und das gedicht wurde welt

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Ylvi
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Beitragvon Ylvi » 14.04.2008, 17:39

    



und das gedicht wurde welt


als
ich im garten las
malte es schattenvögel ins abendgrün
und ich schaute
auf


da lösten sich
von lichtgewandten blättern
oder waren es augen, die wehten
tropfen aus einer vergangenen zeit
sie fielen in meine. sonnenversunken
ruhten die seen im karneolen land

es wurde mir dunkel und warm stiegen worte

ein versiegeltes ich
auf deine lippen
sprach


und die welt wurde gedicht






lichtgewendeten geändert in lichtgewandten danke aram

 
Zuletzt geändert von Ylvi am 19.04.2008, 22:40, insgesamt 2-mal geändert.

Herby

Beitragvon Herby » 14.04.2008, 22:06

Liebe smile,

deine Verse und Bilder schaffen eine wunderbar ruhige Stimmung, die mir mit ihren Anklängen an Verwunschenes sehr gut gefällt. Die Struktur deines Textes mit dem ersten und letzten Vers tut ein Übriges dazu. Wirklich sehr schön und in des Wortes doppelter Bedeutung zauberhaft.

da lösten sich
von lichtgewendeten blättern
oder waren es augen, die wehten


Hier würde ich den Relativsatz auch mit Komma abschließen, wenn du ihn schon mit einem solchen beginnst. Von dieser Kleinigkeit abgesehen, knabbere ich aber noch an seinem Bezug. Im Zusammenhang mit den Blättern erscheint es logisch, beziehe ich es jedoch auf die Augen, habe ich ein Problem. Augen, die wehten?? Oder verstehe ich da jetzt etwas falsch?

Das hab ich jedenfalls sehr gerne gelesen!
Liebe Grüße
Herby

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Ylvi
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Beitragvon Ylvi » 15.04.2008, 10:09

Lieber Herby,

danke für das zauberhaft!
Du fragst nach den Augen, die wehten. Ich mag diese doppelte Assoziation von Weh (Schmerz, Wehmut, Traurigkeit) empfinden, sichtbar machen, auslösen und Wehen im Sinne von Bewegung in etwas bringen, etwas hin- oder wegwehen, verwehen lassen...und ich glaube (manche) Augen können das.
Ich wollte erst dieses Komma auch noch weglassen, aber dann fand ich den Bezug zum Wehen so schön.

liebe Grüße smile
Das ist das Schöne an der Sprache, dass ein Wort schöner und wahrer sein kann als das, was es beschreibt. (Meir Shalev)

Herby

Beitragvon Herby » 15.04.2008, 10:21

Hallo smile,

ja, ich verstehe. Die Bedeutungsnuance von

von Weh (Schmerz, Wehmut, Traurigkeit) empfinden, sichtbar machen, auslösen


war mir beim Lesen nicht präsent. Ganz unabhängig davon würde aber ein Komma nach "wehten" den Bezug nicht verändern, oder? Dann fänd ich's fast besser, diesen Vers ganz ohne Zeichensetzung zu schreiben.

Liebe Grüße und einen schönen Tag,
Herby

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leonie
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Beitragvon leonie » 15.04.2008, 10:41

Liebe smile,

ein schöner Text ist das. Ich hatte auch gleich das Wort "verwunschen" im Sinn, als ich ihn gelesen hatte. Die Szene, die Du beschreibst, wirkt wie aus einem Paradiesgarten in die Wirklichkeit geholt.

Ich glaube, ich würde überlegen, "mir wurde dunkel" zu schreiben und das "es" weglassen.

Liebe Grüße

leonie

Mucki
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Beitragvon Mucki » 15.04.2008, 13:48

Hallo smile,

dein Gedicht finde ich wunderschön. Es liest sich andächtig und schwebend verträumt. Du schaffst hier eine traumhafte Stimmung. Ich würde nichts ändern, es genauso lassen.
Sehr gern gelesen und darin versunken!
Saludos
Mucki

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Ylvi
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Beitragvon Ylvi » 15.04.2008, 15:40

Hallo Herby,

ich habe es jetzt alle Kommavarianten für mich versucht. Ich denke ein Zeilenumbruch ersetzt für mich großteils Satzzeichen, deshalb käme mir das Komma am Ende seltsam in der Luft hängend vor. Auf das eine Komma möchte ich aber nicht verzichten, weil sonst auch ein anderer Sprachfluß entsteht. Also eigentlich hast du aber trotzdem recht. :rolleyes:
Mal sehen. (Seltsam oder, dass man an einem Komma hängt. .-))


Hallo Leonie,

danke, das freut mich sehr.
Die Umstellung habe ich auch versucht. Es verändert aber für mich den Klang der Zeile, weg von einem Fließen hin zu einer eher statischen Feststellung. Außerdem (aber das fiel mir erst jetzt auf :-)) könnte man das "es" auch in Bezug zum Gedicht lesen.


