Der Tierischen Hybris zweiter Teil

Bereich für Texte mit lyrischem Charakter: z.B. Liebeslyrik, Erzählgedichte, Kurzgedichte, Formgedichte, Experimentelle Lyrik sowie satirische, humorvolle und natürlich auch kritische Gedichte
Herby

Beitragvon Herby » 12.03.2006, 00:49

Tierische Hybris II
Das weise Nas
*


So gegen zehn, es war kaum später,
vernahm ein Nas des Eichs Gezeter
und dessen klagendes Gejammer
aus hoher baumbelaubter Kammer:
„Zu klein … zu hässlich … kaum zu glauben …!“
Das Nas begann entnervt zu schnauben
und rief zu dem entrückten Eich:
“Halt’s Maul und sei um 12 beim Teich!
Wart dort auf mich ne kleine Weile,
hab’ noch zu tun. Bis gleich. Ich eile!“

Dort angekommen, legt’ es los
und sprach zum Eich: „Was willst du bloß?
Ich hab dein Meckern wohl gehört,
das unsren Schöpfer so empört.
Gott hat sich sicher was gedacht,
als er uns an Tag sechs gemacht.
Doch kennen wir nicht seine Gründe,
was ich so schrecklich gar nicht finde.
Wer sind wir schon, dass wir verstehn,
welch’ Wege Gottes Pläne gehn?
Soviel zum Göttlichen ganz knapp –
Hör zu! Verzeih, ich schweifte ab.

Ich hätte doch, lass dir das sagen,
mehr Anlässe als du zum Klagen!
Wie gern würd’ ich ein Hörnchen sein,
und so wie du ganz flink und klein!
Stattdessen wiege ich zu viel,
schau stets nur zu bei Sport und Spiel,
denn denk bloß mal an die Blamage,
mir passt doch keine Trikotage!
-- Nun kau nicht ständig an den Nüssen!
Wirst mir schon noch was zuhör’n müssen! --
Dich stört dein Hörnchen, mich mein Horn,
das bei mir ausgerechnet vorn
monströs aus der Visage ragt,
doch hab ich jemals mich beklagt?!
Zudem, was dir erspart geblieben,
ist es höchst hinderlich beim Lieben,
denn alle Damen, ach, sie pflegen,
mich zu verschmäh’n des Hornes wegen,
mit dem ich vorne bin bewehrt,
was zartes Kosen mir erschwert!

Ach ja … zum Schluss noch ne Bemerkung
zu deiner eig’nen Seelenstärkung:
Denk an Kollegin Fledermaus –
Ein Promi! Schon vertont vom Strauß!
Obwohl betörend schön sie nie war,
gilt weltweit heute sie als Diva,
nach der, sie ist ja doch ne Nette,
der Strauß nannt’ seine Operette.
Drin singt der Rudi Schock, Tenor,
in des entzückten Hörers Ohr,
mal laut und kräftig, mal ganz leise,
berühmte Worte, klug und weise:
’Glücklich ist, wer vergisst,
was doch nicht zu ändern ist ...’

Was ist nun die Conclusio?
Regst du dich auf, bleibt’s trotzdem so!
Drum leb getrost als Hörnchen weiter,
ich bleib ja auch, trotz Horn, noch heiter.“

So sprach das weise Nas gemessen
und hätte dabei fast vergessen
sein Lunch im Restaurant „Zur Kelle“
mit Fräulein Lou, einer Gazelle,
die, weil grazil und elegant,
es ausgesprochend reizend fand.

P.S.:
Ob’s Nas bei Lou dann landen kunnt,
darüber schweigt des Dichters Mund.


