Hallo liebe SalonerInnen!
Scarlett und ich haben uns mit diesem Bild kurzgeschlossen und dazu Gedichte verfasst.
Nun dachten wir, vielleicht hat noch jemand Lust, sich davon inspirieren zu lassen.
Lieben Gruß
ELsa
Lust auf Nebel?
Zu nah am Wasser gebaut
Wie ein Land, das in den Nebel geboren.
Dass man sich für eine Insel hält
(was man wohl sogar tatsächlich ist)
und sich darauf notwendig alles Mögliche einbildet
nur eben keine Brücke
(was dann aber zu nichts führt)
weil die Vorliebe des Trotzes das Komplementäre verlangt
und die falsche Art von Ähnlichkeit vorherrscht
(man hält! man bildet ein!)
Weshalb man lieber Baden geht
wie es auf den Verbotschildern steht
(in dem Himmel wachsende Eiszapfen am Geländer könnten sie sein)
die gelb sind, aber eben nicht wie die Sonne
Wie ein Land, das in den Nebel geboren.
Dass man sich für eine Insel hält
(was man wohl sogar tatsächlich ist)
und sich darauf notwendig alles Mögliche einbildet
nur eben keine Brücke
(was dann aber zu nichts führt)
weil die Vorliebe des Trotzes das Komplementäre verlangt
und die falsche Art von Ähnlichkeit vorherrscht
(man hält! man bildet ein!)
Weshalb man lieber Baden geht
wie es auf den Verbotschildern steht
(in dem Himmel wachsende Eiszapfen am Geländer könnten sie sein)
die gelb sind, aber eben nicht wie die Sonne
Vermag man eine Geschichte zu erzählen, die noch nicht geschehen ist?
Es verhält sich damit wohl wie mit unserer Angst. Fürchten wir uns doch gerade vor dem mit aller Macht, was gar nicht mehr geschehen kann, eben weil es schon längst geschehen ist.
Es verhält sich damit wohl wie mit unserer Angst. Fürchten wir uns doch gerade vor dem mit aller Macht, was gar nicht mehr geschehen kann, eben weil es schon längst geschehen ist.
Steigende Nebel
Irgendwann kommt der Zeitpunkt, da verlässt du deine Mutter. Natürlich lässt du auch den Vater zurück, aber dem fällt das nicht auf, da er ja in dem traditionellen Familienspiel den Part des Geldheranschaffens übernommen hat, und du die Wochenenden – sein Heimspiel – schon als Kind lieber mit deinesgleichen rumgebracht hast.
Irgendwann verlässt du deine Mutter und merkst es kaum. Du bist jung, schön und verliebt. Die Zeit deiner Kindheit rückt mitsamt der Familie ins nebelige Abseits an den Rand der Welt.
Mit großen Schritten und wehendem Haar stürmst du ins Leben hinaus – vor soviel Energie bleibt deiner Mutter die Luft weg.
Sportsgeist zeichnet deine Eheschließung aus; du hast ihn bekommen, du warst fair der Rivalin gegenüber, du hast dir nichts vorzuwerfen. Nach zwei Jahren „Honeymoon“ gebierst du euren ersten Sohn. Der Vater übernimmt fast mühelos die ihm zufallende Rolle des Erhalters.
Manchmal, wenn kein Babysitter aufzutreiben ist, holst du deine Mutter aus dem Abseits, küsst ihr den Nebel von den Wangen und bittest sie, die Kinder – es sind jetzt drei – zu hüten, weil ihr auf einen Ball geht. Am nächsten Morgen, als sie aus dem Gästezimmer zu dir in die Küche kommt, weißt du, sie hat euren nächtlichen Krach mitbekommen. Noch ehe sie etwas sagen kann, reagierst du ungeduldig, sagst: „Danke für‘s Babysitten, grüß Vater!“ und schickst sie weg, sobald sie ihre Kaffeetasse ausgetrunken hat.
Selbstverständlich wird sie deine Ehekrise mit deinem Vater diskutieren, nicht aus Klatschsucht, aus Sorge. Er verkriecht sich hinter raschelnden Zeitungsseiten.
Du eilst weiter durch Tage, Monate, Jahre und auf einmal schmerzt nicht mehr, dass dein Mann eine Geliebte hat. Du bist irgendwann aus dem gemeinsamen Schlafzimmer ausgezogen, hast es dir im Gästebett gemütlich gemacht. Du tröstest dich damit, dass dich nun sein Schnarchen nicht mehr stört; dafür klingt in deinen Ohren die knallharte Musik aus dem Zimmer der ruppigen Halbwüchsigen, die einmal deine Kinder waren.
Leise sticht die Eifersucht, deine Mutter ist ihre Vertraute. Deine Sorge um die Kinder hat sie dir entfremdet. Deine Sorge, wenn sie sich die Nächte um die Ohren schlagen, morgens ohne Frühstück zur Schule hetzen – die sie ohnehin als öden Zeitverlust betrachten. Sie mögen es nicht, wie du sie mit vorwurfsvollen Augen ansiehst und werfen dich raus aus ihrem Leben.
