"SORGEN"

Bereich für Texte mit lyrischem Charakter: z.B. Liebeslyrik, Erzählgedichte, Kurzgedichte, Formgedichte, Experimentelle Lyrik sowie satirische, humorvolle und natürlich auch kritische Gedichte
cyberpoet

Beitragvon cyberpoet » 23.03.2006, 00:44

haben wir das recht zu sagen,
dass uns echte sorgen plagen
falls das handy einmal streikt
ein andrer uns die tour vergeigt
die wandtapeten schäbig sind
und viel zu schnell die zeit verrinnt

wenn man es mal damit vergleicht
wo´s oft nicht mehr zum leben reicht
weil stets der hunger dominiert
und jede hoffnung kollabiert
weil nur gemordet wird, geraubt
und niemand sich je sicher glaubt
weil sich auch nie ein lichtblick zeigt
und einzig nur die dürre steigt
weil all das wasser fault, verdirbt,
und so der mutter kind verstirbt
weil seuche tobt und hungersnot
und einzig triumphiert der tod

da gilt es wohl zu hinterfragen
ob uns hier echte sorgen plagen


2006(c)st
Zuletzt geändert von cyberpoet am 24.03.2006, 01:20, insgesamt 3-mal geändert.

scarlett

Beitragvon scarlett » 23.03.2006, 05:09

... hmm... ich weiß nicht so recht, was ich von deinem Text halten soll.
Zunächst mal etwas Formales: es heißt wohl "kollabieren" und nicht "kollapieren".
Des weiteren kann ich mit der Zeile
"und fernab lebt vom täglich brot"
schon allein vom Grammatikalischen nichts anfangen - worauf bezieht sich die denn?

Grübelnde Grüße,

scarlett

Gast

Beitragvon Gast » 23.03.2006, 09:07

Hallo cyberpoet... mit scarlett mache ich hmm...

Positiv ist die Idee hinter dem Text.
Aber hier wirken die Reime komisch auf mich.
Vielleicht Geschmackssache, ich habe Probleme, wenn schwerwiegende Themen so "leichtfüßig" gereimt daherkommen. Da ist für mich die Kitschgrenze überschritten. Da wird dem Inhalt mit der Form nicht Rechnung getragen.
Die Reime
Not und Brot
raubt und glaubt
verdirbt und stirbt ...

sind schon regelrecht abgedroschen. Zu sehr verbraucht, als dass sie den Leser noch aufmerken lassen.
Meine Meinung: Gut gewollt, aber daneben gelangt.
Ich würde mir intensive Gedanken über eine neu Formgebung machen, und die sollte dann nicht von oben herab auf die Menschen "schimpfen".

Liebe Grüße
Gerda

Maija

Beitragvon Maija » 23.03.2006, 09:37

Ich würde mir intensive Gedanken über eine neu Formgebung machen, und die sollte dann nicht von oben herab auf die Menschen "schimpfen".


Dies sehe ich nicht so und erst recht nicht von oben herab. Das Gedicht zeigt mir eine klare Gedankenlinie und der Inhalt macht mich nachdenklich.
Über den Hunger zu schreiben in der dritten Welt ist sinnvoll und da kann und darf kein Wort abgedroschen klingen, liebe Gerda! Warum nicht mit einfacher Reimtechnikl? Gerade hierin sehe ich den Ernst der Lage und es ist keineswegs kitschig. Traurig das man noch heute auf dieses Thema keine Besserung finden kann!

Gruß Maija

Gast

Beitragvon Gast » 23.03.2006, 11:02

Liebe Maija, wir haben unterscheidliche Ansichten was Literatur , in diesem Fall Lyrik, betrifft.
Ich habe ja in meiner Stellungnah,e zum Text ausdrücklich von mir gesprochen.
Deine Meinung, dass über Elend und Hunger (leider immer noch )geschrieben werden muss teile ich.
Aber über literarische Verarbeitung, und um die geht es hier im forum, haben wir offenbar unterschiedliche Meinungen.
Es nützt gar nichts, wenn du meinst mich von dem, was du richtig findest überzeugen zu wollen.
Ich habe auch in eigenen Gedichten, auch hier schon, über die ich Ungleichverteilung auf der Welt Stellung bezogen, aber eben in einer, der Thematik, meiner Anscht nach, angemessenen literarischen Form.
Der Zweck heiligt eben nicht die Mittel, schon gar nicht in einem Literaturforum.

Ich finde die Gedanken, die ich mir um meine Mitmenschen mache, sollte ich in denkbarste beste Form gießen, damit sie auch wirklich verinnerlicht werden. Für mich ist diese obige Form obsulet.

Ich denke, liebe Maija, wir sollten unsere unterschiedlichen Ansichten über Stil und Form insbesondere von Gedichten, still tolerieren, denn auch das gehört zur Menschlichkeit.

