Zeitimpulse

Bereich für Texte mit lyrischem Charakter: z.B. Liebeslyrik, Erzählgedichte, Kurzgedichte, Formgedichte, Experimentelle Lyrik sowie satirische, humorvolle und natürlich auch kritische Gedichte
Last

Beitragvon Last » 28.04.2006, 15:30

Zeitimpulse

Schlag auf Schlag vergeht die Zeit!
Stundengläser einer Brille,
Zeiger drehen sich im Kreis,
einen Kompass trägt der Wille

und Trauer,
was Blicke regen soll
bleibt Mauer.

Nadelstiche richtungweisend,
kurz vor Norden, g'rade aus.
Steine werfen hilft nicht weiter,
gläsern steht der Zeiten Haus

und Wände.
Das Augenlicht strebt fort
gen Ende.

Gast

Beitragvon Gast » 30.04.2006, 08:10

Hallo Last,
ich bin nicht sicher, ob es nur am Reim liegt, dass sich dieser Text so abgedroschen anhört... aber
Die Reime wirken auf mich ebenfalls konstruiert .
Da du sie nicht durchgehalkten hast, sind sie m. E. überflüssig.
Den Text könntest du völlig frei ausformulieren.
Zeit ist eben ein immer wiederkerhrendes Faszinosum in der Literatur...
Ich nehme die Zeit ;-) und gehe in der ersten Stophe beispielhaft zeilenweise vor:


Schlag auf Schlag vergeht die Zeit!

Oft gehört, eine reine Information ohne dass darin ein kreativenr Gedanke steckt. die Formulierung ist alt

Stundengläser einer Brille,

dieses Bild wirkt konstruiert, ich weiß nicht was es bedeuten könnte...
Ein Stundenglas ist eine Sanduhr, eine Brille als Doppelsanduhr, um es bewusst überzogen darzustellen???
Wenn du aussagen möchtest, dass man Zeit wie durch Brillenglas fließen sieht... so versuche das auch zu formulieren.


Zeiger drehen sich im Kreis,

... wieder gemeinhin Bekanntes, eine Information

einen Kompass trägt der Wille

Diese Idee gefällt mir, denn da steckt mehr dahinter...
Die Frage nach dem freien Willen... über die Formulierung würde ich nachdenken.[/i

und Trauer,
was Blicke regen soll
bleibt Mauer.

[i]Diese Strophe, sowie auch die vierte passen überhaupt nicht, hören sich an, als wenn du etwas mit reim hättest einschieben müssen.


Nadelstiche richtungweisend,
kurz vor Norden, g'rade aus.
Steine werfen hilft nicht weiter,
gläsern steht der Zeiten Haus

meinst du mit gläsern "zerbrechlich"? denn durchsichtig ist Zeit ja nun nicht..., oder dass wir alle zusammen im "Glashaus sitzen"... so nach dem Motto:

Keine Zeit / kein Leben auf der Erde? Zeit als Dimension?

und Wände.
Das Augenlicht strebt fort
gen Ende

Lieber Last, ich hoffe, dass ich dir die Schwächen deines Textes aufzeigen konnte und lass dich auf keinen Fall entmutigen, wenn ich vielleicht nach deinem Dafürhalten zu pingelig seoin sollte.
Das mache ich ausschließlich deshalb, weil ich an deine Begabung glaube.


Mein Vorschlag:
Du solltest in aller Ruhe nachdenken, was du als Kernaussage deines Gedichts betrachtest und dann mit neuen Ideen beginnen.


Liebe Grüße und einen schönen Sonntag

Gerda

Last

Beitragvon Last » 30.04.2006, 10:30

Hallo Gerda,

dankeschön für die ausführliche Kritik. Ich hätte gar nicht gedacht, dass es so auf den Leser wirkt, das hilft mir also wirklich weiter. Was dich wohl am meisten stört, ist das Versmaß, weshalb die zweite und die vierte Strophe eingeschoben klingen. Ich bin da vom Trochäus auf Jambus gewechselt, als Wechsel zwischen Fluss und Break, der Leser sollte stocken. Diese Idee war wohl nicht so toll, wie ich mir das vorgestellt hatte. Ich hoffe, dass es auch nur daran liegt, dass der Reim erzwungen klingt, befürchte aber da ist wirklich etwas dran, da du das ja besonders an Strophe eins darlegst.
Jetzt könnte ich natürlich noch weiter schreiben, was ich mir bei jedem einzelnen Vers gedacht habe, oder mich einfach damit zufriedengeben, dass es nicht die gewünschte Wirkung erzielt hat. :cool:

Franktireur

Beitragvon Franktireur » 30.04.2006, 10:38

Mhm,

ich lese "sich im Kreis drehen/taumeln", Orientierungslosigkeit, während einem die Zeit davonläuft als Kernaussage.

Zugleich ist die Zeit aber auch Raum (wie eine Gefängniszelle?).

Die Idee gefällt mir, zum Formalen und zum Aufbau hat Gerda ja schon alles Wesentliche gesagt.

Ihren ratschlag, sacken lassen, den Kern deutlicher herausschälen (unabhängig davon, ob meine Interpretation nun zutrifft oder nicht)
kann ich in jedem Fall nur unterstützen.

Gruß
Frank


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