Charity-Ladies

Bereich für Erzähl- und Sachprosa, also etwa Kurzgeschichten, Erzählungen, Romankapitel, Essays, Kritiken, Artikel, Glossen, Kolumnen, Satiren, Phantastisches oder Fabeln
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Elsa
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Beitragvon Elsa » 08.11.2007, 21:39

Ich schicke voraus: Es gibt solche und solche. Meine heutigen Gedanken befassen sich nicht mit jenen, die in Notregionen reisen, Zeit und eigenes Geld investieren, um Leid zu mindern.

Die Ladies, die mich verwirren, tragen dicke Pelze und führen Ehemänner mit dicken Brieftaschen mit sich. Sie kaufen im Vorübergehen Schmuck bei Bulgari, die neue Louis Vuitton Kollektion und Pret á porter von Chanel. Sie fragen Karl Lagerfeld um seine Magersucht-Diät und verzehren zum Frühstück Beluga-Kaviar.
Das belebt die Sinne nach den Events, die täglich besucht werden.
Ausgenommen die Zeiten nach kosmetischen Eingriffen, denn man will ja nicht blaugehaut wie ein Boxer antreten. Außerdem würde dann jeder sehen, frau ließ was machen.

Einige der Damen sind Testimonials für Autohäuser, Juweliere und ähnlichen Schmonzes. Sie heimsen dafür außer fürstlichen Honoraren Gratis-Autos und Juwelen ein.
Das ist ja alles schön und gut, bis auf die Tatsache, dass die Erwähnten, die außer reich zu sein, wenig tun, es zustande gebracht haben, eine lokale Semi-Prominenz zu erreichen. Wodurch? Sie veranstalten Charity-Events.
Das vermindert nicht den eigenen Wohlstand, hebt das Ansehen in der Öffentlichkeit und bringt sogar etwas Geld für die Menschen in Mali oder ähnlichen Krisengebieten.

Eine der Ladies wagte immerhin kürzlich einen Besuch in einem rumänischen Waisenhaus. Ihren neuen Chinchillamantel ließ sie daheim. Das war ein Fehler, denn schutzlos musste sie sich dem Anblick der haarsträubenden Zustände ausliefern. Traumatisiert blickte sie in die Kamera des Begleitteams, denn ohne Presse wäre der Ausflug ja sinnlos gewesen. Im Hintergrund kauerten verstörte Kinder mit leerem Ausdruck in grauen, nackten Räumen in den Ecken oder lagen apathisch auf Feldbetten.
Bis heute hat sich die Lady nicht davon erholen können, wie ihr Ehemann bei einem Interview anlässlich der Eröffnung einer Tiffany-Filiale in Wien bekannt gab. Er beschenkte sie zur Heilung ihrer seelischen Wunden dort mit einem Platincollier, besetzt mit Brillianten. Er sagte auch noch: „Ich habe sie angefleht, nicht nach Rumänien zu fahren – sie ist zu sensibel.“

Vor Weihnachten veranstaltet besagte Dame eine Gala für einen guten Zweck, bei der sie dem erlauchten Publikum Chanson vorsingt. Sie kann nicht singen – aber der gute Zweck heiligt jedes Mittel.
Bestimmt.


korr: Oh nein, nicht Neid führt mir die Feder. Verwunderung ist es! Ersetzt oben durch blau. (danke Max und Herby)
(c)Elsa Rieger
Zuletzt geändert von Elsa am 26.11.2007, 08:17, insgesamt 2-mal geändert.
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Jürgen

Beitragvon Jürgen » 08.11.2007, 23:13

Hallo Elsa,

Das bedauernswerte Publikum...

flüssig geschrieben. Deine Worte lassen Deine Verwunderung nachvollziehen und so soll es ja auch sein. Ich kenne mich mit den Markennamen nicht so aus, wird schon alles stimmen.

"Bis heute hat sich die Lady nicht davon herholen können"

Da hat der erholte ;-) Fehlerteufel mit frischer Kraft zugeschlagen.

Blaugehaut wie ein Boxer - die Formulierung ist klasse.

Gerne gelesen

Jürgen

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Elsa
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Beitragvon Elsa » 08.11.2007, 23:35

Lieber Jügen,

Danke schön!
Ich bin tatsächlich verwundert und finde es - obwohl man das nicht sagen soll - schlichtweg obszön, was da vielfach getrieben wird. Nur einmal nicht den Busen machen lassen, auf plattgezogene, verzerrte Gesichter der ewigen Jugend verzichtet, und schon ist ein ordentliches Sümmchen vorhanden, um einen Brunnen bauen zu lassen.

Danke auch fürs Fehlerfinden (dauernd passiert das, grrrr).

Ich habe ja gefürchtet "blaugehaut" ist allzu Wienerisch und könnte nicht verstanden werden. Fein, wenn doch!

Lieben Gruß
ELsa
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Max

Beitragvon Max » 24.11.2007, 12:50

Liebe Elsa,

Du schreibst in Deinem Text

Oh nein, nicht Neid führt mir die Feder.


nach Deiner schier endlosen Aufzählung von Nobelmarken zuvor wirkt das aber wenig glaubwürdig (nicht, dass ich es Dir nicht glaubte, aber ich glaueb dem Text nicht).

