Facette

Bereich für Texte mit lyrischem Charakter: z.B. Liebeslyrik, Erzählgedichte, Kurzgedichte, Formgedichte, Experimentelle Lyrik sowie satirische, humorvolle und natürlich auch kritische Gedichte
Steffi

Beitragvon Steffi » 19.11.2005, 20:01

Facette

Es war der Sommerduft am Fluss, der mich zurück entführte:
Der Dampfer stampfte sanfte Wellen in das kühle Nass,
Du lagst in meinem Schoß, ich saß im weichen Gras,
Und zog die Wasserwellen nach in deinem Haar.

Es war der Tag, an dem die Farben nicht mehr weiter wuchsen,
Du warst ganz rot und blau und grün und gelb,
Mein Kind, es war als wär der Rest der Welt ergraut,
Und du dank mir das letzte Farbenmonopol.

Es war der Sommerduft am Fluss, der mich zurück entführte:
Der Dampfer stampfte sanfte Wellen in das kühle Nass,
Du spürtest mich, ich spürte das,
Und spürte, dass es Bernsteintage waren.

hwg

Beitragvon hwg » 19.11.2005, 23:02

Bravo! Ein durch und durch gelungenes Stimmungsbild der Zweisamkeit. Ich kann es jedenfalls sehr gut nachvollziehen und spüre dabei den Duft des Sommers in bereits tiefwinterlicher Umgebung!
Gruß aus der Obersteiermark!

Chloe

Beitragvon Chloe » 20.11.2005, 15:34

Hallo Steffi,

in deinem Gedicht wimmelt es nur so von wunderschönen Bildern:

Es war der Sommerduft am Fluss, der mich zurück entführte


Und zog die Wasserwellen nach in deinem Haar


Es war der Tag, an dem die Farben nicht mehr weiter wuchsen

und auch die
Bernsteintage
haben es mir angetan. Das hat schon eine starke Wirkung, wenn sich so viele starke Bilder in einem Gedicht versammeln. Sag bloß, das gelingt dir immer? (Ich verlange mehr Beweise hier im Forum :grin: ).

Was ist mit dem Rhythmus in dem Gedicht? Hast du ihn bewusst gesetzt oder richtet er sich nach den Bildern? Vielleicht kann man an ihm noch ein wenig arbeiten? Zum Beispiel in die Zeilen:
Du spürtest mich, ich spürte das,
Und spürte, dass es Bernsteintage waren.
. Aber ich bin da immer etwas komisch, vielleicht auch zu ungeschult, meist sehen das andere anders :-). Aber es wäre schön, wenn du dazu was erzählen könntest.
Viele Grüße,
Chloe

Max

Beitragvon Max » 20.11.2005, 16:12

Liebe Steffi,

klasse! Ein Aquarell eines Tages. Und wie mir die Bernsteintage gefallen! Sehr gut, ich will es nicht zerreden!

Liebe Grüße
max

Louisa

Beitragvon Louisa » 23.11.2005, 16:01

Hallo Steffi,
Ja, auch ich finde Dein Gedicht sehr schön, besonders das Wasserbild und Farbenmonopol sind fantastisch! Natürlich auch die Bernsteintage...
Ich wüsste nichts an diesen Zeilen auszusetzen.

Man freut sich auf weitere Verslein-

Louisa
Zuletzt geändert von Louisa am 20.12.2005, 14:08, insgesamt 1-mal geändert.

Steffi

Beitragvon Steffi » 17.12.2005, 20:42

Hallo ihr,
Entschuldigt die späte Antwort, ich habe nicht eher daran gedacht.

Freut mich, dass es dir zusagt und dir mein Stimmungsbild gefällt. Ich werde sicher demnächst noch mehr Gedichte einstellen.

Hallo Chloe, ja, der Rhythmus ist bewusst gesetzt. Das Gedicht besteht durchgängig aus Versen in Jamben unterschiedlicher Anzahl an Hebungen. Du kannst dies leicht an der Stammsilbenbetonung nachvollziehen, die typisch für die deutsche Sprache ist. Ich mache dir ein Beispiel anhand der ersten Strophe :

Es war der Sommerduft am Fluss, der mich zurück entführte: x X x XxX x X, x X xX xXx:
Der Dampfer stampfte sanfte Wellen in das kühle Nass, x Xx Xx Xx Xx X x Xx X,
Du lagst in meinem Schoß, ich saß im weichen Gras, x X x Xx X, x X x Xx X,
Und zog die Wasserwellen nach in deinem Haar. x X x XxXx X x Xx X


Einer unbetonten Silbe folgt jeweils eine betonte. Dies wirst du im ganzen Gedicht wiederfinden.
Falls du Fragen hast, werde ich dir gerne mehr zur Metrik erzählen.

Hallo Max, vielen Dank für deine Antwort. Freut mich sehr, wenn es dir gefällt.


Hallo Louisa, vielen Dank für deine lobenden Worte.

Liebe Grüße,
Steffi

african queen

Beitragvon african queen » 17.12.2005, 21:18

liebe Steffi,
spürte da versteckt etwas ,was mich betroffen macht-
ein Verlust, eine Trauer, die Schönheit des Gedichtes
lässt nicht darüber hinwegtäuschen -
aber eine wunderbare Verarbeitung eines Verlustes ??
trotzdem , dazu gehört schon sehr viel Stärke und Kraft
Für mich ist dies spürbar-
meine spontane intuitive Reaktion

Steffi

Beitragvon Steffi » 19.12.2005, 10:25

hallo african queen,
Danke für deine spontane Rückmeldung. Verlust trifft es ganz gut, ich wollte den Interpretationsweg in zwei Richtungen öffnen.

Liebe Grüße,
Steffi

african queen

Beitragvon african queen » 19.12.2005, 19:01

hallo Steffi
einen der vielen Wege , wähle
es ist Balsam für die geschundene Seele
den Blick zurück wagen, nicht verzagen
in Worte kleiden , das bedeutet Verarbeiten
auch die Zukunft meldet sich zu Wort
neu gestalten mit Mut, auch das tut gut.

spontane Anwort - Gefühle in Worte kleiden - möchte ich nie vermeiden
liebe Grüsse


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