* Die meisten Änderungen erfolgten auf Anregung von Gerda ( vgl. ihren Kommentar ). Sie enthalten auch Passagen, auf die schon Uwe Beuer in seinem Kommentar hinwies.
Zuletzt geändert von Herby am 01.05.2006, 13:09, insgesamt 1-mal geändert.

ursula.stoehr

Beitragvon ursula.stoehr » 24.04.2006, 13:35

Lieber herby

Stell dir folgende Situation vor:

1.)Schüler schreiben eine Klassenarbeit.
2.)Lehrerin denkt bei sich: Schau mal in Literaturforum des Blauen Salons.
3.) Gesagt - getan
4.) Lehrerin liest dein Gedicht vom Eich und muss die Zähne ganz fest aufeinanderpressen, dass sie nicht lauthalt loslacht! (wäre es nicht eine Klassenarbeit gewesen - hätte ich unterbrochen und die Schüler an meinem Kurzausflug ins Literaturforum teilhaben lassen.)
5.) Lehrerin beschließt zurückzuschreiben - und entdeckt, dass es da auch noch etwas vom Nas gibt.
6.) Neugierig, wie Leher(innen) sein können, besucht sie das Nas.
7.) Jezt gibt es kein Halten mehr - herzhaftes Lachen bis die Tränen kommen - fragende ratslose Schülergesichter.....
8.) Frage: "Was ist den los Fräulein?"
9.) Spontane Entscheidung: "Jungs hört euch das an"
10.) Sag bitte Eich und Nas - sie haben einigen heute den Schulalltag in ganz besonderer Weise erheitert. (wir haben alle herzhaft gelacht - und - die Klassenarbeit ist trotzdem (oder vielleicht gerade deshalb) positiv ausgefallen!
Ganz liebe Grüße
Ursula und 25 Schüler
9.)

Gast

Beitragvon Gast » 24.04.2006, 13:40

Das ist aber eine tolle Rückmeldung, §blumen§ schön, dass es solche Lehrer, wie dich noch gibt, liebe Ursula.
Na, lieber Herby, da freust du dich gewiss :!: :smile:

L. G. G.

Herby

Beitragvon Herby » 24.04.2006, 23:25

Liebe Ursula,

ich habe mich über deine Rückmeldung zu meinen ollen Klamotten ebenso gewundert wie herzlich amüsiert. So eine Lehrerin hätte ich mir früher auch gewünscht ( vielleicht hätte ich dann leichter schummeln können ;-) ).

Ich werde deiner Bitte unter Punkt 10 sehr gerne nachkommen und ersuche dich im Gegenzug, deine Klasse sehr herzlich von mir zu grüßen! Wie schön, wenn ich zu guten Ergebnissen der Klassenarbeit beigetragen haben sollte. O:) Ich freue mich von Herzen, wenn ich andere mit solchen Versen zum Lachen bringe! Hat gut getan, danke! §blumen§

Liebe Gerda,

Ursulas Kommentar hat mich daran erinnert, dass ich deine Anstöße hinsichtlich der Apostrophen völlig aus dem Auge verloren hatte. Werde mich in den nächsten Tagen mal dran machen.

Nächtliche Grüße an euch beide!
Herby

ursula.stoehr

Beitragvon ursula.stoehr » 25.04.2006, 00:53

Hallo Herby

Habe soeben die letzte Arbeit von heute eingetragen und die Noten abgeschlossen.
Hast schon Recht, ein wenig Möglichkeit zum Schummeln muss man geben. Wenn es die Burschen geschickt machen - Kompliment!
Eich und Nas schlafen bestimmt schon!
Gute Nacht
Ursula

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Beitragvon Lisa » 26.04.2006, 15:16

hallo ursula und Herby,
diese Diskussion ist prima :grin: . Ursula: mach das öfter !

Herby

Beitragvon Herby » 01.05.2006, 13:32

Liebe Gerda,

ich muss gestehen, ich hatte mein Nas und deine Änderungsvorschläge völlig aus dem Auge verloren und wurde erst heute morgen wieder darauf gestoßen ;-)

Die meisten deiner Vorschläge leuchten mir ein und ich habe den Text entsprechend verändert. In einem Punkt konnte ich mich dir nicht anschließen. Du schreibst:

Einmal habe ich auch die falsche Zeit entdeckt:

Es muss heißen:
Dort angekommen, legt es los
Und spricht zum Eich: „Was willst du bloß?


