[süß und bitter]

cali

Beitragvon cali » 12.03.2007, 16:50

auf der zunge
süß und bitter
öffnet sich der mund
schreit saure löcher
tränenloses bekenntnis
in schwerer luft
wiegt sich tröstende musik
ein kind
gebraucht zart seine ersten worte
offene augen blicken
unschlagbar ehrlich
mutti umarmt vati
nur im dunkeln


© by cali

Wannendicht

Beitragvon Wannendicht » 15.03.2007, 20:22

Hallo Cali,

Dein Bild ist etwas schwer zu greifen, da die Geschmacksrichtungen süß, bitter und sauer im selben zeitschnitt erwähnt werden.
bei "wiegt sich tröstende musik" würde ich das "sich" weglassen oder einen absatz darunter machen (je nachdem wie´s gemeint ist)

ich hab noch ein kleines problem mit "schreit saure löcher" und "gebraucht zart seine ersten worte"
wie meinst du das?
die ersten zeilen lesen sich für mich etwas schwer aber je mehr ich mich hineinversetze glaube ich zu verstehen.

wie auch immer die wanne

Niko

Beitragvon Niko » 15.03.2007, 20:54

es ist schwer für mich, cali, hier einen eindeutigen zugang zu finden. ein rotfädriges etwas bleibt nicht in meinem auge.
süß und bitter im bezug auf kindheit erweckt bei mir gleich den begriff "zartbitter", ein begriff der für missbrauch steht. in diesem sinne gehe ich also an das gedicht heran.

auf der zunge
süß und bitter
öffnet sich der mund
schreit saure löcher
tränenloses bekenntnis
in schwerer luft
wiegt sich tröstende musik

bis hierher wird meine erdachte theorie auch nicht entkräftet. "auf der zunge öffnet sich ein mund" das ist ein abstraktes und zugleich schwer entschlüsselbares bild für mich. es bedeutet mir, das in der art von "das herz auf der zunge" ungeschönt und urwild ein schrei geboren wird. dann "saure löcher" "tränenloses bekenntnis" vor allem...-manchmal ist schmerz so groß, das da keine tränen mehr sind. gut die setzung von "in schwerer luft" in der das tränenlose bekenntnis und die tröstende musik aufeinandertreffen. bis hierher sehe ich meine angedachte theorie nicht entkräftet. dann:

ein kind
gebraucht zart seine ersten worte
offene augen blicken
unschlagbar ehrlich
mutti umarmt vati
nur im dunkeln

der gegensatz pur. ohne eine leerzeile dazwischen. das bringt mich jetzt ins schleudern. ich denke jetzt, es sind zwei kindheiten, die da beschrieben werden. oder aber zeit im rückwärtsgang.
es ist ein mindestens mentales dickicht, in dem eine leerzeile die wirkung einer machete haben könnte.
so ist es mir zu verwuselt. der geneigte leser gibt sich geschlagen und hofft auf irgendetwas, was mir anhaltspunkte gibt, den text zu verstehen.

lieben gruß: Niko

cali

Beitragvon cali » 15.03.2007, 21:57

Hallo Wannendicht und Niko,

schön, dass ihr euch den Text näher angeschaut habt, denn es ist einer, der mir viel bedeutet. Diesen Text hatte ich vor längerer Zeit schon einmal hier vorgestellt.

schaut doch bitte hier:
http://www.blauersalon.net/online-liter ... highlight/

(kopieren wäre auch eine Möglichkeit, sofern erlaubt!)

danach nehme ich gerne den Gesprächsfaden wieder auf.

cali

Niko

Beitragvon Niko » 15.03.2007, 22:07

die kommentare von "damals" bringen mich auch nicht wirklich weiter. ich weiß jetzt nicht, warum du das verlinkst, cali. - steh ich auffem schlauch?

knotige grüße: Niko

cali

Beitragvon cali » 15.03.2007, 22:11

hilf dir das weiter, Niko? ;-)

süß = Kind (ein Hauch davon, da eingeatmet bei den Eltern) daher süß und bitter
wer oder was schreit? Die Eltern streiten laut
saure Löcher= Aggressionen, Spannungen der Eltern durch Unzufriedenheit etc. sauer ist der Atem dann tatsächlich!
tränenloses Bekenntnis= über Gefühle wird nicht gesprochen
in schwerer Luft = ist Folge dessen.


„tröstende Musik“ (AUCH als Hoffnungsfunke für die Eltern gemeint) bezieht sich auf die ersten zarten Worte des Kindes
wiegt sich tröstende Musik
ein Kind
gebraucht zart seine ersten Worte
offene Augen blicken
unschlagbar ehrlich = einzig das/ein Kind zeigt sich NOCH unbeschwert

Peter

Beitragvon Peter » 24.03.2007, 17:33

Liebe Cali,

ich habe eine Szene vor Augen, die ich aber eher rekonstruieren musste, als dass ich sie direkt vom Gedicht bekam.

Ein Kind, die Eltern. Eigentlich zwei Szenen. Die eine: das Kind, das sprachlos (mit Worten, die noch nicht zum Ausdruck gereichen) vor den Eltern steht. Die andere: Die Eltern umarmen sich (nur) im Dunkeln (mehr ein Vorstellungs- oder Erkenntnisbild des Kindes).

Dazwischen sehe ich einen Wortfaden, der, wie kann man sagen (und darf ich so sagen?), zu lose hängt - er ist nicht so an die Nacht oder das Unsichtbare angebunden, wie er angebunden sein müsste.

Ich finde, du solltest stellenweise im Gedicht oben mit Absätzen arbeiten oder mit Punkten, ansonsten verschwimmen die Bedeutungen zu sehr; zudem stellen sich wahrscheinlich Bedeutungen ein, die du gar nicht wolltest.

Ich trau mich mal:


in schwerer Luft
wiegt sich tröstende Musik
- ein Kind -
gebraucht erste Worte

süß und bitter
öffnet sich der Mund
er
- schreit saure Löcher -

"mutti" und "vati"
umarmen sich nur im Dunkeln


Ich weiß nicht, ob das deine Intension trifft.

Was meinst du?

Liebe Grüße,
Peter

cali

Beitragvon cali » 24.03.2007, 18:53

o, vielen Dank, lieber Peter, fürs Hineinlesen, Bearbeiten und Kommentieren. Deine Interpretation kommt der meinen sehr nahe..... oder so: Deine Intention ist nicht falsch ;-) .
Werde es noch etwas nachwirken lassen.

cali


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