Wenn du nicht da bist...(für T.)

Bereich für Texte mit lyrischem Charakter: z.B. Liebeslyrik, Erzählgedichte, Kurzgedichte, Formgedichte, Experimentelle Lyrik sowie satirische, humorvolle und natürlich auch kritische Gedichte
scarlett

Beitragvon scarlett » 17.05.2006, 21:59

Wenn du nicht da bist,
sammel ich Sehnsuchtssplitter
in meiner hohlen Hand,

trinke dein Purpurlachen
vom Goldrand des Bechers
und kleide mich
in vergangener Nächte Samt.

Ich lege mein Warten in Falten -
dazwischen kein Funkeln,
solange du nicht da bist...



scarlett, 2006
Zuletzt geändert von scarlett am 19.05.2006, 19:58, insgesamt 3-mal geändert.

Herby

Beitragvon Herby » 17.05.2006, 22:40

Hi scarlett,

ganz spontane Reaktion: zum Genießen schön!

Liebe Grüße
Herby

carl
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Beitragvon carl » 18.05.2006, 06:52

Hallo Scarlett,

ich kann Herby nur zustimmen!
Du hast eindrückliche Bilder gefunden für das Warten, in das Du Dich wie ein Gewand aus Samt drapierst! Toll!
Deshalb empfinde ich es auch als Bruch, wenn Du mit "grünen" plötzlich eine andere Bildersphäre einbringst: Samt schillert zwar und grün/purpur ist (fast) ein komplementärer Kontrast, aber "grünen" als Wachstum zwischen den Falten Deines Gewandes?
Vielleicht findest Du noch ein anderes Bild für die Leere, "solange Du nicht da bist".

LG, Carl

Gast

Beitragvon Gast » 18.05.2006, 07:06

Liebe scarlett, ich bin begeistert, wieder so viel Poesie...
Aber ich folge auch Carls Äußerung, allerdings würde ich die Zeile mit dem "Grünen" ersatzlos streichen...
Dein Gedicht braucht sie nicht ...
Wenn du allerdings auf dieser Zeile bestehen willst, dann bitte so:

dazwischen grünt nichts... statt grünt könntest du aber schimmert, glänzt, usw. nehmen...

Bekanntlich mag ich Brüche, aber hier passt das "Wachsen, Grünen" nicht.
Dein Bild braucht Homogenität ,die sollte nicht gestört werden.


Einen guten Tag
Gerda

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leonie
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Beitragvon leonie » 18.05.2006, 20:38

Liebe scarlett,

wunderschön! Nur mit dem „grünt“ ging es mir wie meinen Vorrednern...

Liebe Grüße

Leonie

scarlett

Beitragvon scarlett » 19.05.2006, 07:54

Hallo Herby, Carl, Gerda und Leonie...

ich danke für die Rückmeldungen! Es freut mich, daß meine Zeilen bei euch "angekommen" sind -

Was das "Grünen" anbelangt - ich habs geändert. Die Idee, die ich damit verbunden hatte, war die, daß auch in der verkürzten Zeit des Wartens nicht wirklich was geschieht, nichts Neues entstehen kann...
Nun gut, ich habe jetzt "funkeln" genommen - als Kontrast zum Statischen des Wartens.

Gefällt es euch jetzt besser?

Ich wünsche euch allen ein schönes Wochenende,

liebe Grüße,

scarlett

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Lisa
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Beitragvon Lisa » 19.05.2006, 08:50

Hallo scarlett,
was miich bei dem grün (stärker als das grün selbst) gestört hat, war die satzstellung. Die hat sich nciht geändert...ich fände besser:

Dazwischen funkelt nichts,
.

Was mich noch etwas stört ist das Wort "Hoffnungsscherben", es gibt wohl schon alle Komposita mit Hoffnung, die es überhaupt zu bilden gibt...vielleicht kann man das mit einem Wort, dass die Hoffnung eher im übertragenden Sinne ausdrückt, noch stärker machen?

Ansonsten ist dieses Gedicht mal wieder eine Sprachperle von dir mit ganz vielen Perlen auch in sich...und ich mag es immer wieder lesen.

Liebe grüße,
Lisa

Gast

Beitragvon Gast » 19.05.2006, 11:11

Tja, was soll ich sagen, genau das habe ich ja oben "bemängelt".diese Satzstellung "Zieht die Perle in den Sand" ;-)...
Liebe scarlett, ich denke du hast es überlesen, denn du bist ja auch nicht drauf eingegangen...
Liebe Grüße
Gerda

carl
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Beitragvon carl » 19.05.2006, 11:31

Hallo Scarlett,

eine Änderung der Satzstellung ist überlegenswert, aber eine "Perle" wird dadurch nicht zum "Sandkorn" oder umgekehrt.
Ich habe kein solches Problem mit Inversionen, und finde die Kritik daran nicht im angemessenen Verhältnis zu andern eher unalltäglichen Sprechweisen (wie "ward" oder "Mondenschein") die hier auch vorkommen.

