Beitragvon Pjotr » 21.04.2015, 23:28
Mir fällt gerade ein, dass meine vorigen Tango-Kommentare möglicherweise überinterpretiert wurden.
Natürlich sind auf dem Bild keine tangotanzende Menschen zu sehen, sondern Dreiecke. Ich leide nicht an Halluzinationen. Und ich meine das auch nicht im Sinn von "Schau, die Häufchenwolke da, die sieht aus wie Tante Marthas Lockenkopf!", sondern ich meine das im Zusammenhang mit der Symbolik bestimmter Lebensgefühle. Tango ist nicht nur Tanz, er ist ein Lebensgefühl, beziehungsweise eine Palette gewisser Empfindungen und Einstellungen (so wie Rock, Punk, Bergsteigen, Schach, oder Yoga etc. jeweils mehr als nur eine Tätigkeit sein kann, sondern auch eine Lebenshaltung). Diese Dreiecke, ihre Konstellation, ihre Haltung, ihre Berührung, ihre Reibung, ihr Plan etc. -- bei diesem Anblick empfinde ich Eigenschaften, die erinnern mich auch an diejenigen, die mit dem Tango einhergehen.
Letztendlich ist das alles Sprache, und Sprache ist letzendlich nichts anderes als ein Austausch von Metaphern.
Diese beiden hellen Dreiecke kann man auch wahrhaftig als Schneidezähne interpretieren (wie man eine Wolke als Lockenkopf interpretieren kann), Schneidezähne im Profil betrachtet, die wie eine Schere zubeißen. Trotzdem steckt da für mich auch Tango drin; er steckt in der Geometrie, ganz gleich welchem Real-Gegenstand die Geometrie ähnelt.
Und das gleiche Prinzip liegt mir vor bei "April in Town", nur umgekehrt; da ist zuerst das Wort, dann das Bild. Natürlich steckt da kein sexuelles Vokabular drin. Aber die Dynamik, diese kurze, intensive Berauschung, eben die ganze Empfindungspalette ähnelt -- für mich -- derjenigen, die sich beim Durchlaufen eines Höhepunkts entfaltet.
Basisempfindungen sind nun mal recht universal. Deshalb ist auch Musik so interkontinental verständlich. Musik kann zwar nicht "die Sonne ist gelb" interkontinental verständlich sagen, aber sie kann Gefühle interkontinental verständlich sagen.