Lyrischer Dialog

Hier ist Raum für gemeinsame unkommentierte Textfolgen
Nifl
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Beitragvon Nifl » 11.08.2006, 17:59

Liebe Schreibfanatiker,

ich möchte hier in diesem vitalen Forum einen "lyrischen Dialog" beginnen. Lyrische Dialoge sind kooperatives Schreiben, Gedichte, die (auf-)einander aufbauen. Das können inhaltliche Bezüge sein, oder es werden Worte des "Vorschreibers" aufgegriffen, oder man übernimmt einfach nur die Stimmung.
Hierdurch entstehen unkommentierte Gedichtfolgen. Die Form bleibt dem Autoren überlassen (zB. ob gereimt oder ungereimt ...)
Würde mich über rege Beteiligung freuen!

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Zuletzt geändert von Nifl am 30.08.2006, 19:10, insgesamt 2-mal geändert.

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Lisa
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Beitragvon Lisa » 06.05.2010, 20:42

das wär was (kompasslippen)

den richtigen kuss nehmen
dich öffnen
richtung heimat
Vermag man eine Geschichte zu erzählen, die noch nicht geschehen ist?
Es verhält sich damit wohl wie mit unserer Angst. Fürchten wir uns doch gerade vor dem mit aller Macht, was gar nicht mehr geschehen kann, eben weil es schon längst geschehen ist.

Niko

Beitragvon Niko » 07.05.2010, 11:03

richtung heimat ein schild:
bitte barfuß gehen
die augen schließen
und niemandem folgen

richtung fremde als schild:
bitte barfuß gehen
die augen schließen
und dem folgen was dich füllte

Max

Beitragvon Max » 08.05.2010, 22:08

Drei Schritte vor der alten Heimat
bleibst du stehen
den bloßen Fuß schützt inzwischen Horn
das Herz aber ist nackt wie damals

Und es mag sich nicht nähern
dem alten Feind

Mucki
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Beitragvon Mucki » 09.05.2010, 01:37

mit jedem Tag

13.000 km zur Heimat
ist sie es wirklich?
1 Klick und 1 Sekunde
Bild und Ton
mit jedem Tag
mit jedem Lächeln
mit jedem Wort von ihr
wird sie mir Heimat
die sie nie war
das macht mir Angst
verliere den Boden hier
finde die Wurzeln dort

mit jedem Tag
kriechen sie weiter
in die Eingeweide
ins Mark
kann ich loslassen?
wenn sie mein Herz erreichen
muss ich fort von hier

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Lisa
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Beitragvon Lisa » 16.05.2010, 09:59

aha

Ich soll dich lieben, als
ließe ich meine Eingeweide los
Vermag man eine Geschichte zu erzählen, die noch nicht geschehen ist?
Es verhält sich damit wohl wie mit unserer Angst. Fürchten wir uns doch gerade vor dem mit aller Macht, was gar nicht mehr geschehen kann, eben weil es schon längst geschehen ist.

Nifl
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Beitragvon Nifl » 16.05.2010, 10:55

Ausgeweidet

dein Geruch (frisches Heu) verdünnt sich
aber es soll noch reichen
für unseinander
und wenn ich die Spur nachsetzten müsste
Note um Note
versteinert um versteinert (10 Tonnen habe ich bestellt)

Ach was gäbe ich, ein Steinmetz zu sein
"Das bin ich. Ich bin Polygonum Polymorphum" (Wolfgang Oehme)

Niko

Beitragvon Niko » 16.05.2010, 12:33

einer fossilen spur nachsetzen
mit der dünnhäutigkeit eines elefanten

wanderungen
sind gut gegen überweidung liebste
so ist deine spur der zielweg
auf immergrüner suche
nach salzigem glück

scarlett

Beitragvon scarlett » 16.05.2010, 13:58

Dies salzige Glück
auf ächzenden Parkettböden

verstreut macht das Fugenleben
haltbar Liebste ja

bis das Datum deiner Kussspur
darin verblasst

dauert es lang

Niko

Beitragvon Niko » 16.05.2010, 14:17

das datum gemerkt
die liebe vergessen

das größere glück
ist sich - bewusst:

sich merken
sich vergessen

scarlett

Beitragvon scarlett » 16.05.2010, 14:55

Die Liebe kauert
in einem Eck vergessen

ist nichts

Niko

Beitragvon Niko » 16.05.2010, 17:22

vergessen die lupinenflammen
salz und brot verhärtet
die taube ist dick geworden
unbeweglich
verwässerte stunden
im überblick nebelt es
schleierhaft
was in die jahre kam war
immer schon verloren
wenn man das glück benennen kann
hat es den namen meist vergessen




.

Mucki
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Beitragvon Mucki » 16.05.2010, 21:45

schleierhaft

wie sie in die jahre gekommen
ihr dickes fell sich weggezottelt
werte an wert verloren
worte kraftlos dahinschwabbeln
schleierhaft
wie man das nicht härtung nennt
und den panzer liegenlässt

scarlett

Beitragvon scarlett » 17.05.2010, 17:41

in die jahre gekommen
vermerkt mein herzbuch
was nicht geschah

(das aber gründlich)

seitenweise wortpflaster
über nicht verheilten wunden
kalligraphisch korrekt
und schwungvoll in schwarz

(nur dass es keiner sieht)

lieb mich nicht
noch einmal

das buch ist voll
mein herz ...

Niko

Beitragvon Niko » 17.05.2010, 23:30

in meinen büchern
wurmt sich die leere
und frisst sich ins weiß

was sollte ich vermerken
wo doch alle tage
mich weißen und zur fülle leeren

und doch ist dies buch
mein leben
überfüllt mit immer neuen seiten
die ich nicht füllen will

vermerke auf den seiten
würden gerichtet sein
auf ein ende zu
und mich ersticken


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