Du flüchtest dich in die verschiedensten Aktivitäten. Sie heißen: Turnverein, Töpferkurs, Yoga, Stricken. Weitere Jahre vergehen.
Schließlich sitzt du in einem Berg von Selbstgestricktem und fragst dich, was das soll.
Die Kinder haben die ungestüme Zeit gottlob heil hinter sich gebracht. Sie sind mit wehendem Haar hinaus ins Leben gestürzt und haben dich im Nebel ihrer Kindheit zurückgelassen. Ebenso deinen Mann, der mittlerweile wieder zu dir zurück gefunden hat, sich seine Wunden von dir lecken lässt. Aber der kriegt das Erwachsenwerden der Kinder kaum mit; sie haben ja schon immer die Wochenenden – sein Heimspiel – lieber mit ihresgleichen verbracht ...
Da wühlst du dich aus den selbstgestrickten Pullovern auf der Wohnzimmercouch und gehst zum Telefon.
„Mutter?“, sagst du. „Komm, lass uns den Nebel teilen.“
Irgendwann kommt der Zeitpunkt, da verlässt du deine Mutter. Natürlich lässt du auch den Vater zurück, aber dem fällt das nicht auf, da er ja in dem traditionellen Familienspiel den Part des Geldheranschaffens übernommen hat, und du die Wochenenden – sein Heimspiel – schon als Kind lieber mit deinesgleichen rumgebracht hast.
Irgendwann verlässt du deine Mutter und merkst es kaum. Du bist jung, schön und verliebt. Die Zeit deiner Kindheit rückt mitsamt der Familie ins nebelige Abseits an den Rand der Welt.
Mit großen Schritten und wehendem Haar stürmst du ins Leben hinaus – vor soviel Energie bleibt deiner Mutter die Luft weg.
Sportsgeist zeichnet deine Eheschließung aus; du hast ihn bekommen, du warst fair der Rivalin gegenüber, du hast dir nichts vorzuwerfen. Nach zwei Jahren „Honeymoon“ gebierst du euren ersten Sohn. Der Vater übernimmt fast mühelos die ihm zufallende Rolle des Erhalters.
Manchmal, wenn kein Babysitter aufzutreiben ist, holst du deine Mutter aus dem Abseits, küsst ihr den Nebel von den Wangen und bittest sie, die Kinder – es sind jetzt drei – zu hüten, weil ihr auf einen Ball geht. Am nächsten Morgen, als sie aus dem Gästezimmer zu dir in die Küche kommt, weißt du, sie hat euren nächtlichen Krach mitbekommen. Noch ehe sie etwas sagen kann, reagierst du ungeduldig, sagst: „Danke für‘s Babysitten, grüß Vater!“ und schickst sie weg, sobald sie ihre Kaffeetasse ausgetrunken hat.
Selbstverständlich wird sie deine Ehekrise mit deinem Vater diskutieren, nicht aus Klatschsucht, aus Sorge. Er verkriecht sich hinter raschelnden Zeitungsseiten.
Du eilst weiter durch Tage, Monate, Jahre und auf einmal schmerzt nicht mehr, dass dein Mann eine Geliebte hat. Du bist irgendwann aus dem gemeinsamen Schlafzimmer ausgezogen, hast es dir im Gästebett gemütlich gemacht. Du tröstest dich damit, dass dich nun sein Schnarchen nicht mehr stört; dafür klingt in deinen Ohren die knallharte Musik aus dem Zimmer der ruppigen Halbwüchsigen, die einmal deine Kinder waren.
Leise sticht die Eifersucht, deine Mutter ist ihre Vertraute. Deine Sorge um die Kinder hat sie dir entfremdet. Deine Sorge, wenn sie sich die Nächte um die Ohren schlagen, morgens ohne Frühstück zur Schule hetzen – die sie ohnehin als öden Zeitverlust betrachten. Sie mögen es nicht, wie du sie mit vorwurfsvollen Augen ansiehst und werfen dich raus aus ihrem Leben.
Du flüchtest dich in die verschiedensten Aktivitäten. Sie heißen: Turnverein, Töpferkurs, Yoga, Stricken. Weitere Jahre vergehen.
Schließlich sitzt du in einem Berg von Selbstgestricktem und fragst dich, was das soll.
Die Kinder haben die ungestüme Zeit gottlob heil hinter sich gebracht. Sie sind mit wehendem Haar hinaus ins Leben gestürzt und haben dich im Nebel ihrer Kindheit zurückgelassen. Ebenso deinen Mann, der mittlerweile wieder zu dir zurück gefunden hat, sich seine Wunden von dir lecken lässt. Aber der kriegt das Erwachsenwerden der Kinder kaum mit; sie haben ja schon immer die Wochenenden – sein Heimspiel – lieber mit ihresgleichen verbracht ...
Da wühlst du dich aus den selbstgestrickten Pullovern auf der Wohnzimmercouch und gehst zum Telefon.
