Transitus

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Amanita
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Beitragvon Amanita » 12.10.2010, 23:37

Transitus


Das Uhrwerk
meines leeren Herzens
strauchelt seinen Takt
noch
leise

während meine Stimme
mit Dornenworten ringt
und sich blutiges Atmen
auf mein Leben
legt.

Niko

Beitragvon Niko » 13.10.2010, 21:25

melancholische teils dramatische texte sind ja auch mein metier, amanita, aber ich finde das hier ehrlich gesagt für mich zu dick aufgetragen. in strofe 1: meines LEEREN herzens strauchelt seinen takt. ich fände es viel angenehmer, wenn da nur stünde: ....meines herzens strauchelt seinen takt noch leise - die interpretation von "leer" ist im bezug auf "herz" zum einen fragwürdig, zum anderen nimmst du mit dieser beschreibung dem leser die atem zum "mich im text wiederfinden". "noch" und "leise" gibt mir ausreichend hinweis. ansonsten ist die 1. strofe diejenige, die ich deutlich lieber mag.

strofe 2:
dornenworte , blutiges atmen - beides für sich finde ich gut. beide lösen etwas aus in mir. aber das zusammentreffen beider macht mir das leseleben schwer. vielleicht ist es das "blutige", was mir deutlich zuviel ist. leichter ersetzbar ist es wahrscheinlich auch.

im grunde mag ich den text. wäre er nur nicht so dick auftragend (für mich!!!).

liebe grüße: niko

Quoth
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Beitragvon Quoth » 13.10.2010, 21:49

Hallo, Amanita,
ich gehe mit Niko konform - weniger wäre mehr! Und ich habe eine Frage: Was bedeutet der Titel? Übergang. Von wo nach wo? Vom Leben in den Tod? Dann wäre es nahe bei Exitus. Hm. Sag doch mal, wie Du darauf verfallen bist!
Gruß
Quoth
Barbarus hic ego sum, quia non intellegor ulli.

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Amanita
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Beitragvon Amanita » 13.10.2010, 22:48

Nein, es ist nicht dick aufgetragen. Ich habe das über vier Monate dauernde Sterben - also wirklich den "Übergang" - einer Künstlerfreundin, die nach einem Herzstillstand nochmal ins Leben geholt wurde, mit solchen Texten dokumentiert. Dachte, dass das zum Thema Angst passen könnte.

Niko

Beitragvon Niko » 13.10.2010, 23:14

nicht nur du hast das sterben kennengelernt. ich habe meinen vater jahre lang begleitet bis zum sterbensende. und meine mutter ebenso, die 6 wochen leiden musste. und sie sind nicht die einzigsten. ich verstehe aber, dass du eine subjektiv andere sicht hast.

liebe grüße: niko

Quoth
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Beitragvon Quoth » 14.10.2010, 11:36

Hallo, Amanita, ich verstehe: Hier spricht die Sterbende. Das gibt ein komplexes Problem mit dem lyrischen und dem Autorinnen-Ich: Ich als Leser weiß, dass dies von einer lebenden Autorin geschrieben wurde, und auf die Idee, in ein sterbendes lyrisches Ich umzuziehen, komme ich da gar nicht. Ich habe den Text mal in die dritte Person gesetzt. Aus Leiden wird auf einmal Mitleiden - und da werden die starken Ausdrücke für mein Gefühl erträglicher. Gruß Quoth

Das Uhrwerk
ihres leeren Herzens
strauchelt seinen Takt
noch
leise

während ihre Stimme
mit Dornenworten ringt
und sich blutiges Atmen
auf ihr Leben
legt.
Barbarus hic ego sum, quia non intellegor ulli.

Niko

Beitragvon Niko » 14.10.2010, 12:15

oder entpersonifiziert:

Das Uhrwerk
des leeren Herzens strauchelt
seinen Takt
noch

leise

während die Stimme
mit Dornenworten ringt
und sich das Atmen stockend
auf das Leben
legt.

als gedankenspiel gedacht. nicht zwingend als konkreter vorschlag.

liebe grüße: niko

Xanthippe
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Beitragvon Xanthippe » 14.10.2010, 12:42

ganz von der form und der frage nach glaubwürdigkeit versus theatralik abgesehen, finde ich das hier nicht die angst spürbar wird, sondern ein verzweifelter kampf. ist das dasselbe? ich weiß es nicht.

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Amanita
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Beitragvon Amanita » 14.10.2010, 18:09

Nein, das ist nicht dasselbe, aber selbstverständlich hatte dieser Mensch auch Angst. Mit dieser extremen Atemnot (bei vollem Bewusstsein) ist sie notwendigerweise verbunden.

Ob ich auf die 3. Person "umsteigen" will, weiß ich noch nicht.

Xanthippe
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Beitragvon Xanthippe » 14.10.2010, 18:54

aber man spürt und liest die angst nicht in diesem gedicht. darum geht es doch. nicht um die geschichte. verzweiflung birgt vielleicht immer ein stück weit angst in sich. so war meine frage eher gemeint.

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Amanita
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Beitragvon Amanita » 14.10.2010, 19:10

Es gibt aber die Todesangst, verbunden mit einer gewissen Gelassenheit ... hört sich seltsam an, weiß ich.

Wenn es "zu wenig Angst" ist, dann vergesst es einfach. Das Gedicht ist nicht aktuell entstanden; ich hatte einen Moment lang gedacht, die Thematik Angst sollte auch auf diese Weise beleuchtet werden (können).
Der Versuch, die Aussagen einer Sterbenden lyrisch zu übersetzen, baut vielleicht zu stark auf doppelt-Subjektives auf und hat zu wenig Distanz; kann sein.

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Beitragvon Xanthippe » 14.10.2010, 21:07

nein, nein, so möchte ich das aber nicht verstanden wissen, das war ja auch nur ein subjektiver eindruck, den ich irgendwie ja selbst schon revidiert habe. aber das was du da schreibst; die todesangst verbunden mit einer gewissen gelassenheit lese ich so noch nicht.
und das alles ist vermutlich auch gar nicht das eigentliche "problem". für mich ist es auch keine frage der perspektive. mich berührt das gelesene einfach nicht. es ist - mir fällt kein besserer begriff ein - plakativ. es spricht den verstand an, aber ich fühle nicht, was da steht.

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Beitragvon Amanita » 14.10.2010, 21:17

Das kann ja immer sein, dass sich nicht berührt fühlt von einem Text. Aber plakativ möchte ich natürlich auch nicht ankommen.

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Beitragvon Quoth » 15.10.2010, 18:24

Hallo, Amanita,
hier wäre sogar die Du-Version besser als die jetzige. Es gibt Filme, in denen ein Toter erzählt, wie es zu seinem Tod kam - z.B. "Boulevard der Dämmerung" von Billy Wilder. Aber das ist dann witzig, und das soll es hier ja wohl eher nicht sein.
Gruß
Quoth
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