Haar - los

Bereich für Texte mit lyrischem Charakter: z.B. Liebeslyrik, Erzählgedichte, Kurzgedichte, Formgedichte, Experimentelle Lyrik sowie satirische, humorvolle und natürlich auch kritische Gedichte
Perry

Beitragvon Perry » 23.03.2006, 19:47

Haar - los


Er trägt sie
jetzt wieder schulterlang
mit aufrecht stolzem Gang

Auch
wenn es einigen nicht gefällt
der Spott zu seinen Begleitern zählt

flicht er sie
mit einem Lederband
zu einem Zopf mit leichter Hand

Doch erst
wenn sein Haupt kein Flaum mehr ziert
sich der Hetzer Schar verliert

Herby

Beitragvon Herby » 23.03.2006, 22:50

Hallo Manfred,

du beschreibst in deinem Text, dass jemand seine Haare anders trägt, als es manchen Mitmenschen gefällt. So weit, so gut ... jedoch frage ich mich, worin deine Intention liegt.

Wenn es dir darum geht, das über die Frisur demonstrierte Schwimmen eines Individuums gegen den Strom zu thematisieren, dann finde ich allerdings die letzte Strophe entschieden zu schwach und ohne Biss.

Sollte es dir darum gehen, die Hetzer, wie du sie nennst, anzuprangern, passen die ersten Strophen nicht...

Etwas ratlos grüßt
Herby

Perry

Beitragvon Perry » 24.03.2006, 08:20

Hallo Herby,
danke, dass du dich mit meinen Zeilen auseinandergesetzt hast.
Ich wollte am Beispiel der Haartracht die Vorurteile mancher Zeitgenossen, die sich nur an Äußerlichkeiten orientieren, verdeutlichen.
Häufig erledigt sich das Problem erst, wenn der Grund dafür nicht mehr vorhanden ist.
Schade, wenn das bei dir nicht so angekommen ist.
LG
Manfred

moana

Beitragvon moana » 24.03.2006, 10:14

Hey Manfred!

Also, ich hab den Text schon verstanden, das heißt: Anfangs war das Ganze eher eine neugierig machende Geschichte, aber die letzte Strophe gab mir dann irgendwie doch die Klarheit, um was es geht. Find ich eine gute Idee, außergewöhnlich. Trägt vielleicht nicht so viel, wie die Metaphern oder gewöhnlichere Bilder, ist aber dennoch deutlich wie ich finde. Hat mir gefallen und inhaltlich stimme ich dir nur zu. Wobei es auch genau ins Gegenteil schlagen kann: Da will man mal was anders machen und am Ende machen es einem alle nur nach :shock: !

grüßerl moana

woitek

Beitragvon woitek » 24.03.2006, 18:16

Hallo Perry,

ich wurde durch deinen Text tief berührt.
Habe sofort alte Fotos rausgekramt...Ach ja.

Das erste mal musste die lange Mecke runter, als es zum Militär ging.

aber was solls...es wächst ja wieder nach.

Dann waren sie arschlang (im wahrsten Sinne des Wortes) Der Träger wurde ihrer überdrüssig und ließ sich in Folge eines spontanen Entschlusses scheren.

Seit dem sind sie nicht nur hinten kurz, auch die Stirn wird immer höher.

Probleme mit meiner Umwelt hatte ich wegen(oder trotz) meiner Haarpracht nie.

LG Woitek

Perry

Beitragvon Perry » 24.03.2006, 19:54

Hallo moana, hallo woitek,
freut mich, dass ihr mit den Zeilen was anfangen konntet. Ich habe die Metapher mit den Haaren gewählt, weil ich und wahrscheinlich viele andere diese aus eigener Erfahrung kennen bzw. selber erlebt haben. Als Heranwachsender kann es zu Problemen mit dem Elternhaus oder konservativem Umfeld, später mit dem Lehrherrn oder Behörden (Bundeswehr) kommen. Im Berufsleben passen sich dann meistens alle an und wenn im Alter endlich die Möglichkeit bestände sich frei zu entscheiden, dann sind meistens nicht mehr viele Haare da.
Mir kam es aber auch darauf an mit dem Gedicht auf allgemeine Diskrimminierung durch Intolereanz wegen anderer Sitten, anderem Aussehen etc. anzuspielen.
Danke für euere Meinung und LG
Manfred

Gast

Beitragvon Gast » 25.03.2006, 15:52

amüsiert und gern gelesen, da ist was dran, aber ich finde "Hetzer Schar" entschieden zu dick aufgetragen...
Also selbst in meinem konservativen Elternhaus wurde die Haarpracht meines einzigen Bruder toleriert... und das, obwohl ich mein Haar, was ich gern kurz getragen hätte, erst abschneiden lassen durfte, als ich 14 Jahre alt war...
Vielleicht ist das Wort Nörgler stark genug??? ;-)

Liebe Grüße
Gerda

Perry

Beitragvon Perry » 25.03.2006, 17:34

Hallo Gerda,
freut mich, dass dir diese kleine Haarspalterei gefallen hat. Rein auf die Haare bezogen hast du natürlich Recht, da sich das Gedicht aber auch auf Intoleranz im allgemeinen Sinn interpretieren lässt, möchte ich die "Hetzer" erst einmal noch stehen lassen.
Danke für deine Auseinandersetzung mit dem Text und LG
Manfred

Gast

Beitragvon Gast » 25.03.2006, 20:58

Hallo Manfred,

du meinst, dass dein Gedicht mehrals nur die real verwendeten Bilder trägt.
Hm, da habe ich ein Problem, diese Ebene sehe ich nicht... und nur an dem Wort "Hetzer" kann eine tiefere Bedeutung nicht festgemacht werden.
Objektiv gelesen. Hereininterpretieren kann man natürlich eine Menge, aber wo ist der Anstoß dazu?
Aber vielleicht ich ihn auch nicht, an anderer Stelle hier im forum war ich auch etwas blind...
Liebe Grüße
Gerda

Perry

Beitragvon Perry » 26.03.2006, 15:31

Hallo Gerda,
keine Sorge du bist nicht "interpretationsblind." Man kann mehr hineindenken, muss aber nicht.
LG
Manfred
PS: Vielleicht sollte ich das Gedicht in der Hinsicht noch mehr öffnen.

Perry

Beitragvon Perry » 26.03.2006, 17:02

Hallo Gerda,
was hältst du von folgenden Zusatz:
"Wie dem Haar
das nur an der Kopfhaut hängt
geht es auch der Seele, wenn man sie bedrängt"
LG
Manfred


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