„Mutter?“, sagst du. „Komm, lass uns den Nebel teilen.“
Schreiben ist atmen
Eingehüllt in dichten Nebel saß ich, als sei es mir endlich gelungen, das Gewaber aus meinem Schädel zu vertreiben, indem ich den Kopf tief ins klare Wasser getaucht hatte ... ich fühlte mich sicher im optischen Niemandsland, hier schien der Neuanfang endlich möglich, niemand könnte mich dabei beobachten, niemand Einfluss nehmen ...
Diese Leichtigkeit, die mich auf einmal erfüllte, als ich wusste, ich muss nur aufstehen und gehen, in die eine Richtung oder die andere.
Diese Leichtigkeit, die mich auf einmal erfüllte, als ich wusste, ich muss nur aufstehen und gehen, in die eine Richtung oder die andere.
Nifl heißt Nebel und Niflheim ist meine Welt. Vom Totenreich will ich nicht sprechen. Nicht mehr. Als Kind suchte ich die dichteste Stelle des Nebels, das Zentrum. Immer war es ein Stückchen weiter vorn. Ich lief kilometerweit, bis ich aufgab und Paul'sche Erklärungen zimmerte. Geister wollen nicht greifbar sein. Eigentlich müsste ich an sie glauben. Vielleicht tue ich es auch, ein Stück weiter vorn.
"Das bin ich. Ich bin Polygonum Polymorphum" (Wolfgang Oehme)
Was ich noch höre ist der Puls vom See,
er atmet seine Wärme langsam ab
an kalte Luft, dort geht’s zu Arthus Grab
nach Tir na Nog, wo Hirsch und Wolf und Reh
wirklicher sind, wie vierblättriger Klee.
Wenn es auch heute keine Sonne gab
so gleichts der Seeblick aus, ein grauer Stab
der seine eigne Tragkraft hat. Herrje
was sind das nur für krause Elegien
ich schüttle wie ein Hund mein nasses Fell
und jogge weiter, lass den Nebel ziehen
wohin er will, mein Ziel ist neonhell.
Der Ausblick hat mir zweite Luft geliehen,
tangential geht’s weiter, flüchtig, schnell.
er atmet seine Wärme langsam ab
an kalte Luft, dort geht’s zu Arthus Grab
nach Tir na Nog, wo Hirsch und Wolf und Reh
wirklicher sind, wie vierblättriger Klee.
Wenn es auch heute keine Sonne gab
so gleichts der Seeblick aus, ein grauer Stab
der seine eigne Tragkraft hat. Herrje
was sind das nur für krause Elegien
ich schüttle wie ein Hund mein nasses Fell
und jogge weiter, lass den Nebel ziehen
wohin er will, mein Ziel ist neonhell.
Der Ausblick hat mir zweite Luft geliehen,
tangential geht’s weiter, flüchtig, schnell.
im nebel
noch enger beisammen
die giebel der häuser
in den schmalen gassen
verschwommen gezeichnet
das fachwerk - davor
der alte birnbaum
die büsche im garten
der blick fängt
erste sonnenstrahlen
sucht - ankert
zwischen dächern und himmel
gleitet zum kirchturm der
seltsam fremd wirkt
aufgeplustert im baugerüst
verschleiert
wo sind die turmfalken?
©GJ2006
noch enger beisammen
die giebel der häuser
in den schmalen gassen
verschwommen gezeichnet
das fachwerk - davor
der alte birnbaum
die büsche im garten
der blick fängt
erste sonnenstrahlen
sucht - ankert
zwischen dächern und himmel
gleitet zum kirchturm der
seltsam fremd wirkt
aufgeplustert im baugerüst
verschleiert
wo sind die turmfalken?
©GJ2006
Tränenhermann
Hermann verschwand auf unglaubliche Weise: Es tat sich vo seinem Fernsehsessel mit einem Mal ein ungeheuerliches Gewässer auf, das wisperte ihm entgegen. Zunächst versuchte er diesem verzweifelt mit der Fernbedienung ein Ende zu setzen, drückte wie wild die Knöpfe, dann aber war ihm die Haltung, in sich zusammen gesunken in etwas hineinzuschauen, das alles von ihm verlangte, so eingeübt und vertraut, so ins Fleisch übergegangen, dass er sich nach vorne beugen musste und schon mit dem ersten Blick kopfüber in das Gewässer stürzte und nicht mehr gesehen ward.
Hermann verschwand auf unglaubliche Weise: Es tat sich vo seinem Fernsehsessel mit einem Mal ein ungeheuerliches Gewässer auf, das wisperte ihm entgegen. Zunächst versuchte er diesem verzweifelt mit der Fernbedienung ein Ende zu setzen, drückte wie wild die Knöpfe, dann aber war ihm die Haltung, in sich zusammen gesunken in etwas hineinzuschauen, das alles von ihm verlangte, so eingeübt und vertraut, so ins Fleisch übergegangen, dass er sich nach vorne beugen musste und schon mit dem ersten Blick kopfüber in das Gewässer stürzte und nicht mehr gesehen ward.
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