Liebe Grüße und dir einen schönen Frühlingstag
Gerda :smile:

Gast

Beitragvon Gast » 23.03.2006, 11:09

Sorry, cyberpoet, dass ich Maija so ausführlich geantwortet habe. Natürlich hätte ich mir nicht die Mühe gemacht zu deinem Text w.o. zu schreiben, wenn mir die Idee und deine Gedanken dahinter nicht wixchtig wären. Aber ich denke du erwartest halt nicht "Manöver"- sondern Text- und Formkritik.

L. G. G.

Herby

Beitragvon Herby » 23.03.2006, 11:38

Hi cyber ...

habe dein Gedicht eben erst gelesen und muss Gerda zustimmen. Meines Erachtens nach ist das Thema deines Textes, sind deine Gedanken zu schwerwiegend, als dass sie in gereimte Form gefasst werden könnten. Ich weiß nicht, wie ich es ausdrücken soll, aber irgendwie nehmen die Reime dem Text viel ( alles ? ) von seiner thematischen Brisanz.
Ich bin ja nun selbst jemand, der bisher fast ausschließlich mit Reimen arbeitet, aber es gibt Gedanken, die sich für mich dem Reim versperren, und das von dir bearbeitete Thema gehört in meinen Augen dazu. Vielleicht ist es dir, anders als mir, gegeben, dich auch in freier, also reimloser Lyrik, auszudrücken. Falls ja, würde ich unbedingt dazu raten, deinen Text entsprechend umzuarbeiten.

Einen schönen Tag und liebe Grüße nach Wien O:)

Herby

moana

Beitragvon moana » 23.03.2006, 12:47

Hallo cyberpoet!

Also, einerseits stimme ich Gerda und Herby zu, andererseits dachte auch zuerst : Maija hat recht!

Es kommt nämlich darauf an, wen du mit einem solchen Gedicht erreichen willst. Mit einer einfacheren Sprachwahl und typischen Ausdrücken (solche, die Gerda als "abgedroschen" bezeichnete) erreichst du einfach mehr Menschen. Das sind Sätze, die man versteht und vor allem sofort versteht. Die einem einfach im Gedächtnis bleiben, weil sie so "simpel" sind. Und das hat ja auch was für sich. Andererseits denken die Menschen, die Einfachheit im Leben brauchen und schätzen wahrscheinlich auch nicht so viel über ein solches Thema nach. Für die Denker und Anspruchsvollen, wie die wohl meisten Leute hier in dem Forum, ist das nix. Die wollen mehr, tiefsinnigeres, kompliziertes Angebot, das sie selbst noch bedenken und bearbeiten können.

Ich persönlich finde es gut gelungen. Ich kann es verstehen und kann es mit mir tragen, ohne, dass ich darüber nachdenken muss: Was will er damit sagen und was heißt das denn wohl? In diesem Falle ist eine klare Stellungsnahme von dir, die mir gefällt, sowohl formal als auch stilistisch.

grüßerl von moana

cyberpoet

Beitragvon cyberpoet » 23.03.2006, 14:19

hallo alle miteinander!

vorerst einmal herzlichen dank, dass ihr euch zu meinem text so viele gedanken gemacht habt! er ist heute in der früh spontan entstanden und war ausgelöst durch ein gespräch, welches ich ein paar stunden zuvor mit freunden von mir geführt habe. da ging es um typische dinge des mitteleuropäischen alltags, wo diverse "sorgen" zur sprache kamen, wie geldnöte, beziehungsprobleme, anschaffungen (welches handy, welche neue software etc.)
als ich nach hause kam, liess ich passagen der unterhaltung im geiste revue passieren und fand, dass vieles davon eigentlich lächerlich ist, im vergleich zu den sorgen, die menschen in anderen teilen der welt haben.
sobald man die dinge im vergleich betrachtet, relativiert sich so einiges und viele sogenannte probleme driften ab in die lächerlichkeit. nun aber zu den einzelnen kommentaren:


@scarlett
danke für den hinweis "kollapieren" und "kollabieren". habe im www nachgeforscht und du hast natürlich recht. ist bereits ausgebessert. danke! die zeile: und fernab "lebt" vom täglich brot ist tatsächlich aus dem kontext gerissen und ich werde nachdenken, wie ich sie ersetzen kann.

@gerda

ich bin für jeden kommentar dankbar, weil sonst würde ich hier auch keine beiträge verfassen. zum punkt "leichtfüßig gereimt" kann ich allerdings nur sagen, dass der reim mein stilmittel ist, weil er mir am leichtesten fällt. in der freien (ungereimten) lyrik bin ich nicht zu hause. deshalb kann ich mich nur der technik bedienen, die ich beherrsche. abgedroschen sind manchmal reime deshalb, weil sich auf manche worte eben nur gewisse dinge reimen. alles in allem gilt der reim als akzeptierte form der lyrik (die man mögen kann oder auch nicht). zu deinem punkt ......von oben herab...möchte ich gerne darauf hinweisen, dass ich das thema in der "wir-form" verfasst habe und ich selbst somit in der hinterfragung inkludiert bin. alles in allem werde ich auf jeden fall den text nochmals bearbeiten und freue mich auf weitere kommentare!

