sinnbild

Bereich für Texte mit lyrischem Charakter: z.B. Liebeslyrik, Erzählgedichte, Kurzgedichte, Formgedichte, Experimentelle Lyrik sowie satirische, humorvolle und natürlich auch kritische Gedichte
ecb

Beitragvon ecb » 07.03.2014, 10:47

ich bin eine scharbe
die andere
sagte sie
und alle glaubten ihr

denn sie breitete flügel
als wolle sie sich
erheben

aber das täuschte
sie nahm den wind
entgegen

Quoth
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Beitragvon Quoth » 07.03.2014, 19:23

Hallo ecb,
irritierend in dem Text ist für mich die "Scharbe", denn das ist eine kleine Schollenart, die bei uns in der Ostsee (und anderwärts) gefangen wird - die Fischer nennen sie hier "Kliesche". Von Fliegen kann bei ihr keine Rede sein! Passen würde das scheinbare Flugverhalten eher zu einem Insekt mit sehr ähnlichem Namen, zur "Schabe" (Kakerlake). Über sie lese ich in Wikipedia: "Das Flugvermögen der meisten Schabenarten ist überwiegend gering. Manche Arten besitzen trotz voll ausgebildeter Flügel kein Flugvermögen (z. B. Blatella germanica), ihnen fehlt die notwendige, kräftige Flugmuskulatur." Nimmt aus diesem Grund vielleicht Deine "Scha(r)be" nur den Wind entgegen und erhebt sich nicht?
Gruß
Quoth
Barbarus hic ego sum, quia non intellegor ulli.

Nifl
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Beitragvon Nifl » 07.03.2014, 19:30

Sie meint sicher den Wasserquoth ä -Raben (Kormoran)
"Das bin ich. Ich bin Polygonum Polymorphum" (Wolfgang Oehme)

ecb

Beitragvon ecb » 07.03.2014, 19:40

Tut mir leid, daß dieser Vogel zum wiederholten Mal bei mir auftaucht unter seinem anderen Namen Scharbe - er fasziniert mich einfach, Name wie Vogel.

Ich meine diesen Gesellen hier, Quoth:
http://de.wikipedia.org/wiki/Kormorane
Flugvermögen sowie Gefräßigkeit sind beträchtlich. :-)

Nevermore Bild

Mucki
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Beitragvon Mucki » 07.03.2014, 23:58

Hallo Eva,

die Bilder, die du in den beiden letzten Strophen erzeugst, mag ich sehr. Vor allem dieses "sie nahm den wind entgegen", finde ich wunderbar. :stern:

Liebe Grüße
Gabi

Quoth
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Beitragvon Quoth » 08.03.2014, 09:39

Vielen Dank, Nifl und ecb, was dazugelernt. Hat wohl Gendergründe, ecb, dass Du die Scharbe dem Kormoran vorziehst (so wie ich den Raben der Krähe ... :-)) ... Statt "Der Kormoran verschlang die kleine Scholle" ließe sich also sagen: "Die (andere) Scharbe verschlang die Scharbe ..." Sprache! Dies Ausbreiten der Flügel erinnert mich an das Lieblingsfoto einer Freundin: Von sich selbst am Strand mit über den Kopf gehaltenem flatternden Tuch ... Auch so ein Zustand scheinbar kurz vor dem Abheben mit dazu passendem entzücktem Lachen ... Gruß Quoth
Barbarus hic ego sum, quia non intellegor ulli.

ecb

Beitragvon ecb » 09.03.2014, 19:00

Quoth: :pfeifen:

Danke euch! Bild

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Ylvi
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Beitragvon Ylvi » 11.03.2014, 10:36

Hallo Eva,

ich bin eine scharbe
die andere
sagte sie
So schön ich den Text finde, aber an der zweiten Zeile bleibe ich einfach hängen. Auf was/wen bezieht sich das?

Den Titel finde ich nicht so gut gewählt. Er ist für mich zu benennend, zu sehr verkopftes Substantiv und nimmt dem Text an Kraft.

Liebe Grüße
Flora
Das ist das Schöne an der Sprache, dass ein Wort schöner und wahrer sein kann als das, was es beschreibt. (Meir Shalev)

ecb

Beitragvon ecb » 11.03.2014, 17:51

"die andere" - das könnte ja mehreres sein, Teil einer Beziehungskonstellation, Andersartigkeit ... Sachen, die ich mit dem inneren Bild verbinde, das ich von der Scharbe habe. Möchte da nicht zu explizit werden.

Den Titel finde ich auch nicht gerade genial, aber mir ist leider nichts Ausdrücklicheres eingefallen - diesbezügliche Ideen werden dankend entgegengenommen.

Danke dir, Flora!

Liebe Grüße
Eva

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Ylvi
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Beitragvon Ylvi » 11.03.2014, 21:07

Hallo Eva,

"die andere" - das könnte ja mehreres sein, Teil einer Beziehungskonstellation, Andersartigkeit ... Sachen, die ich mit dem inneren Bild verbinde, das ich von der Scharbe habe. Möchte da nicht zu explizit werden.
Hm. Für mich ist das an der Stelle einfach "schlecht" eingebunden, wirft mich raus. Wäre "eine andere" vielleicht eine Alternative? Oder könntest du dir vorstellen, es herauszunehmen und zum Titel zu machen?

Liebe Grüße
Flora
Das ist das Schöne an der Sprache, dass ein Wort schöner und wahrer sein kann als das, was es beschreibt. (Meir Shalev)

ecb

Beitragvon ecb » 11.03.2014, 21:59

Das wäre echt zu überlegen. Flora, "die andere" herauszunehmen und als Titel zu setzen.
Damit würde der Charakter dieser Wendung als einer Art Archetype unterstrichen (weswegen "eine andere" nicht geht).

Ich nehme mir mal Bedenkzeit bis morgen.
Liebe Grüße
Eva

Klimperer

Beitragvon Klimperer » 12.03.2014, 01:41

Wenn mit "sich erheben" das Fliegen gemeint ist, wäre es nur richtig den Wind entgegen zu nehmen ... oder?

ecb

Beitragvon ecb » 12.03.2014, 07:16

Hier ist aber mit "sich erheben" erheblich mehr gemeint, Carlos; und "entgegennehmen" eine ganz anders gerichtete Geste, darum geht es mir ja gerade.

Aber ich lasse es doch bei der ursprünglichen Fassung, denn das "eine" der ersten Zeile und das "andere" der zweiten haben für mich eine lyrische Funktion im Textzusammenhang.

Danke euch!
Liebe Grüße
Eva

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noel
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Beitragvon noel » 12.03.2014, 13:06

ich finde es (mit floras einwänden) gut
die andere als titel, feine idee.

dennoch zeugt dieser text in mir eine ahnung, kein gefühl.
ich kann es schwer transportieren was ich meine.
es sagt mir, da ist wer, der vom wind nicht getragen wird, der den wind entgegen nimmt.
der eine andere ist... der versucht zu fliegen & dennoch stagniert.
& das die anderen dankbar glauben, dass sie fliege, da sie so stellvertretend den wind
entgegen nimt
aber das ist mir gerüst...
nicht gefühl
NOEL = Eine Dosis knapp unterhalb der Toxizität, ohne erkennbare Nebenwirkung (NOEL - no observable effect level).

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