Da der Text mit Ausnahme der wörtlichen Rede in der Vergangenheit gehalten ist, bin ich an dieser Stelle bei meiner Version geblieben ( legt' = legte ).

Ein Punkt deines Kommentars ist mir noch nicht ganz klar. Es geht um die Silbenzahl. Ich habe eben nochmal meinen Text überprüft. Wenn ich mich dabei nicht vertan habe, sind es, von ganz wenigen Ausnahmen abgesehen, bei männlichen Kadenzen 8 und bei weiblichen Kadenzen 9 Silben. Du schreibst:

Dann ist da noch die Sache mit den Holperern, der nicht stimmigen Silbenzahl, auch hier Beispiele, keine (mich) erschöpfende Aufzählung:

Ich hätte doch, lass dir das sagen,
mehr Anlässe als du zum Klagen,
würde gern ein Hörnchen sein,
so flott wie du so flink und klein!


Den zweiten Vers habe ich übernommen der Betonung wegen, den dritten habe ich in meiner Version gelassen, da dein Vorschlag nur 7 Silben hat und auch das Versmaß ändern würde. Wenn ich richtig gelesen habe, habe ich durchgängig vierhebige Jamben, nur das Zitat aus der 'Fledermaus' ist trochäisch.

Was die Apostrophen angeht, hast du Recht und ich habe über deine Vorschläge hinaus einige noch selbst ausgebügelt. Ich hoffe, es ist jetzt runder geworden.

Bitte entschuldige die sehr späte Korrektur. Sie sollte keine Geringschätzung deiner konstruktiven Vorschläge sein! Manchmal dauert es bei mir aus verschiedenen Gründen halt länger als bei anderen hier im Forum, bis ich dazu komme, einen Text zu ändern. ( Gleich werde ich mich auch noch an die Korrektur meiner "nachtfahrt" machen, die wartet auch schon lange genug :sad: )

Wünsche dir einen schönen Maifeiertag!

Liebe Grüße
Herby

Gast

Beitragvon Gast » 01.05.2006, 19:26

Hallo Herby, ich finde es jedenfalls schön, dass du dich noch mal an die Arbeit gemacht hast und denke, es hat sich auf alle Fälle gelohnt über die Apostrophe nachzudenken...

hier habe ich dir das "ich" unterschlagen, deswegen fehlte eine Silbe:

ich würde gern ein Hörnchen sein,
so flott wie du so flink und klein!

Ansonsten denke ich, dass du, was Reimtheorie angeht, mir um Meilen voraus bist, aber manches Mal ist es mit Zählen und dem Wissen um Trochäus und Jambus nicht getan, da muss die Sprachmelodie, der natürlich Sprachfluss der hebungen und Senkungen berücksichtigt werden.
Gelingt mir eben bei eigenen Texten auch nicht immer.
Manchmal werde ich nach Jahren aufmerksam...
Na ja, aber ich schreibe ja eh lieber ohne Reim, wie du weißt, aber bei fremden Texten ist es einfacher mit Abstand drauf zu schauen.

Mit dem Tempus hast du Recht, da bin ich einem Irrtum unterlegen.

Mein Maifeiertag, war ein Tag der Arbeit...
Ich muss immer noch ungefähr 100 (eigene)Texte aus einem Internetforum runterladen.
Ich bin froh, das sie nicht endgültig verloren sind.

Alles Liebe und dein Nas habe ich für die Antho gewählt.

Gerda

Herby

Beitragvon Herby » 02.05.2006, 18:31

Liebe Gerda,

ja ja, die Apostrophe und ich ... ;-) Es ist schon seltsam, wie "blind" man manchmal bei eigenen Texten sein kann, sei es nun im Hinblick auf Apostrophen oder auch auf Reimschema und Versmaß. Es stimmt, wenn du schreibst, dass es bei fremden Texten durch den Abstand leichter ist.

Du schreibst:

und dein Nas habe ich für die Antho gewählt

Mein Nas, es dankt, du kanst mir's* glauben,
mit freudig aufgeregtem Schnauben! O:)

LG Herby


* siehe erster Satz!


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