Gruß, Carl

Franktireur

Beitragvon Franktireur » 19.05.2006, 15:57

scarlett hat geschrieben:Nun gut, ich habe jetzt "funkeln" genommen - als Kontrast zum Statischen des Wartens.

Gefällt es euch jetzt besser?



Hallo scarlett,

auch ich finde das Gedicht sehr schön, besonders die Wahl der Worte und die Setzung betreffend.

Doch leider habe ich Probleme mit der vorletzten Zeile. Für mich bildet das "Funkeln" (egal in welcher Satzstellung) kein Kontrast zur Statik des Wartens. Kontrast wäre etwas dynamisches, also Bewegung. Funkeln ist aber keine Bewegung (jedenfalls keine echte, und keine Eigenbewegung).
Zudem haut das Wort "funkeln" total raus! Einfach von meinem Feeling beim Lesen her.

Es geht tatsächlich - sehen die anderen ja wohl auch so - nur um diese Zeile. Vielleicht findest du noch einen adäquateren Ausdruck (evtl. tatsächlich in Richtung Eigenbewegung, Dynamik).

Gruß
Frank

scarlett

Beitragvon scarlett » 19.05.2006, 21:23

Hallo liebe Kommentatoren :smile:

danke nochmals für eure Rückmeldungen!
Ich habe die betreffende Textzeile jetzt geändert, allerdings fürs "Funkeln" hab ich noch keinen besseren Ersatz gefunden.

@ Frank: hmm, ich empfinde das Funkeln eigentlich schon als dynamisch, aber viel wichtiger erscheint mir eben die ursprüngliche Idee, die mit dem grünt zugegebenermaßen nicht optimal versprachlicht war: nämlich dieses nichts geschieht, nichts geschieht wirklich "solange du nicht da bist" - kein wirkliches Leben, keine Freude, nichts Aufregendes usw... verstehst du, was ich meine?
Mit dem Funkeln und den Assoziationen dazu dachte ich, käme es dieser Idee ganz nahe. Ich werde weiter über dieses eine Wort nachdenken...

@Lisa: Du meintest sicher das Wort "Sehnsuchtssplitter" oder? weil "Hoffnungsscherben" steht ja nicht da... *grübel* Deinen Ausführungen hierzu kann ich leider nicht folgen...

@ Lisa und Gerda: Warum ist die Satzstellung, die Inversion, wie sie ursprünglich da stand, denn so ein Problem? Mir ist aufgefallen, daß des öfteren über dieses "gestolpert" wird - und ich habe bisher nicht nachvollziehen können, wieso. Was in normaler Sprache sicherlich nicht angebracht oder sogar falsch wäre (nicht unbedingt in diesem Fall), ist in einem lyrischen "Gebilde" durchaus usus- es gibt zig Beispiele dafür.
Aber vielleicht sollte man mal darüber in der Cafeecke diskutieren...

Lieber carl, auch dir nochmal ein herzliches Dankeschön...

Liebe Grüße von

scarlett,
die immer noch nicht so recht glauben kann, daß ihr Gedicht als "Perle" bezeichnet wurde... :smile:

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Lisa
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Beitragvon Lisa » 20.05.2006, 10:38

Hallo scarlett,
bitte frag nicht, wieso ich Sehnsuchtssplitter in Hoffnungsscherben gewandelt habe - ich bin mir so sicher, dass ich das gelesen habe (!). Ich habe dein Gedicht wirklich ganz genau gelesen, entschuldige bitte.

Du hast mich außerdem zu der Inversion gefragt:
Ich empfinde das einfach nicht als ästhetisch. Zudem liest man genau solche Umkehrungen oft in Gedichten, die mit Reinem arbeiten und dann zuliebe des Reimes, solche Inversionen vornehmen. ich krieg da eine Gänsehaut. Das ist für mich wie sammeln von Gegenständen, sie sind ihrer Natürlichkeit beraubt, weil man sie zweckentfremdet. Selbst in allzu klassischen Gedichten, die noch stark an Aufbau und Reimen orientiert
sind, findet man solche Inversionen in der Regel nicht...
OK, vielleicht sehr subjektiv, aber ich kann solche Sätze nicht ohne Widerwillen lesen.

Liebe grüße,
Lisa

scarlett

Beitragvon scarlett » 20.05.2006, 11:01

Hallo Lisa,

ist schon ok - dachte mir gleich, daß es sich doch hierbei nur um ein
Ver-sehen handeln könnte :smile: .

Bezüglich der Wortstellungen ... danke für deine Ausführungen und Gedanken. Ich werde mich mal mit diesem Thema etwas genauer beschäftigen...

Lieben Gruß dir und schönes WE,

scarlett

Gast

Beitragvon Gast » 20.05.2006, 11:15

Liebe scarlett, was die Inversionen angeht, schließe ich mich voll und ganz Lisa an, was dich sicher nicht verwundert ;-)

Liebe Grüße
Gerda


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