Hallo Mucki,

:blumen: Dank dir, das ist schön zu lesen!


liebe Grüße euch Dreien

smile
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Beitragvon leonie » 15.04.2008, 15:54

Liebe smile,

stimmt! Und wenn das es sich auch auf das Gedicht beziehen können soll, muss es sogar so sein. Dann bleibt das "wurde" auch in der Funktion wie am Anfang und am Schluss. Macht Sinn!

Liebe Grüße

leonie

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Lisa
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Beitragvon Lisa » 16.04.2008, 20:33

Liebe smile,

das ist schön, wie du mit diesem Text das Monatsthema und das Verhältnis von Poesie und Wirklichkeit vermischt, indem du etwas vorwärts und rückwärts ablaufen lässt (das eine wird das andere und umgekehrt) und so in der Schwebe lässt, was eigentlich was bewirkt (was der magischere Teil ist, wessen Ursprung und das Ich dazwischen in einem Garten). Besonders toll finde ich wie Titel und letzte Zeile hier zusammen wirken: Was stärker ist, ist nicht ausgemacht: der Titel behauptet der Text handle davon, dasss das gedicht welt wurde, die letzte Zeile, die Mündung des Textes sagt, dass es sich genau andersherum verhält. Beides ist gleich mächtig und keine Aussage ordnet sich so unter die andere unter - in meiner Lesart, das gefällt mir, denn ich finde "so ist es".

Kleine Fragen und Anmerkungen:

warum setzt du das als zu Beginn ab?

und das gedicht wurde welt


das lichtgewendet ist mir eine Spur zu süß in dem Text, gerade auch die Folgezeile mit den Augen würde in einem schlichten Kleid den ganzen Buchstabenballsaal beeindrucken, finde ich:

karneolen land würde ich zusammenschreiben!

es wurde (mir - streichen?) dunkel und warm stiegen worte

Übrigens finde ich die meisten Texte wirken zentriert gesetzt aufdringlich, dieser hier aber sieht einfach fantastisch aus in dieser Setzung, wie gegossen.

Texte, die von der Sprache selbst handeln, haben es sowieso leicht bei mir, aber diesen hier habe ich wirklich gern gelesen. Ich finde, du fängst etwas ein, was ich manchmal auch bei Novalis gelesen habe - etwas sehr weiches, raumausfüllendes der Sprache. Dein karneolenrot ist dabei für mich die entsprechung zu dem blau, was ich mir immer bei ihm vorstelle.

Liebe Grüße,
Lisa
Vermag man eine Geschichte zu erzählen, die noch nicht geschehen ist?
Es verhält sich damit wohl wie mit unserer Angst. Fürchten wir uns doch gerade vor dem mit aller Macht, was gar nicht mehr geschehen kann, eben weil es schon längst geschehen ist.

Sneaky

Beitragvon Sneaky » 16.04.2008, 21:43

Hallo smile,

das gefällt, die Stimmung die erzeugt wird, nimmt mit und lässt mich die grüne Dämmerung und die wehenden Augen akzeptieren (auch wenn ich ohne deinen Hinweis auf "weh" den Bezug nicht gefunden hätte).

Bei "karneolen" hat mich dann die Wirklichkeit wieder eingeholt. Da hat mein Hinterstübchen, Halbedelstein, welche Farbe? gemeldet und das war dann ein zu heftiger Bruch.

Was mir auch nicht gefallen hat war das LyrDu am Schluss, das sprach. Hab ich als Eindringling empfunden, vorher war alles unmittelbar, nun kommt jemand und bricht das mit Worten.

Fand ich schade an dem schönen Text

Gruß

Sneaky

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Elsa
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Beitragvon Elsa » 16.04.2008, 23:42

Liebe smile,

Eine zarte Pracht ist das, Stille breitet sich, und das Karneol hat es mir sehr angetan.

Hier verstehe ich etwas nicht:

ein versiegeltes ich
auf deine lippen
sprach
heißt es nicht: auf deinen lippen ?

Sehr gern gelesen,
lieben Gruß,
ELsa
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Ylvi
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Beitragvon Ylvi » 18.04.2008, 09:02

Liebe Lisa,

danke :blumen: , das ist schön, wie du liest.
Zu deinen Fragen:

Ich habe das „als“ aus symmetrischer, optischer Sicht abgesetzt, weil es für mich einen Bezug zum „auf“ hat, das dorthin wieder zurückblickt und weil es denke ich den Text irgendwie einleitet, wie der Beginn eines Märchens nur heißt es eben nicht. „Vor langer Zeit“...sondern „als“.