Darüber hinaus fehlt dem Text in meinen Augen die Spritzigkeit.

Es beginnt damit, dass der erste Satz schon eine Schutzfunktion hat: die Autorin will sich davor schützen falsch verstanden zu werden, unter falschen Verdacht zu geraten. Dieses Risiko muss man in einer Glosse aber eingehen.

Auch danach warte ich darauf, dass der Text bissig-lustiger wird. Die originellste Idee scheint mri noch der fehlende Mantel, aber auch hier vergibt der Text viel.

In meinen Augen wäre das ein druchaus ergiebiges Thema, aber für eine Satire würde ich mir eine viel deutlichere Zusüitzung wünschen.

Liebe Grüße
Max

TomderTurm

Beitragvon TomderTurm » 24.11.2007, 16:14

Hallo Elsa!
Deine Beschreibung find ich richtig gut, knackig, nicht zu lang. Ingaltlich und sprachlich klasse.
Tom

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Elsa
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Beitragvon Elsa » 24.11.2007, 23:26

Lieber Max,

Es sollte kein origineller Text, sondern ein kritischer sein, weil mir das Getue der Charity-Event, die mehr kosten als an Spendengeldern zusammenkommt (nicht immer, aber oft) auf die Nerven geht.

Lieber TomderTurm,

Hallo im Forum! Danke!

Lieben Gruß
ELsa
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Herby

Beitragvon Herby » 25.11.2007, 21:11

Liebe Elsa,

den Text hab ich gestern erst entdeckt und die Thematik, die du aufgreifst, ist so ganz nach meinem Geschmack. Diese selbst- oder fremdernannten Charityladies sind mir noch suspekter als die "Societyexpertin", die über die erste nach vollbrachter Tat das mediale Weihrauchfass schwenkt.

Einige konkrete Gedanken zu deinem Text:
Ich finde den ersten Absatz entbehrlich, da der Text ja deutlich macht, um wen es geht bzw. nicht geht.


Oh nein, nicht Neid führt mir die Feder. Verwunderung ist es!


An dieser Stelle geht es mir genau wie Max: ich glaube es dir, aber nicht dem Text, was auch für mich mit der vorangehenden Aufzählung zusammenhängt. Das Dilemma ist, dass sie eine solche Beteuerung ja fast schon zwingend erfordert, dabei allerdings wenig textglaubwürdig rüberkommt.

Auf mich wirkt der Text so, als könne er sich nicht zwischen einer Satire und einem Kommentar (?) entscheiden. Gerade bei dieser Thematik, noch dazu zu dieser charityträchtigen (Vorweihnachts-)Zeit, könnte ich ihn mir hervorragend als Satire vorstellen, die deine Kritik transportiert. Aber dazu müsste er tatsächlich noch überspitzter formuliert werden. Ansätze dazu finden sich schon jetzt zur Genüge in deinem Text - nicht zuletzt der Schluss, den ich stark finde. Aber es hängt natürlich davon ab, in welche Richtung du möchtest.

Liebe Grüße
Herby

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Elsa
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Beitragvon Elsa » 26.11.2007, 08:11

Lieber Herby,

Danke auch dir für deine Azsführungen. Wie ich Max ja schon schrob, es handelt sich um einen Kommentar aus Ärger heraus, weil ich das einfach obszön finde, was da getrieben wird.

Ich vermute auch, ich kann das nicht spritziger formulieren, weil mit in dem Zusammenhang der Humor abgeht. Vielleicht, wenn der Ärger nachlässt ;-)

Die Beteuerung werde ich aber streichen, da habt ihr beide sicher recht.

Lieben Gruß
Elsa
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ZaunköniG
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Beitragvon ZaunköniG » 26.11.2007, 09:26

Hallo Elsa,

mir geht es ähnlich, wie meinen Vorkommentatoren. Ich kann deine Beweggründe vrstehen, aber der Text ist nicht spritzig genug, auch wegen der vorgeschobenen Einschränkung. Das es 'solche und solche' gibt, gilt wohl für jede Gruppe, die man beschreiben will; in einer Satire sollte man aber nicht schon im Voraus allzu viel Political Corektness betreiben.

Ich sehe auch das Dilemma, nicht über reichen Schmuck und teure Garderobe herziehen zu können, ohne sich Neidgefühlen verdächtig zu machen.

Ich denke, am leichtesten würdest du dem aus dem Weg gehen, wenn du die Perspektive änderst, und die Geschichte aus Ihrer Perspektive erzählst mit all den selbstentlarvenden Gesten. Die Eitelkeiten hast du sehr gut beschrieben, hinzu kommt, denke ich, der Versuch, sich billig ein gutes Gewissen zu erkaufen. Diese Charity-Events sind nicht nur Show, sondern auch eine Art moderner Ablaßhandel.


LG ZaunköniG
Der Anspruch ihn auszudrücken, schärft auch den Eindruck

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Elsa
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Beitragvon Elsa » 26.11.2007, 17:23

Lieber ZaunköniG,

vielen Dank für deine Gedanken, ich habe das Gefühl, sie bringen mich auf eine neue Spur, es beginnt da was zu brodeln.....

Ich muss das mal überdenken und werde mich vielleicht mit einer neu eingekleideten Fassung bald wieder dazu melden.

Lieben Gruß
Elsa
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