ob ich darüber einmal schreiben werde?
Vielleicht halten mich die Leute für dämlich, weil ich nicht Ruhr-Uni sage? Möglicherweise ist das der Grund.
Danke für Deine Hinweise. Hoffmann ist Dein Favorit? Hhm.
Den Schleimer und das Vermögen habe ich verändert. Der Satz mit den Lagern war schon gestrichen. Leonie hat das ganz richtig angemerkt.
Aber was meinst Du mit Autoren-Autoren-Geschichten. Der Autor als Autor des Autors?
Grüße
Paul
Lieber Paul,
entschuldige das U in Favorit
Dass der Satz schon gestrichen war, ist seltsam, ich habe ihn doch gelesen?? Bin ich jetzt wirr geworden? Oder in leonies Kritik geraten? Die habe ich aber gar nicht gelesen? Ach jetzt sehe ich, sie hat den Text so lange angehängt, dass ich beim scrollen wohl dachte, dass sei dein Originaltext... entschuldige. Dann stimme ich nachträglich nur leonie zu
Na du bist ein Autor und Jurek auch? Das meine ich damit. Mir gefällt dieses Verweben...das machst du oft (Hoffmann, ~Luhmann zählt ja auch ein bisschen dazu...).
Liebe Grüße,
Lisa
entschuldige das U in Favorit
Dass der Satz schon gestrichen war, ist seltsam, ich habe ihn doch gelesen?? Bin ich jetzt wirr geworden? Oder in leonies Kritik geraten? Die habe ich aber gar nicht gelesen? Ach jetzt sehe ich, sie hat den Text so lange angehängt, dass ich beim scrollen wohl dachte, dass sei dein Originaltext... entschuldige. Dann stimme ich nachträglich nur leonie zu
Aber was meinst Du mit Autoren-Autoren-Geschichten?
Na du bist ein Autor und Jurek auch? Das meine ich damit. Mir gefällt dieses Verweben...das machst du oft (Hoffmann, ~Luhmann zählt ja auch ein bisschen dazu...).
Liebe Grüße,
Lisa
Vermag man eine Geschichte zu erzählen, die noch nicht geschehen ist?
Es verhält sich damit wohl wie mit unserer Angst. Fürchten wir uns doch gerade vor dem mit aller Macht, was gar nicht mehr geschehen kann, eben weil es schon längst geschehen ist.
Es verhält sich damit wohl wie mit unserer Angst. Fürchten wir uns doch gerade vor dem mit aller Macht, was gar nicht mehr geschehen kann, eben weil es schon längst geschehen ist.
Liebe Lisa,
ich denke jetzt verstehe ich Dich. Du hast "Jurek" als Anspielung auf Jurek Becker gelesen! Das war gar nicht intendiert. Macht aber nichts. Dadurch wirke ich nur noch schlauer, als ich sowieso schon bin.
Machmal bedeuten Namen etwas, manchmal passen sie auch überhaupt nicht das nicht zu den Personen. Gestern hatte ich einige Freunde zu Gast. Unter anderem war auch eine Bekannte erschienen, die Mirjam heißt. Aber "widersetzlich" ist an ihrer Person gar nichts. Ihr sehr freundlicher Freund heißt Paul. Er war tatsächlich, wie der Name schon sagt, sehr "sanftmütig".
Trotzdem stelle ich mir mein Traumpaar immer ein wenig anders vor...
Charaktere zu benennen halte ich für ziemlich schwierig. Nach welchen Kriterien sucht man Namen für literarische Figuren aus? Wie sorgt man dafür, dass sie nicht abgegriffen klingen? Wie verhindert man, dass sich nicht die falschen Personen angesprochen fühlen?
Grüße
Paulo
ich denke jetzt verstehe ich Dich. Du hast "Jurek" als Anspielung auf Jurek Becker gelesen! Das war gar nicht intendiert. Macht aber nichts. Dadurch wirke ich nur noch schlauer, als ich sowieso schon bin.