Das „lichtgewendet“ ist süß? Ich hatte da ein konkretes Bild vor Augen, das dieses Wort für mich am besten erfasst hat. Oder meinst du, da es kein geläufiges Wort ist, ist es zu „vorlaut“ hier?

Karneolen Land kann ich nicht zusammen schreiben, weil sich da die Betonung von Karneolen verändert.

„es wurde mir dunkel“ du würdest das „mir“ streichen? Ich glaube, ich brauche das „mir“ aus zwei Gründen, weil es auf das individuelle (Lese, Erlebens)Gefühl des LIchs verweist, aber auch, weil es auf das Du verweist.

Ich fand es auch erstaunlich, als ich den Text zentriert habe, hatte ich den Eindruck, er würde beinahe zum Bild, das den Inhalt nochmal spiegelt. Ich war mir nur nicht sicher, ob das optisch nicht zuviel ablenkt, schön, dass es stimmig erscheint.

liebe Grüße smile


Hallo sneaky,

das freut mich aber, dich unter einem meiner Texte zu lesen!
Du hast vermutlich recht, dass das Karneolen sich nur dann einfügt, wenn einem das Wort, oder die Assoziation natürlich erscheint. Ich denke das ist aber häufig in Texten, dass man da von seinem eigenen Wortschatz ausgeht. Vielleicht war der Bruch beim zweiten Lesen nicht mehr so groß. :-)
Was mir auch nicht gefallen hat war das LyrDu am Schluss, das sprach. Hab ich als Eindringling empfunden, vorher war alles unmittelbar, nun kommt jemand und bricht das mit Worten.

Diesen Eindruck fand ich wirklich spannend. Ich glaube diese Zeilen:
„ein versiegeltes ich
auf deine lippen
sprach“
werden sehr unterschiedlich gelesen, aufgefasst. Das gefällt mir. Auf die Idee, das LDu als Eindringling zu empfinden, wäre ich nie gekommen, für mich ist es die ganze Zeit „anwesend“. Ich denke sogar, dass weder Gedicht noch Welt ohne ein Du möglich wären. Das Geheimnis liegt für mich in diesem „versiegelten“ und wie ich es lese, wird hier auch nichts laut ausgesprochen. :-)

Danke fürs Kommentieren und schön finden, das hat mich überrascht.

liebe Grüße smile


Hallo Elsa,

danke! Schön, dass dir das Karneole gefällt.
Zu deiner Frage, ich habe schon bei sneakys Kommentar festgestellt, dass es hier wohl ganz unterschiedliche Leseweisen gibt (und ein bisschen was dazu geschrieben s.o.). Du liest „ein versiegeltes Ich“, das auf deinen (LIchs?) Lippen sprach. Vielleicht bezieht sich das „ein versiegeltes“ aber auch auf die Zeile davor, die Worte.
Ich möchte da aber gar nicht so sehr eine Interpretation vorgeben.

liebe Grüße smile
Das ist das Schöne an der Sprache, dass ein Wort schöner und wahrer sein kann als das, was es beschreibt. (Meir Shalev)

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Beitragvon Elsa » 18.04.2008, 09:15

Liebe smile,

das habe ich auch bedacht bei meiner Frage. Trotzdem. :-)

Dann müsste es für mich so gehen:

es wurde mir dunkel und warm stiegen worte

auf deine lippen
ein versiegeltes ich
sprach



Lieben Gruß
ELsa
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Beitragvon aram » 18.04.2008, 12:10

liebe smile,

mir verwehrt der titel den zugang zum text.

es gibt ja unterschiede empfindungen in dem, was man an bedeutsamkeit für auszusprechen möglich hält, und ab wann es sich dadurch selbst verneint

bzw. eine anspruchslage schafft, die ähnlich schwer aufzulösen ist, wie es ein zeitungsartikel schwer hätte, den titel des blattes 'prawda' zu rechtfertigen (es ist nahezu unmöglich)

zwischen titel und schlusszeile, die ich als pathetisch zu empfinden nicht umhin kann, ist etwas schönes.

dort kann ich es aber kaum noch finden, als würde es gefangen gehalten; selbst wenn ich es finde, ist es schon besetzt, was etwas traurig stimmt.

statt 'lichtgewendet' schriebe ich vielleicht eher 'lichtgewandt'.

nach länger anhaltendem widerwillen, den titel anzuklicken, bzw. dies öfter zu tun, bis ich über 'prawda' einigermaßen hinwegsehen konnte, gern (ohne die klammer) gelesen.

liebe grüße.


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