@herby
danke für deinen kommentar! vielleicht ist der reim nicht unbedingt der glücklichste, um themen wie diese in worte zu fassen. wie schon zu gerda gesagt ist es jedoch der einzige stil, den ich beherrsche, weil so wie du fühle ich mich persönlich in der freien lyrik etwas verloren.

@maija und moana

danke für eure parteiergreifenden kommentare. prinzipiell glaube ich, dass wir nie alle gleichermassen mit unseren texten erreichen können. dessen bin ich mir bewusst, seitdem ich schreiben angefangen habe. ich respektiere aber dennoch auch die meinung derer, die mit meinem text nicht so viel bzw. garnichts anfangen können.

@alle

nochmals vielen dank für eure meinungen und noch einen schönen tag!!

lg

cyberpoet

Maija

Beitragvon Maija » 23.03.2006, 14:59

Liebe Grüße und dir einen schönen Frühlingstag


Dir und allen anderen auch! §blumen§

Franktireur

Beitragvon Franktireur » 23.03.2006, 15:55

Hallo cyberpoet,

sicher wird es dich nicht überraschen, wenn ich mich Gerda und Herby anschließe, was Reim aber viel mehr noch die Wortwahl betrifft.

Aber da ist bereits alles zu gesagt - auch von dir im Kommentar.

Ich kann das auch alles so nehmen, wie es ist, aber eines ist mir aufgefallen:

Als ich dein Gedicht das erste Mal las, rief ich spontan aus: "Och nee! Hunger und Seuchen gegen die Sorgen, die wir hier haben, auszuspielen erinnert mich zu sehr an die elenden Diskussionen der 70er/frühen 80er, als die Umweltschutzbewegung aufkam und zugleich die Stahlkrise: Da hieß es nämlich "Arbeitsplätze oder Umweltschutz", und diese Sichtweise fand ich damals bereits sehr daneben.
Also verkniff ich mir einen Kommentar zu diesem Gedicht. Nun las ich in deinem Kommentar, was du eigentlich meintest mit "unseren Sorgen", nämlich solch ein Quatsch wie Handy, Beziehungsprobleme, Treppe putzen, Preisvorteile/nachteile im Supermarkt u.ä. und rief aus: "Ja, also, damit kann ich voll und ganz übereinstimmen, das sehe ich ja ähnlich wie cyberpoet!"

Worauf ich jetzt hinauswill ist, daß dein Gedicht eben leider das nicht deutlich macht, worum es dir wirklich dabei geht. Es ist zu allgemein gehalten und kann dann durchaus so falsch verstanden werden, wie ich es zunächst falsch verstand - bevor mich dein Kommentar zu deinem Gedicht aufklärte.
Darum (völlig losgelöst von Reimschema u.ä.) würde ich dir empfehlen, es noch mal dahingehend zu überarbeiten. Dann würde auch die nötige Schärfe evtl. da hineinkommen, quasi durch ausgewiesene Gegenüberstellung von Handy - Hunger, Treppe putzen - Trinkwassermangel (sind jetzt nur Beispiele zur Verdeutlichung, was ich meine), um rüberzubringen, wie belanglos unsere "Probleme" sind angesichts der Katastrophalen Lebensumstände in anderen Gebieten dieser Welt.

Gruß
Frank

cyberpoet

Beitragvon cyberpoet » 24.03.2006, 00:06

quel honneur
c´est franktireur ;-))

hallo frank,

ich bin keineswegs über deine meinung überrascht, was reim als auch wortwahl betrifft, weil ich schon beobachtet habe, dass dies (insbesondere der reim) nicht so wirklich dein ding ist. der kommentar von dir ist allerdings überaus hilfreich für mich, weil er mir klar vor augen führt, dass ich die "gesättigte" seite der medaille zu wenig klar dargestellt habe.
kommt wohl daher, wenn man solche texte um ca. ein uhr früh verfasst und davon ausgeht, dass ohnehin die meisten die dinge so sehen, wie man selbst.
ich werde in mich gehen und ausser mir sein ;-))) wenn ich den text erneut in angriff nehme, weil deine argumente in jedem falle stimmen. die anderen haben mir auch einiges schon vermitteln können, aber du hast es sehr gut auf den punkt gebracht!!

lg aus wien


cyberpoet

Gast

Beitragvon Gast » 24.03.2006, 08:34

Oh, wie schön, da freu ich mich sehr, cyberpoet, ich bin gespannt auf Version 2. :smile:

Frank hat es gut auf den Punkt gebracht, wie ich finde, und zu bochmaligen aufmerksamen Lesen beigetragen.

Dank
an
Frank;-)

Allen einen wunderschönen Frühlingstag


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