Machmal bedeuten Namen etwas, manchmal passen sie auch überhaupt nicht das nicht zu den Personen. Gestern hatte ich einige Freunde zu Gast. Unter anderem war auch eine Bekannte erschienen, die Mirjam heißt. Aber "widersetzlich" ist an ihrer Person gar nichts. Ihr sehr freundlicher Freund heißt Paul. Er war tatsächlich, wie der Name schon sagt, sehr "sanftmütig".
Trotzdem stelle ich mir mein Traumpaar immer ein wenig anders vor...
Charaktere zu benennen halte ich für ziemlich schwierig. Nach welchen Kriterien sucht man Namen für literarische Figuren aus? Wie sorgt man dafür, dass sie nicht abgegriffen klingen? Wie verhindert man, dass sich nicht die falschen Personen angesprochen fühlen?
Grüße
Paulo
Hallo Paul!
Wieder mal schon so viel gesagt worden, dass ich nicht viel mehr hinzufügen kann als: hat mir auch sehr gefallen. Aus den oben schon ausführlich erwähnten Gründen.
Das problem mit der Benennung von Charakteren habe ich übrigens auch, wird auch immer schwieriger, weil ja fast jeder Name schon irgendwie besetzt ist, sei es durch die wörtliche Bedeutung, Mythologie, Literatur oder was auch immer. Deshalb heißen bei mir die Leute nur, wenn es sich nicht vermeiden lässt, aber meistens lässt es sich nicht. Vielleicht sollte man aber überhaupt nicht zu viel darüber nachdenken.
Liebe Grüße,
Rala
Wieder mal schon so viel gesagt worden, dass ich nicht viel mehr hinzufügen kann als: hat mir auch sehr gefallen. Aus den oben schon ausführlich erwähnten Gründen.
Das problem mit der Benennung von Charakteren habe ich übrigens auch, wird auch immer schwieriger, weil ja fast jeder Name schon irgendwie besetzt ist, sei es durch die wörtliche Bedeutung, Mythologie, Literatur oder was auch immer. Deshalb heißen bei mir die Leute nur, wenn es sich nicht vermeiden lässt, aber meistens lässt es sich nicht. Vielleicht sollte man aber überhaupt nicht zu viel darüber nachdenken.
Liebe Grüße,
Rala
Lieber Paul,
ich habe diese Geschichte sehr gern gelesen, flüssig geschrieben, sehr lebendig erzählt.
Nun habe ich, weil ich nach dem Lesen der Geschichte nichts daran auszusetzen hatte, die Anmerkungen in den Vorbesprechungen auch gelesen. Duhast offenbar, im Text das, was du für wichtig hieltest, bereits geändert, so dass ich diebereits korrigierte Version las, auf Grund des zeitlichen Abstands zum Postingtermin. Darum habe ich auch nicht das Gefühl hier noch auf die Suche nach "Fehlern" oder "Unstimmigkeiten" gehen zu müssen.
Ich meine jetzt sehr deutlich zu spüren, dass diese Geschichte in ein großes Ganzes gehört, einmal eingepasst werden wird, oder es schon ist.
Mir kommt sie wie ein wertvoller Mosaikstein vor, und ich habe das sichere Gefühl, dass sich alles zueinander fügen wird, ein Stein zum anderen.
Liebe Grüße
Gerda
ich habe diese Geschichte sehr gern gelesen, flüssig geschrieben, sehr lebendig erzählt.
Nun habe ich, weil ich nach dem Lesen der Geschichte nichts daran auszusetzen hatte, die Anmerkungen in den Vorbesprechungen auch gelesen. Duhast offenbar, im Text das, was du für wichtig hieltest, bereits geändert, so dass ich diebereits korrigierte Version las, auf Grund des zeitlichen Abstands zum Postingtermin. Darum habe ich auch nicht das Gefühl hier noch auf die Suche nach "Fehlern" oder "Unstimmigkeiten" gehen zu müssen.
Ich meine jetzt sehr deutlich zu spüren, dass diese Geschichte in ein großes Ganzes gehört, einmal eingepasst werden wird, oder es schon ist.
Mir kommt sie wie ein wertvoller Mosaikstein vor, und ich habe das sichere Gefühl, dass sich alles zueinander fügen wird, ein Stein zum anderen.
Liebe Grüße
Gerda
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